Direkt zum Seiteninhalt springen

Deutschland, Frankreich und Italien im Euroraum

Ursprünge, Merkmale und Folgen der begrenzten Konvergenz

SWP-Studie 2018/S 25, 10.12.2018, 41 Seiten Forschungsgebiete

Dr. Paweł Tokarski ist Wissenschaftler in der SWP‑Forschungsgruppe EU / Europa.

Als in Europa eine gemeinsame Währung eingeführt wurde, war dies mit der Annahme verbunden, unter den beteiligten Staaten werde sich eine zunehmende wirtschaftliche Konvergenz einstellen. Die Erwartung wurde enttäuscht. Statt sich ökonomisch allmählich anzunähern, haben die Länder des Euroraums sich in ihrer wirtschaftlichen Leistung deutlich auseinander­entwickelt. Das größte Problem einer solchen Divergenz besteht darin, dass sie zu sozialen Unterschieden und zu Diskrepanzen bei den politischen Interessen im Bereich der wirtschaftlichen und monetären Integration führt. Langfristig droht so das bestehende Integrationsmodell des Euroraums in Frage gestellt zu werden.

Bisherige Analysen, die sich wirtschaftlichen Unterschieden im Euroraum widmen, konzentrieren sich meist auf bestimmte Gruppen von Ländern, etwa Südeuropa gegenüber Nordeuropa oder Zentrum versus Peripherie. Die vorliegende Studie folgt einem anderen Untersuchungsansatz für das Konvergenzproblem. Sie richtet den Blick auf die drei größten Volkswirtschaften im Euro-Währungsgebiet: Deutschland, Frankreich und Italien.

Problemstellung und Empfehlungen

Als in Europa eine gemeinsame Währung eingeführt wurde, war dies mit der Annahme verbunden, unter den beteiligten Staaten werde sich eine zunehmende wirtschaftliche Konvergenz einstellen. Die Erwartung wurde enttäuscht. Statt sich ökonomisch allmählich anzunähern, haben die Länder des Euroraums sich in ihrer wirtschaftlichen Leistung deutlich auseinander­entwickelt. Das größte Problem einer solchen Diver­genz besteht darin, dass sie zu sozialen Unterschieden und zu Diskrepanzen bei den politischen Interessen im Bereich der wirtschaftlichen und monetären Inte­gration führt. Langfristig droht so das bestehende Integrationsmodell des Euroraums in Frage gestellt zu werden.

Die verfügbaren Analysen, die sich wirtschaft­lichen Unterschieden im Euroraum widmen, kon­zen­trieren sich meist auf bestimmte Gruppen von Län­dern, etwa Südeuropa gegenüber Nordeuropa oder Zentrum versus Peripherie. Die vorliegende Studie folgt einem anderen Untersuchungsansatz für das Konvergenzproblem. Sie richtet den Blick auf die drei größten Volkswirtschaften im Euro-Währungsgebiet: Deutschland, Frankreich und Italien. Es gibt gute Gründe dafür, die Analyse der Euroraum-Stabilität auf diese Länder zu fokussieren. Erstens erwirtschaften sie zusammen rund 66 Prozent des Bruttoinlands­produktes (BIP) der Eurozone, und sie stellen inner­halb der EU‑19 rund 210 Millionen von insgesamt 341 Millionen Bürgern. Alle drei gehören zu den wichtigsten Volkswirtschaften der Welt. Und sie sind die einzigen Staaten des Euroraums, die zu den For­maten G7 und G20 gehören. Zweitens ist die Stabilität Deutschlands, Frankreichs und Italiens für den Euro­raum essentiell. Ein massives Hilfspaket für eines dieser Länder – im Falle Deutschlands ohnehin un­vorstellbar – würde die Kapazitäten des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) überschreiten. Und drittens bestehen die wichtigsten Herausforderungen des Euroraums in diesen drei Volkswirtschaften. So bilden die wirtschaftlichen und sozialen Prob­leme Italiens (Risiken im Bankensektor, übermäßige Staatschulden, Arbeitslosigkeit) ein Systemrisiko für den Währungsraum. Ähnlich hat auch Frankreich umfassende Strukturreformen zu bestehen. Auf der anderen Seite ist die Stabilität des Euroraums stark von der Nachhaltigkeit des deutschen Wirtschafts­modells abhängig. Die Bundesrepublik bildet heute einen Stabilitätsfaktor für den Euroraum, während sie noch Ende der 1990er Jahre als »kranker Mann Europas« bezeichnet wurde und als Risiko für den Start der monetären Integration galt.

Die Leitfrage der Studie gilt der ungleichen Entwicklung dieser drei Staaten. Dabei soll nicht geklärt werden, ob und auf welche Weise sich eine nachhaltige Konvergenz in der Währungsunion fördern ließe. Von Interesse ist vielmehr, wie mit einer begrenzten Konvergenz im Euroraum umgegangen werden kann. In diesem Rahmen sollen einige Schlüsselfragen zur Zukunft der Eurozone beantwortet werden. Was ist der Ursprung der großen volkswirtschaftlichen Unter­schiede zwischen den drei Ländern? Wo zeigen sich Divergenz-Prozesse am deutlichsten? Könnte eine Rückkehr zu nationalen Währungen die nötigen Strukturreformen und die Konvergenz unterstützen? Und welche Schlussfolgerungen lassen sich aus der Wirtschaftsleistung der drei Länder für aktuelle Dis­kussionen über eine Reform des Euroraums ziehen? Im Folgenden werden zunächst die bestehenden Konzepte von Konvergenz skizziert, bevor die Wirt­schaftssysteme der drei Staaten in ihrer Unterschiedlichkeit betrachtet werden. Anhand der Befunde wer­den dann verschiedene Optionen untersucht, die sich anbieten, um die Stabilität des Euroraums zu stärken.

Die Ursachen der Divergenz lassen sich nicht aus­reichend bewerten, ohne die strukturellen Probleme der Euro-Mitgliedstaaten zu analysieren, deren Wirt­schaftsmodelle untereinander sehr heterogen sind. Die Abweichungen betreffen etwa die Rolle des Staa­tes, die Qualität der Institutionen und die jeweiligen sektoralen Wirtschaftsstrukturen. Entsprechende Unterschiede sind dafür verantwortlich, dass die Mit­gliedschaft in einem gemeinsamen Währungsraum nicht zur erhofften Konvergenz geführt hat. Statt­dessen haben die Finanz- und die Eurokrise die Diver­genzen noch verschärft. Das belegen sowohl die nominalen als auch die realen Konvergenz-Indika­to­ren, mit denen die wirtschaftliche und soziale Diver­genz der drei größten Euro-Länder erfasst wird. Die gravierendsten Unterschiede gibt es in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit, Leistungsbilanz-Salden, öffent­liche Verschuldung sowie Arbeitsmarkt. Vergleicht man die realen Wachstumsraten des Pro-Kopf-BIP der zwölf Euroraum-Gründungsmitglieder seit 1999, so zeigt sich, dass die Abweichung im Falle Italiens deut­lich über dem Mittelwert liegt. Dabei unterscheiden sich die Wirtschaftsmodelle und -strukturen Deutsch­lands, Frankreichs und Italiens so stark voneinander, dass es unmöglich ist, einen nachhaltigen Konvergenzpfad einzuschlagen. Reformen im Euroraum müssen daher vor allem der Frage gerecht werden, wie sich die gemeinsame Währung unter Bedingungen einer begrenzten Konvergenz ihrer größten Volkswirtschaften stabilisieren lässt.

Alles weist darauf hin, dass es keine einfachen Lösungen gibt, um den Euroraum weiter zu stabilisieren. Weder die Rückkehr zu nationalen Währungen noch eine Föderalisierung der Eurozone bieten einen entsprechenden Ausweg. Konvergenz und Strukturwandel werden stark von unabhängigen Faktoren wie positiven konjunkturellen Rahmenbedingungen abhängen, ebenso von einer günstigen politischen Situation in den größten Euro-Mitgliedstaaten. Die Stabilisierung des Euroraums erfordert vor allem, die strukturellen Veränderungen auf Ebene der Mitgliedstaaten fortzusetzen. Insbesondere ist die Effizienz staatlicher Institutionen zu steigern, die – wie jüngste Forschungsergebnisse zeigen – großen Einfluss auf die reale Konvergenz hat. Die größten Euro-Staaten sollten im Rahmen des Europäischen Semesters auf Dauer intensiver überwacht werden. Dafür sprechen ihre Bedeutung für die Stabilität der Währungsunion und die Schwierigkeiten, mit denen strukturelle Veränderungen einhergehen. Notwendig ist außerdem, die Geldpolitik weiterhin deutlich an der Stabilisierung zu beteiligen und Risiken stärker zu teilen, wozu auch eine gemeinsame Ausgabe von Schuldverschreibungen gehört. Der ESM sollte ge­stärkt werden, vor allem in seiner Rolle als Letztsicherung der Bankenunion. Dabei ist aber auch die Dar­lehenskapazität des ESM zu erhöhen. Letztlich kann der Euro nicht existieren, wenn er von der öffent­lichen Meinung nicht getragen wird; daher muss die Säule der sozialen Integration im Euroraum weiter gestärkt werden.

Vielfalt der Wirtschafts­modelle als Hauptursache mangelnder Konvergenz

Konvergenz und Vielfalt in der Währungsunion

Unter dem Begriff Konvergenz versteht man im EU-Kontext eine Angleichung der Wirtschaftsleistung einzelner Mitgliedstaaten. Nachhaltige Konvergenz bedeutet, dass sich wirtschaftlich weniger starke Länder in Richtung des Niveaus bessergestellter Öko­nomien entwickeln.1 Der Begriff Divergenz beschreibt das Gegenteil – ein Auseinanderdriften der Wirtschaftsleistung von Staaten. Es gibt verschiedene Arten der Konvergenz, die sich anhand spezifischer Indikatoren messen lassen. Nominale Konvergenz beschreibt eine Annäherung gemäß nominalen Variablen wie Inflation, Zinssätzen, Haushaltsdefizit oder Staatsschulden. Sie ist seit Beginn der Währungs­union eine Aufnahmebedingung für die Eurozone. Reale Konvergenz hingegen wird danach bemessen, wie sehr sich in einem Land – verglichen mit besser aufgestellten – der allgemeine Lebensstandard, die Arbeitsbedingungen sowie wirtschaftliche Institutionen und Strukturen zum Positiven verändern.2 In der vorliegenden Studie werden die wichtigsten Aspekte realer und nominaler Konvergenz anhand konkreter Beispiele analysiert, die sich auf Wettbewerbsfähigkeit, öffentliche Finanzen, Einkommensniveau und Arbeitsmarkt beziehen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Rolle, Effizienz und Besonderheiten der nationalen Institutionen.

In der geschichtlichen Entwicklung der Währungs­union spielte das Anliegen, die Konvergenz zu för­dern, seit jeher eine zentrale Rolle. Der Rat der Euro­päischen Gemeinschaften stellte schon 1974 klar, das Projekt einer Wirtschafts- und Währungsunion könne nicht angegangen werden, solange sich in der Wirt­schaftspolitik der Mitgliedstaaten keine Konvergenz erreichen und aufrechterhalten lasse.3 Der Delors-Bericht von 1989 – benannt nach dem damaligen Präsidenten der Europäischen Kommission – machte geltend, eine Währungsunion ohne ausreichende Konvergenz der nationalen Wirtschaftspolitiken wäre auf Dauer nicht überlebensfähig und könnte der Gemeinschaft schaden.4

Die heutigen EU-Verträge enthalten Verweise auf reale und nominale Konvergenz. Artikel 3 EUV for­muliert als Ziel, das Wohlergehen der Mitgliedsländer und sowie den »wirtschaftlichen, sozialen und terri­torialen Zusammenhalt« zwischen ihnen zu fördern. Nach Artikel 121 Absatz 3 AEUV überwacht der Rat die wirtschaftliche Entwicklung in jedem Mitgliedstaat und in der Union, um so »eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik und eine dauerhafte Konvergenz der Wirtschaftsleistungen der Mitgliedstaaten zu gewährleisten«. Die einzige konkrete Definition von Konvergenz liefert das EU-Recht in Artikel 140 Absatz 1 AEUV. Hier sind die nominalen Konvergenzkriterien für Beitrittskandidaten der Wäh­rungsunion vorgegeben.5 Allerdings wurden davon in der Praxis schon Ausnahmen zugelassen. So akzeptierte man Italien als Mitglied der Währungsunion, obwohl es das Staatsschuldenkriterium verletzte. All­gemein wurde angenommen, dass die Mitgliedschaft in der einheitlichen Währungszone einen starken Impuls zugunsten nationaler Wirtschaftsreformen geben würde, weil die jeweiligen Länder nicht mehr auf das Instrument der Wechselkursanpassung zurückgreifen konnten.6 Diese Erwartung hat sich jedoch nicht erfüllt. Stattdessen vernachlässigte ein beträchtlicher Teil der Währungsunion-Mitglieder dringend notwendige Strukturreformen, nachdem der Euro eingeführt worden war.

Das Hauptproblem für ein reibungsloses Funktionieren der Währungsunion ist die Vielfalt der Mitgliedstaaten.

Dabei hat Konvergenz eine zentrale Bedeutung für das Funktionieren der Währungsunion. Durch nach­haltige Konvergenz wird sich der Euroraum mög­li­cherweise einem optimalen Währungsraum an­nähern, was seine Stabilität stärken würde. Dies ließe sich unter anderem dadurch erreichen, dass Arbeitnehmermobilität und Fiskaltransfers gefördert wer­den.7 Eine große Rolle spielt auch die Konvergenz der Pro-Kopf-Einkommen innerhalb der Währungsunion. Sie ist nicht nur ein wichtiges Ziel der wirtschaft­lichen Integration, sondern trägt auch zur allgemeinen Kohäsion der Eurozone bei.8

Es gibt keine Studien, die aufzeigen würden, wel­ches Maß an Konvergenz für das System der Währungsunion notwendig ist und wie viel Divergenz es aushalten kann. Generell aber ist klar, dass divergente Wirtschaftsleistungen von Staaten die Stabilität des Wirtschaftsraumes auf zweierlei Art unterminieren können. Erstens bedeutet die übermäßige Staatsverschuldung einzelner Volkswirtschaften ein erhöhtes Risiko für die gesamte Währungsunion. Die EZB oder der ESM können in solchen Fällen dazu beitragen, den Druck der Finanzmärkte auf die betroffenen Staa­ten zu mindern. Dazu bedarf es allerdings einer Kon­vergenz politischer Interessen auf der Euro-Ebene, denn die anderen Staaten müssen sich bereiterklären, Kosten und Risiken der Finanzhilfe zu tragen. Zwei­tens entsteht ein Risiko für die Stabilität des Währungsraumes, wenn es an politischer Integration und einer Konvergenz der Interessen mangelt. Unter­schiedliche Wirtschaftsleistungen führen zu unter­schiedlichen sozialen Lagen; daraus wiederum er­geben sich differierende politische Ziele im Bereich der europäischen Integration.9 Daher rücken die sozialen Aspekte der wirtschaftlichen Divergenz seit Beginn der Eurokrise zunehmend in den Fokus. Wenn die politischen Ziele der größten Volkswirtschaften erheblich voneinander abweichen und immer schwerer zu vereinbaren sind, könnte dies zur Desintegration der Währungsunion führen.

Das Format der EU-19 bündelt Volkswirtschaften, die unterschiedlich groß sind, ungleichen Wirtschaftsmodellen folgen und sich in verschiedenen Stadien der ökonomischen Entwicklung befinden. Die gemeinsame Geldpolitik und die strikte Fiskal­politik schaffen deshalb schwierige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. Einigen Ländern des Währungsraumes fiel es leichter, mit den Folgen der globalen Finanzkrise und der Eurokrise umzugehen, während andere noch immer mit den wirtschaft­lichen, finanziellen, politischen und sozialen Kon­sequenzen zu kämpfen haben. Die große Bandbreite und das Ausmaß dieser Probleme zeigen sich beson­ders deutlich im Fall der drei größten Euro-Volkswirt­schaften.

Das Hauptproblem für ein reibungsloses Funktionieren der Währungsunion ist die Vielfalt der Mit­gliedstaaten. Sie unterscheiden sich in Traditionen, Institutionen sowie Mustern wirtschaftlichen Den­kens und Handelns. Dass ihre ökonomischen Institu­tionen, etwa der Arbeitsmarkt, nicht gleich effizient und flexibel sind, trug während der Krise unmittelbar zu unterschiedlichen Wirtschaftsleistungen der ein­zelnen Länder bei. Solche Eigenheiten lassen sich nur schwer unter einem gemeinsamen Dach von Einheits­währung, einheitlichen Fiskalregeln und einheitlicher Geldpolitik zusammenführen. Ein wichtiger Faktor ist zudem, dass die Geldpolitik zwar zentral durch die EZB geregelt wird, die Wirtschaftspolitik aber immer noch im Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten liegt. Es gibt gewisse Fiskalregeln, an die sich alle Staaten halten müssen; doch weiterhin obliegt es den nationalen Institutionen, die jeweilige Politik aus­zugestalten. Unterschiede in der Qualität der staat­lichen und wirtschaftlichen Institutionen sowie in den Wirtschafts- und Sozialmodellen sind demnach konstitutiv dafür, dass die ökonomischen Entwicklungen der Mitgliedstaaten voneinander abweichen.

Grundlegende Unterschiede der Wirtschaftsmodelle

Unter den EU-Staaten gibt es verschiedene Wirtschaftsmodelle; sie unterscheiden sich in der Funk­tionsweise von Produkt- und Arbeitsmärkten, in Wohlfahrts- und Bildungssystemen, in Politik, Kultur und sogar der zugrunde liegenden Ideologie.10 Im Falle großer Volkswirtschaften, die oft komplexe Wirtschaftssysteme darstellen, ist es nicht immer möglich, eine allgemeingültige Klassifizierung zu finden. Deshalb werden die Wirtschaftsmodelle auch unterschiedlich eingeordnet. Bei Deutschland und Frankreich wird vielfach vom kontinentalen Modell, bei Italien wiederum vom Mittelmeer-Modell gespro­chen.11 Manchmal stuft man Deutschland und Frank­reich auch als »nordwestliche« Modelle ein.12

Innerhalb der Währungsunion werden teils noch weitere Kategorien gebildet. Eine erste Gruppe besteht demnach aus Deutschland, den Niederlanden, Öster­reich, Belgien und Finnland. Sie verfolgen ein ex­port­orientiertes Wachstumsmodell und werden als »Coor­dinated Market Economies« (CME) bezeichnet. Solche Marktwirtschaften bevorzugen es, ihre Beziehungen zu anderen Wirtschaftsakteuren zu koordinieren, statt sich auf das Wirken reiner Marktkräfte zu ver­lassen. Als »Mediterranean Market Economies« (MME) gelten die südeuropäischen Staaten: Spanien, Portu­gal, Griechenland und Italien.13 Diese Länder haben eine begrenzte institutionelle Fähigkeit, um Löhne zu koordinieren und langfristige Wachstums­strate­gien umzusetzen. So nutzten sie vor dem Bei­tritt zur Währungsunion periodische Abwertungen ihrer jeweiligen Währung als Instrument, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.14

In dieser Typologie wird das französische Modell zwischen CME und MME eingeordnet, obwohl es mehr Ähnlichkeiten mit der südeuropäischen Varian­te aufweist.15 Auch bei Italien fallen einige spezifische Merkmale des Wirtschaftsmodells auf, insbesondere die Bedeutung von Korrelationen zwischen zent­ralen und regionalen Institutionen (regionaler Kapita­lismus).16 Den Wirtschaftsmodellen der CME-Euro­staaten wird zugutegehalten, anpassungsfähiger zu sein gegenüber sich wandelnden Außenbedingungen, weil ihre Wachstumsstrategien »extern« orientiert sind und sie über ausgeprägte innere Kooperationskulturen verfügen. Dies ist besonders wichtig bei starken externen Schocks wie der globalen Finanz­krise. Die Art des Wirtschaftsmodells spielt also eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Mit der Währungsintegration verloren die Eurostaaten einen konstitutiven Bestand­teil ihrer wirtschaftspolitischen Steuerungsmöglich­keiten. Dies traf vor allem jene Ökonomien, deren Wettbewerbsstrategie darauf beruht hatte, im Rah­men einer autonomen Geldpolitik die eigene Wäh­rung periodisch abzuwerten.

