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Deutschland und die Zukunft der nuklearen Rüstungskontrolle

Weniger Kooperation und mehr Druck auf Russland

SWP-Studie 2024/S 25, 17.12.2024, 42 Seiten

doi:10.18449/2024S25

Forschungsgebiete

Dr. Jonas Schneider ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik und Leiter des Projekts »Strategic Threat Analysis and Nuclear (Dis-)Order« (STAND). Die Studie entstand im Rahmen dieses Projekts.

  • Ein Pfeiler der deutschen Rüstungskontrollpolitik, nämlich die vertragsbasierte Begrenzung der Atomwaffenarsenale Russlands und der USA, steht vor dem Aus. Zur Kooperation ist Russland nicht mehr bereit.

  • Die Bundesregierung erkennt die Lage als Zäsur und will ihre Politik neu ausrichten. Sie verfügt jedoch bislang über keinen Plan, um die russische Kooperationsverweigerung zu überwinden.

  • Idealtypisch ist eine Neukonzeption der deutschen Politik in drei Richtun­gen denkbar: abrüstungsorientiert, stabilitätsorientiert oder wettbewerbsorientiert. Mit allen dreien sollen Atomkriege verhütet werden, aber auf unterschiedliche Weise: indem militärisches und pronukleares Denken geächtet wird (Abrüstung), indem destabilisierende Waffen limitiert werden (Stabilität) oder indem Rüstungskontrolldeals das Wettrüsten so kanalisieren, dass es zum eigenen Vorteil ausfällt (Wettbewerb).

  • Deutschlands Politik vereint bisher abrüstungs- und stabilitätsorientierte Elemente. Doch Berlin sollte wissen, dass es nur über die USA Einfluss bei der Begrenzung von Russlands Arsenal ausüben kann und dass die US-Rüstungskontrollpolitik heute schon kompetitiv ist und dies auch bleiben wird.

  • Um zur wettbewerbsorientierten US-Politik beizutragen, sollte Deutschland an seinen Plänen festhalten, landgestützte Mittelstreckenwaffen zu stationieren. Zugleich sollte es sich für einen Rüstungskontrollvorschlag einsetzen, der die Beseitigung dieser Waffen in Europa vorsieht. Berlin sollte den Druck auf Moskau weiter erhöhen, indem es die europäische Luftverteidigung ausbaut und den Aufbau von Fähigkeiten zur Aufklärung und Informationsbeschaffung im Weltraum unterstützt.

  • Damit Stabilitätsrisiken minimiert werden, sollte Deutschland flankierend für eine intensive Nutzung der Kanäle zur Krisenkommunikation zwischen Russland und den USA eintreten.

Problemstellung und Empfehlungen

Der deutschen nuklearen Rüstungskontrollpolitik fehlt ein klarer Plan. Einer ihrer Pfeiler seit über 50 Jahren – Verträge zwischen Russland und den USA zur Begrenzung ihrer Kernwaffenarsenale– zer­fällt seit längerem und steht, verstärkt durch Putins Krieg in der Ukraine, vor dem Aus. Zur Kooperation oder nur zu Gesprächen über neue Ver­träge ist Russ­land nicht bereit. Auch China, das wegen seines rasant wachsenden Atomarsenals dringend in eine Rüstungsbegrenzung einbezogen werden müsste, lehnt derartige Verhandlungen ab. Die Bundesregierung erkennt diese Lage als Zäsur, auch für ihre eigene Politik. Sie hat aber keine öffentlich bekannte Strategie, um die russische oder die chinesische Kooperationsverweigerung zu überwinden.

Bei der Lösung dieses Problems ist die hiesige Fach­debatte wenig hilfreich für die Bundesregierung. In den meisten Beiträgen wird weder plausibel erklärt, wieso das heutige Russland oder China auf Berlins rüstungskontrollpolitische Wünsche eingehen würde, noch wird die geänderte Rüstungskontrollpolitik der USA berücksichtigt. In dieser Form vernachlässigt die Analyse die heutigen internationalen Rahmenbedingungen für deutsche Politik. Realistischere Beiträge wiederum enthalten oft keine konkreten Handlungsempfehlungen für Deutschland.

Daher lautet die zentrale Frage, wie die deutsche Politik der nuklearen Rüstungskontrolle unter den gegenwärtigen Bedingungen neu ausgerichtet werden könnte. Dieser Frage wird in der vorliegenden Studie unter zwei Prämissen nachgegangen. Zum einen wird vorausgesetzt, dass Rüstungskontrolle mehr ist als Ver­träge. Deren Auslaufen stellt also nicht zwingend das Ende der Rüstungskontrolle dar. Atomarsenale lassen sich auch durch weniger formale Abkommen oder die Selbstbeschränkung mehrerer Akteure limi­tieren. Zum anderen wird davon ausgegangen, dass Rüstungs­kontrolle mehr ist als nur Kooperation. Ergeb­nisse können ko­operativ zustande kommen, etwa als »Tausch­geschäfte«. Aber eine Partei kann sich auch gezwungen sehen, sich selbst nuklear zu beschränken, weil sie eine Aufrüstung der anderen Seite noch mehr fürchtet.

Der Fokus dieser Studie liegt aus zwei Gründen auf Russland und konkret auf der bilateralen Rüstungsbegrenzung im amerikanisch-russischen Verhältnis, obwohl die Rüstungskontrollarchitektur auch durch chinesisches Handeln herausgefordert wird. Erstens ist für Deutschlands Sicherheit allein Russlands Atom­rüstung eine direkte Bedrohung. Moskau sieht Deutschland als Gegner, und die Bundesrepublik liegt in Reichweite russischer Raketen. Derweil betrifft Chinas wachsendes Atomarsenal deutsche Sicherheits­interessen nur mittelbar: Es erschwert neue Verträge zur Rüstungsbegrenzung im Verhältnis Russland-USA, lenkt Washingtons Aufmerksamkeit von Russ­land ab, untergräbt Amerikas Reputation als Schutz­macht und schwächt globale Ordnungsprinzipien, von denen Deutschland profitiert.

Zweitens bricht ein Pfeiler der deutschen Rüstungskontrollpolitik weg, nämlich die Begrenzung von Russlands Atomarsenal. Die große Sorge darüber ist berechtigt. Militärisch würde ein Aufwuchs von Russ­lands Atomstreitkräften, vor allem bei landgestützten Interkontinentalraketen, die USA und die Nato unter Druck setzen, auch diese zusätzlichen Ziele glaubhaft ins Visier nehmen (holding at risk) und im Kriegsfall ausschalten zu können. Dafür könnte ein Ausbau nuklearer Fähigkeiten nötig sein. Politisch würde ein expandierendes russisches Arsenal das US-Schutz­versprechen in der Nato aushöhlen. Dessen Verlässlichkeit wurde im Ost-West-Konflikt auch daran gemessen, ob die Allianz bei Kriegsausbruch in der Lage gewesen wäre, das Gros des russischen Arsenals rasch zu zerstören. Symbolisch könnte ein zugunsten von Russland verschobenes atomares Kräfteverhältnis den Widerstandswillen der europäischen Gesellschaften schwächen.

Mit dem Ruf nach mehr »verhaltensbasierter Rüs­tungskontrolle« im Sinne qualitativ stärkerer Normen wird ein separates Problem angesprochen, nämlich Moskaus nukleares Säbelrasseln. Diese Stärkung von Normen wäre gut, aber lediglich als Ergän­zung. Sie kann nicht die Probleme lösen, die beim Wegfall nuklearer Rüstungsbegrenzung drohen.

Im Hauptteil der Studie werden (1) drei Idealtypen nuklearer Rüstungskontrollpolitik vorgestellt, werden (2) die deutsche und die amerikanische Politik inner­halb dieser Typologie verortet und wird (3) konkret benannt, aus welchen Strategien und Vorschlägen eine strikt an diesen Idealtypen ausgerichtete deut­sche Rüstungskontrollpolitik jeweils bestünde.

Als Idealtypen werden abrüstungsorientierte, stabilitätsorientierte und wettbewerbsorientierte Rüstungs­kontrolle unterschieden. Alle drei Typen zielen darauf ab, Krieg zwischen nuklearen Großmächten zu verhüten, aber auf unterschiedliche Weise: indem militärisches und pronukleares Denken geächtet wird (Abrüstung), indem destabilisierende Waffen limitiert werden (Stabilität) oder indem Rüstungskontrolldeals das Wett­rüsten so kanalisieren, dass es zum eigenen Vorteil ausfällt (Wett­bewerb).

Deutschlands nukleare Rüstungskontrollpolitik vereint bisher abrüstungs- und stabilitätsorientierte Elemente. Unterdessen ist die US-Politik heute kom­petitiv – und wird es auch bleiben. In dieser Lage steht eine Neuaufstellung der deutschen Rüstungskontrollpolitik vor Herausforderungen. Weil Deutsch­land nicht sein ökonomisches Gewicht dafür ein­­setzen will, kann es auf die Begrenzung des russischen Arsenals nur mittelbar einwirken, nämlich über die USA. Diese Einflussnahme wird durch die kompeti­tive Linie der US-Politik ebenso begrenzt wie durch die Tatsache, dass heutige Bundesregierungen über weniger sicherheitspolitische Verhandlungsmacht in Washington als zu Zeiten des Ost-West-Konflikts ver­fügen, um ihren Präferenzen Gehör zu verschaffen.

