Das Europäische Parlament hat eine wichtige Rolle bei der Gesetzgebung der EU und den zentralen politischen Weichenstellungen. Die Europäischen Staats- und Regierungschef:innen verabschieden, unter der Leitung des Präsidenten des Europäischen Rates, im Fünfjahres-Turnus eine Strategische Agenda. Sie ist ein Ausdruck der mittel- bis langfristigen Prioritätensetzung der EU bzw. ihrer Mitgliedstaaten und eine Antwort auf aktuelle Krisen und politische Umwälzungen. Es ist daher zu erwarten, dass diese Themen, gerade im nun anstehenden Wahlkampf zu den Europawahlen, eine wichtige Rolle spielen und die Kampagnen großteils darauf fokussiert sein werden. Vier Themen stehen dabei aktuell im Vordergrund:
Erstens ist die Klima- und Energiepolitik der Union hoch umstritten. Während die Europawahl 2019 noch als „Klimawahl“ wahrgenommen wurde und Leuchtturmprojekte wie der European Green Deal zentrale Eckpfeiler des politischen Diskurses waren, verlagerte sich die Aufmerksamkeit zunächst auf die Covid-19 Pandemie und ihre wirksame Bekämpfung und dann schließlich auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Eng verknüpft mit dieser Frage ist die Zukunft der Europäischen Energiepolitik angesichts der schmerzhaft deutlich gewordenen Energieabhängigkeiten von feindlichen Akteuren wie Russland und dem nach wie vor europaweit stockenden Ausbau der erneuerbaren Energien. Zweitens haben nicht nur der russische Angriffskrieg und die Covid-19-Pandemie, sondern auch die zunehmenden Wettbewerbsverluste gegenüber China und den USA die Notwendigkeit deutlich gemacht, die europäische Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit effektiver und stärker zu schützen als bisher. Ein zentraler Diskussionspunkt wird daher, zu den Wahlen und darüber hinaus, sein, mit welchen Instrumenten und wieviel gemeinsamer Finanzierung die EU-Wirtschaft gestärkt werden soll.
Ein dritter Schwerpunkt ist die europäische Asyl- und Migrationspolitik. Kurz vor den Wahlen haben, nach jahrelangen Verhandlungen, Rat und Parlament die Reform des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ verabschiedet. Jetzt stellt sich die Frage, wie die Reformen umgesetzt werden können und ob sie in die richtige Richtung gehen. Gleichzeitig bleiben der Umgang mit und die Kontrolle von illegaler Migration in vielen Mitgliedstaaten hoch umstritten.
Nicht zuletzt ist die Frage nach der europäischen Sicherheitsordnung und der Durchsetzung von gemeinsamen Interessen in der Welt mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in den Fokus gerückt. Der Krieg in Gaza, zu dem die EU-Staaten sehr unterschiedliche Positionen vertreten, fordert die Union ebenso heraus. Zudem gewinnt, angesichts der unsicheren weiteren Unterstützung der USA und die in vielen mittel- und osteuropäischen Staaten als von Russland empfundene militärische Bedrohung, die Diskussion an Fahrt, ob und wie die europäischen Staaten –in der EU, der NATO und/oder in Gruppen – militärisch enger zusammenarbeiten sollen.
Zu diesen vier Themen finden Sie hier, auch jenseits der Wahlen, jüngere Publikationen der SWP:
Klimaexperte Felix Schenuit über den Green Deal der EU und warum er trotz des Widerstands der Landwirtschaft und eines möglichen Rechtsrucks nach den Wahlen keinen Rollback befürchtet.
Beitrag zu einer Sammelstudie 2024/S 11, 23.04.2024, 144 Seiten, S. 43–50
Beitrag zu einer Sammelstudie 2024/S 11, 23.04.2024, 144 Seiten, S. 35–42
Eine rechtliche, praktische und politische Bewertung aktueller Vorschläge
doi:10.18449/2024A12
Dänemarks Asylpolitik lässt sich nicht einfach kopieren, so der Politologe Raphael Bossong. Das Land habe einen besonderen Rechtsstatus in der EU. Zudem würden strengere Maßnahmen die Menschen auch nicht davon abhalten, nach Europa zu kommen.
Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten für die deutsche und europäische Asylpolitik
doi:10.18449/2023A55
Die Mitgliedstaaten haben sich auf eine Verschärfung ihrer Asylpolitik geeinigt. Der Migrationsexperte Raphael Bossong ist aber skeptisch, dass sich das Chaos an der Aussengrenze in absehbarer Zeit lösen lässt.
Der Europäische Rat will erneut die Migrationspolitik verschärfen und Abschiebungen forcieren. Herkunftsländer sollen dabei durch eine selektive Visaerteilung unter Druck gesetzt werden. Sinnvoller wären Migrationspartnerschaften, meinen Steffen Angenendt und Raphael Bossong.
Beitrag zu einer Sammelstudie 2024/S 11, 23.04.2024, 144 Seiten, S. 124–133
Beitrag zu einer Sammelstudie 2024/S 11, 23.04.2024, 144 Seiten, S. 63–72
Beitrag zu einer Sammelstudie 2024/S 11, 23.04.2024, 144 Seiten, S. 51–62
Beitrag zu einer Sammelstudie 2024/S 11, 23.04.2024, 144 Seiten, S. 25–34
Beitrag zu einer Sammelstudie 2024/S 11, 23.04.2024, 144 Seiten, S. 17–24
Beitrag zu einer Sammelstudie 2024/S 07, 28.02.2024, 87 Seiten, S. 53–57
Von Zeitenwende zu Zeitenwende
doi:10.18449/2024S15
Beitrag zu einer Sammelstudie 2024/S 11, 23.04.2024, 144 Seiten, S. 93–102
Beitrag zu einer Sammelstudie 2024/S 11, 23.04.2024, 144 Seiten, S. 82–92
Beitrag zu einer Sammelstudie 2024/S 11, 23.04.2024, 144 Seiten, S. 73–81
Geoökonomie und Geopolitik stehen (noch) in einem Missverhältnis
doi:10.18449/2024A06