Tabelle 1 Die Wirtschaftsmodelle Deutschlands, Frankreichs und Italiens

Deutschland

Frankreich

Italien

Staatsmodell

Föderalismus

zentralistischer Einheits­staat

regionaler Einheitsstaat

Modell des
Kapitalismus

»Managed Capitalism«

Staatskapitalismus

dysfunktionaler Staats­kapitalismus, regionali­sierter Kapitalismus

Staat-Wirtschaft-Bezie­hungen

Staat als Garant des freien Wettbewerbs, Staat als Regulierer

Staat als Lenker, Regie­rungskontrolle

Staat klientelismus- und subventionsorientiert

Dominante Wirtschafts­philosophie

Ordoliberalismus

(Neo-)Keynesianismus

Elemente von beidem, bei Dominanz des (Neo‑) Keynesianismus

Wachstumsmodell

exportbasiert

auf Binnennachfrage basierend

gemischtes Modell

Orientierung der Wirt­schaftspolitik

Angebotspolitik

Nachfragepolitik

Nachfragepolitik

Vorrangige Ziele der Wirtschaftspolitik

Preisstabilität, Wirt­schaftswachstum, Beschäftigung, Gleich­gewicht

Wirtschaftswachstum, Beschäftigung

Wirtschaftswachstum, Beschäftigung

Der Überblick zu den drei großen Volkswirtschaften in Tabelle 1 zeigt, dass es zwischen ihnen erhebliche Unterschiede gibt – in territorialer Gestaltung, der Rolle des Staates und seinem Verhältnis zur Wirt­schaft, aber auch bei der Wirtschaftsphilosophie und den Zielen der Wirtschaftspolitik. Die Merkmale des italienischen Modells sind in einigen Kategorien schwer zu erfassen, meist kann es jedoch zwischen dem deutschen und dem französischen verortet wer­den. Außerdem repräsentiert der italienische Süden ein anderes Modell als der Norden, für den Industrieproduktion und Dienstleistungen eine viel wichtigere Rolle spielen.

Die drei Länder unterscheiden sich auch in den jeweils dominanten Schulen wirtschaftlichen Den­kens. Hier stehen vor allem der deutsche Ordoliberalismus und Frankreichs neo-keynesianische Richtung häufig in Opposition zueinander. Das deutsche und das französische Wirtschaftsdenken differieren unter anderem in Bezug auf vorherrschende Regeln, die Freiheit der Regierung bei der Kreditaufnahme, die Rolle von Geldpolitik und Inflation sowie die Han­dels- und Wettbewerbsfreiheit.17 Die wichtigsten Faktoren im deutschen Wirtschaftsdenken sind Eigen­verantwortung, Disziplinarfunktion der Finanzmärkte, niedrige Inflation, stabile Finanzen und Unabhängigkeit der Zentralbank.18 Das italienische Wirtschaftsdenken wiederum wurde durch jenes beider anderen Länder stark beeinflusst. Italiens und Frank­reichs Wirtschaft ähneln sich in ihrer nachfrage­orientierten, keynesianisch inspirierten Wirtschaftspolitik.19 Sol­che Abweichungen bei Interessen und theoretischen Ansätzen erschweren es, unter den Mitgliedern der Eurozone wirtschaftspolitisch eine gemeinsame Rich­tung zu vereinbaren. Die Divergenz der Wirtschaftspolitik, die hauptsächlich in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegt, wird dadurch erhöht.

Rolle des Staates und des sozialen Dialogs

Ein wichtiges Merkmal, in dem sich die drei großen Volkswirtschaften unterscheiden, ist die Rolle des Staates. Relevant sind die Ungleichheiten in diesem Bereich sowohl bei der Entstehung von Divergenzen als auch bei den notwendigen Anpassungsmechanismen. Denn für nachhaltige Konvergenz sind in erster Linie die nationalen Regierungen verantwortlich.20

In Frankreich spielt der Staat eine besondere Rolle. Verglichen mit Deutschland und Italien hat das Land eine sehr lange Tradition der Staatszentralisierung; begründet wurde sie bereits von König Ludwig XIV. (1638–1715). Die italienischen Erfahrungen mit Staatlichkeit sind dagegen weniger kontinuierlich. Bis zur Gründung des Königreichs im Jahr 1861 war Italien im Grunde nur ein geographischer Begriff. Trotz der regionalen Vielfalt des Landes wurde das Modell des Einheitsstaates gewählt, um einen kom­pakten Nationalstaat aufzubauen. Damit begann der Konflikt zwischen Zentralregierung und Regionen, der sich besonders stark gegenüber Süditalien mani­festiert. Ein wichtiges Merkmal, das Italien von Deutschland und Frankreich unterscheidet, ist das Nord-Süd-Gefälle in der wirtschaftlichen Entwicklung.

Die Abweichungen bei der Rolle des Staates werden sichtbar, wenn man etwa den jeweiligen Anteil der öffentlichen Ausgaben am BIP betrachtet. Ein historisch gewachsenes Merkmal des französischen Wirtschaftsmodells sind die hohen Staatsausgaben im Verhältnis zur allgemeinen Wirtschaftsleistung. Laut OECD betrug in Frankreich 2015 die Staatsausgaben-Quote 56,7 Prozent des BIP. Unter allen OECD-Ländern liegt Frankreich hier nach Finnland (57,1 Prozent) auf dem zweiten Platz. Im Falle Italiens ist dieser Indi­ka­tor mit 50,2 Prozent zwar niedriger als bei Frankreich. Doch unterscheidet die starke wirtschaftliche Einbindung des Staates beide Modelle deutlich von der deutschen Variante, wo das Niveau der Staats­ausgaben gegenüber dem BIP nur bei 43,9 Prozent liegt.21 In Frankreich engagiert sich der Staat stark als An­teilseigner großer Unternehmen. Das ist insofern problematisch, als die Regierung eine Mitverantwortung für die finanzielle Lage der Firmen trägt, ebenso für deren Schutz vor ausländischer Übernahme.22

Wie das Beispiel der nordischen Länder zeigt, müs­sen eine stärkere Rolle des Staates in der Wirtschaft und hohe steuerliche Belastungen nicht zwangsläufig zu geringerer Wirtschaftsleistung führen. Die nordi­schen Wirtschaftsmodelle haben jedoch besondere Merkmale – wie effiziente staatliche Institutionen, leichte Geschäftstätigkeit, hohe Wettbewerbsfähigkeit dank Innovationen, geringe Produktmarkt-Regulie­rung, effizienter Sozialschutz, ein hohes Maß an Medienfreiheit, wenig Korruption, wirksame Tarif­verhandlungen und eine qualitativ hochwertige Bildung mit breitem Zugang. Fehlt es hingegen an diesen Merkmalen, hat ein hohes Niveau an Staatsausgaben erhebliche Negativfolgen. Erstens steigt das Risiko einer Fehlzuweisung von Ressourcen, da der Staat in den Allokationsprozess eingreift und dieser nicht mehr von marktwirtschaftlichen Mechanismen geleitet wird. Zweitens vervielfachen sich dadurch die sozialen Gruppen, die »Rent seeking« betreiben, was zur Politisierung von Transfers führt. Übt der Staat eine stärkere Umverteilungsrolle aus, gibt es in der Regel eine große Zahl inländischer Akteure, die nicht daran interessiert sind, dass sich am Status quo etwas ändert.

Politische Institutionen sollen vor allem die Stabilität eines Landes bewahren und zugleich in der Lage sein, Reformen einzuleiten. In Italien ist politische Instabilität, die sich in häufigen Regierungswechseln widerspiegelt, ein wesentliches Hindernis für eine kohärente Wirtschaftspolitik. Ständige Regierungswechsel stehen langfristigen Strategien im Weg, wie sie etwa zur Entwicklung Süditaliens erforderlich wären. In Italien gibt es die Tradition der technokra­tischen Regierung (governo tecnico), mit der die Un­fähigkeit der politischen Parteien, stabile Koalitionen zu bilden, ausgeglichen werden soll. Solche Regierungen übernehmen normalerweise die schwierige Aufgabe, Reformen durchzuführen, die in der Gesellschaft unpopulär sind.23 In Frankreich sind die politischen Zyklen zwar viel stabiler als in Italien, doch führen hier oftmals innerparteiliche Konflikte zu Reformblockaden. Um solche Situationen zu über­winden, kann die Pariser Regierung auf das Rechts­instrument des Dekrets oder auf Artikel 49.3 der französischen Verfassung zurückgreifen. Letzterer erlaubt der Regierung, die Verabschiedung eines Gesetzentwurfs zu erzwingen, sofern nicht das Parla­ment ein Misstrauensvotum gegen die Regierung ausspricht. Dieses Verfahren wurde zwischen 2015 und 2017 mehrmals angewendet, um Arbeitsmarkt­reformen durchzusetzen. Das politische System der Bundesrepublik verändert sich derzeit, weil die poli­tische Szene im Land zunehmend zersplittert; dies erschwert die Bildung von Regierungskoalitionen.

Eine wichtige Rolle spielt auch die Verhandlungsfähigkeit zwischen den wichtigsten Akteuren des Wirtschaftssystems, darunter Gewerkschaften, über wirtschaftspolitische Veränderungen. Frankreich hat in der OECD eine der niedrigsten Quoten an Gewerkschaftszugehörigkeit (7,7 Prozent im Jahr 2013) und zugleich den höchsten Prozentsatz an Arbeitnehmern, für die Tarifverträge gelten (98,5 Prozent 2014). Das heißt, dass die französischen Gewerkschaften nicht nur für ihre eigenen Mitglieder verhandeln, sondern jeweils für den gesamten Sektor; daher sind sie viel mächtiger als die Gewerkschaften in Deutschland. Hier ist der Anteil der Gewerkschaftsmitglieder deutlich höher als in Frankreich; 2016 lag er bei 16 Prozent – ohne dass sich dies in einem stärkeren Einfluss niederschlagen würde. Was die Verhandlungskultur angeht, lässt sich beobachten, dass fran­zösische Gewerkschaften stärker politisiert sind als deutsche. In Italien wiederum ist die Rolle der Ge­werkschaften vielschichtiger. Der Mitgliederanteil ist dort mit 35,7 Prozent (2013) noch einmal wesentlich höher als in Deutschland. Allerdings variiert der Ein­fluss der italienischen Gewerkschaften von Sektor zu Sektor und von Region zu Region. Zudem gibt es in Italien eine große Zahl kleiner Unternehmen mit wenigen Arbeitnehmern sowie ein hohes Maß an irregulärer Beschäftigung.

Effizienz der öffentlichen Institutionen

Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen den Wirtschaftsinstitutionen eines Staates und seiner ökonomischen Leistung. Die Qualität von Institutionen wird mitunter als entscheidend für Erfolg oder Misserfolg ganzer Nationen dargestellt.24 Jüngere Analysen zeigen wiederum, dass Institutionen ein wichtiger Faktor sind, um die wirtschaftliche Diver­genz zwischen Mitgliedern der Währungsunion zu erklären.25 Nachweisen lässt sich etwa eine direkte Verbindung zwischen Institutionen und Staats­verschuldung auf der einen und dem Wirtschaftswachstum auf der anderen Seite.26 Außerdem zeigt die In­stitutionen-Ökonomie, dass die Grundvoraussetzung für eine bessere Wirtschaftspolitik darin be­steht, die sozialen und politischen Institutionen zu reformieren, die diese Politik gestalten.

Die institutionelle Perspektive muss also miteinbezogen werden, damit sich die Krise des Euro erklären lässt. Den »nördlichen« Volkswirtschaften Europas, einschließlich Deutschland, standen mehr institutionelle Kapazitäten als den »südlichen« zur Verfügung, um exportorientierte Wachstumsstrategien zu ver­folgen. Solche Strategien erfordern eine Koordinierung zwischen den Produzenten, abgestimmte Lohn­verhandlungen und eine Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung mit Schwerpunkt auf Kompetenz- und Innovationsförderung.27

Die Effizienz staatlicher Institutionen und staatlicher Regulierung hat direkten Einfluss auf die Wirt­schaftstätigkeit eines Landes. Sie ist eine Voraussetzung für Innovationen und Produktivität. Einen entsprechenden Zusammenhang lassen die »Doing Business«-Analysen der Weltbank erkennen.28 Darin werden etwa juristische Hindernisse in Italien iden­tifiziert, die sich unter anderem in einer geringen Rückgewinnungsrate und hohen Kosten von Insol­venzen niederschlagen. Zudem haben diese Hürden einen negativen Einfluss auf aktuelle Bemühungen, den Bankensektor des Landes zu sanieren, der an notleidenden Krediten krankt. Regionale Daten wie­derum zeigen, dass es zwischen dem Norden und dem Süden Italiens erhebliche Unterschiede gibt, was die Effizienz öffentlicher Institutionen angeht.29

Wirtschaftsstrukturen: Unterschiede und Verbindungen

Zu den Ursachen der Krise im gemeinsamen Euroraum gehört auch, dass es dort verschiedene Wirt­schaftsstrukturen gibt; teils sind sie nachfrage-, teils angebotsorientiert.30 Derzeit weisen die drei größten Volkswirtschaften des Euroraums deutliche Unterschiede auf.31

Eine offene Wirtschaft ist für die Wettbewerbs­fähigkeit eines Landes und die Konvergenz gegenüber leistungsfähigeren Volkswirtschaften in mancher Hinsicht von Vorteil. So erweitert sie die Märkte für inländische Firmen und setzt diese dem internationalen Wettbewerb aus. Ob eine Volkswirtschaft im internationalen Wettbewerb erfolgreich bestehen kann, ist unmittelbar abhängig von der Qualität staatlicher Institutionen und Regulierungspraktiken, von Produktivität, Infrastruktur und Humankapital des Landes.32 Die deutsche Wirtschaft hat ein höheres Maß an Offenheit als die italienische und die franzö­sische. Sie ist stark auf den Export ausgerichtet; 2016 machte er 46 Prozent des deutschen BIP aus.33 Im selben Jahr erwirtschaftete Deutschland den größten Handelsüberschuss weltweit. Allerdings gibt es in Italien mittlerweile auch viele wettbewerbsfähige Unternehmen, die erfolgreich auf ausländischen Märkten expandieren.

Die Volkswirtschaften der drei untersuchten Länder sind eng miteinander verbunden. Dabei gibt es zwischen der französischen und der deutschen Wirtschaft mehr Interdependenzen als im Verhältnis der beiden zur italienischen. Wie sich die wechsel­seitigen Wirtschaftsbeziehungen entwickelten, hat auch damit zu tun, in welchem Maße die drei Länder nach dem Zweiten Weltkrieg politisch kooperierten. Frankreich und die Bundesrepublik betrieben eine enge Zusammenarbeit, was zu einem starken ökono­mischen Austausch und gegenseitigen Abhängigkeiten der beiden Volkswirtschaften führte. Für Frank­reich wie auch für Italien hat die deutsche Wirtschaft enormes Gewicht.34 Sie erzielt in beiden Fällen des bilateralen Handels einen bedeutenden Überschuss.35 Alle drei Länder sind darüber hinaus wichtige Quel­len und Ziele gegenseitiger Direktinvestitionen. Ihre Finanzsektoren werden zwar jeweils von inländischen Institutionen dominiert, sind aber dennoch stark mit­einander verflochten.36 Deutsche Banken hielten im Dezember 2017 finanzielle Forderungen gegenüber Frankreich in Höhe von etwa 180 Milliarden Euro. Italien hat der Bundesrepublik eine Gesamtsumme von 67 Milliarden Euro zurückzuzahlen.37 Hier zeigt sich eine wesentliche Verbindung zwischen den drei Volkswirtschaften; sie bildet auch einen potentiellen Übertragungskanal für Risiken.

Konvergenz oder Divergenz in der Währungsunion?

Das jeweilige Wirtschaftsmodell und die Effizienz der nationalen Wirtschaftsinstitutionen haben direkten Einfluss auf die ökonomische Leistungsfähigkeit der drei großen Eurostaaten. Zu Beginn der Währungsunion sah die wirtschaftliche und politische Lage in Europa noch ganz anders aus als heute. Nachdem 1999 die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion umgesetzt worden war, erfuhren Italien und Frank­reich eine ausgeprägtere BIP-Wachstumsdynamik als Deutschland. Die Bundesrepublik galt als »kranker Mann des Euro«, und es wurde befürchtet, ihre wirtschaftlichen Probleme könnten sich negativ auf die Stabilität der gemeinsamen Währung auswirken.

Bis 2005 waren die Konjunkturzyklen Deutschlands, Frankreichs und Italiens relativ ähnlich; da­nach ver­langsamte sich das Wachstum in Italien deutlich. In den Jahren der globalen Finanzkrise ab 2007 und der Krise im Euro-Währungsgebiet ab 2010 erfasste alle drei Volkswirtschaften eine tiefe Rezession. Dass der Rückgang in Frankreich vergleichsweise schwächer ausfiel, ist zurückzuführen auf die Besonderheiten des französischen Wirtschaftsmodells bzw. auf die ge­ringere Bedeutung des Außenhandels für das Land. Die italienische Wirtschaft hingegen war von der Krise stark betroffen, die von der darauffolgenden Haus­haltskonsolidierung noch verschärft wurde. Dass Italiens BIP seit 2015 sichtlich ansteigt, ist hauptsächlich dem Wachstum der Weltwirtschaft und der ent­gegenkommenden EZB-Geldpolitik geschuldet.

Im folgenden Teil der Studie wird die unterschiedliche Funktionsweise der Wirtschaftsinstitutionen der drei Länder untersucht, insbesondere mit Blick auf die Flexibilität des Arbeitsmarktes. Die nominale Kon­vergenz wird dabei vor allem im Zusammenhang mit Wettbewerbsfähigkeit und öffentlichen Finanzen analysiert. Dadurch soll geklärt werden, weshalb sich die drei Volkswirtschaften so unterschiedlich ent­wickelt haben. Die reale Konvergenz wird auf Basis von Einkommensentwicklung und Arbeitsbedingungen erfasst.

Wettbewerbsfähigkeit

Der reale effektive Wechselkurs (Real Effective Ex­change Rate – REER) ist einer der aussagekräftigsten Indikatoren für die Wettbewerbsfähigkeit eines Euro-Mitgliedslandes; er liefert Informationen über die Preisentwicklung der im betreffenden Land produzierten Güter im Verhältnis zu dessen wichtigsten Handelspartnern.38 Allgemein gilt der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Handelspartnern, der durch Inflationsunterschiede erzeugt wird, als einer der Hauptgründe für eine schwache Wirtschaftsleistung einzelner Euro-Staaten. Eine niedrige Inflationsrate ist, wie erwähnt, eines der nominalen Konvergenzkriterien für den Beitritt zum Euro-Währungsgebiet. Eine stärkere Inflation in einem der Mitgliedstaaten kann bewirken, dass die Exporte aus diesem Land teurer sind als jene der anderen, wäh­rend importierte Produkte gleichzeitig billiger werden als einheimische Erzeugnisse. Dieser Mechanismus ist bekannt als Aufwertung des realen effektiven Wech­selkurses. Falls dagegen die Entwicklung des REER negativ ist, gewinnt die Binnenwirtschaft im Vergleich zu den Handelspartnern an Wettbewerbsfähigkeit.

Graphik 1 (S. 16) zeigt, wie sich der REER zwischen 1999 und 2016 in den drei großen Eurostaaten und in der Eurozone insgesamt entwickelt hat. Sichtbar wird, dass sich im Falle Italiens die Mitgliedschaft in der Währungsunion negativ auf die eigenen Exporte aus­gewirkt hat, weil der hohe REER die externe Wett­bewerbsfähigkeit der italienischen Wirtschaft min­derte. Auch wenn sich nach 2010 die preisliche Wett­bewerbsfähigkeit Frankreichs und Italiens verbessert hat, liegt Deutschlands realer effektiver Wechselkurs weiterhin deutlich unter jenem der beiden anderen Länder. Die deutsche Wirtschaft ist wesentlich wett­bewerbsfähiger geblieben als die französische oder die italienische, weil sie in der Lage war, ihre Arbeits­kosten niedrig zu halten. Graphik 2 zeigt die Ent­wicklung dieses Faktors in Deutschland, Frankreich und Italien von 1999 bis 2017. Deutlich erkennbar ist, dass der Trend zwischen den drei Ländern abweicht. Nach 2001 haben sich die Arbeitskosten in Frankreich und Italien ganz anders entwickelt als in Deutschland. Die Eurokrise hat dabei keine deutliche Kon­ver­genz bewirkt; zwar gingen nun die Arbeitskosten auch in Frankreich und Italien zurück, doch dieselbe Tendenz galt auch für Deutschland. Die wichtigste Erklärung für die differierenden Werte der Bundes­republik ist die Funktionsweise der deutschen Arbeitsmarktinstitutionen. Sie beruht auf flexiblen Verträgen und wechselseitigen Vereinbarungen zwi­schen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Durch Nutzung solcher Instrumente ließen sich Lohn­verhandlungen dezentralisieren und auf die Unternehmens- und Branchenebene verlagern.39

Graphik 1

 Realer effektiver Wechselkurs (REER) Deutschlands, Frankreichs und Italiens, 1999–2016

Quelle: UNCTAD.