Wegen dieser Hürden und der Rückkehr des Angriffskriegs als zentraler Bedrohung ist es für die Bundesregierung ratsam, in ihrer nuklearen Rüstungskontrollpolitik einen wettbewerbsorientierten Kurs einzuschlagen, ergänzt um stabilitätsorientierte Elemente. So würde Berlin spürbar zur Rüstungs­kontrollpolitik der USA beitragen. Zu diesem Zweck sollte Deutschland

  • an den Plänen festhalten, landgestützte Mittel­streckenwaffen (auch Hyperschallraketen) zu stationieren, mit denen sich zeitkritische Hochwertziele im russischen Kernland glaubhaft ins Visier nehmen lassen;

  • sich in der Nato dafür einsetzen, diesen Stationierungsplan mit einem Rüstungskontrollvorschlag zu verknüpfen, der auf beiden Seiten die völlige Beseitigung bodengestützter Mittelstreckenwaffen in Europa oder ihre Deckelung auf niedrigem Niveau vorsieht;

  • den Ausbau der Luftverteidigung und Raketen­abwehr in Europa energisch vorantreiben sowie

  • den Aufbau europäischer Weltraumfähigkeiten zur Informationsbeschaffung und Aufklärung fortsetzen, die das Potential der Luftverteidigung erhöhen.

Um dabei die Stabilitätsrisiken einzuhegen, die mit kompetitiven Verteidigungsmaßnahmen immer einhergehen, sollte die Bundesregierung gleichzeitig

  • für die intensive Nutzung der vertraulichen Kanäle zur Krisenkommunikation zwischen den USA und Russland eintreten.

Deutschlands Wunsch nach mehr nuklearer Rüstungskontrolle

Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts galt eine koope­rativ angelegte und in Richtung Abrüstung voranschreitende nukleare Rüstungskontrolle mit Russland allen Bundesregierungen als selbstverständlicher und integraler Bestandteil der friedlichen europäischen Ordnung.1 Dass diese Rüstungskontrollverträge ero­dieren könnten, schien in Berlin lange kaum vorstell­bar. Seit der Zerfall offenkundig geworden ist, berei­tet nun die Vorstellung Schwierigkeiten, wie nukleare Rüstungskontrolle mit einem feindlich gesinnten Russland zu erreichen sei. Die deutsche Politik hat hierfür keinen Plan.

Die Erosion der vertragsbasierten nuklearen Rüstungskontrolle ist seit über einem Jahrzehnt erkenn­bar, und sie betrifft vor allem zwei Abkommen. Der INF-Vertrag (Intermediate-Range Nuclear Forces Treaty) ist 2019 endgültig gescheitert. Seit seinem Inkrafttreten 1988 hatte er den USA und Russland den Besitz, die Herstellung und das Testen land­gestützter Mittelstreckenwaffen (das heißt mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 km) verboten. Nachdem Moskau diese Bestimmung über viele Jahre gebrochen und ein Einlenken verweigert hatte, zog sich die Trump-Administration 2019 aus dem Vertrag zurück.

Formal noch gültig, aber im Zerfall begriffen ist das Abkommen New START (Strategic Arms Reduction Treaty) über die Reduzierung der strategischen Nuklearwaffen Russlands und der USA. Der Vertrag trat 2011 in Kraft, und er wäre 2021 fast ausgelaufen. US-Präsident Trump knüpfte damals seine Billigung einer (einmalig möglichen) Verlängerung um fünf Jahre an Zusatzkriterien. Erst sein Nachfolger Joe Biden erteilte im letzten Moment die bedingungslose Zu­stimmung zur Verlängerung. Rechtskräftig erlischt der Vertrag am 6. Februar 2026. Jedoch hat Präsident Putin im Februar 2023 die Suspendierung aller russi­schen Vertragspflichten verkündet. Seither macht Moskau seine Bereitschaft zur Kooperation von einer Änderung der amerikanischen Ukrainepolitik ab­hängig.

Kontext: Europas Ordnung und Kernwaffen

Oft leidet der deutsche Blick auf atomare Rüstungskontrolle unter einer verengten Perspektive. Wenig beleuchtet werden drei politische Parameter, die den Rahmen abstecken.

Erstens bildet der Konflikt über die politisch-terri­toriale Ordnung Europas die Arena, in der nukleare Rüstungskontrolle mit Russland nötig ist und zu­gleich praktiziert wird. Unter Putin strebt Russland eine Revision der europäischen Ordnung an. Es will eine exklusive Einflusssphäre in seiner Nachbarschaft und den Rückzug amerikanischer Macht aus Europa.2 Dafür setzt Moskau auch Gewalt ein. Die europäischen Staaten außer Belarus und die USA lehnen Putins Ordnungsvorstellung ab. Das Gros der Europä­er wünscht die Rolle Amerikas als Ordnungsmacht auf dem Kontinent, ihre Stabilisierungsfunktion und den Schutz vor äußerer Gewaltanwendung.

Zweitens hat dieser Ordnungskonflikt eine nukleare Dimension, die auf allen Seiten eng mit den außen­politischen Gesamtentwürfen (Grand Strategies) verwoben ist. Moskau baut sein Atomarsenal aus und droht damit, um in seinen Nachbarstaaten westlichen Einfluss zu begrenzen und die Nato zu spalten.3 Bei vielen Europäern erhöht Putins Revisionismus die Nachfrage nach nuklearem Schutz der USA im Rah­men der Nato. Zugleich wächst der Wunsch gerade der Bevölkerung, durch Abrüstung und Verständigung dem »langen Schatten der Bombe« zu ent­fliehen.4 Indes basiert für die USA die Rolle als Welt­macht auf ihrem globalen Netz von Allianzen – wobei Amerikas Einfluss wesentlich auch darauf gründet, dass die Partner selbst keine Kernwaffen erwerben, sondern sich auf die nukleare US-Schutz­zusage verlassen.5

Drittens treiben die Probleme erweiterter Abschreckung auf amerikanischer Seite die Suche nach mili­tärischen Vorteilen an, auch im Nuklearbereich. Es ist nicht selbstverständlich, dass die USA als extraregionale Macht im Ernstfall bereit wären, für Europa einen Atomkrieg zu führen, wenn sie damit nukleare Vergeltung gegen das US-Territorium riskieren. Russ­land als europäische Macht hätte in jeder Ausein­andersetzung über die Zukunft des Kontinents mehr zu verlieren. Dieser russische Vorteil bei der Entschlossenheit (also eine schiefe balance of resolve) nährt Zweifel an Amerikas Schutzversprechen.6 Um die Zusagen glaubwürdiger zu machen, setzen die USA auf über­legene militärische, auch atomare Fähig­keiten und auf Doktrinen, die Entschlossenheit demon­strieren sollen. Dazu zählt etwa die Bereitschaft zum nuklea­ren Ersteinsatz. Zu den Doktrinen gehören auch sogenannte schadenbegrenzende Counterforce-Ziel­planungen: optionale Pläne, nach Kriegsausbruch vor allem die nuklearen gegnerischen Streitkräfte frühzeitig und umfassend anzugreifen, um zu verhindern, dass sie gegen die Nato eingesetzt werden und so massiven Schaden anrichten können.7

Aus diesen drei Parametern leiten sich die elementaren Herangehensweisen und Interessen amerikanischer und deutscher Regierungen bei der nuklearen Rüstungskontrolle ab. Die Bereitschaft der USA zum rüstungskontrollpolitischen Kompromiss mit Russ­land zugunsten von mehr nuklearer Stabilität stößt dort an ihre Grenzen, wo die Verlässlichkeit der US-Schutzzusagen und damit die Kohäsion der Nato in Gefahr zu geraten scheint. Deutschland hat auch ein vitales Interesse an einer starken geeinten Allianz, die Russlands Revisionismus in Schach hält. Im Gegensatz zu Amerika wäre Mitteleuropa aber das Schlachtfeld selbst in einem begrenzten Krieg zwischen der Nato und Russland.8 Daher spielen in Berlin der Wunsch nach atomarer Stabilität und die innen­politische Notwendigkeit, Rücksicht auf die Sehnsucht nach Abrüstung zu nehmen, naturgemäß eine größere Rolle als im fernen Washington. In diesem Spannungsfeld tendiert die deutsche Politik zu einem »Sowohl als auch«, mit dem sie nukleare Abschreckung, Stabilität und Abrüstung kombinieren will.9

Die hohen Ambitionen der Ampelkoalition

Nach dem Zerfall des INF-Vertrags 2019 und dem Beinahe-Auslaufen von New START 2021 einigten sich nach der Bundestagswahl die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP im Dezember 2021 in ihrem Koalitionsvertrag auf Pläne für die nukleare Rüstungs­kontrolle, die bereits vor Beginn des Krieges in der Ukraine als enorm ehrgeizig galten.10 Russlands Angriff entzog jedoch diesen Ambitionen bald die Basis und setzte eine Suche nach Orientierung in Gang.