Deutschland als eine »nördliche« Volkswirtschaft genießt so dank seiner starken Institutionen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil, der zur Akkumulation von Leistungsbilanzüberschüssen führt. Dies geschieht vor allem durch Lohnzurückhaltung, aber auch andere Faktoren, die eine optimale Produkt­palette für Importe der BRICS-Staaten (Brasilien, Russ­land, Indien, China, Südafrika) gewährleisten oder Kosteneffizienz sichern, indem Lieferketten hin zu Volkswirtschaften mit niedrigen Arbeitskosten ge­nutzt werden. Die Dynamik der relativen Preise spie­gelt nicht nur Veränderungen bei Arbeitskosten und anderen Produktionsfaktoren wider, sondern ebenso Produktivitätswachstum und Qualitätsverbesserungen. Die qualitativen Verbesserungen fielen in den drei großen Eurostaaten ähnlich aus. Geringe Produk­tivität jedoch war ein charakteristisches Merkmal der italienischen Wirtschaft.

Graphik 2

 Relative Arbeitskosten Deutschlands, Frankreichs und Italiens, 1999–2017

Quelle: OECD.

Wichtig ist auch, die Leistungsbilanzen Frankreichs, Deutschlands und Italiens miteinander zu ver­gleichen. Bei diesem Indikator divergieren die drei Länder zunehmend, seit die Währungsunion geschaf­fen wurde. Die Leistungsbilanz offenbart gleichzeitig die Besonderheiten der französischen Wirtschaft. Sie basiert vor allem auf Inlandsverbrauch, wird stark von Staatsausgaben angetrieben und besitzt nur eine schwache externe Wettbewerbsfähigkeit.

Der Kern der Leistungsbilanz ist die Handelsbilanz. Eines der am hitzigsten erörterten Themen in Debat­ten über Ungleichgewichte im Euroraum ist der massive Handelsüberschuss Deutschlands. Zwar wird der Großteil davon mit Ländern außerhalb der Wäh­rungsunion erzielt,40 doch erwirtschaftete die Bun­des­republik 2017 auch deutliche Überschüsse im Handel mit Frankreich (41,4 Milliarden Euro) und Italien (10 Milliarden Euro).41 In Frankreich wird oft argu­mentiert, das deutsche Plus gehe auf Kosten der ande­ren Euro-Länder.42 Der Handelsbilanzüberschuss der Bundesrepublik wird auf unterschiedliche Weise interpretiert; in jedem Fall ergibt er sich aus mehreren internen und externen Faktoren. Eine Erklärung liegt in den Grunddeterminanten von Import und Ex­port, wie der Produktivität der deutschen Wirtschaft und der Qualität ihrer Erzeugnisse. Eine andere Deu­tung zielt darauf, dass im Falle eines Überschusses nationaler Ersparnisse gegenüber nationalen Investi­tionen – wie im Falle Deutschlands – die Erspar­nisse als Kapitalexporte ins Ausland fließen und dort den Import deutscher Produkte fördern.43 Nach einer weiteren Interpretation sind der niedrige deutsche REER und die geringe Binnennachfrage in der Bun­desrepublik für den Überschuss verantwortlich. Dies stelle eine Gefahr für die Eurozone dar, da andere Staaten aufgrund des deutschen Preisvorteils nicht mithalten könnten. Auch die entstehenden deflationären Tendenzen wirkten sich negativ auf die Schul­denstände einiger Staaten aus.44

Graphik 3

 Entwicklung der Rendite zehnjähriger Staatsanleihen Deutschlands, Frankreichs und Italiens

Quelle: EZB.

Zudem besteht ein Risiko für Deutschland selbst. Wie erwähnt, exportiert die Bundesrepublik sehr viel Kapital, wodurch sie zu einem wichtigen Gläubigerstaat wird. Überdies kann es wirtschaftliche Entscheidungsträger beunruhigen, wenn eine exportgetriebene Leistungsbilanz massive Überschüsse enthält, denn darin spiegeln sich oftmals ökonomische Probleme. Es kann sich dabei um strukturelle Schwächen han­deln, die eine Änderung der Wirtschafts- und Sozial­politik erforderlich machen – wie niedrige Inlandsnachfrage, demographische Alterung, hohe Besteuerung von Arbeit, unzureichende Investitionen oder niedrige Löhne. Generell lässt sich sagen, dass der deutsche Handelsüberschuss sowohl strukturell als auch wirtschaftspolitisch bedingt ist – und dass er angegangen werden sollte. Zu den möglichen Lösun­gen auf deutscher Seite gehören die Stärkung der Binnennachfrage durch Lohnsteigerungen und eine expansivere Fiskalpolitik.45 Diese Mittel würden jedoch nicht notwendigerweise bewirken, dass der interne Verbrauch steigt oder Importe von anderen Euro-Ländern, inklusive Frankreich oder Italien, zunehmen. Höhere Löhne können auch zu höheren Ersparnissen führen. Um mehr Konvergenz zu erreichen, müssen auch in den anderen Ländern des Euroraums entsprechende Strukturanpassungen vorangetrieben werden.

Öffentliche Finanzen

Einer der wichtigsten Faktoren, mit denen sich die Divergenz zwischen den großen Eurostaaten erklären lässt, ist die Lage der öffentlichen Finanzen. Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen den oben er­örterten Problemen anhaltender Negativsalden in der Leistungsbilanz und einer übermäßigen Verschul­dung des öffentlichen Finanzsektors. Letztere führt zu einer negativen Nettoauslandsvermögensposition und erhöht die Abhängigkeit eines Landes von ausländischem Kapital zur Finanzierung der heimischen Wirt­schaft. Das Haushaltsdefizit und die Höhe der Schul­den gegenüber dem BIP gehören zu den wichtigsten Kriterien für nominale Konvergenz, wenn ein Land dem Euro-Währungsgebiet beitreten will.

Graphik 4

 Bruttoschuldenstand Deutschlands, Frankreichs und Italiens, 1960–2018

Quelle: Europäische Kommission, AMECO Database.

Wie Graphik 3 erkennen lässt, verzeichneten Frankreich, Deutschland und Italien fast im gesamten ersten Jahrzehnt der Währungsunion ähnliche Schul­denfinanzierungskosten. Mit Ausnahme des Zeitraums 2008–2014 zeigten die Renditen von Staats­anleihen im Euroraum eine starke Konvergenz. Seit der akutesten Phase der Krise im Jahr 2011 sind die Zinssätze für Staatsanleihen der drei Länder deutlich zurückgegangen. Allerdings konvergierten die Ren­diteniveaus nicht auf Vorkrisenniveau. Die Finanzierungskosten französischer und italienischer Staats­anleihen sind trotz der entgegenkommenden Geld­politik des Eurosystems höher als jene deutscher Staatsanleihen.

Mitte 2018 hat die Ankündigung zusätzlicher öffentlicher Ausgaben durch die Regierung Conte zu einem erheblichen Zinsanstieg bei italienischen Staatsanleihen geführt, was Fragen zur Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen des Landes aufwirft. Nach Beginn der globalen Finanzkrise war Italien besonders stark von übermäßiger Staatsverschuldung betroffen. Gegenwärtig ist das Schuldenniveau dort alarmierend hoch. Im Jahr 2018 erreichte es einen Wert von rund 133 Prozent des BIP. Allerdings ist das Problem wachsender öffentlicher Verschuldung sehr viel älter als die Krise in der Währungsunion. In Italien begann die Staatsverschuldung schon Mitte der 60er Jahre allmählich zu steigen. Gerechtfertigt wurde dies mit dem Kampf gegen Inflation und dem Versuch, die Lira im Rahmen des Europäischen Wäh­rungssystems zu stabilisieren. Die Ursprünge von Italiens Schuldenproblem sind jedoch weitaus kom­plexer. Erklären lassen sie sich auch mit den wirt­schaftlichen Unterschieden zwischen Norden und Süden des Landes und mit dem Verhalten der natio­nalen Institutionen. In Süditalien entstanden große und anhaltende Defizite, denen man aus politischen Gründen nicht entgegenwirkte. Die dortigen Regio­nalregierungen verursachten massive Überausgaben, ohne die Kosten einer wachsenden Staatsverschuldung zu internalisieren.46 Weder die Mitte-rechts- noch die Mitte-links-Regierungen, die während der 2000er Jahre in Rom amtierten, konnten die zum Schuldenabbau nötigen Reformen durchsetzen und die Wettbewerbsfähigkeit und Kohäsion des Landes verbessern. Seit der Eskalation der Euroraum-Krise 2010 hat sich das Problem noch deutlich verschärft. Im Sommer 2011 stand Italien am Rande der Insol­venz. Grund waren nicht nur die hohen Staatsschulden, sondern auch das Misstrauen internationaler Investoren, das durch einen Konflikt zwischen dem damaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und Finanzminister Giulio Tremonti genährt wurde. Was Italien vor der Insolvenz bewahrte, war letztlich allein das Securities Markets Programme, ein Anleihe­kaufprogramm der Europäischen Zentralbank für den Sekundärmarkt. Zur Zeit ist die EZB die einzige Institution, die den Schuldenmarkt des Landes stabilisieren kann.

Frankreich hat ebenfalls erhebliche Probleme damit, seine öffentlichen Finanzen zu stabilisieren, doch gestalten sich die Schwierigkeiten hier etwas anders. Bis zur Rezession infolge der Eurokrise ent­wickelten sich die französischen und die deutschen Staatsschulden ähnlich, wie Graphik 4 (S. 19) zeigt. Da­nach lässt sich eine starke Divergenz feststellen. Das hohe Niveau der Staatsausgaben – hier steht Frank­reich an der Spitze aller OECD-Länder – bleibt der Kern der nationalen Haushaltsprobleme. Was die großen Haushaltsdefizite des Landes verursachte, war laut IWF das rasche Wachstum der Sozial-, Lohn- und Kommunalausgaben während der globalen Finanz­krise.47 Frankreich hat zudem innerhalb des Euro­raums die höchste Verschuldung des privaten Sektors (private Haushalte und nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften). Private Schulden machen knapp 130 Pro­zent des BIP aus, bei steigender Tendenz. Potentiell ist dies ein beträchtlicher Risikoübertragungskanal für die gesamte Wirtschaft des Landes und seine öffent­lichen Finanzen.48

In Deutschland gibt es bei den öffentlichen Finanzen einen völlig anderen Trend als in Frankreich und Italien. Während der Eurokrise profitierte das Land von deutlich sinkenden Kreditkosten. Dieser Faktor trägt dazu bei, dass der Bundeshaushalt seit 2014 ausgeglichen ist. Die Höhe der Bruttoverschuldung des Staates fiel von 81 Prozent des BIP im Jahr 2010 auf rund 61 Prozent 2018. Nach manchen Berechnungen summiert sich die gesamte Ersparnis, die Deutschland zwischen 2010 und 2015 durch die nied­rigen Zinsen auf Staatsanleihen erzielt hat, auf bis zu 100 Milliarden Euro.49

Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit den öffentlichen Finanzen besteht darin, dass sie mit dem Bankensektor verknüpft sind. Zwischen Steuerzahlern und Banken besteht eine Verbindung, solange die Banken umstrukturiert und mit öffentlichen Gel­dern kapitalisiert werden. Entgegen der medialen Darstellung war die staatliche Beihilfe für den Ban­kensektor in Deutschland während der Krisenjahre viel größer als in Frankreich oder Italien. Im Zeitraum 2010–2017 betrug die Staatsverschuldung, die aus der Unterstützung von Finanzinstituten resultierte, zwischen 5 und 10 Prozent des BIP, während in Italien und Frankreich fast keine entsprechenden Schulden anfielen.50 Aufgrund der zunehmenden Renditespannen (Spreads) von Staatsanleihen konn­ten die Regierungen der südlichen Euro-Länder dem Bankensektor keine nennenswerte Hilfe leisten. Deutschland hingegen war dank niedriger Spreads auf Staatsanleihen in der Lage, seinen Banken bei­zustehen, was niedrige Finanzierungskosten für die Industrie sicherstellte und die Auslandsnachfrage mitfinanzierte.51 In Italien wird die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen durch die schwierige Lage des dortigen Bankensektors noch stärker in Frage gestellt. Die drittgrößte Volkswirtschaft des Euro­raums hat einen sehr hohen Anteil an notleidenden Krediten (Non-Performing Loans, NPL). Im zweiten Quartal 2018 machten NPL in Italien 9,9 Prozent der gesamten Kredite aus. In Deutschland dagegen liegt dieser Anteil nur bei 1,5 Prozent, in Frankreich bei 3,1 Prozent.52 Als notleidend gelten Kredite, deren Rückzahlung entweder stark in Verzug gerät oder sehr unwahrscheinlich ist. In solchen Fällen muss die Bank mit zusätzlichem Kapital eine Wertberichtigung des Kredits vornehmen; damit schmälert sie entweder ihren Gewinn oder steigert ihren Verlust. Eine hohe Zahl notleidender Kredite kann Banken also in erheb­liche Schwierigkeiten bringen.

Die übermäßige Staatsverschuldung ist eine große Belastung für Italiens Haushalt. In Zeiten ungünstiger Konjunktur fehlt so der finanzpolitische Spielraum, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Kosten für den Schuldendienst erhöhen zudem den Druck auf die anderen Ausgaben im Budget. Nach OECD-Angaben beliefen sich 2014 die Schuldendienstkosten in Italien auf 4,8 Prozent des nominalen BIP.53 Sie überstiegen damit etwa die öffentlichen Ausgaben des Landes für Bildung, die laut UNESCO im selben Jahr nur 4,1 Pro­zent des BIP betrugen.54

Die fiskalpolitischen Rahmenbedingungen der Währungsunion sind ein zentrales Thema für Paris, Rom und Berlin. Weil die drei Länder in ihrer Wirt­schaftsleistung differieren, folgen sie auch unterschiedlichen politischen Prioritäten mit Blick auf die EU. Die Europäische Kommission fordert, Haushaltsdefizite in einem vorgegebenen Tempo zu reduzieren. Dies veranlasst Frankreich und Italien, ihr Bemühen darauf zu richten, dass die Finanzüberwachung im Euroraum flexibler gestaltet wird. So hat Paris etwa vorgeschlagen, Investitionen oder Verteidigungs­ausgaben bei der Defizitberechnung unberücksichtigt zu lassen, was die EU-Rahmenbedingungen auf­weichen würde.

Von den drei Ländern hat Deutschland den größten fiskalischen Spielraum, doch ist die Finanzpolitik des Landes weiterhin äußerst rigide, da sie auf aus­geglichene Haushalte zielt. So werden die Chancen nicht richtig genutzt, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum der Bundesrepublik zu sichern. Erhöhen ließe sich das Wachstumspotential durch Investitionen in die Infrastruktur, durch digitale Netzwerke, bessere Kinderbetreuung, verstärkte Integration von Flüchtlingen und eine geringere Besteuerung der Arbeit.55 Andererseits verschärft die hohe Verschuldung einiger Länder das Divergenzproblem in der Eurozone gravierend. Übermäßige Staatsverschuldung bremst die Wirtschaft auf mehrfache Art, etwa weil dadurch private und öffentliche Investitionen verdrängt oder Spekulationen über die mögliche Insolvenz eines Landes ausgelöst werden. All dies führt zu makroökonomischer Unsicherheit.

Einkommensentwicklung

Die reale Konvergenz wird am Pro-Kopf-Einkommen gemessen. Sie spiegelt wider, wie sich der Wohlstand der Bevölkerung entwickelt, und ist daher eng mit dem Wandel sozialer Bedingungen verknüpft. Analy­sen zur Situation vor Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion zeigen, dass die reale Konvergenz zwischen den heutigen Eurostaaten seit den frühen 1980er Jahren allmählich abgenommen hat.56 Er­wartet wurde, dass die Währungsunion die Konvergenz zwischen den Mitgliedern stärken würde. Dies hat sich jedoch nicht erfüllt. Tatsächlich eingetreten ist ein starker Prozess der Divergenz zwischen den Erstmitgliedern der Eurozone, seit die gemeinsame Währung eingeführt wurde. Wie die Daten zeigen, haben sich die drei großen Volkswirtschaften in die­ser Hinsicht unterschiedlich entwickelt. Aus Graphik 5 (S. 22) wird ersichtlich, dass Italiens BIP erst im Jahr 2018 wieder das Pro-Kopf-Niveau von 1999 erreicht hat. Die Leistung des Landes ist schlechter als jene Griechenlands und anderer Mitglieder des Euro­raums, die finanzielle Unterstützung erhielten, um mit den Krisenfolgen besser zurechtzukommen. 2018 und 2019 wird das italienische BIP voraussichtlich nur wenig wachsen, nämlich jeweils um rund ein Prozent. Dies wird den Prozess erschweren, beim Pro-Kopf-BIP wieder das Vorkrisenniveau von 2007 zu erreichen. Nach IWF-Prognosen soll das ungefähr 2027 geschafft sein. Zudem gibt es in Italien auch beim Pro-Kopf-Einkommen starke Unterschiede ent­lang der Nord-Süd-Achse.

Graphik 5

 BIP pro Kopf diverser Länder

Quelle: IWF, Oktober 2018; The Economist, Januar 2014.

Frankreich hatte seit 1999 eine deutlich bessere Wachstumsdynamik. Man muss aber berücksichtigen, dass die französische Bevölkerung im Vergleich zu den anderen Staaten schneller gewachsen ist, so dass das BIP pro Kopf im Land proportional niedriger ist. Frankreich war nicht in der Lage, das zusätzliche Arbeitsangebot in Wachstum umzusetzen. Das reale Pro-Kopf-BIP ist in Frankreich weniger stark gestiegen als in einigen Euro-Staaten, die wirtschaftliche Schwierigkeiten durchlaufen haben, wie etwa Finn­land und Spanien.

Arbeitsmarktsituation

Wirtschaftsleistung und Pro-Kopf-BIP einzelner Län­der hängen oft stark von der Qualität der öffentlichen Institutionen ab.57 Besonders evident ist dies im Falle Italiens; die Ineffizienz des öffentlichen Sektors hat einen negativen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Einer der wichtigsten Bereiche, in denen sich Divergenz zwischen den drei Volkswirtschaften zeigt, ist der Arbeitsmarkt – vor allem was dessen Flexibilität angeht. Große Probleme gibt es in der Funktionsweise der italienischen Arbeitsmarkt­institutionen. Auf dem Global Competitiveness Index belegt Italien im Bereich der Arbeitsmarkteffizienz den 116. Platz.58 Gemessen wird hier, wie leicht Ein­stellung und Entlassung von Beschäftigten sowie Tarifverhandlungen vonstattengehen. Deutschland und Frankreich rangieren mit dem 14. und dem 56. Platz deutlich höher. Es besteht allgemein Einigkeit darüber, dass jene Länder, deren Arbeits- und Pro­duktmärkte rigidere Strukturen haben, stärker von der Krise betroffen waren als solche mit flexibleren Märkten. Bereits bestehende Divergenzen wurden so noch gefördert.59

Sowohl Frankreich als auch Italien sind mit dem Problem struktureller Arbeitslosigkeit konfrontiert. Dabei hat sich die Situation in beiden Ländern als Folge der Eurokrise verschlechtert. Zwischen 2011 und 2014 stieg die Arbeitslosigkeit in Italien von rund 8 Prozent auf über 12 Prozent. Ab 2015 begann sich die Lage allmählich wieder zu bessern; zurückzuführen war dies auf einen Wandel der wirtschaftlichen Bedingungen und einige Reformen des italienischen Arbeitsmarktes (Jobs Act). Allerdings gibt der Arbeits­markt noch immer Anlass zur Sorge. Für einige statis­tische Werte gilt dies in besonderem Maße. So ist die Beschäftigungsquote von Frauen in Italien die dritt­niedrigste unter allen OECD-Ländern (vor der Türkei und Mexiko).60 Auffallend ist auch, dass die Kosten der Krise auf dem Arbeitsmarkt unverhältnismäßig stark von der jüngeren Bevölkerung getragen wer­den.61 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Italien bei 35 Prozent und gehört damit zu den höchsten in Europa. Meist haben jüngere Arbeitnehmer nur be­fristete Verträge. Die Spaltung des Arbeitsmarktes in befristete und unbefristete Stellen ist jedoch auch bei den anderen großen Euroländern ein Problem. 2015 waren in Frankreich 17 Prozent der Beschäftigten in Zeitarbeit tätig – deutlich mehr als in Italien (14 Pro­zent) und in Deutschland (13 Prozent). In allen drei Ländern liegt der Anteil über dem OECD-Durchschnitt von 11,4 Prozent.62 Frankreich hat unter den OECD-Mitgliedern nicht nur die niedrigste Rate beim Wech­sel von befristeten zu unbefristeten Verträgen, son­dern auch die höchste Quote an unter- und überquali­fizierten Arbeitskräften in den Belegschaften.63 Dies deutet auf institutionelle Probleme auf dem Arbeitsmarkt hin, die mit Missständen im Bildungssystem und bei der beruflichen Qualifikation zusammenhängen.

In Italien ist auch beim Arbeitsmarkt die Kluft zwischen Nord und Süd zu beachten. Die Erwerbs­losigkeit in Sizilien war 2016 mit 22,1 Prozent fast drei Mal so hoch wie in der Lombardei (7,4 Prozent). Für ganz Italien lag 2014 der Anteil der 15- bis 29-Jährigen, die weder erwerbstätig noch in Ausbildung sind (Not in Education, Employment, or Training – NEET), bei 26,2 Prozent.64 Dies ist – nach Griechenland – nicht nur die zweithöchste Quote innerhalb der Währungsunion, sondern auch eine der höchsten unter den OECD-Volkswirtschaften. Dabei korreliert in Italien die Jugendarbeitslosigkeit eng mit der Quote der Schulabbrecher, die im Süden des Landes wiederum besonders hoch ist. Durch die Eurokrise hat sich die Perspektivlosigkeit junger Menschen noch massiv verschärft; einige Autoren sprechen von einer »verlorenen Generation«.65

In Deutschland existieren zwar noch immer Unterschiede zwischen Ost und West, die sich in der Arbeitslosenstatistik, beim realen BIP pro Kopf oder hinsichtlich der Standorte großer Unternehmen be­merkbar machen. Doch weder in Deutschland noch in Frankreich gibt es so gravierende regionale Abwei­chungen wie in Italien. In Frankreich sind die auf dem Arbeitsmarkt am stärksten gefährdeten Gruppen junge, gering qualifizierte Arbeitnehmer und Ein­wanderer aus Ländern außerhalb der EU.66 Eine ganz andere Lage als in Frankreich und Italien zeigt sich in Deutschland. Dabei hatte die Bundesrepublik in der Anfangsphase der Währungsunion noch mit größe­ren Problemen auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen als die beiden anderen Länder. Zwischen 2004 und 2007 war die Erwerbslosigkeit in der größten EU-Wirtschaft höher als in Italien oder Frankreich (siehe Graphik 6, S. 24). Erst 2009 fiel die Quote in Deutschland mit 7,6 Prozent unter das Niveau Italiens (7,7 Pro­zent).67 Die Arbeitsmarkt- und Sozialreformen, die Deutschland zwischen 2003 und 2005 umsetzte, sind ein Hauptgrund für steigende Erwerbsbeteiligung und sinkende Arbeitslosigkeit im Land.68 Bislang bleibt die Arbeitslosenquote auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. In den kommenden Jahren wird Deutschland jedoch vor der Herausforderung stehen, die Zuwanderer in den Arbeitsmarkt zu inte­grieren.

Graphik 6

 Arbeitslosenquote Deutschlands, Frankreichs und Italiens, 2005–2017 (in %)

Quelle: OECD Labour Force Statistics.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Vergleich zwischen den drei größten Euro-Volkswirt­schaften eine zunehmende Divergenz offenbart – bei Wettbewerbsfähigkeit, Staatsfinanzen und sozia­ler Lage. Dabei haben die Unterschiede in der Wirt­schaftsleistung verschiedene Ursachen. Einige lassen sich der Währungsintegration zuschreiben, weil mit ihr das Instrument flexibler Wechselkurse auf nationaler Ebene weggefallen ist. Die Hauptgründe liegen jedoch in strukturellen Merkmalen der drei Volkswirtschaften. Anhaltende Differenzen bei Inflation und Arbeitsmarkt haben zur bestehenden Kluft in der Wettbewerbsfähigkeit beigetragen, was sich in der jeweiligen Leistungsbilanz niederschlägt. Ein genauerer Blick zeigt komplexe Strukturprobleme der Arbeitsmärkte und starke regionale Abweichungen, vor allem in Italien. Dort wäre theoretisch eine interne Deflation erforderlich, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu verbessern. Deflation würde jedoch das Wachstum hemmen. Es ist schwer vorstell­bar, dass ein solcher Prozess in sozialer und politischer Hinsicht für Italien akzeptabel wäre. Bei alldem ist das Ausmaß an wirtschaftlicher Divergenz zwi­schen den drei Volkswirtschaften so signifikant, dass sich in absehbarer Zukunft für die Währungsunion kein nachhaltiger Weg der Konvergenz erreichen lassen wird.

Zukunft des Euroraums mit begrenzter Konvergenz

Die Divergenz bei der Wirtschaftsleistung der Euro-Länder zwingt zu Überlegungen, wie sich diese Ab­weichungen korrigieren lassen. Nach wie vor spielt die Notwendigkeit von Konvergenz in den Diskussionen über die Zukunft der Währungsunion auf ver­schiedenen Ebenen eine wichtige Rolle. Dass momen­tan eine positive Konjunktur herrscht, wird durch die expansive Geldpolitik der EZB gefördert. Allerdings werden die günstigen gesamtwirtschaftlichen Rah­menbedingungen und die lockere Geldpolitik nicht ewig anhalten. Im Oktober 2018 sind die monatlichen Nettoankäufe von Staatsanleihen bis Ende Dezember auf 15 Milliarden Euro reduziert worden; danach sollen sie nicht mehr weitergeführt werden. Kommt die erwartete Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, könnten Frankreich, Deutschland und Italien in ihrer ökonomischen Entwicklung wieder stärker auseinanderdriften. Die strukturellen Unterschiede zwischen den Wirtschaftsmodellen der drei Staaten dürften sich in absehbarer Zukunft nicht deutlich verringern. Daher wird die wirtschaftliche Divergenz wahrscheinlich lange fortdauern und eine der größ­ten Herausforderungen für die europäische Wirtschaftsintegration bleiben.69

In diesem Zusammenhang sind zwei Fragen besonders wichtig. Erstens ist zu klären, ob Austritte aus der Währungsunion oder auch deren Aufspaltung in zwei Währungsgebiete möglicherweise die bessere Alternative zur Beibehaltung der heutigen Eurozone wären. Ließe sich die Konvergenz zwischen den größten Wirtschaften Europas stärken, wenn wieder nationale Währungen eingeführt würden? Zweitens ist zu überlegen, in welche Richtung sich der gesamte wirtschaftliche und monetäre Integrationsprozess bewegen soll. Mittelfristig ist nicht abzusehen, dass die Währungsunion in ein föderales oder quasi-föderales System überführt werden wird. Welcher Weg sollte eingeschlagen werden, um einen Euroraum mit begrenzter Konvergenz besser auf die nächste Krise vorzubereiten und dabei die unterschiedlichen Interessen der drei größten Staaten zu berücksichtigen?

Konvergenz durch Desintegration oder Aufspaltung der Währungsunion?

Austritt aus der Währungsunion

Seit der Währungskrise wird gelegentlich darüber diskutiert, ob die Rückkehr einiger Staaten zur nationalen Währung dazu beitragen könnte, ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern und die Konvergenz zwischen den Staaten zu erhöhen.70 Unter den drei hier behandelten Ländern wird besonders oft über einen Euro-Austritt Italiens spekuliert.71 Es gibt einige Faktoren, die für einen solchen Schritt spre­chen. Eine eigene Währung mit flexiblem Wechselkurs kann dazu beitragen, externe Schocks abzumildern und die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Wirtschaft zu erhöhen. Zudem lässt sich eine nationale Geldpolitik besser mit der nationalen Fiskalpolitik abstimmen; so kann ein Staat mit einem konsistenten Policy-Mix auf makroökonomische Un­gleichheiten reagieren.

Es gibt jedoch viele Faktoren, die der Annahme zuwiderlaufen, durch Wiedereinführung nationaler Währungen würde sich die Konvergenz zwischen den Staaten verbessern. Drei übergeordnete Aspekte spre­chen gegen die optimistische Interpretation eines Euro-Austritts: das Verhalten der Bevölkerung, die Abwertung der Währung im internationalen Ver­gleich und das Fehlen eines geregelten Austritts­verfahrens.

Erstens würde eine Rückkehr zur nationalen Wäh­rung zwar die nationale Kontrolle über die Geldpolitik wiederherstellen. Doch wäre zu erwarten, dass es bei den ersten Meldungen über einen Euro-Austritt des betreffenden Landes zum »Bank Run« käme – die Bevölkerung also massenhaft versuchen würde, eigene Einlagen möglichst schnell abzuheben. Dies würde den Finanzsektor lähmen. Vor allem in Italien ist ein solches Szenario wahrscheinlich, weil dort wenig Vertrauen in das Bankensystem besteht. Wollte man einen Bank Run verhindern, müssten Kapitalverkehrskontrollen eingeführt werden, um den Ab­fluss von Kapital ins Ausland zu verhindern. Dies wie­derum würde eine volle Beteiligung des Landes am Binnenmarkt ausschließen, was für die Wirtschaft überaus schädlich und für viele Unternehmen tödlich wäre.

Die Abwertung einer neuen Währung würde für viele private Firmen in Italien den Konkurs bedeuten.

Der zweite Komplex an Gegenargumenten hängt mit der Abwertung der neuen Währung zusammen. Eine solche Abwertung würde quasi automatisch eingeleitet, sollte den Investoren das Vertrauen in die neue Währung fehlen. Zum einen würde die Abwer­tung für eine Vielzahl privater Unternehmen im Land den Konkurs bedeuten, weil firmeneigenes Vermögen in die neue Währung umgetauscht würde, die Ver­bindlichkeiten gegenüber ausländischen Unternehmen jedoch weiter in Euro zu begleichen wären. Zum anderen würden Investoren, die in Staatsschulden investiert haben, durch einen Euro-Austritt des be­treffenden Landes stark geschädigt. Eine Besonderheit der italienischen Staatsverschuldung besteht darin, dass nur ein relativ geringer Anteil der öffentlichen Schulden von Gebietsfremden (Non-Residents) gehal­ten wird; im August 2018 waren dies 33,3 Prozent.72 Italien hat damit unter allen Euro-Ländern den ge­ringsten Anteil von Staatsanleihen, die im Besitz von Non-Residents sind.73 Den inländischen Investoren würden die Schulden entsprechend in der neuen Währung zurückgezahlt, die gegenüber dem Euro deutlich weniger Wert hätte. Noch gravierender wäre der Fall einer staatlichen Insolvenz, weil die Schulden dann gar nicht zurückgezahlt würden. Also würde das Land durch den Euro-Austritt mit gra­vierenden finanziellen Problemen konfrontiert. Ein weiteres Argument im Kontext der Währungsabwertung ist der damit verbundene Preisanstieg für im­portierte Waren. Dieser würde die Inflation erhöhen, und die Renditen der Staatsanleihen würden steigen. Die Schuldenrückzahlung in Euro wäre damit ein großes Problem für den Haushalt des betreffenden Staates. So schätzt etwa die französische Zentralbank, dass zusätzliche Kosten für den Schuldendienst in Höhe von 30 Milliarden Euro anfielen, würde im Falle Frankreichs eine neue Währung abgewertet werden.74

Eine ungeklärte Frage ist, wie sich die Abwertung der neuen Währung auf die Wechselkurse auswirken würde. Im Falle Frankreichs würde nach einem Euro-Austritt die neue Nationalwährung nur gegenüber einigen Ländern abgewertet, darunter Deutschland, Irland, Holland und Luxemburg. Weil in diese Län­der bloß etwa 45 Prozent der französischen Exporte gehen, würde mehr als die Hälfte der Ausfuhren weniger wettbewerbsfähig sein als vorher.75 Nach einem Austritt aus dem Währungsgebiet oder deren Desintegration könnten Länder wie Italien obendrein in eine starke Rezession geraten oder sogar ban­k­rott­ge­hen. Dies würde sich über eine verminderte Nach­frage wiederum sehr negativ auf die Exporte etwa Frankreichs auswirken. Ein zusätzlicher Faktor ist der politische Wille der Regierung. Es wäre möglich, dass eine strategische Währungsabwertung als attraktivere Maßnahme erscheint, um die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Wirtschaft zu steigern, als schmerzhafte und langwierige Strukturreformen. Letztere sind meist mit enormen politischen Kosten verbunden. Solange kein starker Druck von außen kommt und das Instrument der Abwertung verfügbar ist, würde die betreffende Regierung wahrscheinlich Reform­anstrengungen vermeiden. Deshalb ist ein »temporärer« Austritt aus der Währungsunion kein gangbarer Weg, um die Konvergenz wiederherzustellen.

Ein weiteres Problem bei einem Austritt aus der Gemeinschaftswährung sind die finanziellen Verbind­lichkeiten des Landes gegenüber dem Eurosystem. Diese liegen im Falle Italiens bei rund 490 Milliarden Euro, wie die jüngsten TARGET-2-Daten zeigen. Für Frankreich wäre das Problem beträchtlich kleiner, da die TARGET-2-Forderungen an die französische Natio­nalbank »nur« 28,8 Milliarden Euro betragen. Die exponierteste Zentralbank ist die Bundesbank. Ihre TARGET-2-Forderungen beliefen sich Ende Okto­ber 2018 auf 925,5 Milliarden Euro.76 Sollte Italien sich entschließen, aus der Währungsunion auszutreten, wäre es niemals in der Lage, seine Verbindlichkeiten zu begleichen. Dies liegt wieder daran, dass bei einem Austritt die neue italienische Währung abgewertet würde, die italienischen Schulden aber in der Ge­meinschaftswährung fortbestünden.

Eine Desintegration der Eurozone oder Austritte einzelner Staaten wären auch der Beginn schwerer Rechtsstreitigkeiten, da es dafür bisher kein geordnetes rechtliches Verfahren gibt. Juristisches Chaos und wirtschaftliche Ungewissheit wären die Folge. Die Schaffung einer neuen Währung für einen bisherigen Eurostaat wäre eine gigantische logistische Operation, die mindestens drei Jahre Vorbereitungszeit erfordern würde. Außerdem dürfte es weder für die eigene Be­völkerung noch für den Rest des Euroraums akzeptabel sein, dass der betreffende Staat zu einem späteren Zeitpunkt wieder die Gemeinschaftswährung über­nimmt. Auch würde der Austritt einer großen Euro-Volkswirtschaft wahrscheinlich einen Dominoeffekt auslösen, der zum Zerfall der Währungsunion führen könnte. Der Glaube an die Untrennbarkeit des Euro­raums wäre zerstört, und darunter würde auch das Vertrauen in die Stabilität der Währung leiden.

Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass sich Euro-Austritte nachteilig auf die Konvergenz auswirken würden. Die Desintegration des Währungsraumes hätte negative Konsequenzen für die politische Inte­gration in Europa. Auch im Innern würde keinem der untersuchten Länder ein Austritt aus der Währungsunion nützen. Zwar hätte die betreffende nationale Regierung die geldpolitische Kontrolle wiedererlangt, doch dieser Vorteil würde übertroffen durch die wirt­schaftlichen, sozialen und institutionellen Negativfolgen einer Rückkehr zur eigenen Währung.

Aufspaltung der Eurozone in zwei Währungsgebiete

Eine alternative Idee, um die Wettbewerbsfähigkeit der südlichen Staaten zu stärken, zielt darauf, die Eurozone in zwei Währungsräume aufzuteilen. Aus­gehend von der vielfach geäußerten Einschätzung, die Eurozone bestehe aus den Blöcken »Nord« und »Süd«, wird argumentiert, dass der Wirtschaftsraum in diese zwei Teile aufgespalten werden könnte.77 Die historische Erfahrung zeigt auch, dass es möglich ist, einen Währungsraum in zwei oder mehr Zonen auf­zubrechen. Ein Beispiel ist die Teilung der Tschechoslowakei im Jahr 1993. Allerdings bleibt zweifelhaft, ob eine solche Option im Fall des Euro problemlos funktionieren könnte. Es gibt dafür zu viele wirtschaftliche, politische und rechtliche Hindernisse, die in zu kurzer Zeit überwunden werden müssten. Eine Spaltung des Euro würde das wichtigste Fundament der Währungsunion zerstören, nämlich das Prinzip der Unumkehrbarkeit der gemeinsamen Währung. Dies könnte Spekulationen über die Staatsverschuldung jener Euro-Mitglieder verschärfen, deren Schul­denstand (relativ zum BIP) am höchsten ist. Zudem würde eine solche Lösung ein Maximum an politischem Willen und Aufwand erfordern. Die EU-Verträ­ge müssten geändert werden, um die neuen Regeln festzulegen; in manchen Ländern wären dazu Refe­renden erforderlich. Ein weiteres Problem sind die bereits erwähnten Verbindlichkeiten im Eurosystem.

Oft wurde vorgeschlagen, die Mitglieder des süd­lichen Euroraums sollten die Währungsunion verlas­sen.78 Aus ökonomischer Sicht wäre jedoch ein Aus­stieg für die starken Volkswirtschaften des Nordens viel einfacher.79 Dies liegt an ihrer Wettbewerbsfähig­keit, an der fehlenden Gefahr einer Abwertung ihrer Währungen, an der Stabilität ihrer Bankensysteme und an ihrer institutionellen Stärke. All diese Fakto­ren würden es ermöglichen, eine so komplexe Opera­tion wie die Schaffung einer eigenen Währung rei­bungs­los zu organisieren. Allerdings würde diese Wäh­rung in den stärkeren Volkswirtschaften deutlich aufgewertet werden, was für deren internationale Wett­bewerbsfähigkeit und somit für die Exporte schädlich wäre. Für Länder, die ihr ökonomisches Modell auf den Export stützen – wie etwa Deutschland –, stellt dies keine attraktive Option dar.

Es steht außer Frage, dass Deutschland und Italien sich in verschiedenen Währungssystemen wieder­finden würden, sollte das Teilungsszenario eintreten. Unklar ist hingegen, auf welcher Seite dann Frankreich stünde. Die Mitgliedschaft im südlichen Euro würde bedeuten, dass das Land eine größere Ver­antwortung für die öffentlichen Schulden und Bank­probleme Italiens und Griechenlands übernehmen müsste. Ebenfalls schwierig wäre für die französische Wirtschaft eine Teilnahme am nördlichen Euro, wo sich etwa die Defizitvorschriften strenger auslegen ließen und wo Deutschland die Arbeitskosten kon­trollieren könnte. Würden wiederum drei separate Währungsgebiete geschaffen, hätte dies – über die genannten Probleme einer Zweiteilung hinaus – auch negative Folgen für die Integrität des Binnenmarkts.

Stabilisierung der Währungsunion mit begrenzter Konvergenz

Ein kontrollierter oder unkontrollierter Abbau der Währungsunion würde also große wirtschaftliche und politische Probleme aufwerfen. Von daher bleibt zu fragen, wie die verschiedenen nationalen Wirt­schaftssysteme mit ihren unterschiedlichen Institu­tionen und Wirtschaftsleistungen unter dem Dach der gemeinsamen Währung koexistieren können. Zu überlegen ist, auf welche Weise sich die Stabilität der Währungsunion verbessern lässt, wenn Konvergenzprozesse begrenzt sind. Die Debatte um mögliche Lösungsansätze für die Eurokrise ist auch stark auf die Regeln des Euroraums fokussiert. Die Suche nach neuen Konvergenzkriterien oder eine Reform des Sta­bilitäts- und Wachstumspaktes sind dabei der falsche Weg. Im wirtschaftspolitischen Steuerungssystem des Währungsgebietes wurden schon genügend ökonomische Benchmarks definiert. Beispiele dafür sind die »Strategie EU 2020« und das makroökonomische Ungleichgewichtsverfahren. Die Umsetzung wirft in beiden Fällen jedoch viele Probleme auf. Sie betreffen die Funktionsweise einiger Wirtschaftssysteme im starren Rahmen der Währungsunion. In diesem Zusam­menhang stellen sich entscheidende Fragen zur Reformfähigkeit der größten Volkswirtschaften, wobei unter anderem Fiskaltransfers, Sanktions­mechanismen und Finanzmärkte betrachtet werden müssen, sowie zur weiteren Risikoteilung, zur Macht­zentralisierung in der Währungsunion und zur ge­sellschaftlichen Unterstützung für das Europrojekt. Alle diese Fragen sind eng miteinander verbunden.