Während Trumps Präsidentschaft hatten, teils hinter vorgehaltener Hand, viele in Berlin – im Bundestag, in der Bundesregierung und in Think-Tanks – die amerikanische Politik als größtes Problem für die Rüstungskontrolle gesehen, nicht Putins Ver­tragsbruch oder Chinas Aufrüstung.11 Vor der Folie dieser impliziten Schuldzuweisung nährten Bidens Amtsantritt, der Trump als Faktor beseitigte, und Bidens erste rüstungskontrollpolitische Schritte hier­zulande den Eindruck, nun werde man zur »guten alten Zeit« zurückkehren.12 Der neue Präsident ver­längerte rasch New START, seine Vorläufige Sicherheitsstrategie versprach ein Comeback von Amerikas Führungsrolle in der Rüstungskontrolle samt neuen Verträgen, und Bidens Treffen mit Putin in Genf im Juni 2021 etablierte einen Dialog über Strategische Stabilität, der auch die Nachfolge für New START thematisieren sollte.13

Nachhaltig beflügelt von diesen Ereignissen, for­mulierten SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag eine umfangreiche Agenda und ambi­tionierte Ziele für ihre nukleare Rüstungskontrollpolitik. Sie kündigten eine »abrüstungspolitische Offensive« an und beanspruchten für Deutschland »eine führende Rolle« als Impulsgeber in der Rüstungskontrolldiplomatie.14 Die Bundesregierung sollte sich für ein Nach­folgeabkommen von New START einsetzen, welches auch neue strategische Waffensysteme und Raketen kurzer und mittlerer Reichweite einbezieht. Mehr noch: Deutschland sollte Verhandlungen zwischen Russland und den USA über die vollständige Ab­rüs­tung dieser substrategischen Atomwaffen unterstützen. Ferner erklärten die Koalitionäre, China mehr in nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle einbinden zu wollen, und avisierten eine Initiative zur Kontrolle von Hyperschallwaffen. Zudem vereinbarten sie die Fortsetzung der von Deutschland mit geführten Bemühungen zur nuklearen Risikoredu­zierung im Rahmen der seit 2019 laufenden »Stockholm-Initiative«.

Mit welchen Maßnahmen man die Ziele erreichen wolle, ließ das Regierungsbündnis offen. Die Parteien hatten seit Langem in ihren Reihen darüber diskutiert, ob Deutschland aus der nuklearen Teilhabe der Nato ausscheiden solle. Die Befürworter eines solchen Vorgehens wollten damit andere Staaten zu mehr Ab­rüstung und Rüstungskontrolle motivieren. Im Koali­tionsvertrag jedoch wurde bestimmt, an Deutschlands nuklearer Teilhabe festzuhalten.

Putins Befehl zur Invasion der Ukraine verschlechterte wenig später auch in den Augen der neuen Bun­desregierung fundamental den Kontext für Rüstungskontrolle mit Russland. In ihrem Jahresabrüstungs­bericht, der in den ersten Kriegswochen fertiggestellt wurde, wertete die Bundesregierung den Krieg als »Zäsur […] mit gravierenden Folgen auch für den Bereich der Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nicht­verbreitung«. Beim Blick nach vorne erkannte sie so kurz nach dem Koalitionsvertrag mit hoher Klarheit die Notwendigkeit für »eine grundlegende Neu­ausrichtung unserer Rüstungskontrollpolitik« und forderte in Vorbereitung auf diese Neukonzeption eine nationale Debatte zur Zukunft der Rüstungs­kontrolle.15

Zurzeit versucht die Bundesregierung den Kurs ihrer Rüstungskontrollpolitik zu bestimmen.

Zurzeit befindet sich die Bundesregierung in der Phase »der Reflexion«16, also des Nachdenkens über den Kurs ihrer Rüstungskontrollpolitik. Zwei Anpas­sungen haben bisher stattgefunden.17 Erstens sieht die Regierung im Lichte des Krieges in der Ukraine Rüstungskontrolle stärker als Mittel ihrer Sicherheitspolitik. Bei ihrem Festhalten am INF-Vertrag sogar nach Russlands Verstößen erschien Rüstungskontrolle noch als Selbstzweck. Zweitens erkennt Berlin einen erhöhten Bedarf für Risikoreduzierung, da gegenüber Russland das Risiko für eine nukleare Eskalation steige und sich das Vertrauen auf einem Tiefstand befinde. Jenseits dieser Akzentverschiebung sind aber die Überlegungen der Regierung über die inhaltliche Richtung ihrer Rüstungskontrollpolitik auch nach eigener Einschätzung noch nicht abgeschlossen. Das gilt besonders für die Frage einer Stra­tegie zur Begrenzung von Moskaus Atomarsenal. Die Nationale Sicherheitsstrategie von 2023 lieferte zu diesem Punkt ebenfalls keine Klärung.18

Die Fachdebatte zu Deutschlands Politik

Die deutsche Fachdebatte zur nuklearen Rüstungskontrolle nach Russlands Angriff auf die Ukraine ist polarisiert; viele Beiträge verteilen sich auf zwei Lager. Mittelpositionen gibt es zwar, aber nur in Ansätzen.

Auf der einen Seite argumentieren Experten, jeg­liche Rüstungskontrolle mit Russland sei zwecklos, solange Putin im Amt verbleibt. Sie sind aber weder Russlandgegner noch Rüstungskontrollskeptiker. Im Gegenteil: Friedensforscher Harald Müller und Angela Merkels langjähriger Sicherheitsberater Christoph Heusgen finden sich in dieser Gruppe, wenngleich mit unterschiedlicher Erklärung. Für Müller ist Rüs­tungskontrolle »nur möglich mit einem Gegenüber, der keine aggressiven Absichten hegt, so dass es darum geht, das wechselseitige Misstrauen abzuarbeiten«. Putin sei kein solcher »im Kern gutwillige[r] Partner«.19 Laut Heusgen disqualifizieren die Wort- und Vertragsbrüche sowie die von Putin zu verantwortenden Kriegsverbrechen sein Regime für »jeg­liche Zusammenarbeit« mit dem Westen.20 Der Irrglaube der Gruppe: Rüstungskontrolle sei stets kooperativ.

Dieser Fraktion gegenüber steht eine größere Zahl von Fachleuten, die keinen Bedarf für eine Neu­konzeption der deutschen Rüstungskontrollpolitik sehen. Sie fordern höchstens ein »Doubling Down«. So argumentieren einige Forschende, die Bundes­regierung müsse die Rüstungskontrolle bloß politisch aufwerten und mehr Initiativen lancieren, um Fort­schritte zu erzielen.21 Verträge mit Russland über Rüstungsbegrenzung seien in einigen Jahren wieder möglich, denn Moskau (wie auch Peking) habe ein Interesse an Inspektionsdaten über US-Kernwaffen und daran, dass Amerikas Nukleararsenal vertrag­liche Grenzen gesetzt seien.22 Sollte ihr aufgeklärtes Eigeninteresse Moskau und Peking noch nicht zum Einlenken bewegen, könne Berlin Hilfe bei der Veri­fikation sowie sein Wissen über Entspannungs­prozesse anbieten oder in der Nato auf Zurückhaltung bei Hyperschallwaffen und Raketenabwehr drängen.23 Auch könne der Kriegsverlauf in der Ukraine, so wird vermutet, Kernwaffen entzaubern, was Rüstungskontrolle erleichtern würde.24 Über­zeugen können diese Logiken nicht: Die Hürden dafür, dass sie greifen, sind heute unrealistisch hoch.

Eine dritte Gruppe steht zwischen diesen Lagern. Für jene Fachleute hat nukleare Rüstungskontrolle mit Russland selbst mit Putin im Kreml eine Zukunft. Die künftige deutsche Rüstungskontrollpolitik müsse aber einen Wandel vollziehen; sie brauche ein neues »Mindset«.25 Diese Prämisse deckt den Wunsch der Bundesregierung nach einer Neukonzeption ihrer Politik ab. Aber auf die Frage, wie Deutschlands neue Rüstungskontrollpolitik aussehen soll, geben die Vertreter der dritten Gruppe meist keine konkrete Antwort. Es gibt bloß Appelle in Richtung Berlin, mehr Multilateralismus in der Rüstungskontrolle zu wagen. So meint ein Team von Forschenden, Deutschland solle China und Indien einbinden, um Verhaltensnormen im Bereich nukleare Rüstungs­kontrolle zu stärken und die Krisenkommunikation auszubauen.26 In ähnlichen Beiträgen wird die Bun­desregierung vage aufgefordert, die G20 zu einem Forum für nukleare Rüstungskontrolle zu machen und mit den Europäern Initiativen zu starten.27 Wolfgang Ischinger, bis 2022 Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, unterbreitet zwar konkrete Vorschläge, wie die Nato an Verhandlungsmacht gegenüber Russland zulegen könnte. Er geht dabei aber nicht über die Frage russischer Kernwaffen in Belarus hinaus.28

Die polarisierte deutsche Fachdebatte über Rüstungskontrolle bietet kaum konkrete Ansatzpunkte für die Politik.

Kaum etwas aus dieser Fachdebatte kann die deutsche Politik direkt umsetzen. Erstens wird zu selten plausibel dargelegt, wie Moskau und Peking dazu gebracht werden können, von ihrem Nuklearkurs abzuweichen. Welche Einflusslogik läge dieser deutschen Politik zugrunde? Zweitens fehlt eine Analyse, wohin sich Amerikas Rüstungskontroll­politik bewegt. Denn einzig die USA verhandeln direkt mit Russland und China über Atomwaffen. Drittens wird meist nicht ausbuchstabiert, was Berlin konkret tun könnte, um – aufbauend auf einer Analyse der US-Politik und deutscher Verhandlungsmacht – zum Fortschritt bei der nuklearen Rüstungskontrolle beizutragen. In den folgenden drei Kapiteln werden die genannten Defizite behoben.