Transformation der Wirtschaftsmodelle

Die Analyse in den letzten Kapiteln hat gezeigt, dass der Großteil der wirtschaftlichen Probleme in der Eurozone struktureller Natur ist. Insbesondere Italien und Frankreich müssen ihre Wirtschaftsmodelle dem sich verändernden Wettbewerb auf globaler und regionaler Ebene anpassen. Italien steht bei dieser Transformation vor den größten Herausforderungen. Weil dem Land die Möglichkeit fehlt, seine Wettbewerbsfähigkeit über den Wechselkurs zu steigern, hat es dabei nur eine Option – nämlich dauerhafte strenge Haushaltdisziplin und Strukturreformen. Beide Wege scheinen sich aus politischen Gründen schwer beschreiten zu lassen. Die strukturellen Prob­leme Italiens sind wegen institutioneller Schwächen und mangelnden Interesses der politischen Eliten nicht leicht zu lösen.80 Zudem bedarf es gewisser Finanzmittel, um Strukturreformen umzusetzen und institutionelle Mängel abzubauen. Doch dieses Geld fehlt Rom angesichts strikter Haushaltsdisziplin und erheblicher Schuldendienstkosten.

Aus der Literatur zur Vielfalt des Kapitalismus lässt sich die Bilanz ziehen, dass bestehende ökonomische Modelle einem ständigen Wandel unterliegen. Diese Transformation verläuft nachweislich marktorientiert – eine Entwicklung, die sich in Frankreich und Italien seit Ende der 1980er Jahre auf Feldern wie Arbeitsmarkt, Sozialschutz oder Produktmarktregulierung beobachten lässt.81 Zu fragen bleibt, wie man diesen Wandel in die gewünschte Richtung lenken und die Erfolgschancen von Reformen vergrößern kann.

Die erste und wichtigste Voraussetzung für Strukturreformen und damit für fortschreitende Konvergenz bilden makroökonomische Stabilität und eine positive Konjunktur. Je günstiger die wirtschaftlichen Aussichten sind, desto niedriger fallen die politischen Kosten nationaler Reformen aus. Vorteilhafte Wirt­schaftsbedingungen sind jedoch unabhängig vom politischen Zyklus. Außerdem schrecken Politiker oft­mals auch bei positiver Wirtschaftslage davor zurück, unpopuläre Entscheidungen zu treffen. In der Regel zeigen sich systemische Defizite der Wirt­schaft in Zeiten ökonomischer Verlangsamung. Struk­turelle Rigiditäten, insbesondere auf den Arbeits- und Pro­duktmärkten, vertiefen dann die Rezession und er­schwe­ren die Erholung.

Die Praxis zeigt, dass erfolgreiche Reformprogram­me sich auf verschiedene Faktoren stützen, die nur schwer miteinander zu vereinbaren sind. Eine Analy­se der wichtigsten Elemente, die für Strukturreformen notwendig sind, legte 2009 die OECD vor. Erfolgs­­determinanten sind demnach: ein starkes Wahl­mandat, effektive Kommunikation zwischen Politik und Gesellschaft, solide Forschung hinter den Re­formvorgaben, ausreichend Zeit, fester Zusammenhalt der Regierung, starke politische Führung, guter Zustand des zu reformierenden Politikfeldes und Beharrlichkeit.82 Es ist sehr schwierig, eine Vielzahl dieser Faktoren gleichzeitig zu erreichen.

Dabei sind Wirtschaftsreformen in kleinen Euro-Mitgliedstaaten viel leichter durchzuführen als in großen. Dies ist auf die territoriale und wirtschaft­liche Komplexität der jeweiligen Volkswirtschaften zurückzuführen. Es hilft daher nicht unbedingt wei­ter, für große Länder das Beispiel erfolgreicher Refor­men in Irland oder Lettland heranzuziehen. Außerdem hatten die Reformen in diesen beiden Fällen schwerwiegende soziale Folgen, die noch heute spür­bar sind. Dagegen werden die deutschen Hartz-Reformen der Jahre 2003–2005 in den Debatten um Wirtschaftsreformen in Frankreich und Italien oft­mals als mögliches Vorbild angeführt.

Beide Länder schnürten Gesetzespakete zur Libe­ra­lisierung des Arbeitsmarktes. In Italien wurde 2015 der Jobs Act beschlossen, in Frankreich wurden Loi Macron (2015), Loi El Khomri (2016) und Loi Péni­caud (2017) verabschiedet. Allerdings dürften die er­hofften Resultate dieser Reformen ausbleiben, wenn nicht die Arbeitsmarktinstitutionen erneuert und Lehren aus den negativen Nebeneffekten gezogen werden, die mit den deutschen Arbeitsmarktreformen einher­gingen (Zweiteilung des Arbeitsmarktes, Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse). In jüngsten Untersuchungen des IWF wird vorgeschlagen, ein spezielles Fiskalpaket umzusetzen, damit sich die negativen sozialen Auswirkungen von Reformen ab­mildern lassen.83 Dies gestaltet sich jedoch problema­tisch, wenn Länder mit übermäßigen Staatsschulden zu kämpfen haben, wie es in Italien und Frankreich der Fall ist.

Das Instrument des europäischen Semesters ist zu bürokratischer Routine verkommen.

Wie also können nationale Reformen mit den Instrumenten beschleunigt werden, die im Rahmen der wirtschaftspolitischen Steuerung des Währungsgebietes verfügbar sind? Zunächst einmal gilt es ein­zuräumen, dass diese Mittel nur begrenzten Einfluss auf die Wirtschaftspolitik der größten Mitgliedstaaten haben.

Das »europäische Semester«, das wichtigste Instru­ment einer wirtschaftspolitischen Koordinierung, ist zu bürokratischer Routine verkommen. Dabei gibt der Europäische Rat länderspezifische Empfehlungen (Country Specific Recommendations – CSR), und die EU-Kommission publiziert jährlich einen Warn­mechanismus-Bericht (Alert Mechanism Report – AMR). Doch in der Öffentlichkeit lösen diese State­ments keine großen Diskussionen über makroökonomische Ungleichgewichte oder den Stand nationaler Refor­men aus. Seit 2014 werden die länderspezifischen Empfehlungen immer weniger umgesetzt.84 Um die »Ownership« zu stärken, schuf man in den Mitgliedstaaten verschiedene Gremien zur Überwachung der Wirtschaftsreformen (nationale Fiskalräte und natio­nale Produktivitätsgremien). Dass diese Be­wertung dezentralisiert wird, ist ein positiver Impuls für Refor­men. Doch bleibt es eine Herausforderung, die Auf­gaben auf jeder Ebene angemessen zu begren­zen und gegenseitige Kontrollen durchzuführen, ohne dass die wirtschaftspolitische Steuerung über­mäßig kompliziert wird.85 Zu klären ist, ob die größ­ten Volkswirtschaften der EU angesichts ihrer System­relevanz für das Euro-Währungsgebiet nicht strenger überwacht werden sollten. Die Praxis sieht offenbar anders aus. Es gab mehrere Fälle, in denen die Kom­mission stärkeren Druck auf kleinere Mitgliedstaaten ausgeübt hat als auf die größten. Die Erfahrung des europäischen Semesters zeigt zudem, dass die Institu­tionen großer Mitgliedstaaten selbstbezogen sind und wenig Interesse haben, externe Beratung zu Strukturreformen anzunehmen.86

Die Reformfähigkeit der größten Euro-Länder bleibt ungewiss – besonders im Falle Italiens.

Fraglich ist jedoch, ob Geldtransfers zur Durchführung von Reformen ein ausreichender Anreiz für die drei großen Eurostaaten wären. Deutschland, Frank­reich und Italien sind die größten Nettozahler des EU‑Haushalts. Geldtransfers würden lediglich ihre Nettoposition korrigieren; für die makroökonomische Situation wären sie wenig bedeutend. Außerdem ist es Italien wegen seiner institutionellen Schwäche nur schwer möglich, EU-Gelder abzurufen. Das Land hat (nach Polen) den zweitgrößten Bestand an nicht ab­sorbierten EU-Mitteln aus dem mehrjährigen Finanz­rahmen 2007–2013. Ist ein Land außerstande, eine ordnungsgemäße Wirtschaftspolitik zu betreiben, so hat dies meist auch mit mangelnder Eigenverantwortung zu tun – und diese Eigenverantwortung kann nicht mit EU-Mitteln »gekauft« oder aus Brüssel auf­erlegt werden.

Ein weiteres wirtschaftspolitisches Instrument sind Sanktionsmechanismen. Dieses Mittel wurde wäh­rend der Krise im Euroraum gestärkt, um im Falle einer unzulässigen nationalen Politik gegen einzelne Mit­gliedstaaten eingesetzt zu werden. Es ist jedoch nur schwer vorstellbar, dass die größten Länder des Euro­raums mit Finanzsanktionen belegt werden. Sol­che Strafmaßnahmen könnten zudem kontraproduktive Effekte haben und euroskeptische Bewegungen stär­ken. Sowohl die Europäische Kommission als auch die Minister im Rat für Wirtschaft und Finanzen der EU (ECOFIN) sind sich der politischen Negativ­folgen bewusst, die bei Sanktionen gegen bestimmte Defizit­länder drohen.

Eine weitere Möglichkeit, Anreize für Reformen zu schaffen, liegt im Druck der Finanzmärkte. Während der Krise stiegen die Zinssätze für Staatsanleihen aus Frankreich, Italien und anderen Ländern. Dies war ein wichtiges Warnsignal der Finanzmärkte; es zeigte, dass Investoren die wirtschaftlichen Perspektiven dieser Länder zunehmend misstrauisch bewerteten. Druck dieser Art sollte jedoch nicht überschätzt wer­den. Die negativen Reaktionen von Rating-Agenturen und Investoren kamen damals zu spät, um die Krise noch abzuwenden. Zudem reagierten die Agenturen in einigen Stadien der Krise überzogen; sie trugen so dazu bei – zusammen mit einem teils chaotischen Verhalten der Investoren –, die Situation eskalieren zu lassen. Die Finanzmärkte haben sich im bisherigen Verlauf der Eurokrise durch irrationales und kurz­fristiges Denken ausgezeichnet. Ihr Handeln orien­tiert sich an der Notwendigkeit schneller Gewinne. Zudem trug die EZB mit einer expansiven Geldpolitik dazu bei, dass die Zinsen von Staatsanleihen sanken, was die »korrigierende« Rolle der Finanzmärkte be­grenzte.

Die Reformfähigkeit der größten Euro-Länder bleibt also ungewiss. Besonders im Falle Italiens gibt es pessimistische Zukunftsszenarien. Institutionelle Blockaden, am Status quo orientierte Interessengruppen und die Fiskalpolitik der seit Juni 2018 amtierenden Regierung von Giuseppe Conte – Steuersenkungen und höhere Staatsausgaben – geben wenig An­lass zu Optimismus. Die beiden Koalitionspartner, die Lega und die Fünf-Sterne-Bewegung, haben einige Reformen im Bereich von Justiz und Korruptions­bekämpfung angekündigt. In den ersten Monaten ihrer Amtszeit konzentrierte sich die Regierung je­doch darauf, populistische Wahlversprechen zu erfül­len; dies betraf Sonderleistungen für die ärmsten Teile der Bevölkerung und die Annullierung früherer Rentenreformen. Im Oktober gab die Regierung be­kannt, dass Italiens Haushaltsdefizit 2018 mit 2,4 Pro­zent des BIP viel höher sein wird als von der Kommission gefordert (0,8 Prozent). Der nachfolgende Kon­flikt zwischen Rom und Brüssel offenbarte die Hilf­losigkeit der EU- und Euroraum-Institutionen und deren Abhängigkeit von disziplinierenden Effekten der Finanzmärkte.87 Sollte die Conte-Regierung ihren Konfrontationskurs in der Fiskalpolitik fortsetzen, wird sich die Finanzstabilität Italiens verschlechtern und das Land weitere politische Erschütterungen erleben.

Die Aktionen der »Gelbwesten« werden sich negativ auf Frankreichs Wirtschaft auswirken.

Der Fall Frankreich liegt anders. Präsident Emmanuel Macron war mit Reformen bislang erfolgreicher als seine Vorgänger; dabei profitierte er von günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Doch 18 Monate nach seiner Wahl zeigt sich wachsender Widerstand verschiedener sozialer Gruppen, während die Unterstützung für den Präsidenten sinkt. Die Proteste der Gewerkschaften gegen geplante Arbeitsmarktreformen trugen Mitte 2018 zum schleppenden Wachstum der französischen Wirtschaft bei. Im Herbst des Jahres kam es zu den gewalttätigen Aktio­nen der »Gelbwesten«, darunter Blockaden von Auto­bahnen und Tankstellen. Diese Vorfälle werden sich ebenfalls negativ auf das ökonomische Geschehen auswirken. Frankreichs Wirtschaft ist nach wie vor mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, und mit der Bewertung von Macrons Reformen sollte man vorsichtig sein. Trotz des klaren Ziels, die Aus­gaben zu drosseln, und trotz günstiger Wirtschafts­bedingungen stieg Frankreichs Staatsverschuldung im Jahr 2018 auf fast 100 Prozent des BIP.88 Daher sind tief­greifendere Reformen der öffentlichen Finan­zen nicht zu erwarten. Auch Deutschland wird in den kommen­den Jahren mit der Notwendigkeit kon­frontiert sein, die Nachhaltigkeit seines Wirtschafts­modells zu über­prüfen. Ein Versuch, die Hartz-Reformen teilweise zu revidieren, könnte die Wett­bewerbsfähigkeit des Landes verschlechtern. Dies würde wahrscheinlich zu einer Konvergenz der Wirt­schaftsleistung gegenüber Frankreich und Italien führen, könnte aber zugleich die Tragfähigkeit des Euroraums in Frage stellen.

Den verfügbaren Prognosen zufolge wird sich das Wirtschaftswachstum in den drei Ländern unterschiedlich entwickeln. Starken Einfluss hat dabei die demographische Lage. Hier zeigen die aktuellen Trends starke Divergenzen zwischen den Ländern. So stimmt langfristig gesehen die demographische Per­spektive in Deutschland wenig optimistisch. Laut neuester Einschätzung im Global Aging Report muss die Bundesrepublik zwischen 2013 und 2060 unter allen EU-Ländern die höchsten Beiträge zur Alters­versorgung (gemessen am BIP) leisten.89 In Frankreich dürfte die demographische Situation langfristig be­deutend besser sein als in Deutschland und Italien, hält man sich an Projektionen zum Anteil der Bevöl­kerung im erwerbsfähigen Alter zwischen 2018 und 2030.90

Wie viel Machtzentralisierung in der Währungsunion?

Seit längerem wird darüber diskutiert, ob die Wirt­schaftspolitik im Währungsraum weiter zentralisiert werden soll, um so die Konvergenz zwischen den Mit­gliedstaaten zu fördern. Diese Frage betrifft vor allem die größten Euro-Länder. Sie bevorzugen tendenziell zwischenstaatliche Kontakte; EU-Institutionen nutzen sie eher dann, wenn sie darin einen Vorteil für sich sehen. Ein zentrales Konfliktfeld ist traditionell die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Es waren die größten Mitgliedstaaten der EU, Frankreich und Deutschland, von denen die Regeln des Paktes im Jahr 2005 verwässert wurden. Generell äußern die größeren Euro-Länder, die Probleme mit der Einhaltung der haushaltspolitischen Regeln haben, häufig offene Kritik an der Europäischen Kommission. Dies gilt vor allem für Frankreich, wo Spitzenpolitiker gern lautstark gegen Brüsseler Maßregelungen protes­tieren.91 Aus Rom sind von Politikern oftmals ähn­liche Töne zu vernehmen.92

Die intergouvernementale Tendenz hat sich durch die Eurokrise weiter verstärkt. Während der Krise haben die Staats- und Regierungschefs bzw. die Finanzminister der größten Mitgliedstaaten in vielen Situationen eine Schlüsselrolle gespielt. Die Debatte über eine weitere Zentralisierung der wirtschafts­politischen Steuerung konzentrierte sich lange auf die Idee, den Posten eines Euroraum-Finanzministers zu schaffen. Die Forderung zielt darauf, die größte institutionelle Herausforderung der Währungsunion zu bewältigen – nämlich den Mangel an einem star­ken politischen Zentrum. Allerdings haben die Mit­gliedstaaten bei diesem Thema ganz unterschiedliche Vorstellungen und Ansprüche. Insofern wird es nicht einfach sein, die entsprechenden Vorschläge der EU‑19-Finanzminister miteinander in Einklang zu brin­gen. Italien und vor allem Frankreich würden den Finanzminister als Verwalter der EU-Transfer­mecha­nismen nutzen. Dies ist der Hauptunterschied zu Deutschland, das die Hauptaufgabe eines solchen Ministers darin sieht, die Haushaltsdisziplin im Euro­raum zu verbessern. Davon abgesehen ist schwer vorstellbar, dass die Mitgliedstaaten sich bereiterklären werden, dem Finanzminister entscheidende Kom­petenzen zu übertragen – etwa jene zur Blockade nationaler Haushaltspläne.

Mehr Schaden als Nutzen würde es bringen, eine Position ohne Kompetenzen zu schaffen. Der Inhaber wäre ein perfektes Ziel für nationalpopulistische und EU-skeptische Politiker und müsste wohl als Sündenbock für wirtschaftspolitisches Scheitern auf nationa­ler Ebene herhalten. Tatsächlich lenkt der Vorschlag eines Euro-Finanzministers die Diskussion über Reformen der wirtschaftspolitischen Steuerung in die falsche Richtung. Eine bessere Alternative wäre, die kollegiale Führung des Euroraums zu verstärken. In der Entwicklung der Währungsunion gibt es ein Beispiel dafür, wie sich wirtschaftspolitische Inter­essen auf supranationaler Ebene effizient miteinander in Einklang bringen lassen: die Geldpolitik, über die im EZB-Rat befunden wird. Auch wenn haushalts­politische Entscheidungen (wie etwa Rentenreformen) wesentlich stärkere politische und soziale Folgen haben als geldpolitische Beschlüsse, ist die Geldpolitik doch ein sensibles Gebiet.

Um die kollegiale wirtschaftliche Steuerung zu stärken, könnte sich die Eurogruppe zu einer Art Wirtschaftsrat entwickeln, der die Erfahrungen des EZB-Rats nutzt. Dieser Wirtschaftsrat hätte eine stän­dige Präsidentschaft mit längerer Amtszeit sowie ein sechsköpfiges Direktorium wie bei der EZB, und er wäre unabhängig von nationalen Wahlen. Ein inter­essanter Aspekt der Entscheidungsfindung bei der EZB ist, dass sich die Größe der jeweiligen Euro-Volkswirtschaften in der Gewichtung der Stimmen widerspiegelt.93 Außerdem profitieren Deutschland, Frankreich und Italien von der ungeschriebenen Regel, dass sie eine ständige Präsenz im EZB-Vorstand genießen.94 Zu klären wäre, ob das Eurogruppen-Protokoll geändert werden müsste, um Kompetenzen von der Eurogruppe auf den Wirtschaftsrat zu über­tragen.

Allerdings sollte man sich der Grenzen einer zentralisierten Entscheidungsfindung bewusst sein. Fraglich ist, ob damit das Versprechen einer effizienten Beschlussfassung und verstärkter Konvergenz zu erfüllen wäre. Beispiele wie Irland, Portugal oder Finnland zeigen, dass der Erfolg von Reformen vor allem davon abhängt, inwiefern die politischen Klas­sen auf nationaler Ebene Verantwortung übernehmen. Darüber hinaus spielt die Effizienz der nationa­len Institutionen eine große Rolle.

Die Ursachen für die Probleme der Währungs­union liegen primär im Wechselspiel zwischen EU-Ebene und nationaler Politik. Die Asymmetrie der politischen Zyklen auf beiden Ebenen erschwert poli­tische Manöver. Darüber hinaus beeinflusst der Wahl­kalender der Nationalstaaten die europäische Ebene. Die Abfolge von Wahlen, vor allem solchen in den großen Ländern, schmälert den Handlungsspielraum zur Planung und Umsetzung komplexerer politischer Projekte. Das jüngste Beispiel sind die Bundestagswahlen von 2017, denen ein langwieriger Prozess der Regierungsbildung folgte. Dadurch wurde der politi­sche Raum im Vorfeld der anstehenden Europa-Wahlen 2019 stark eingeschränkt.