Unterschiedliche Logiken nuklearer Rüstungskontroll­politik

Die Frage der Einflusslogik einer Rüstungskontroll­politik, also wie ein Gegner zu Konzessionen bewegt werden soll, ist eng verknüpft mit der Wirkungslogik bzw. dem Zweck von Rüstungskontrolle.29 In der wissenschaftlichen und der politischen Debatte be­steht Konsens, dass die Vermeidung eines Atom­krieges das übergeordnete Ziel nuklearer Rüstungskontrollpolitik ist. Zur Frage, welcher Wirkungslogik die Rüstungskontrolle folgt, also auf welche Weise sie zur Kriegsverhütung beiträgt, existieren indes unterschiedliche Ansichten. Da das übergeordnete Ziel »Kriegsverhütung« geteilt wird, spiegeln die Diffe­renzen zur Wirkungslogik von Rüstungskontrolle verschiedene Annahmen darüber wider, worin die zentrale Ursache von Kriegen besteht und wie ihr am effektivsten begegnet werden kann.

In diesem Zusammenhang unterscheidet die Forschungsliteratur (in Anlehnung an John Maurer) drei Idealtypen: abrüstungsorientierte, stabilitäts­orientierte und kompetitive Rüstungskontrolle.30 Die Tabelle (S. 14) zeigt die wichtigsten Merkmale.

Abrüstungsorientierte Rüstungskontrolle

Im abrüstungsorientierten Verständnis von Rüstungs­kontrolle liegt die Kernursache von Kriegen in der Macht innerstaatlicher Interessengruppen, die vom Krieg profitieren, und in Ideen und Kulturen, die aggressives militärisches Handeln glorifizieren. Mög­liche militärisch-industrielle Komplexe stehen dabei ebenso im Fokus wie rassistisches und kolo­nialistisches Denken, Chauvinismus oder Konzepte wie natio­nale Ehre, die alle Gewaltanwendung legitimieren.

Wenn mächtige militaristische Interessengruppen und Denkmuster Kriege verursachen, dann besteht der Zweck von Rüstungskontrollpolitik in der Abrüs­tung: Rüstungskontrolle trägt zur Kriegsverhinderung bei, indem sie bewirkt, dass die Zahl der Waffen redu­ziert wird sowie jene Akteure und Kulturen entmachtet werden, die Gewalt und Waffen hervorbringen.

Diese Rüstungskontrollschule nimmt an, dass ein­seitige Konzessionen – gerade des stärkeren Staats – in Form von Abrüstungsschritten positiv auf geg­ne­rische Staaten wirken. Durch beispielhaftes Voran­gehen (leading by example) würden Kriege vermieden, weil Vertrauen entsteht. Zudem würden Abrüstungsschritte von Gegnern begünstigt, denn ohne äußere Gefahr würden auch dort die promilitärischen Grup­pen an Macht einbüßen.

Laut dieser Einflusslogik werden Rüstungskontroll­erfolge auf kooperativem Wege erzielt: Gegner können auf die Vorleistung reagieren. Materieller Druck wird nicht ausgeübt.

Stabilitätsorientierte Rüstungskontrolle

Gemäß dem Idealtyp der stabilitätsorientierten Rüs­tungskontrolle sind destabilisierende Waffen und Technologien der wichtigste Grund für Kriege. Eine kriegsfördernde Wirkung geht von Waffensystemen und Technologien aus, wenn sie Anreize für offensives Konfliktverhalten und besonders für militärische Präemptivschläge, sogenannte First Strike Incentives, setzen.

Zu destabilisierenden Waffen werden seit jeher landgestützte Interkontinentalraketen gezählt, die mit mehreren Atomsprengköpfen bestückt sind, von denen jeder ein eigenes Ziel ansteuern kann (Multiple Independently Targetable Reentry Vehicles, MIRVs). Für die Anhänger der stabilitätsorientierten Schule gelten auch Raketenabwehrsysteme als destabili­sie­rend. Derselben Kategorie werden Hyperschallraketen, alle Raketen mit hoher Treffgenauigkeit, Antisatellitenwaffen und offensive Cyberwaffen zugeordnet.

Wenn destabilisierende Technologien und Waffen die zentrale Kriegsursache sind, dann besteht der Zweck von Rüstungskontrolle in der Stabilisierung der Rüstungsdynamik: Rüstungskontrolle trägt zur Kriegsvermeidung bei, indem sie bewirkt, dass die besonders destabilisierenden Waffen verboten oder stark reduziert werden, während reine Defensiv­waffen und solche, die die gegenseitige Abschreckung festigen, erlaubt bleiben. Auf diese Weise reduziert Rüstungskontrolle in Krisen den Druck, frühzeitig mit Kernwaffen zu eskalieren.

Tabelle

Idealtypen nuklearer Rüstungskontrollpolitik

Stabilitätsorientierte Rüstungskontrolle beruht auf der Annahme, dass Gegner zu Konzessionen motiviert werden können, indem ihnen faire Tauschgeschäfte angeboten werden: Wenn alle Beteiligten auf trans­parente Weise dieselben destabilisierenden Waffen beschränken, entspricht die Einigung ihrem (angeblich geteilten) Interesse an Stabilität. Das Gleiche gilt für asymmetrische Deals, bei denen die Kontrahenten unterschiedliche Waffen regulieren, die der Gegner jeweils als besonders destabilisierend erachtet.

Auch laut dieser Einflusslogik, die auf Fairness, Gegenseitigkeit und Ausgleich abhebt, werden Rüs­tungskontrollerfolge kooperativ und ohne Zwang erzielt.

Wettbewerbsorientierte Rüstungskontrolle

Beim Typus der kompetitiven Rüstungskontrolle gelten aggressiv-revisionistische Staaten als zentrale Kriegsursache. Deren Neigung zu Gewalt und Expan­sion kann ihrem Einflusszuwachs als aufstrebende Macht und dem Denken in Einflusszonen ebenso entspringen wie der Ideologie eines »Schurkenstaats«.

Wenn die aggressiv-revisionistische Natur bestimmter Staaten Kriege verursacht, dann trägt Rüstungskontrolle zur Kriegsverhütung bei, indem sie in den geopolitischen Wettbewerb integriert wird und dabei das militärische Kräfteverhältnis zugunsten von Status-quo-Staaten und zulasten aggressiver Revisionisten verschiebt. Denn ein militärisch überlegener Akteur, der die bestehende Ordnung verteidigt, kann Aggressoren vielleicht davon abschrecken, ihre revi­sionistischen Ambitionen in die Tat umzusetzen.

Rüstungskontrollvereinbarungen können auf drei Wegen militärische Vorteile für Status-quo-Staaten generieren. Erstens kann man durch ein Abkommen das Tempo des Rüstungswettbewerbs ändern, indem die beiderseitigen Bestände einer Waffe eingefroren werden, bis sich die Situation des Status-quo-Staats für eine Weiterentwicklung oder seine Produktionskapazität für das Waffensystem verbessert hat.

Zweitens lässt sich mit einer Rüstungskontroll­vereinbarung der Austragungsort des militärischen Wettbewerbs zugunsten des Status-quo-Akteurs fest­legen: Wenn ein Staat überlegene See- und Luft­streitkräfte hat, erzeugt ein Vertrag, der einzig die neuesten landgestützten Waffensysteme verbietet oder reduziert, einen Vorteil für den zur See und in der Luft dominanten Staat.

Drittens ist es mit Rüstungskontrolle auch möglich, die Dimension des Wettrüstens zu ändern. Wenn ein Vertrag Obergrenzen für bestimmte Waffen vor­sieht, beendet er für die Laufzeit zwar das quantita­tive Wettrüsten. Die Deckelung begünstigt aber ein qualitatives Wettrüsten, bei dem der militärische Vor­teil nicht aus der größeren Zahl von Waffen resultiert, sondern (bei gleich großen Arsenalen) aus ihrer höheren Reichweite, Geschwindigkeit oder Treff­genauigkeit: Wird nur die Quantität der Waffen be­grenzt, die Qualität jedoch nicht, hat der techno­logisch überlegene Staat einen Wettbewerbsvorteil. Diese Varianten ihrer Wirkungslogik zeigen, dass es bei kompetitiver Rüstungskontrolle nicht darum geht, das Wettrüsten zu überwinden oder zu stabi­lisieren, sondern die Rüstungsdynamik so zu kanali­sieren, dass der eigene Vorteil maximiert wird.

Bei der kompetitiven Denkschule ist auch die Frage der Einflusslogik interessant. Denn wieso sollte ein Aggressor einem Rüstungskontrolldeal zustimmen, der die militärische Balance zu seinem Nachteil ver­schiebt? Neben Statusgründen, bei denen jede Eini­gung »auf Augenhöhe« mit einem mächtigeren Land attraktiv wäre, sind innenpolitische Motive denkbar. So könnte ein schwacher Regierungschef versuchen, seine Popularität durch den Abschluss von – in der Bevölkerung oft beliebten – Rüstungskontrolldeals zu steigern, selbst wenn diese im Detail unausgewogen sind. Auch könnte ein Regime ein nachteiliges Abkommen zu einem Waffensystem in der Annahme absegnen, diesen Malus durch künftige Vorteile bei anderen Waffen wettzumachen, die im aktuellen Deal unreguliert bleiben. Vor allem aber kann die Aussicht, dass die Status-quo-Macht bald stark und womöglich uneinholbar aufrüstet, bei Aggressoren die Neigung zu Konzessionen erhöhen, um heutige militärische Vorteile nicht später einzubüßen oder gar ins Hintertreffen zu geraten.

Bei dieser Einflusslogik resultieren kompetitive Rüstungskontrollerfolge nicht aus Kooperation, sondern daraus, dass der Gegner militärisch oder auch innenpolitisch unter Druck gesetzt wird – während ihm gleichzeitig Angebote zur Rüstungs­begrenzung als Ausweg aus dieser sich für ihn ver­schlechternden Situation gemacht werden: Der Aggressor wählt Rüstungskontrolle dann als kleineres Übel. Mehr Druck auf den Aggressor ist aber noch keine Rüstungskontrolle. So soll nur die Motivation zum Einlenken gesteigert werden – auf Rüstungskontrolldeals, die dann kompetitiv wirken, wenn sie Vorteile für den Status-quo-Akteur ermöglichen. Mit dem Druck wachsen aber auch die Risiken für die Stabilität, zumal wenn die Angebote zum Einlenken ausgeschlagen werden. Status-quo-Mächte wägen an diesem Punkt ab, ob ihre Interessen durch kooperative Lösungen mit dem Aggressor mehr leiden würden.

Logiken deutscher Rüstungskontrollpolitik

In der Praxis ist Rüstungskontrolle fast immer ein Mix der Idealtypen. Deutschlands nukleare Rüstungskontrollpolitik kombiniert die Wirkungslogiken der abrüstungs- und der stabilitätsorientierten Spielart. Konsequent »ausgelebt« hat Berlin sein Abrüstungsdenken aber meist nicht, in erster Linie aus Gründen allianzinterner Rücksichtnahme.31 Keine Heimat im deutschen Regierungshandeln hat bisher das kompe­titive Verständnis von Rüstungskontrolle als Instru­ment im geopolitischen Ringen um einseitige Vorteile – wenn nötig auf Kosten von Stabilität und Abrüstung.32 Die rein kooperative Linie der deutschen Poli­tik ist aber keine Neuerung der Ampelkoalition, sondern wurde seit den späten 1990er Jahren von allen Vorgängerregierungen so betrieben.33

Viele setzen wie selbstverständlich voraus, mit Rüstungskontrollpolitik solle eine kernwaffenfreie Welt erreicht werden.

Das dominante Verständnis nuklearer Rüstungskontrolle in der Berliner Republik ist die abrüstungsorientierte Lesart. Auch in Zeiten wachsender inter­nationaler Spannungen und schlechter Aussichten für atomare Abrüstung setzen viele wie selbstverständlich voraus, dass das Ziel ihrer Rüstungskontrollpolitik laute, eine kernwaffenfreie Welt zu erreichen.34 Diese Prämisse schlägt sich auch darin nieder, dass die Begriffe »Abrüstung« und »Rüstungskontrolle« von Politikerinnen und Politikern regelmäßig synonym verwendet werden35 – und das nicht nur taktisch. Initiativen, die weitere Abrüstung an Kriterien wie etwa eine verbesserte Sicherheitslage knüpfen wollen, sah die deutsche Rüstungskontrolldiplomatie mit­unter skeptisch.36 Dass eine Reduzierung der Arsenale sich unter manchen Bedingungen als nachteilig herausstellen könnte, wird teils gar nicht in Betracht gezogen: Abrüstung wird kontextunabhängig als vorteilhaft bewertet.37

Zu dieser Lesart passt, dass Teile der politischen Elite eine spürbare Distanz zu Waffen und allem Militärischen aufweisen und dass Begriffe wie »Rüs­tung« und »Atommacht« klar negativ konnotiert sind.38 Nukleare Abrüstung dagegen gilt ihnen nicht bloß als Minderung der Gefahren durch »Massen­vernichtungswaffen«, sondern als zivilisatorischer Fortschritt, nämlich als Überwindung abwegiger Abschreckungsideen aus der Ära des Kalten Krieges.39

Sichtbar war der Einfluss dieser Denkschule in Berlins Reaktion, als Russlands Verstöße den INF-Vertrag 2019 zu Fall brachten. Die Kanzlerin forderte Zurückhaltung statt Nachrüstung: Aufrüsten sei keine Lösung, eher ein Rückschritt.40 Der Indikator für Fortschritt und eine Lösung war die (sinkende) Zahl der Waffen; ein Rückfall in die Logiken der Nach­rüstung und Abschreckung galt als Scheitern.

Auch die stabilitätsorientierte Spielart prägt die deutsche Rüstungskontrollpolitik. Die Idee, der Friede zwischen den Großmächten werde durch destabili­sierende Waffen gefährdet, die es mittels Rüstungskontrolle einzuhegen gelte, findet ihren Ausdruck nicht nur in der in Berlin weit geteilten langjährigen Skepsis gegenüber der Nationalen US-Raketen­abwehr.41 Auch die heutige Konferenzserie »Captur­ing Technology, Rethinking Arms Control« des Aus­wärtigen Amts zielt darauf ab, kooperative Rüstungskontrolllösungen für neue disruptive Waffentechno­logien anzustoßen, bevor ihre Fortentwicklung und Verbreitung außer Kontrolle geraten und die globale Sicherheit untergraben.42 Mit seiner »Missile Dialogue Initiative« verfolgt das Außenministerium das gleiche Ziel für moderne Raketentechnologien.43

Ferner zeigt die deutsche Rüstungskontrollpolitik ihre stabilitätsorientierte Seite dann, wenn sie betont, dass Transparenz mit Blick auf die Arsenale und damit verknüpfte Pläne essentiell und im Interesse aller sei: »Ohne Transparenz gibt es keine Stabilität.«44 Missverständnisse durch Informationsdefizite und unkontrollierte Entwicklungen bei Technologien erschei­nen als Kriegsursachen, die sich aber mit Rüstungskontrolle samt Verifikation beherrschen lassen. Unvereinbare Interessen und aggressive Absichten einzelner Staaten stehen indes nicht im Mittelpunkt deutscher Rüstungskontrollpolitik. Dieser technisch-institutionelle Zugang hat der Berliner Republik den Vorwurf eingebracht, rüstungs­kontrollpolitisch »im strategischen Niemandsland« zu agieren.45 Wie diese Kritik an Berlin einzuordnen ist, zeigt ein Blick in die USA.

Der Bezugspunkt: Die nukleare Rüstungskontrollpolitik der USA

Die Ziele der deutschen nuklearen Rüstungskontrollpolitik kann die Bundesregierung kaum im Alleingang verfolgen. Über die Zahl der Sprengköpfe und die Nutzung von Waffen- und Trägertechnologien für die Atomarsenale entscheiden die Kernwaffenstaaten. Zwischen ihnen finden die eigentlichen Verhandlungen über Rüstungskontrolle statt: bislang zwischen den USA und Russland; künftig womöglich auch zwischen den USA und China oder gar trilateral zwi­schen den drei Mächten. Kein Nichtnuklearwaffenstaat nimmt an diesen Rüstungskontrollverhandlungen teil.

Deutschland ist jedoch über die Nato in die politische Willensbildung der amerikanischen nuklearen Sicherheitspolitik eingebunden. US-Regierungen kon­sultieren die Bündnispartner zu ihrer Abschreckungs- und Rüstungskontrollpolitik – bisher vor allem mit Bezug auf Russland, zuletzt in wachsendem Maße auch auf China.46

Konsultationen zur nuklearen Abschreckung und Planung werden in der Nuklearen Planungsgruppe (NPG) der Nato abgehalten, in der alle Partner außer Frankreich vertreten sind. Zudem tauschen sich die Alliierten in der High Level Group aus, dem höchsten Beratungsforum für die NPG. Für nukleare Rüstungskontrolle existiert kein vergleichbar hohes ständiges Gremium der Nato. Da das Thema höchst sensibel ist, werden die »großen Linien« in den politischen Gre­mien besprochen.47 Für die Detaildebatte zu konkreten atomaren Rüstungskontrollverhandlungen mit Moskau wurden teils anlassbezogene Foren geschaffen: Historisch wichtig wurde die Special Consultative Group on Arms Control, in der ab 1979 über Kurz- und Mittelstreckenwaffen verhandelt wurde. Das Special Advisory and Consultative Arms Control, Dis­armament and Nonproliferation Committee (ADNC) wurde 2013 eingerichtet, um Gespräche mit Russland zu taktischen Kernwaffen vorzubereiten.48 Es besteht jenseits dieser Aufgabe fort und dient bis heute dem Austausch zur nuklearen Rüstungskontrolle. Neben diesen offiziellen Runden bespricht Deutschland nukleare Fragen mit den drei Nato-Kernwaffenstaaten USA, Großbritannien und Frankreich im vierseitigen Rahmen der »Quad« sowie jeweils bilateral.

Berlin möchte die Rüstungskontrollpolitik der USA im Sinne deutscher Interessen beeinflussen.

Ob im multilateralen Rahmen der Nato-Gremien, im informellen Format der Quad oder bilateral: Der Adressat deutscher atomarer Rüstungskontrollpolitik sind in erster Linie die USA. Berlin versucht, die US-Rüstungskontrollpolitik im Sinne deutscher Interessen zu beeinflussen. Die Ambition, direkten Einfluss auf Russlands oder Chinas Atompolitik auszuüben, ist für Deutschland unrealistisch, solange es sein ökonomisches Gewicht hierfür nicht einsetzen will. Keine Rolle in der deutschen Nukleardebatte spielen Ideen, Moskau oder Peking mittels Wirtschafts­sanktionen, deren Aufhebung explizit an rüstungskontrollpolitisches Wohlverhalten geknüpft sind, oder etwa mit Handelsanreizen zum Einlenken zu bewegen. Ohne den Einsatz solcher ökonomischer Verhandlungsmacht bleibt für Deutschland nur der Umweg über Washington. Wichtig ist es deshalb vor allem, die Politik der USA zu verstehen.