Wenn die Möglichkeiten einer politischen Zentralisierung in der Währungsunion begrenzt sind, deren drei größte Volkswirtschaften aber systemische Be­deutung haben, stellt sich die Frage, ob Deutschland, Frankreich und Italien ihre wirtschaftspolitische Zusammenarbeit verstärken sollten. Bei allen Unter­schieden in europapolitischen Zielsetzungen ist es noch immer das deutsch-französische Tandem, das den politischen Ton der Integration im Euroraum angibt. Zusammen mit Italien ist ein Trio entstanden, das sich bereits zwei Mal getroffen hat, zunächst im Juni 2016 in Berlin als Reaktion auf das Brexit-Referendum, dann im August 2016 auf der italienischen Insel Ventotene. Die gegenwärtige Regierung in Rom – basierend auf einer Mehrheit, die sich in Opposition zum System sieht – ist kein einfacher Partner für Berlin und Paris. Es ist jedoch möglich und wünschenswert, mit ihr einen Dialog über The­men wie Arbeitsmarkt, Justizreformen und Korrup­tionsbekämpfung zu führen. Wenn sich auf zwischen­staatlicher Ebene ein trilateraler Austausch der Regie­rungschefs sowie der Wirtschafts- und Finanzminister etabliert, könnte damit auch eine Plattform entstehen, um Konsultationen über Strukturreformen auf nationaler Ebene zu pflegen und einen entsprechenden Gruppendruck auszuüben. Die Führungen der beiden Koalitionsparteien müssten dafür jedoch zunächst anerkennen, dass der Konfrontationskurs gegenüber Europäischer Kommission und anderen Mitgliedern der Eurozone ein hohes Risiko für die Stabilität des eigenen Landes birgt.

Weitere Risikoteilung bei stärkerer Konditionalität

Einige der strukturellen Probleme, unter denen die analysierten Staaten leiden, sind tief in ihren Wirt­schaftssystemen verwurzelt. Es ist es schwer vorstellbar, dass diese Hindernisse innerhalb von ein paar Jahren überwunden werden könnten. Das politische Bekenntnis, am gemeinsamen Euro festzuhalten, kann die Währungsunion mittelfristig nur einhalten, wenn gleichzeitig ein Prozess der Risikoteilung statt­findet. In diesem Zusammenhang ist die Stärkung der Konditionalität die beste Option, um zu versuchen, Anreize für Reformen auf nationaler Ebene zu schaf­fen. Die Erfahrung der Krise zeigt, dass die Mitgliedstaaten solche Maßnahmen bevorzugen, die für sie selbst mit den niedrigsten politischen Kosten ver­bunden sind. Zwar wurde seit Beginn der Eurokrise das Stabilitätsnetzwerk der Währungsunion deutlich gestärkt.95 Doch gibt es einen breiten Konsens, dass der Euroraum auf eine weitere Krise vergleichbarer Größenordnung nicht vorbereitet wäre. Daher ist zu klären, was konkret getan werden kann, um den Euroraum gegen interne und externe Schocks resi­lienter zu machen.

Die Grundsatzfrage: Fiskalische Integration oder Risiko­teilung durch die Bankenunion?

In der aktuellen Debatte um eine weitere Euro-Stabilisierung dominieren zwei Grundsatzpositionen. Die eine Seite plädiert für eine fiskalische Integration, die durch zwischenstaatliche Transfers zugunsten einer stärkeren Risikoteilung zustande kommt. Die andere Seite bevorzugt eine dezentrale Fiskalpolitik und eine Risikoteilung durch die Bankenunion.96 Nach der ersten Auffassung müssten vor allem die Transfermechanismen innerhalb der Währungsunion verstärkt werden. Präsident Macron hat vorgeschlagen, für die Eurozone ein Budget in Höhe von mehre­ren Prozentpunkten des EU-19-BIP zu schaffen. Über einen solchen Haushaltsmechanismus würden, ähn­lich wie beim ESM, Anleihen auf den Finanzmärkten anlegt, um Gewinne zu generieren.97 Schließlich wur­de in einem deutsch-französischen Positions­papier Mitte November 2018 ein viel weniger ehrgeiziges Instrument vorgeschlagen: eine Haushaltslinie inner­halb des mehrjährigen Finanzrahmens 2021–2027.98

Italien hat die Idee eines Euro-Stabilisierungs­mechanismus unterstützt, seinen Fokus aber auf ein anderes Instrument gerichtet: die Schaffung eines Arbeitslosenversicherungssystems für die gesamte Währungsunion.99 Dessen Hauptzweck bestünde dar­in, die Auswirkungen abzuschwächen, die schwere wirtschaftliche Schocks auf die Beschäftigungslage haben. Die Erfahrung der USA mit einem ähnlichen Mechanismus deutet darauf hin, dass dieser Schritt dazu beitragen könnte, die Konvergenz im gemeinsamen Währungsraum zu stärken.100 Weil im Euro­raum die nationalen Arbeitsmarkt-Institutionen unterschiedlich effizient sind, wäre jedoch fraglich, wie ein solches Instrument funktionieren würde. Im Juni 2018 hat die Europäische Kommission im Rah­men ihres Fahrplans für die Wirtschafts- und Wäh­rungsunion eine andere Vorgehensweise angekündigt – nämlich ein Instrument zu etablieren, mit dem sich öffentliche Investitionen in den am Wechselkursmechanismus II beteiligten Mitgliedstaaten för­dern lassen.101

Eine weitere breit debattierte Idee im Bereich der fiskalischen Integration betrifft die partielle Schuldenvergemeinschaftung. Der Grundgedanke ist, die Finanzierungskosten solcher Mitgliedstaaten zu senken, die Probleme bei der Schuldentilgung haben. Dies bedeutet in der Praxis, die Refinanzierungskosten und das damit verbundene Risiko von einer Grup­pe an Währungsunion-Mitgliedern auf eine andere zu übertragen. Die gemeinsame Emission von Schuld­verschreibungen wäre der beste Weg, um das Engage­ment der Mitgliedstaaten für das Projekt der Währungsunion zu unterstreichen. Es würde bedeuten, dass die Mitglieder die Währungsunion als unumkehrbar behandeln. Bereits 2011 hatte die Europäische Kommission die Idee solcher Stabilitätsanleihen vorgebracht, war damit bei den Gläubigerländern des Währungsgebietes aber auf Ablehnung gestoßen. Bei den neueren Vorschlägen geht es darum, »europäische sichere Vermögenswerte« zu schaffen, die durch Staatsanleihen gestützt werden. Diese Vermögens­werte hätten unterschiedliche Senioritätsgrade, was ein gewisses Risiko für die Käufer bedeuten würde.102

Einer Schuldenvergemeinschaftung stehen zwei grö­ßere Hindernisse entgegen. Erstens werden damit Risiken auf alle teilnehmenden Mitglieder übertragen. Zweitens würde es einen Souveränitätsverlust der Nationalstaaten bewirken, sollten sie einer stren­geren fiskalischen Kontrolle unterworfen werden, um das Moral-hazard-Risiko zu begrenzen (also die Gefahr, dass Absicherung leichtsinniges Verhalten fördert). Allerdings wäre es möglich, die Beteiligung an einem partiellen Schuldenvergemeinschaftungsprogramm mit strikter Konditionalität zu verbinden. Die Teilnahme an der Emission von Schuldverschreibungen könnte jährlich von der Eurogruppe über­prüft werden, wobei zu berücksichtigen wäre, ob auf nationaler Ebene eine ordnungsgemäße Wirtschaftspolitik betrieben wird. Eine alternative Idee wäre, die Schuldenlast einiger Mitgliedstaaten des Eurosystems zu mindern, indem ihre Staatsanleihen eingefroren werden.103 Dies würde jedoch zu einer indirekten Staatsfinanzierung durch die EZB führen. Auf jeden Fall könnten die unterschiedlichen Wirtschaftsleistungen der Euroländer und die divergente Entwicklung der Zinsen von Staatsanleihen früher oder später eine partielle Schuldenvergemeinschaftung nach sich ziehen.

Eine weitere diskutierte Option zur Stabilisierung der Währungsunion besteht darin, den Europäischen Stabilitätsmechanismus zu einem Europäischen Wäh­rungsfonds (EWF) umzugestalten. Über einen solchen Fonds könnten Finanzhilfepakete geplant und um­gesetzt werden, womit er sich stärker im institutionellen System der EU verankern ließe als der jetzige ESM. Fraglich ist jedoch, ob dieses zwischenstaatliche Instrument, wie von Deutschland gefordert, bei der Bewertung der Haushaltspolitik ausgewählter Länder objektiver wäre als die Europäische Kommission. Der ESM ist an sich kein Mittel, um die Konvergenz zu erhöhen. Er wurde als Rettungsmechanismus ins Leben gerufen und basiert auf der finanziellen Risiko­teilung aller 19 Mitgliedsländer. Der ESM ist derzeit einer der wichtigsten Risikoteilungskanäle in der Eurozone. Auf dem Euro-Gipfel im Juni 2018 wurde der Beschluss gefasst, dass der ESM die Rolle einer finanziellen Letztsicherung des Einheitlichen Banken­abwicklungsmechanismus übernehmen solle.104 Ein gemeinsamer Backstop würde das Ansteckungsrisiko im Bankensektor verringern, ebenso die Wahrscheinlichkeit, dass Risiken von einem Land auf andere übertragen werden. Außerdem bedarf die Aktivierung eines ESM-Programms der Zustimmung einiger natio­naler Parlamente, einschließlich des Bundestages. Dies erfordert Zeit. Wie die Krisenerfahrung zeigt, wird ein Hilfspaket umso kostspieliger, je mehr Zeit nötig ist, um es zu vereinbaren. Der Beschluss der Eurogruppe vom 4. Dezember 2018 über die vorsorg­liche Kreditlinie des ESM ist aus mindestens zwei Gründen ein Schritt in die richtige Richtung.105 Ers­tens wäre der ESM frühzeitig in eine finanzielle Unterstützung eingeschlossen. Zweitens ergeben sich aus der Entscheidung eine Reihe von Rahmenbedingungen, die als Anreiz für die Mitgliedstaaten dienen können, eine solide Wirtschaftspolitik zu betreiben. Allerdings sollte man sich auch der finanziellen Gren­zen des Mechanismus bewusst sein. Anfang 2018 betrug die Kreditkapazität des ESM bis zu 410 Mil­liar­den Euro.106 Dies wäre nicht ausreichend, um für eines der drei größten Mitglieder des Währungsgebietes ein umfassendes Finanzhilfeprogramm zu schaf­fen. Daher sollte eine Erhöhung des ESM-Ausleih­volumens ernsthaft in Erwägung gezogen werden.

Die zweite Grundsatzposition in der Debatte um eine Euro-Stabilisierung zielt, wie erwähnt, auf eine dezentrale Fiskalpolitik. Von dieser Seite wird der Behauptung widersprochen, es bedürfe einer fiskali­schen Integration einschließlich Steuertransfers, damit der Euro überleben könne. Die Argumente für eine Fiskalunion, so wird entgegengehalten, beruhten auf einer Fehlinterpretation dessen, wie bestehende Währungsräume funktionieren. Falsch bewertet wird demnach vor allem der Charakter der Risikoteilung. Das Beispiel der USA zeige, dass die Risikoteilung größtenteils über die Finanzmärkte erfolge und nicht über fiskalische Kanäle.107 Daher hänge die Trag­fähigkeit des Euroraums nicht von einem zentralen Haushalt ab, sondern von der Stärke der Finanzmarkt-Institutionen und davon, dass das Flaggschiffprojekt Bankenunion vollendet werde.108

Notleidende Kredite bilden nach wie vor die größte Herausforderung für den europäischen Bankensektor.

Dies betrifft insbesondere die Entwicklung der drit­ten Säule der Bankenunion, des gemeinsamen Einla­gensicherungssystems (European Deposit Insurance Scheme – EDIS). Für Deutschland wird es immer schwieriger, an seiner ablehnenden Position zu EDIS festzuhalten. Auch Länder aus dem Norden der Währungsunion, etwa Finnland, sehen mittlerweile immer mehr Vorteile des gemeinsamen Einlagen­sicherungssystems.109 Das große Volumen notleidender Kredite im Bankensektor, vor allem in Italien, bildet nach wie vor die größte Herausforderung für den europäischen Bankensektor. Positiv ist, dass dieses Problem weiterhin hoch oben auf der politischen Agenda der EU steht.110 Der Prozess zur Ver­ringerung notleidender Kredite benötigt jedoch Zeit; notwendig ist ebenso, dass sich die wirtschaftlichen Bedingungen im gemeinsamen Währungsraum kon­tinuierlich verbessern und die nationalen Institutionen effizienter werden. Es ließe sich an Bedingungen knüpfen, die Risiken im Bankensektor durch EDIS zusammenzulegen. Zu Beginn des Prozesses könnte EDIS, wie von der Kommission vorgeschlagen, 30 Pro­zent der Verluste des betreffenden nationalen Versi­cherungssystems abdecken.111 Der Prozentsatz der Vergemeinschaftung von Verlusten könnte – analog zur Risiko-Eliminierung im Bankensektor – mit an­gemessenen Benchmarks verbunden sein. Denkbar wäre eine jährliche Bewertung, die Anreize bieten würde, notleidende Kredite im Bankensektor zu reduzieren. Sollte der ESM die Letztsicherung des Bankenabwicklungsfonds schrittweise übernehmen, ließe sich dies auch davon abhängig machen, dass Risiken im Bankensektor reduziert werden. Zu be­rücksichtigen ist, dass das reibungslose Funktionieren der Bankenunion und die Aufhebung der Verbindung zwischen Banken und Staaten eine tiefgreifende Änderung des Geschäftsmodells des italienischen Ban­kensektors erfordern, der auf Privatanlegern beruht. Die Abwicklung der insolventen Banken Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza im Jahr 2017 wurde aus Furcht vor Verlusten für Kleinanleger staatlich abgesichert und unterlag dem nationalen Insolvenzrecht.

Eine weitere Frage betrifft die mögliche Einführung von Regeln zur Schuldenrestrukturierung der Euro-Mitgliedstaaten. Die Bundesbank hat in einem Bericht vorgeschlagen, der ESM solle eine führende Rolle in einem Umschuldungsprozess übernehmen. Sie plädiert zudem dafür, einen automatischen Mechanismus zur Laufzeitverlängerung bei Staats­anleihen zu schaffen und die standardisierten Staats­anleihebedingungen der Eurozonen-Mitglied­staaten zu ändern, um eine Schuldenrestrukturierung zu vereinfachen.112 Dies könnte dazu führen, dass der private Sektor einen Teil der Kosten für die finanzielle Unterstützung übernimmt. Es besteht jedoch das Risiko, dass der Eintritt in ein Finanzhilfeprogramm eine höhere Volatilität an den Märkten bewirkt, an­statt eine angespannte Situation zu mildern.113 Außerdem würde diese Lösung in einigen Volkswirtschaften zu einem erhöhten Marktdruck beitragen, weil die Anleger ein gestiegenes Ausfallrisiko berück­sichtigen müssten. Dies könnte insbesondere Italien treffen, wo, wie schon erwähnt, der größte Teil der öffentlichen Schulden inländische Gläubiger hat.

Angesichts der Komplexität und der politischen Sensibilität einer weiteren Risikoteilung ist zu erwar­ten, dass der EZB nach wie vor die entscheidende Rolle dabei zukommen wird, die Währungsunion zu stabilisieren, sollten die Risiken im Euroraum weiter steigen. Zu dieser Rolle hatte sich EZB-Präsident Mario Draghi in einer Rede von Juli 2012 verpflichtet. Dabei beinhaltet das verfügbare Anleihenkaufprogramm der EZB (Outright Monetary Transactions – OMT) starke Auflagen zur Umsetzung von Reformen. Ein stärkeres Engagement der Geldpolitik ließe die Bilanzsumme des Eurosystems anwachsen, die 2018 bei rund 40 Prozent des Euroraum-BIP lag. Die Frage ist, ob das Stabilisierungsziel der Währungsunion immer vereinbar sein wird mit dem Hauptziel der EZB, der Preisstabilität. Eine andere Möglichkeit wäre, neu zu definieren, wie die Inflation bewertet wird. Das derzeitige quantitative Ziel von unter, aber nahe 2 Prozent wurde 1998 und 2003 vom EZB-Rat fest­gelegt – er könnte es auch ändern. In der Wissenschaft wird das Problem zunehmend diskutiert, wie sich ein optimales Inflationsziel und die bestmögliche Geldpolitik bestimmen lassen. Die EZB versucht, auch die Öffentlichkeit auf diese Debatte vorzubereiten.114

Die gesellschaftliche Unterstützung für das Europrojekt

In den Analysen zur Stabilität der Wirtschafts- und Währungsunion spielt die öffentliche Unterstützung für den gemeinsamen Euro nur selten eine Rolle. Allerdings dürfte die Haltung der Bevölkerung von entscheidender Bedeutung sein für die Zukunft der Währungsintegration. Die sozialen Probleme, die sich in einigen Ländern während der Krise verschärft haben, werden sich weiterhin negativ auf die natio­nale Politik dort auswirken. Wie sich Regierungen verhalten, die von populistischen Parteien gebildet oder beeinflusst werden, ist schwer berechenbar. Dar­aus ergibt sich ein politisches Risiko, das auch die Unsicherheit über die Zukunft des Euro verstärkt. Die öffentliche Unterstützung für die Währungsunion ist in Ländern mit hohem Einkommen am höchsten. Jene Länder, die seit der Euro-Einführung ein hohes Wachstum verzeichnen, haben tendenziell auch eine steigende Zustimmung zur Gemeinschaftswährung erfahren.115 Insofern erfordert es die Stabilität des Euroraums, soziale Aspekte der Wirtschafts- und Währungsunion zu beachten. Wie sehr der Euro in der Bevölkerung unterstützt wird, hat unmittelbar mit diesen Aspekten zu tun, die wiederum mit der realen Konvergenz der Volkswirtschaften des Wäh­rungsgebietes zusammenhängen.

Mangelnder Rückhalt für den Euro ist vor allem in Italien ein Problem. Am Anfang der Wirtschafts- und Währungsunion war dort die Zustimmung noch sehr groß. Im Jahr 2000 gehörten die Italiener zu den enthusiastischsten Anhängern des Euro und der euro­päischen Integration allgemein. In der Bevölkerung war man überzeugt, der Euro und die europäischen Institutionen seien effizienter bzw. demokratischer die nationalen Pendants.116 Danach stieg die Euro-Skepsis in Italien schrittweise an, was sich hauptsächlich darauf zurückführen lässt, dass die Einführung der Währung im Jahr 2002 schlecht umgesetzt wur­de.117 Tabelle 2 zeigt, wie sich die öffentliche Unter­stützung für den Euro in Deutschland, Frankreich, Italien und der EU-28 insgesamt seit Beginn der Krise entwickelt hat. Wichtigster Grund für den heutigen Mangel an Euro-Zustimmung in Italien ist die ange­spannte wirtschaftliche und soziale Lage dort, vor allem die hohe Arbeitslosigkeit.118 So wird in öffent­lichen Debatten des Landes häufig argumentiert, der Euro und die fehlende Abwertungsmöglichkeit zer­störten Italiens Wettbewerbsfähigkeit.119 Zwischen Arbeitslosigkeit und der Unterstützung von Anti-System- und EU-kritischen Parteien lässt sich zugleich ein direkter Zusammenhang feststellen.120 Trotzdem ist in allen drei Ländern die Zahl der Euro-Befürwor­ter höher als jene der Euro-Gegner. In Deutschland ist das Pro-Lager besonders groß. Auch in Italien wächst mittlerweile der Rückhalt für den Euro wieder, weil sich die wirtschaftliche Situation trotz allem verbes­sert. Dennoch sind die Pro-Werte in Italien nach wie vor die niedrigsten unter allen Euro-Ländern, was für die Währungsunion einen Risikofaktor darstellt.