Die historische Blaupause: »Competition«

Die geschichtswissenschaftliche Forschung hat das Bild der Rüstungskontrolle revidiert: Anders als oft behauptet, haben die USA im Kalten Krieg eine über­wiegend kompetitive nukleare Rüstungskontrollpolitik betrieben.49 Auch stabilitätsorientierte Elemente waren Teil der US-Politik, und in der Außendarstellung standen sie im Vordergrund. Kollidierten diese Ziele miteinander, also die Maximierung von Stabili­tät mit dem Erreichen politisch-militärischer Vorteile für die USA, setzte sich aber regelmäßig der kompetitive Ansatz durch. US-Regierungen priorisierten ihren Vorteil auf Kosten der Stabilität.50

Während der Präsidentschaften von Kennedy (1961–1963) und Johnson (1963–1969) wurden erste Ideen formuliert, mit den Sowjets stabilitätsorientierte Rüstungskontrolldeals anzustreben. Diese hätten den nuklearen Wettstreit begrenzt und destabilisierende Raketenabwehrschilde präventiv verboten, waren aber in der US-Politik nicht mehrheitsfähig.51 Washingtons Strategie blieb folglich darauf aus­gerich­tet, Gegner mithilfe eines größeren Atomarsenals abzuschrecken und damit Kriege zu vermeiden.

Unter Nixon (1969–1974) begannen die USA dann gezielt eine kompetitive Rüstungskontrollpolitik.52 Mit Moskau wurden zwar der ABM- und der SALT-I-Vertrag geschlossen, die noch heute als Meilensteine der stabilitätsorientierten Rüstungskontrolle gelten. Doch die Forschung hat herausgearbeitet, dass Nixons Stabilitätsrhetorik innenpolitisch motiviert und stra­tegische Stabilität auf Basis von Parität gerade nicht sein Ziel war.53 Dem ABM-Vertrag stimmte das Weiße Haus nur zu, weil der US-Kongress eine umfassende Raketenabwehr nicht finanzieren mochte. Hier ver­zichtete die US-Regierung also auf etwas, das sie ohne­hin nicht verwirklichen konnte. Der ABM-Vertrag vermied aus US-Sicht jedoch, dass die Sowjets diese Lage ausnutzten.54 Der gleichen Logik folgte SALT I im Hinblick auf das quantitative Wachstum der stra­te­gischen Atomarsenale. Hier hätte die Sowjetunion bald davoneilen können, aber der US-Kongress be­grenz­te dennoch die Gelder. Auf diese Weise konnte Amerika zahlenmäßig nicht konkurrieren. Folglich war es im US-Interesse, dass SALT I die Zahl der Rake­ten deckelte. Derweil trieb Nixons Regierung ein qualitatives Wettrüsten voran – obwohl das destabilisierend war –, um Moskaus Arsenal weiter zu über­flügeln: Technologien wie MIRV-Sprengköpfe und zur Steigerung der Zielgenauigkeit der Raketen, wo sich die USA im Vorteil sahen, blieben absichtlich unregu­liert und wurden ausgebaut. SALT I regelte nur die Bereiche, wo Amerika den Wettbewerb nicht gewin­nen konnte.55 Für das Weiße Haus ging es mitnichten um die kooperative Überwindung des nuklearen Wett­streits, sondern darum, das Wettrüsten in Bahnen zu lenken, in denen die USA ihre Vorteile am besten ausspielen konnten: »diverting the arms race into the permitted channels«.56

Nixons Nachfolger setzten diese vorteilsbedachte Politik fort. Unter Ford (1974–1977) und Carter (1977–1981) handelten die USA das 1979 geschlossene SALT-II-Abkommen mit der Sowjetunion aus. Auch diesen Vertrag verkauften die Protagonisten in Amerika als Symbol strategischer Stabilität – teils zu Unrecht.57 In den Gesprächen wurden zwar ab 1974 gleich große strategische Arsenale festgeschrieben. SALT II ließ aber erneut das qualitative Wettrüsten außen vor; das war die Absicht der US-Seite. Ford investierte massiv in die Modernisierung von Atom­waffen, speziell in neue Counterforce-Fähigkeiten. Die US-Regierung glaubte, nur so wirksam abschrecken und zugleich Moskaus Arsenal deckeln zu können. Destabilisierende Effekte der neuen Waffen und ihrer Einsatzdoktrin wurden dafür in Kauf genommen.58

Carter hatte sich vorgenommen, die Arsenale zu reduzieren und auch das qualitative Wettrüsten ein­zudämmen, weil ihn Sorgen wegen eines Atomkriegs plagten. Als Nato-Partner aber die Verlässlichkeit der US-Schutzzusage anzweifelten, schwenkte er auf die kompetitive Linie um. Amerika verschlankte seine Position für SALT, so dass es bei kleinen Marschflugkörpern, damals eine US-Innovation, und Counterforce-Waffen wie etwa der hochpräzisen Trident-II-Rakete weiterrüsten konnte.59 Trotz numerischer Parität der Arsenale blieben die USA den Sowjets damit technologisch überlegen.

Die »Null-Lösung« des INF-Vertrags 1987 schrieb militärische Vorteile der USA gegenüber der Sowjetunion fest.

Kompetitiv in Reinform agierte dann Reagan (1981–1989) bei der nuklearen Rüstungskontrolle. Zuvor hatte Carter den Nato-Doppelbeschluss erzielt, mit dem die Allianz den Mittelstreckenwaffen der Sowjetunion eigene Raketen und Marschflugkörper in Europa entgegenstellte, damit aber ein Verhandlungs­angebot verknüpfte. Danach war es Reagan, der im INF-Vertrag die »Null-Lösung« gegenüber einer macht­politisch erodierenden Sowjetunion durchsetzte und so Vorteile der USA dauerhaft festschrieb:60 Das Ab­kommen verlangte zwar von beiden Seiten die Abrüs­tung ihrer landgestützten Mittelstreckenwaffen und suggerierte damit Egalität. Moskau verzichtete jedoch auf viel mehr Waffen (1.846 Stück) als Washington (846). Wichtiger ist, dass das Abkommen einzig land­gestützte Raketen verbot, nicht aber luft- und see­gestützte Mittelstreckensysteme. Bei letzteren Katego­rien war Amerika technologisch deutlich führend. Während der INF-Vertrag öffentlich als Erfolg für Stabilität und Durchbruch zur Abrüstung gefeiert wurde, verschob er vor allem das militärische Kräfte­verhältnis zugunsten der USA. Jenes Feld, auf dem die Sowjets eine Bedrohung und konkurrenzfähig gewesen waren – landgestützte Mittelstrecken­raketen –, wurde neutralisiert. Die haushohe Über­legenheit der USA bei see- und luftgestützten Waffen blieb bestehen. Amerikas Vorteil wurde formal zementiert (»locked in«). Diese asymmetrischen mili­tärischen Effekte machten den INF-Vertrag auch bei konservativen US-Sicherheitspolitikern beliebt, obschon er nicht unumstritten war.61

Die Anwendung der Erfolgsformel heute

Amerikas Dauerkonflikt mit der Sowjetunion war bisher die einzige global ausgetragene Großmacht­rivalität der USA mit einer revisionistischen Auto­kratie. Zudem war der Kalte Krieg die einzige solche Rivalität im Nuklearzeitalter. Es überrascht daher wenig, dass Washington bei der Suche nach der besten Strategie für die zunehmende Großmächte­rivalität mit China, aber auch Russland auf seine Erfahrung im Kalten Krieg blickt, trotz aller Unterschiede zur heutigen Zeit.62 Diese inneramerikanische Retrospektive bewertet die nukleare Rüstungs­kontroll­politik von Nixon bis Reagan als Erfolgs­geschichte, und der vorteilsbedachte Charakter dieser Politik gilt, spätestens seit die neuerliche Großmacht­rivalität unter Trump akzeptiert wurde, als Erfolgsformel.63

Wie zuvor die erste Regierung Trump ist auch die noch amtierende Regierung Biden der Auffassung, dass die USA auf die nukleare Aufrüstung Russlands und Chinas reagieren müssen. Peking und Moskau haben jeweils den Ausbau ihres Arsenals mit einer Instrumentalisierung der Rüstungskontrolle verbunden.64 Während Amerika den INF-Vertrag einhielt, testete und stationierte Russland vertragswidrig seit 2014 den landgestützten Marschflugkörper SSC-8. Taktische Atomwaffen kürzerer Reichweite, für die es nie vertragliche Limits gab, hat der Kreml, anders als Washington, ausgebaut. Zudem hat Moskau zwei Systeme konstruieren lassen, die nicht unter die Definition strategischer Träger im New-START-Vertrag fallen, nämlich die weitreichende Unterwasserdrohne Poseidon und den interkontinentalen Marschflug­körper Burewestnik.65 Die USA haben keine strategischen Waffen »an New START vorbei« entwickelt. Da sich China keinerlei nuklearen Rüstungsbegrenzungs­verträgen unterworfen hatte, konnte es ungestört auf­rüsten und tat das auch, seit den 1990er Jahren bei Mittelstreckenwaffen und seit 2020 bei Interkontinen­talraketen. Amerika dagegen war durch den INF-Vertrag (bis 2019) und durch New START gebunden und konnte nicht reagieren.66