Es besteht die Gefahr, dass der Euro wieder als Sündenbock für ökonomische Probleme herhalten muss, sobald die Konjunktur sich abschwächt. Daher ist es wichtig, die soziale Säule der wirtschaftlichen Integration im Euroraum weiterzuentwickeln. Hier gab es bereits erhebliche Fortschritte, während zu­gleich verstärkt über die Notwendigkeit echter Kon­vergenz im Euroraum debattiert wurde. Beispiele sind der Gemeinsame Beschäftigungsbericht oder die (2014 erfolgte) Aufnahme sozialer Indikatoren in den Warn­mechanismus-Bericht. Die Diskussion über Reformen der Währungsunion konzentriert sich stark auf die Integration der Finanzmärkte, die Bankenunion oder den Europäischen Währungsfonds. Solche Themen erscheinen sehr abstrakt für normale Bürger, die keine direkte Verbindung zwischen ihrer Situation und der Regulierung von Finanzinstitutionen sehen. Diesem Eindruck des Abgehobenen könnte entgegen-

Tabelle 2 Öffentliche Unterstützung für den Euro, 2010–2018 (in %)

Okt.
2010

Okt.
2011

Okt.
2012

Okt.
2013

Okt.
2014

Okt.
2015

Okt.
2016

Okt.
2017

März 2018

Italien

68

57

57

53

54

55

53

59

61

Frankreich

69

63

69

63

67

67

68

72

70

Deutschland

67

66

69

71

73

73

80

81

83

EU-28

58

53

53

53

56

56

58

60

61

wirken, dass die soziale Dimension der Währungs­integration in den letzten Jahren an Bedeutung ge­wonnen hat. 2017 wurde angekündigt, eine neue Säule der sozialen Rechte im Euroraum zu schaffen, die mit 20 nichtverbindlichen sozialen Prinzipien ver­bunden sein soll. Ziel ist dabei, die Konvergenz auf den Feldern der Beschäftigung zu fördern. Der Euro­raum benötigt ein konkretes Flaggschiffprogramm, das sich auf den Arbeitsmarkt konzentriert – den für die Bürger wichtigsten Bereich. Fragmentierung und Inkompatibilität der nationalen Sozialsysteme sind das Hauptproblem, wenn die Sozialpolitik auf EU-Ebene entwickelt werden soll. Die Leistungen bei Arbeitslosigkeit etwa werden für unterschiedliche Zeit gewährt und hängen von der Höhe der Löhne ab.121 Eine bessere Option wäre, ein Instrument wie das deutsche Kurzarbeitergeld einzuführen, das zur Aktivierung und Flexibilität des Arbeitsmarktes bei­tragen könnte.

Schlussfolgerungen

  • Frankreich, Italien und Deutschland unterscheiden sich erheblich voneinander, was die jeweilige Betei­ligung des Staates an der Wirtschaft, die nationa­len Wachstumsmodelle und die Effizienz staatli­cher Institutionen betrifft. Die ökonomische Diver­genz zwischen den drei Ländern ist weitestgehend das Ergebnis ihrer über Jahrzehnte gewachsenen Wirtschaftsmodelle, die unterschiedlich auf die Rahmenbedingungen der Währungsunion und auf wirtschaftliche Schwankungen reagieren. Gro­ße Probleme gibt es in Italien und Frankreich, die beide mit mangelnder Wettbewerbsfähigkeit und übermäßigen Schulden zu kämpfen haben.

  • Italien leidet unter institutionellen Schwächen, Staatsverschuldung, Risiken im Bankensektor, einer angespannten sozialen Lage und der Polarisierung zwischen Norden und Süden des Landes. Die Probleme sind so gravierend, dass sie ein Risiko für die Stabilität der Währungsunion insgesamt darstellen. Dieses Risiko hat sich noch deutlich erhöht, seit in Rom eine unberechenbare Regierungs­koalition aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung ge­bildet wurde. Ungeachtet dessen sollten die poli­tischen Kontakte zwischen allen großen Mitglie­dern der Eurozone gestärkt werden, vor allem im Bereich der Wirtschaftspolitik. Es ist wichtig, die italienische Regierung in einen konstruktiven Dia­log auf Minister- und Staatsebene einzubinden, sobald die politische Führung in Rom feststellen wird, dass die Konfrontationspolitik gegenüber Brüssel mehr Kosten als Nutzen bringt.

  • Das deutsche Wirtschaftsmodell ist erfolgreich, vor allem im Vergleich zum französischen und italienischen. Doch der massive Leistungsbilanzüberschuss der Bundesrepublik bringt Probleme für die Konvergenz im Euroraum mit sich. Dies ist die größte Herausforderung, die Deutschland be­wältigen muss, um sein eigenes Wachstumspotential für die Zukunft zu sichern. Zur Korrektur sollte Deutschland seinen fiskalischen und wirtschaft­lichen Spielraum für stärkere öffentliche Investi­tionen und für Lohnsteigerungen nutzen. Gleichzeitig sollten Strukturreformen in Frankreich und Italien erfolgen, um die Wettbewerbsfähigkeit der beiden Länder zu erhöhen. Auch gilt es, die negativen demographischen Perspektiven in Italien und Deutschland anzusprechen und zu bearbeiten.

  • Konvergenz lässt sich weder durch eine verstärkte Föderalisierung der Eurozone noch durch den Rückbau der europäischen Integration erreichen. Theoretisch könnten die italienische und die fran­zösische Wirtschaft außerhalb des Euroraums wett­bewerbsfähiger sein. Allerdings wären für beide Länder die wirtschaftlichen und sozialen Kosten enorm hoch, die ein Euro-Austritt mit sich brächte. Der Schritt hätte zur Folge, dass die neue nationale Währung im Vergleich zum Euro abgewertet wür­de. Dies könnte zur Staatsinsolvenz führen. Somit sind Austritte aus der Eurozone oder deren genereller Zerfall keine rationale Option. Zu bedenken gilt, dass ein Austrittsszenario nicht unbedingt das Ergebnis einer bewussten politischen Entscheidung wäre, sondern sich aus einem unkontrollierbaren, sich selbst verstärkenden Prozess ergeben könnte. In allen drei großen Euro-Ländern sollte besser dar­über informiert werden, welche wirtschaftlichen, sozialen und politischen Negativfolgen es haben könnte, sollte der Euroraum zerfallen.

  • Es gibt keine einfache Lösung dafür, die Stabilität der Währungsunion bei begrenzter Konvergenz zu stärken. Die Diskussion im Euroraum sollte sich nicht am Vorbild eines föderalen Staates orientieren und daraus Forderungen wie jene nach einem Euro-Finanzminister oder einem eigenen Budget ableiten. Der Euroraum ist eine Konstruktion sui generis. Aufgrund der starken intergouvernementalen Tendenzen darin dürfte eine weitere Machtzentralisierung (wie durch einen Finanzminister) mehr Nachteile als Vorteile mit sich bringen. Nachgedacht werden sollte stattdessen über eine verstärkte kollegiale Wirtschaftssteuerung auf europäischer Ebene, nach Vorbild des EZB-Rates. Eine weitere Stabilisierung der Währungsunion erfordert zudem mehr institutionelle Effizienz auf nationaler Ebene sowie nationale Reformen im Rahmen des Europäischen Semesters.

  • Die Instrumente der wirtschaftspolitischen Steue­rung, die den kleinen und den größten Eurostaaten zur Verfügung stehen, sind unterschiedlich effizi­ent. Dies sollte bei der Diskussion über eine Reform der Wirtschaftspolitik im Euroraum berücksichtigt werden. Es ist auch darüber nachzudenken, die makroökonomische Überwachung der gro­ßen Wirtschaften dauerhaft zu verstärken, haben sie doch eine Systembedeutung für die Wäh­rungs­union insgesamt. Zudem sollten Deutschland, Frankreich und Italien ihre trilateral-zwischen­staatliche Zusammenarbeit in wirtschaftspolitischen Fragen intensivieren.

  • Es könnte notwendig werden, zusätzliche Wege zur Risikoteilung in der Währungsunion zu beschreiten. Die Bankenunion sollte durch Einführung des gemeinsamen Einlagensicherungssystems schrittweise abgeschlossen werden. Eine partielle Emission von Euro-Anleihen sollte ebenfalls erwogen werden. Die neuen Wege der Risikoteilung sollten mit strenger Konditionalität verbunden sein; maßgeblich wäre dabei die Reformleistung eines Landes im Rahmen des Europäischen Semesters.

  • Das vielversprechendste Reformelement besteht darin, die Aufgaben des ESM zu erweitern. Innerhalb der Eurozone scheint allgemeiner Konsens zu bestehen, in diesem Bereich aktiv zu werden. Der Ausbau des ESM zu einem Europäischen Währungsfonds sollte unbedingt mit einer ausreichenden Darlehenskapazität einhergehen.

  • Man muss sich jedoch der Grenzen bewusst sein, die den Instrumenten der Economic Governance im Euroraum gesetzt sind. Finanzielle Sanktionen oder Finanztransfers können die nationale Eigenverantwortung für Reformen nicht ersetzen.

  • Eine Stabilisierung des Euroraums darf den sozia­len Aspekt nicht außen vor lassen, auch wenn die Sozialpolitik für absehbare Zeit in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten verbleiben wird und die Sozialsysteme innerhalb der EU-19 untereinander sehr heterogen sind. Insbesondere ist es wichtig, die öffentliche Unterstützung für den Euro zu stärken. Die soziale Säule des Euroraums hat in den letzten Monaten an Dynamik gewonnen. In Betracht ziehen sollte man, ein Vorzeigeprojekt zu schaffen, etwa eine Art europäisches Kurz­arbeitergeld.

  • Im Rahmen begrenzter Konvergenz und mangelnder Stabilisierungsmechanismen des Euroraums könnte die EZB wieder gezwungen sein, eine ent­scheidende Rolle bei der Stabilisierung des Währungsgebiets zu spielen. Dies gilt insbesondere für die Frage, wie sich die Situation in Italien entwickelt. Das auf geldpolitischer Stabilisierung beruhende Modell der Währungsunion ist jedoch nicht nachhaltig.

  • In der laufenden Diskussion über Reformen des Euroraums sollte verstärkt auf die inneren Herausforderungen seiner drei größten Volkswirtschaften eingegangen werden. Sollte die Divergenz deutlich zunehmen, würde sich die Bereitschaft zur Risikoteilung entsprechend verringern. Dies würde das gesamte Euro-Projekt gefährden. Daher wird die Zukunft der europäischen Wirtschaftsintegration von Erfolg oder Misserfolg der nationalen Wirtschaftspolitik in Frankreich, Deutschland und Italien abhängig sein.

Abkürzungsverzeichnis

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

AMR

Warnmechanismus-Bericht (Alert Mechanism Report)

BIP

Bruttoinlandsprodukt

CME

Koordinierte Marktwirtschaften (Coordinated Market Economies)

CSR

Länderspezifische Empfehlungen (Country Specific Recommendations)

ECOFIN

Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der EU

EDIS

Europäisches Einlagensicherungssystem (European Deposit Insurance Scheme)

EDP

Verfahren wegen übermäßigen Defizits (Excessive Deficit Procedure)

ESM

Europäischer Stabilitätsmechanismus

EU

Europäische Union

EU-19

EU-Mitgliedstaaten in der Währungsunion

EU-28

Europäische Union mit 28 Mitgliedstaaten

EUV

Vertrag über die Europäische Union

EWF

Europäischer Währungsfonds

EZB

Europäische Zentralbank

G7

Gruppe der sieben bedeutendsten Industrienationen

G20

Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer

IMF

International Monetary Fund

IWF

Internationaler Wahrungsfonds

MIP

Makroökonomisches Ungleichgewichtsverfahren (Macroeconomic Imbalance Procedure)

MME

Mediterrane Marktwirtschaften (Mediterranean Market Economies)

NEET

Weder in Ausbildung noch Beschäftigung oder Training (Not in Education, Employment or Training)

NPL

Notleidender Kredit (Non-Performing Loan)

OECD

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

OMT

Outright Monetary Transactions (Anleihenkauf­programm der EZB)

REER

Realer effektiver Wechselkurs (Real Effective Exchange Rate)

SGP

Stabilitäts- und Wachstumspakt (Stability and Growth Pact)

TARGET

Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System

UNESCO

United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization

WWU

Wirtschafts- und Währungsunion

Literaturhinweise

Paweł Tokarski

Italien als Belastungsprobe für den Euroraum.
Grenzen wirtschaftspolitischer Steuerung der EU‑19

SWP-Aktuell 52/2018, September 2018

Paweł Tokarski

Neuer Schwung für die Eurozone. Reformspielräume und Machtverteilung in der Währungsunion

SWP-Aktuell 70/2017, Oktober 2017

Ronja Kempin / Paweł Tokarski

Frankreich »in Bewegung«.
Präsident Emmanuel Macron – Hoffnungsträger und schwieriger Partner für Deutschland

SWP-Aktuell 34/2017, Mai 2017

Endnoten

1

 Juan Luiz Diaz del Hoyo/Ettore Dorrucci/Frigyes Ferdinand Heinz/Sona Muzikarova, Real Convergence in the Euro Area: A Long-term Perspective, Frankfurt a.M.: European Central Bank (ECB), Dezember 2017 (ECB Occasional Paper Series, Nr. 203), S. 10.

2

Robert Anderton/Ray Barrell/Jan Willem in ’t Veld, »Macroeconomic Convergence in Europe: Achievements and Pros­pects«, in: Ray Barrell (Hg.), Economic Convergence and Monetary Union in Europe, London: SAGE Publications, 1991, S. 2ff.

3

 Rat der Europäischen Gemeinschaften, Entscheidung des Rates vom 18. Februar 1974 zur Erreichung eines hohen Grades an Konvergenz der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Brüssel, 18.2.1974 (74/120/EWG), <http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri= CELEX:31974D0120&from=EN> (Zugriff am 3.7.2018).

4

 Committee for the Study of Economic and Monetary Union, Report on Economic Monetary Union in the European Community [»Delors Report«], Luxemburg, 12.4.1989, S. 28.

5

 Artikel 140 enthält vier Konvergenzkriterien: Preisstabilität, stabile Situation der öffentlichen Finanzen, stabile Teil­nahme am Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems für mindestens zwei Jahre, stabiles Niveau der langfristigen Zinssätze. Genaue Werte finden sich in Pro­tokoll Nr. 13 über die Konvergenzkriterien vom 7.12.1992.

6

 Siehe zum Beispiel Marco Buti/Andre Sapir, Economic Policy in EMU, Oxford: Clarendon Press, 1998.

7

 Diaz del Hoyo u.a., Real Convergence in the Euro Area [wie Fn. 1], S. 14ff.

8

 Jeffrey Franks/Bergljot Barkbu/Rodolphe Blavy/William Oman/Hanni Schoelermann, Economic Convergence in the Euro Area: Coming Together or Drifting Apart?, Washington, D.C.: International Monetary Fund (IMF), 2018 (IMF Working Paper, WP/18/10), S. 7f.

9

 Peter Becker, »Die soziale Dimension fortentwickeln«, in: Alexander Schellinger/Philip Steinberg (Hg.), Die Zukunft der Eurozone. Wie wir den Euro retten und Europa zusammenhalten, Bielefeld: Transcript, 2016, S. 176.

10

 Siehe zum Beispiel B. Steven Rosefielde, Comparative Economic Systems. Culture, Wealth, and Power in the 21st Century, Malden, Mass.: Blackwell, 2002; Bruno Amable, The Diversity of Modern Capitalism, Oxford/New York: Oxford University Press, 2003; Beáta Farkas, Models of Capitalism in the European Union. Post-crisis Perspectives, Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2016.

11

 Amable, The Diversity of Modern Capitalism [wie Fn. 10], S. 92.

12

 Farkas, Models of Capitalism in the European Union [wie Fn. 10], S. 146–170.

13

 Peter A. Hall/David Soskice, Varieties of Capitalism: The Institutional Foundations of Comparative Advantage, Oxford: Oxford Scholarship Online, 2003.

14

 Peter A. Hall, »Varieties of Capitalism in Light of the Euro Crisis«, in: Journal of European Public Policy, 25 (2018) 1, S. 7–30 (11ff).

15

 Ebd.

16

 Carlo Trigilia/Luigi Burroni, »Italy: Rise, Decline and Restructuring of a Regionalized Capitalism«, in: Economy and Society, 38 (2009) 4, S. 630–653.

17

 Siehe Markus K. Brunnermeier/Harold James/Jean-Pierre Landau, The Euro and the Battle of Ideas, Princeton University Press, 2016 (Kindle edition), S. 1236–1496.

18

 Franz-Josef Meiers, Germany’s Role in the Euro Crisis. Berlin’s Quest for a More Perfect Monetary Union, Cham: Springer 2015, S. 11–15.

19

 Bruno Amable/Elvire Guillaud/Stefano Palombarini, L’économie politique de néolibéralisme, le cas de la France et de I’Italie, Paris: Éditions Rue d’Ulm/Presses de l’École normale supérieure, 2012.

20

 Diaz del Hoyo u.a., Real Convergence in the Euro Area [wie Fn. 1], S. 5.

21

 Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD), General Government Spending (indicator), 2018, doi: 10.1787/a31cbf4d-en (Zugriff am 26.4.2018).

22

 Michael Stothard, »France: The Politics of State Ownership«, in: Financial Times, 13.11.2016.

23

 Beispiele für solche – kurzlebigen – Regierungen sind die von Lamberto Dini (1995/1996), Carlo Azeglio Ciampi (1993/1994) oder Mario Monti (2011–2013), siehe Elisa Cencig, Italy’s Economy in the Euro Zone Crisis and Monti’s Reform Agenda, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, September 2012 (Working Paper FG 1, 2012/05), S. 31.

24

 Daron Acemoglu/James A. Robinson, Why Nations Fail: The Origins of Power, Prosperity, and Poverty, London 2012. Die Rolle von Institutionen in der Wirtschaft hat unter anderem Douglass North analysiert. Er unterstreicht die Bedeutung von Hindernissen, etwa Ideologien und kulturellen Normen, bei der Herausbildung effizienter Institutionen, Douglass C. North, Institutions, Institutional Change and Economic Performance. Political Economy of Institutions and Decisions, Cambridge 1990, S. 3–10.

25

 ECB, »Real Convergence in the Euro Area: Evidence, Theory and Policy Implications«, in: ECB Economic Bulletin, (2015) 5, S. 30–45; Elias Papaioannou, »EZ Original Sin? Nominal Rather than Institutional Convergence«, VOX CEPR’s Policy Portal, 7.9.2015, <https://voxeu.org/article/nominal-rather-institutional-convergence-ez> (Zugriff am 3.7.2018).

26

 Klaus Masuch/Edmund Moshammer/Beatrice Pierluigi, Institutions, Public Debt and Growth in Europe, Frankfurt a.M., September 2016 (ECB Working Paper Series, Nr. 1963).

27

 Hall, »Varieties of Capitalism in Light of the Euro Crisis« [wie Fn. 14].

28

 The World Bank, Doing Business 2018. Reforming to Create Jobs, Washington, D.C., 2018, <http://www.doingbusiness. org/> (Zugriff am 7.6.2018).

29

 Siehe z.B. Annamaria Nifo/Gaetano Vecchione, »Measuring Institutional Quality in Italy«, in: Rivista economica del Mezzogiorno, 1/2 (2015), S. 157–182.

30

 Alison Johnston/Aidan Regan, »European Monetary Integration and the Incompatibility of National Varieties of Capitalism«, in: Journal of Common Market Studies, 54 (2016) 2, S. 318–336.

31

 In Deutschland hat die Industrie einen hohen Anteil am BIP (30,1 Prozent) und die Landwirtschaft einen nur geringen (0,6 Prozent). Dagegen trägt in Frankreich die Industrie nur zu 19,4 Prozent zum BIP bei, die Landwirtschaft zu 1,6 Pro­zent. In Italien liegen diese Werte bei 24 Prozent für die In­dustrie und 2,1 Prozent für die Landwirtschaft. Siehe Central Intelligence Agency (CIA), World Factbook. GDP – Composition, by Sector of Origin, <https://www.cia.gov/library/publications/ the-world-factbook/fields/2012.html> (Zugriff am 3.7.2018).

32

 World Economic Forum, The Case for Trade and Competitiveness. Global Agenda Councils on Competitiveness and Trade and FDI, Genf, September 2015, <http://www3.weforum.org/docs/ WEF_GAC_Competitiveness_2105.pdf> (Zugriff am 3.7.2018).

33

 OECD, Trade in Goods and Services [Datenbank], <http://dx. doi.org/10.1787/0fe445d9-en> (Zugriff am 6.3.2018).

34

 The Observatory of Economic Complexity (OEC), France [Datenbank], <http://atlas.media.mit.edu/en/profile/country/ fra/> (Zugriff am 16.12.2017).

35

 Im Verhältnis zu Frankreich beträgt er rund 35 Milliarden Euro, bei Italien sind es rund 9,5 Milliarden Euro. Statistisches Bundesamt, Foreign Trade. Ranking of Germany’s Trading Partners in Foreign Trade 2017, Wiesbaden, 24.10.2018.

36

 ECB, Report on Financial Structures, Frankfurt a.M., Okto­ber 2017, S. 15.

37

 Deutsche Bundesbank. Zahlungsbilanzstatistik Januar 2018 (Statistisches Beiheft 3 zum Monatsbericht), S. 62, <https:// www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffent lichungen/Statistische_Beihefte_3/2018/2018_01_zahlungs bilanzstatistik.pdf?__blob=publicationFile> (Zugriff am 28.8.2018).