Die Trump-Regierung (2017–2021) schlug in dieser Lage einen harten kompetitiven Kurs in der atomaren Rüstungskontrolle gegenüber Russland und China ein. Priorität hatte die Verbesserung der US-Position im geopolitischen Wettbewerb. Strategische Stabilität war demgegenüber trotz vereinzelter Lippenbekenntnisse offenbar ein klar nachgeordnetes Anliegen.67 Den vom Kreml verletzten INF-Vertrag kündigte Trump. Gleichzeitig begann das Pentagon, eigene landgestütz­te Mittelstreckenwaffen zu testen. Dies deutete an, dass Russland die Vorteile seiner Aufrüstung bald ver­löre. Hier offenbarte sich eine ähnliche Logik wie beim Nato-Doppelbeschluss von 1979 zur Nachrüstung mit Mittelstreckenraketen, der später zum INF-Ver­trag führte, nur diesmal ohne klare Strategie, wie aus Rüstung später Rüstungskontrolle resultieren sollte.68

Bei New START drohte Trump, das Abkommen nicht zu verlängern, sollte künftig nicht auch China Obergrenzen akzeptieren und Russland nicht auch unkontrollierte Waffen, also taktische Kernwaffen und die nicht erfassten Poseidon und Burewestnik quan­titativen Limits unterwerfen. Indes deuteten Schritte der USA öffentlich an, dass nach einem Aus­laufen von New START das strategische US-Atom­arsenal rasch ausgebaut würde, indem man Trägersysteme mit zusätzlichen Sprengköpfen bestückte.69 Amerika, so Trumps Abrüstungsbeauftragter, habe keine Angst vor einem Wettrüsten. Russland und China müssten ein solches fürchten, sei hieran doch die Sowjetunion zugrunde gegangen: »Der Präsident hat deutlich gemacht, dass wir hierzu eine bewährte Praxis haben. Wir wissen, wie man diese Wettstreite gewinnt. Und wir wissen, wie wir den Gegner mit­hilfe unserer Militärausgaben in den Bankrott treiben können. Wenn wir es müssen, werden wir es tun.«70 Der einzige Ausweg für Moskau und Peking aus dem ihnen drohenden Dilemma sei Rüstungskontrolle.

Zwar fehlte unter Trump eine ausgefeilte Strategie bei der Rüstungskontrolle, doch die kompetitive Stoß­richtung war unverkennbar. Ziel war es, das quantitative Wachstum der Atomarsenale Chinas und Russ­lands einzufrieren, während die qualitative Modernisierung des US-Arsenals nachgeholt wird. Eigene Nach­rüstung oder die Drohung hiermit diente als Haupt­anreiz, damit Peking und Moskau einlenken. Ferner war Washington abseits aller Rüstungsbegrenzungsvorschläge bestrebt, den eigenen Vorsprung zu ver­größern, so bei nichtnuklearen Counterforce-Optio­nen (wie konventionellen Präzisionswaffen und Left-of-Launch-Cyberwaffen, die feindliche Raketen vor deren Start lahmlegen) und bei der Raketenabwehr, obwohl all diese als möglicherweise destabilisierend gelten.71

Bidens Regierung verlängerte New START zwar rasch bilateral mit Russland ohne Bedingungen. Auch die Rhetorik des US-Präsidenten und seines Außenministers war stabilitätsorientiert. Disruptive neue Technologien sollten eingehegt, Rüstungswettläufe verhindert werden.72 Mangels russischer und chinesi­scher Kooperation erklärte Bidens Nationaler Sicher­heitsberater Jake Sullivan dann jedoch 2023 kompetitive Rüstungskontrolle zur offiziellen Politik: »Unsere Abschreckungsfähigkeiten verantwortungsvoll zu steigern erlaubt es uns, Rüstungskontrolle aus einer Position der Stärke und Selbstsicherheit auszuhandeln – und neue Rüstungskontrollschritte helfen uns dabei, die Entscheidungen unserer Gegner zu ihren nuklearen Fähigkeiten zu beeinflussen und zu be­grenzen.«73 Vor allem überlegene militärische Fähig­keiten der USA seien es, die Kriege verhüten.74

Große Aufmerksamkeit in den Medien erlangten damals vor allem Sullivans Aussagen, Biden werde an den New-START-Obergrenzen festhalten und sehe keinen Bedarf, die Atomstreitkräfte so zu vergrößern, dass sie Russlands und Chinas Arsenale in Summe quantitativ überträfen.75 Hätte sich die US-Politik in dieser Zurückhaltung erschöpft, wäre die Frage be­rechtigt, warum Putin und Xi ihren jeweiligen nukle­aren Kurs ändern sollten.76 Mehrfach deutete Sullivan aber an, dass Washingtons Geduld und damit bei ausbleibender Kooperation auch seine Zurückhaltung zeitlich eng begrenzt sein würden. Die USA würden in ihre Infrastruktur investieren, um für einen lange dauernden nuklearen Wettstreit gewappnet zu sein, falls der nötig würde. Ein Wettrüsten mit den USA, warnte Sullivan, wäre für Russland und China keines­falls zu gewinnen und schlimmstenfalls zerstörerisch. Biden werde an den New-START-Limits bloß so lange festhalten, wie auch Putin sie einhalte. Washington stehe zwar bereit, mit Moskau einen Nachfolgevertrag für die Zeit nach 2026 auszuhandeln. Art und Höhe der darin festzulegenden Obergrenzen hingen jedoch vom Fortgang von Chinas nuklearer Aufrüstung ab.77

Hatte Sullivan die wettbewerbsorientierte Botschaft an Moskau und Peking 2023 noch subtil formuliert, wurde das Weiße Haus ein Jahr später deutlich. »Wir verfolgen jetzt einen stärker kompetitiven Ansatz«, so Pranay Vaddi, Abteilungsleiter für Rüstungskontrolle im Nationalen Sicherheitsrat. Vorbild sei Carters Poli­tik zum Nato-Doppelbeschluss. Der Ansatz bestehe darin, zunächst die Abschreckung qualitativ zu stärken, etwa durch modernere Versionen einzelner Systeme wie der B61-Bombe, ohne das US-Arsenal insgesamt zu vergrößern. Aber: »Wenn sich die Ent­wicklung der gegnerischen Arsenale nicht ändert, könnten wir in den nächsten Jahren an einen Punkt gelangen, wo eine Erhöhung unserer gegenwärtig stationierten Sprengkopfzahlen notwendig wird78 Sollten seine Rivalen eine quantitative Rüstungs­begrenzung weiter ablehnen, so würde Amerika den atomaren Wettbewerb annehmen und rasch nach­rüsten.

Die Aussicht auf eine spätere Vergrößerung des US‑Arsenals soll China und Russland davon abhalten, seine Atomstreitkräfte in der Gegenwart aufzu­stocken. Derweil versucht auch die Regierung Biden getreu der Wettbewerbslogik entscheidende, nicht durch Rüstungskontrolle limitierte militärische Fähigkeiten der USA auszubauen. Sullivan nannte nichtnukleare Hyperschallraketen – und ordnete sie trotz der möglichen Stabilitätsrisiken79 Counterforce-Missionen zu – sowie Weltraum- und Cyber­waffen. Technologische Überlegenheit sei für die USA (auch) bei der Rüstungskontrolle das Erfolgsrezept: »Wir verfolgen einen ›Bessere [Waffen]‹-Ansatz – nicht einen »›Mehr [Waffen]‹-Ansatz.«80 Dies ist eine ähnliche kompetitive Strategie wie unter Nixon, Reagan oder in Trumps erster Präsidentschaft.

2025 und danach? Zeichen auf Kontinuität

Oft vergehen Jahre, bevor nukleare Rüstungskontrollbemühungen zwischen Großmächten Ergebnisse erzielen. Daher muss Deutschland nicht nur die heu­tige US-Politik auf diesem Feld einschätzen, sondern ebenso deren künftige Entwicklung, um seine nuklea­re Rüstungskontrollpolitik neu auszurichten.

Washington wird wohl auch künftig eine kompetitive Rüstungskontrollpolitik betreiben.

In Washington stehen die Zeichen in puncto Rüstungskontrolle nach Bidens Kurswechsel auf Kontinuität, über das Ende seiner Präsidentschaft hinaus. Zwar hat weder Donald Trump noch seine offizielle Präsidentschaftskampagne sich konkret zur Rüstungskontrolle geäußert. Detaillierte Prognosen zu künftigen US-Plänen auf diesem Feld sind daher nicht möglich. Relativ solide vorhersagen lässt sich indes, ob Washington grundsätzlich eher einen wett­bewerbs- oder einen stabilitätsorientierten Politik­ansatz verfolgen wird. Schlussfolgerungen in dieser Hinsicht erlaubt der Diskurs unter jenen Fachleuten, die für Spitzenposten in der zweiten Trump-Regie­rung in Frage kommen oder das Denken des Trump-»Lagers« zur nuklearen Rüstungskontrolle prägen. Dieser Diskurs deutet auf eine wettbewerbsorientierte künftige US-Linie hin.

Offen ist, mit welcher Intensität der kompetitive Ansatz weiterverfolgt wird, nicht ob er fortgeführt wird.81 Mit Trump als Wahlsieger dürfte die US-Rüs­tungskontrollpolitik kompromissloser und ungeduldiger werden als heute. In Papieren konservativer Think-Tanks und Fachleute wird unmissverständlich erklärt, rüstungskontrollpolitisches Handeln sei Teil der Notwendigkeit, militärische Stärke aufzubauen, um China und Russland abzuschrecken und in der Großmachtrivalität keinesfalls zu unterliegen.