38

 Der reale effektive Wechselkurs bezieht sich auf den nominalen effektiven Wechselkurs, der normalerweise durch relative Preis- oder Kostenkennzahlen deflationiert wird. Der REER erfasst jedoch keine Faktoren, welche sich auf die nichtpreisliche Wettbewerbsfähigkeit beziehen, etwa die Produktqualität oder das Ansehen eines Herstellers. Der REER-Indikator misst sowohl die nominale als auch die reale Konvergenz.

39

 Matteo Bugamelli/Silvia Fabiani/Stefano Federico/Alberto Felettigh/Claire Giordano/Andrea Linarello, Back on Track? A Macro-micro Narrative of Italian Exports, Rom: Banca d’Italia, Oktober 2017 (Questioni di Economia e Finanza, Nr. 399), S. 35ff.

40

 Statistisches Bundesamt, Foreign Trade [wie Fn. 35].

41

 Ebd.

42

 Elisabeth Behrmann, »France’s Macron Says German Trade Surplus Harmful to EU Economy«, Bloomberg, 17.4.2017, <https://www.bloomberg.com/news/articles/2017-04-16/france-s-macron-says-german-trade-surplus-harmful-to-eu-economy> (Zugriff am 4.7.2018).

43

 Jan Priewe, Understanding Germany’s Current Account Sur­plus, Paper Presented to the FMM Annual Conference, Berlin 2017; Robert Kollmann/Marco Ratto/Werner Roeger/Jan in ’t Veld/Lukas Vogel, What Drives the German Current Account? And How Does It Affect Other EU Member States?, Brüssel: European Commission, April 2014 (Economic Papers 516); Mathilde le Moigne/Xavier Ragot, »France et Allemagne: une histoire du désajustement européen«, in: Revue de l’OFCE, (2015/6) 142, S. 177–231; Philip Steinberg, »Global Imbalances – Coordinating with Different Script Books«, in : Thorsten Beck/ Hans‑Helmut Kotz, Ordoliberalism: A German Oddity?, London: VoxEU, CEPR Press, 2017, S. 168.

44

 John Springford/Simon Tilford, Why Germany’s Trade Surplus Is Bad for the Eurozone, London: Centre for Euro­pean Reform, Dezember 2013/Januar 2014 (CER Bulletin 93), S. 3f.

45

 Heribert Dieter, Stubbornly Germany First: Options for Reduc­ing the World’s Largest Current Account Surplus, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, November 2018 (SWP Comment 48/2018); Jan Prieve, A Time Bomb for the Euro? Understanding Germany’s Current Account Surplus, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, 2018 (IMK Studies Nr. 59), S. 28.

46

 Luciano Mauro/Cesare Buiatti/Gaetano Carmeci, The Origins of the Sovereign Debt of Italy: A Common Pool Issue?, Cagliari/Sassari: Centro Ricerche Economiche Nord Sud (CRENoS), Mai 2012 (CRENoS Working Paper 12/2012), <http://crenos.unica.it/crenos/sites/default/files/WP12-12.pdf> (Zugriff am 4.7.2018).

47

 IMF, France, September 2017 (IMF Country Report Nr. 17/288), S. 6.

48

 Banque de France, Non-financial Sector Debt Ratios – International Comparisons. Second Quarter 2017, 14.11.2017.

49

Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) (Hg.), Germany’s Benefit from the Greek Crisis, Halle (Saale) 2015 (IWH Online 7/2015), <http://www.iwh-halle.de/fileadmin/ user_upload/publications/iwh_online/io_2015-07.pdf> (Zugriff am 4.7.2018).

50

 Europäische Kommission, Eurostat Supplementary Table for Reporting Government Interventions to Support Financial Institutions, April 2018 (Background Note), <https://ec.europa.eu/ eurostat/documents/1015035/8441002/Background-note-on-gov-interventions-Apr-2018.pdf/54c5e531-688b-427b-80a1-46e471f3a54b> (Zugriff am 22.11.2018).

51

 Marcello Minenna (Hg.), The Incomplete Currency. The Future of the Euro and Solutions for the Eurozone, Chichester: Wiley, 2016, S. 302f.

52

 IMF, Financial Soundness Indicators (FSIs) [Datenbank], <http://data.imf.org/?sk=51B096FA-2CD2-40C2-8D09-0699CC1764DA> (Zugriff am 26.11.2018).

53

 OECD Economic Outlook, Volume 2018, Issue 1: Pre­liminary version, OECD Publishing, Paris 2018 (Statistical Annex, Table 35, S. 45), <http://dx.doi.org/10.1787/eco_ outlook-v2018-1-en> (Zugriff 30.11.2018).

54

 UNESCO, »Expenditure on education as % of GDP (from government sources)«, <http://data.uis.unesco.org/index. aspx?queryid=181> (Zugriff am 22.11.2018).

55

 IMF, Germany, Juli 2017 (IMF Country Report Nr. 17/192), S. 10f.

56

 Bergljot Barkbu/Barry Eichengreen/Ashoka Mody, »The Euro’s Twin Challenges: Experience and Lessons«, in: James A. Caporaso/Martin Rhodes (Hg.), The Political and Economic Dynamics of the Eurozone Crisis, Oxford/New York: Oxford Uni­versity Press, 2016, S. 48–78 (57–62).

57

 Diaz del Hoyo u.a., Real Convergence in the Euro Area [wie Fn. 1].

58

 World Economic Forum, The Global Competitiveness Report, 2017–2018 Edition, Genf, September 2017, <https://www. weforum.org/reports/the-global-competitiveness-report-2017-2018> (Zugriff am 4.7.2018).

59

 ECB, »Real Convergence in the Euro Area« [wie Fn. 25], S. 34.

60

 OECD, OECD Economic Surveys: Italy 2017, Paris: OECD Publishing, 2017, S. 19.

61

 IMF, Italy 2017 Article IV Consultation – Press Release; Staff Report; and Statement by the Executive Director for Italy, Washington, D.C., Juli 2017 (IMF Country Report Nr. 17/237).

62

 OECD, OECD Economic Surveys: Italy 2017 [wie Fn. 60], S. 119f.

63

 Ebd.

64

 Ebd., S. 121; siehe auch Diaz del Hoyo u.a. [wie Fn. 1], S. 63f.

65

 Ulrich Glassmann, »Eine verlorene Generation? Ursachen der Jugendarbeitslosigkeit in Italien«, in: Alexander Grasse/Markus Grimm/Jan Labitzke (Hg.), Italien zwischen Krise und Aufbruch. Reformen und Reformversuche der Regierung Renzi, Wiesbaden: Springer 2018, S. 343–361.

66

 IMF, France, September 2017 [wie Fn. 47], S. 7.

67

 Eurostat, Unemployment by Sex and Age, (Last Update) 2.7.2018, <http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do? dataset=une_rt_a&lang=en> (Zugriff am 3.7.2018).

68

 IMF, Germany, Juli 2017 [wie Fn. 55].

69

 Farkas, Models of Capitalism in the European Union [wie Fn. 10], S. 498–505.

70

 Siehe zum Beispiel Joseph Stiglitz, »The Problem with Europe is the Euro«, in: The Guardian, 10.8.2016.

71

 Siehe zum Beispiel »Hans-Werner Sinn rechnet mit Euro-Austritt Italiens«, in: Die Welt, 17.10.2016; Silvia Ogni­bene, »Italy’s Northern League Chief Attacks Euro, Says Preparing Exit«, Reuters, 7.2.2018.

72

 Im März 2008 waren es 49 Prozent. Siehe »Quanto debito pubblico è detenuto all’estero? Il termometro della fiducia«, Il Sole 24 Ore (online), 2.11.2018, <https://www. infodata.ilsole24ore.com/2018/11/02/quanto-debito-pubblico-detenuto-allestero-termometro-della-fiducia/?refresh_ce=1> (Zugriff am 22.11.2018).

73

 Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich liegt der Anteil bei etwa 60 Prozent. Bruegel, Bruegel Database of Sovereign Bond Holdings [wie Fn. 72].

74

 François Villeroy de Galhau, »L’euro, notre force dans un monde incertain«, in: Le Figaro, 6.2.2017.

75

 Michel Aglietta u.a., »Sortie de l’euro et compétitivité française«, CEPII, le Blog (online), 21.3.2017, <www.cepii.fr/ BLOG/bi/post.asp?IDcommunique=508> (Zugriff am 4.7.2018).

76

 Europäische Zentralbank, Statistical Data Warehouse, Target Balances, Stand: Oktober 2018, <http://sdw.ecb.europa. eu/reports.do?node=1000004859 > (Zugriff am 3.12.2018).

77

 Siehe etwa Fritz W. Scharpf, »Südeuro. Zur Lösung der europäischen Finanzkrise braucht es zwei verschiedene Eurozonen«, in: Internationale Politik und Gesellschaft (online), 4.12.2017, <www.ipg-journal.de/rubriken/europaeische-integration/artikel/suedeuro-2449/>; Mark Blyth/Simon Tilford, »How the Eurozone Might Split. Could Germany Become a Reluctant Hegemon?«, in: Foreign Affairs, 11.1.2018, <www.foreignaffairs.com/articles/europe/2018-01-11/how-eurozone-might-split> (Zugriff jeweils am 4.7.2018).

78

 Siehe Blyth/Tilford, »How the Eurozone Might Split« [wie Fn. 77].

79

 Ernest Pytlarczyk/Stefan Kawalec, Kontrolowana dekompozycja strefy euro aby uratować Unię Europejską i jednolity rynek [Kontrollierte Auflösung der Eurozone zur Rettung der Europäischen Union und des Binnenmarktes], Warschau: Capital Strategy, 2012.

80

 Andrea Lorenzo Capussela, The Political Economy of Italy’s Decline, Oxford University Press, 2018.

81

 Amable/Guillaud/Palombarini, L’économie politique de néolibéralisme [wie Fn. 19], S. 2061–2214.

82

 Willian Tompson/Robert Price, The Political Economy of Reform. Lessons from Pensions, Product Markets and Labour Markets in Ten OECD Countries, Paris: OECD, 2009.

83

 Angana Banerji u.a., Labor and Product Market Reforms in Advanced Economies: Fiscal Costs, Gains, and Support, Washington, D.C., IMF, März 2017 (IMF Staff Discussion Note).

84

 European Parliament, Economic Governance Support Unit (EGOV), At a Glance. Implementation of Country Specific Recommendations under the MIP, 7.8.2017.

85

 Cinzia Alcidi/Daniel Gross, How to Further Strengthen the European Semester, Brüssel: Centre for European Policy Studies (CEPS), November 2017; Adriaan Schout/Christian Schwieter, »National Fiscal Councils, the European Fiscal Board and National Productivity Boards: New EMU Independent Bodies without Much Prospect«, in: Margriet Drent u.a., Clingendael State of the Union 2018: Towards Better European Integration, Den Haag, Januar 2018 (Clingendael Report).

86

 Alcidi/Gross, How to Further Strengthen the European Semester [wie Fn. 85], S. 5.

87

 Paweł Tokarski, Italien als Belastungsprobe für den Euroraum. Grenzen wirtschaftspolitischer Steuerung der EU-19, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, September 2018 (SWP-Aktuell 52/2018).

88

 Ministère de l’Économie et des Finances, Projet de loi de finances 2019, Paris, 24.9.2018.

89

 European Commission, Directorate-General for Eco­nomic and Financial Affairs, The 2015 Ageing Report Economic and Budgetary Projections for the 28 EU Member States (2013–2060), Brüssel 2015, S. 71, <http://ec.europa.eu/economy_ finance/publications/european_economy/2015/pdf/ee3_ en.pdf> (Zugriff am 3.7.2018).

90

 François Villeroy de Galhau, Economic Adjustments in Europe: The Case of France, GIC/SUERF/Deutsche Bundesbank Conference, Frankfurt a.M., 8.–9.2.2018.

91

 »Hollande: ›La Commission n’a pas à nous dicter ce que nous avons à faire‹«, in: Le Point, 29.5.2013.

92

 Francesco Guarascio, »›Stop Attacking EU Commission on Fiscal Policy‹, Juncker Tells Renzi«, Reuters, 7.11.2016.

93

 Siehe »Rotation der Stimmrechte im EZB-Rat«, Euro­päische Zentralbank (online), <https://www.ecb.europa.eu/ecb/ orga/decisions/govc/html/votingrights.de.html> (Zugriff am 5.2.2017).

94

 Paweł Tokarski, Die Europäische Zentralbank als politischer Akteur in der Eurokrise. Mandat, Stellung und Handeln der EZB in einer unvollständigen Währungsunion, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juli 2016 (SWP-Studie 14/2016).

95

 Zu den entsprechenden Elementen gehören hauptsächlich der 2012 geschaffene Europäische Stabilitätsmechanismus, die Outright Monetary Transactions der EZB und das System zur Überwachung und Abwicklung systemrelevanter Banken in der Währungsunion.

96

 Martin Sandbu, »Banking Union v Fiscal Union, Part 2«, in: Financial Times, 15.12.2017; Anne-Laure Delatte/Clemens Fuest/Daniel Gros/Friedrich Heinemann/Martin Kocher/ Roberto Tamborini, The Future of Eurozone Fiscal Governance, München: Econpol Europe, Juni 2017 (EconPol Policy Report, 1/2017).

97

 Siehe zum Beispiel »Emmanuel Macron: le grand entretien«, in: Le Point, 30.8.2017; Initiative pour l’Europe – Discours d’Emmanuel Macron pour une Europe souveraine, unie, démocratique, 26.9.2017, <http://www.elysee.fr/declarations/ article/initiative-pour-l-europe-discours-d-emmanuel-macron-pour-une-europe-souveraine-unie-democratique/> (Zugriff am 2.10.2017).

98

 Proposal on the Architecture of a Eurozone Budget within the Framework of the European Union [Non-Paper], 16.11.2018, <https://www.consilium.europa.eu/media/37011/proposal-on-the-architecture-of-a-eurozone-budget.pdf> (Zugriff am 23.11.2018).

99

 Ministero dell’Economia e delle Finanze, European Unemployment Benefit Scheme, August 2016, <http://www.mef. gov.it/inevidenza/documenti/Unemployment_benefit_
scheme_rev_2016.pdf
> (Zugriff am 4.7.2018).

100

 Sebastian Dullien, Eine Arbeitslosenversicherung für die Eurozone. Ein Vorschlag zur Stabilisierung divergierender Wirtschaftsentwicklungen in der Europäischen Währungsunion, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2008 (SWP-Studie 1/2008).

101

European Commission, Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on the Establishment of a European Investment Stabilisation Function, Brüssel, 31.5.2018.

102

 Markus K. Brunnermeier u.a., ESBies: Safety in the Tranches, Frankfurt a.M., European Systemic Risk Board (ESRB), September 2016 (Working Paper Series, Nr. 21); Agnès Bénassy-Quéré u.a., Reconciling Risk Sharing with Market Discipline: A Constructive Approach to Euro Area Reform, London: Centre for Economic Policy Research, Januar 2018 (Policy In­sight Nr. 91); ESRB, Sovereign Bond-backed Securities: A Feasibility Study, Frankfurt a.M., Januar 2018, Bd. 1: Main Findings.

103

 Marcello Minenna, »Why ESBies Won’t Solve the Euro Area’s Problem«, in: Financial Times, 25.4.2017.

104

 Erklärung des Euro-Gipfels, 29.6.2018, <https://www. consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2018/06/29/ 20180629-euro-summit-statement/ > (Zugriff am 4.12.2018).

105

 »Eurogroup Report to Leaders on EMU Deepening«, 4.12.2018, <https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2018/12/04/eurogroup-report-to-leaders-on-emu-deepening/>.

106

 ESM, »What is the ESM’s Lending Capacity?«, <https:// www.esm.europa.eu/content/what-esm%E2%80%99s-lending-capacity> (Zugriff am 23.11.2018).

107

 Martin Sandbu, »Europe’s Fiscal Union Envy Is Misguided«, in: Financial Times, 20.7.2015.

108

 Erik Jones, »Financial Markets Matter More Than Fiscal Institutions for the Success of the Euro«, in: The International Spectator, 51 (2016) 4, S. 29–39.

109

 Raine Tiessalo, »Nordea’s Move Into Bank Union Raises Stakes on Deposit Insurance«, Bloomberg, 4.12.2017, <https:// www.bloomberg.com/news/articles/2017-12-04/nordea-s-move-into-bank-union-raises-stakes-on-deposit-insurance> (Zugriff am 3.7.2018).

110

 Im Juli 2017 fasste der Rat spezielle Beschlüsse zu not­leidenden Krediten. Darin wurde die Kommission aufgefordert, Legislativvorschläge zur Entwicklung von Sekundärmärkten für NPL oder zur Überprüfung der Effizienz nationaler Insolvenzsysteme für Kredite vorzubereiten. Rat der Europäischen Union, »Bankensektor: Rat stellt Aktionsplan zum Abbau notleidender Kredite vor«, Europäische Union. Nachrichten, 11.7.2017, <https://europa.eu/newsroom/content/ bankensektor-rat-stellt-aktionsplan-zum-abbau-notleidender-kredite-vor_de> (Zugriff am 4.7.2018). Folgende Maßnahmen wurden vorgeschlagen: Verstärkung der Bankenaufsichten, Reform der Regelungen für Insolvenz und Schuldeneintreibung, Entwicklung von Sekundärmärkten für notleidende Kredite, Umstrukturierung des Bankensystems.

111

 European Commission, Communication to the European Parliament, the Council, the European Central Bank, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions on Completing the Banking Union, Brüssel, 11.10.2017.

112

 Bundesbank, »Ansatzpunkte zur Bewältigung von Staatsschuldenkrisen im Euro-Raum«, in: Monatsbericht, Juli 2016, S. 43–64.

113

 Lucas Guttenberg, Looking for the Silver Bullet. A Comprehensive Guide to the Debate on ESM Reform, Berlin: Jacques Delors Institut, 4.12.2017, S. 11f.

114

 Siehe ECB, »The Future of Monetary Policy Frameworks«. Lecture by Vítor Constâncio, Vice-President of the European Central Bank at the Instituto Superior de Economia e Gestão, Lissabon, 25.5.2017.

115

 IMF, Euro Area Policies, Selected Issues, 25.7.2017 (IMF Country Report Nr. 17/236), S. 5.

116

 Thomas Risse, »The Euro between National and Euro­pean Identity«, in: Journal of European Public Policy, 10 (2003) 4, S. 487–505 (497).

117

 Damals nutzten Einzelhändler und Restaurants den Währungswechsel, um die Preise zu erhöhen – ein Vorgang, den die rechtspopulistische Lega Nord als Argument gegen den Euro nutzte.

118

 Felix Roth/Lars Jonung/Felicitas Nowak-Lehmann, »Public Support for the Euro«, VOX CEPR’s Policy Portal, 11.11.2016, <https://voxeu.org/article/public-support-euro> (Zugriff am 4.7.2018); http://voxeu.org/article/public-support-euroPhilip Giurlando, Eurozone Politics. Perception and Reality in Italy, the UK, and Germany, London/ New York 2016.

119

 Siehe Gavin Jones, »Out of Pocket, Italians Fall Out of Love with the Euro«, Reuters, 8.2.2017, <http://www.reuters. com/article/us-eurozone-italy-exit-analysis-idUSKBN15N0JJ> (Zugriff am 3.7.2018).

120

 Siehe Yann Algan u.a., »The European Trust Crisis and the Rise of Populism«, VOX CEPR’s Policy Portal, 12.12.2017, <https://voxeu.org/article/european-trust-crisis-and-rise-populism> (Zugriff am 4.7.2018).

121

 Peter Becker, Europas soziale Dimension. Die Suche nach der Balance zwischen europäischer Solidarität und nationaler Zuständigkeit, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, November 2015 (SWP-Studie 21/2015), S. 27ff.

Alle Rechte vorbehalten.

Abdruck oder vergleichbare Verwendung von Arbeiten der Stiftung Wissenschaft und Politik ist auch in Aus­zügen nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung gestattet.

SWP-Studien unterliegen einem Verfahren der Begut­achtung durch Fachkolle­ginnen und -kollegen und durch die Institutsleitung (peer review), sie werden zudem einem Lektorat unterzogen. Weitere Informationen zur Qualitätssicherung der SWP finden Sie auf der SWP-Website unter https:// www.swp-berlin.org/ueber-uns/qualitaetssicherung/.
SWP‑Studien geben die Auffassung der Autoren und Autorinnen wieder.

© Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin, 2018

SWP

Stiftung Wissenschaft und Politik

Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit

Ludwigkirchplatz 3–4
10719 Berlin
Telefon +49 30 880 07-0
Fax +49 30 880 07-200
www.swp-berlin.org
swp@swp-berlin.org

ISSN 1611-6372