Im als Regierungsprogramm für eine zweite Trump-Amtszeit gehandelten »Project 2025« wird ge­fordert, die nukleare Rüstungskontrollpolitik künftig einzig daran auszurichten, ob Übereinkünfte militä­rische Vorteile für die USA und ihre Verbündeten brächten. Da Amerikas Gegner aber aufrüsteten und nukleare Rüstungsbegrenzung ablehnten, sei es für die USA unerlässlich, »sich darauf vorzubereiten, den Wettbewerb anzunehmen, um die US-Interessen auch dann durchzusetzen, wenn die Bemühungen um Rüstungskontrolle weiterhin scheitern sollten«.«82 In detaillierten Vorschlägen der Trump-nahen Heritage Foundation wird diese kompetitive Marschrichtung ausbuchstabiert: Verlangt wird, das strategische US-Arsenal nach dem Ende von New START 2026 zu ver­größern, aber etwa auch zu prüfen, ob Nuklearvarianten für die Mittelstrecken- und Hyperschallraketen entwickelt werden sollten, die bislang nur konventio­nell geplant sind.83

Schon länger diskutieren republikanische Experten Stationierungsoptionen für konventionelle landgestützte Mittelstreckenwaffen in Asien und Europa zur Abschreckung und Verteidigung. Sobald sich die USA infolge dieser Nachrüstung in einer Position der Stärke befinden, könnten die neuen Mittelstreckenwaffen auch Verhandlungsmacht für Rüstungs­kontrollgespräche generieren, genauso wie damals beim Nato-Doppelbeschluss, so eine Studie des konservativen Center for Strategic and Budgetary Assessments.84

Der Historiker und Politikberater Hal Brands, der den Republikanern nahesteht, fordert, Amerika müsse die »Kunst des Wettrüstens« neu erlernen. Um gegen Russland und China bestehen zu können, müssten die USA ihr Atomarsenal ausbauen. Rüs­tungskontrolle sei ein integraler Bestandteil eines solchen klug geführten nuklearen Wettrüstens: »Rüstungskontrolle sollte eigentlich nicht als Alter­native zum Wettrüsten gesehen werden, sondern als wesentlicher Bestandteil einer Strategie, um einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen.«85 Ihre qualitativen militärischen Stärken müssten die USA ohne Limits ausbauen. Zur Größe des Arsenals gelte unterdessen: »Aufrüsten, um später abzurüsten, ist immer noch die richtige Formel86

Konsequente Vorschläge getreu dieser Logik machte Franklin Miller, der die Abschreckungs- und Rüs­tungskontrollpolitiken von Reagan und Bush senior mitgeprägt hatte und Berater bei der Nuclear Posture Review in Trumps erster Amtszeit gewesen war. In Reaktion auf Chinas und Russlands nukleare Aufrüs­tung solle Washington den Kreml drängen, die Ober­grenzen für strategische Atomwaffen von 1.550 unter New START auf 3.500 in einem neuen Abkommen anzuheben. Sollte das nicht binnen Jahresfrist gelin­gen – so müsse von Anfang an gedroht werden –, würden die USA New START vorzeitig kündigen und ihr Arsenal auf dieses Maß vergrößern, ungeachtet aller Stabilitätsrisiken und Kosten. Denn sonst ero­diere Amerikas Fähigkeit, Moskau und Peking ab­zuschrecken, und damit seine geopolitische Wett­bewerbs­position.87

Auch zwei weitere Experten der Republikaner, einer von ihnen ein »Trump-Veteran«, setzen rüs­tungskontrollpolitisch auf die Drohung mit Nach­rüstung. Damit Moskau dem Einfrieren sowohl seiner strategischen als auch taktischen Atomarsenale zustimmt, könne Amerika drohen, kurzfristig mehr Sprengköpfe auf seinen Interkontinentalraketen (Intercontinental Ballistic Missiles, ICBMs) zu montie­ren und längerfristig die Produktionsziele für die Modernisierung seiner Kernstreitkräfte zu erhöhen.88 So würde der Kreml in Schach gehalten, während die USA ihre Nuklearfähigkeiten in Europa und Asien verstärken.

Viele weitere Veteranen und Vordenker republi­kanischer US-Regierungen unterstützen den kompetitiven Rüstungskontrollansatz. Rein stabilitätsorientier­te Ideen sind selten und scheinen in der Partei heute nicht mehrheitsfähig.89

Wichtig für die mittel- bis langfristige Stoßrichtung der amerikanischen Rüstungskontrollpolitik ist, dass die bis vor Kurzem starke parteipolitische Polari­sierung auf diesem Politikfeld spürbar abgenommen hat – zumindest auf der Ebene (früherer) Regierungs­beamter, weniger hingegen bei Kongressmitgliedern und Think-Tanks. Schon 2020 gab es dafür erste Anzeichen, vor der Folie von Chinas Aufrüstung und seiner gleichzeitigen Weigerung, über Rüstungs­begrenzung zu sprechen. Damals plädierte auch Rose Gottemoeller, die für Präsident Obama New START aus­gehandelt hatte, für eine vorteilsbedachte Gang­art: »Peking muss glauben, dass Washington neue bodengestützte Raketen in Asien stationieren wird, und zwar bald.« Nur diese Angst vor einer amerikanischen Nachrüstung könne China gesprächsbereit machen.90 Auch heute wirbt Gottemoeller offen für das Modell des Nato-Doppelbeschlusses.91

Ein Anzeichen für die nachlassende Polarisierung ist neben der mittlerweile kompetitiven Politik der Biden-Regierung auch der 2023 vorgelegte Report der Congressional Commission on the Strategic Posture of the United States. Darin wird nahegelegt, das Nuklear­arsenal der USA über die heutigen Modernisierungspläne hinaus zu vergrößern.92 Diverse Empfehlungen – etwa mehr nukleare Marschflugkörper zu bauen, zusätzliche Sprengköpfe auf ICBMs zu montieren und die Nationale Raketenabwehr auch gegen Russland und China auszuweiten – stehen einer abrüstungs- oder einer stabilitätsorientierten Rüstungs­kontrolle entgegen.93 Erst nach Stärkung des US-Arsenals könne eine Regierung zukünftig überhaupt entscheiden, so der Bericht, »ob und wie nukleare Rüstungsbegrenzung weiterhin die Sicherheit der USA erhöht«.94 Derweil sind die wenigen konkreten Rüstungs­kontrollforderungen alle kompetitiver Natur, da sie Vorteile der Rivalen neutralisieren: Russlands takti­sche Kernwaffen müssten begrenzt werden, Chinas INF-Systeme ebenso. Und die 2022 von Peking ge­testete Langstreckenwaffe, die wohl aus einer kom­pletten Erdumlaufbahn jedes Ziel ansteuern kann (Fractional Orbital Bombardment System), gehöre verboten. Amerika müsse alle ökonomischen und militärischen Machtmittel einsetzen, um Peking und Moskau an den Verhandlungstisch zu zwingen und deren nukle­are Aufrüstung zu stoppen.95

Dieser scharf wettbewerbsbetonte Bericht wurde von der zwölfköpfigen Kommission im Konsens ver­abschiedet, obwohl sich das Gremium paritätisch aus Republikanern und Demokraten zusammensetzte, einschließlich hoher ehemaliger Nuklearbeamter der Obama- und der Biden-Regierung. Auch deshalb wäre es wohl selbst einer Harris-Regierung schwergefallen, sich von diesem überparteilichen Expertenvotum zu distanzieren.96 Zentrale Prämissen und Schlussfolgerungen des Kommissionsberichts – das Planungs­szenario eines gleichzeitigen Atomkriegs mit Russ­land und China sowie die Notwendigkeit, die nuklea­re Infrastruktur auszubauen und die US-Nuklear­dispositive in Europa und Ostasien an die Aufrüstung der Gegner anzupassen – stehen allerdings ohnehin im Einklang mit oder zumindest nicht im Widerspruch zu den nuklearpolitischen Grundsatzreden und -doku­menten der Biden-Regierung, wie Sullivans Rede, der Nuclear Posture Review 2022 und der Nuclear Employment Guidance 2024.97 Dies übersehen die Abrüstungs- und Stabilitätsverfechter bei ihrer Kritik am Strategic Posture Report. Schon aus diesem Grund ist ab 2025 mit viel Kontinuität bei der nuklearen Rüstungs­kontrollpolitik der USA zu rechnen.

Richtungsentscheidung für Deutschland

Der Bezugspunkt für die deutsche nukleare Rüstungskontrollpolitik hat sich nachhaltig geändert: Nach der ersten Trump-Regierung verfolgen die USA nun auch unter Präsident Biden eine kompetitive Linie, und dies wird nach Trumps zweiter Amts­einführung im Januar 2025 höchstwahrscheinlich so bleiben. Damit steht Deutschland vor einer Richtungsentscheidung: Will es diese kompetitive US-Politik unterstützen und damit deren Wirkungen verstärken oder nicht?

Im letzteren Fall böten sich der deutschen Politik zwei Optionen. Deutschland könnte entweder ver­suchen, mit einer unabhängigen Agenda die kompeti­tive Stoßrichtung der US-Bemühungen zu korrigieren und so deren Wirkung abzuschwächen, oder sich unausgesprochen für rüstungskontrollpolitische Passivität entscheiden.

Jede Neuausrichtung der deutschen nuklearen Rüstungskontrollpolitik hat Folgen. Im nächsten Kapitel wird skizziert, wie eine deutsche Politik mit einem kom­petitiven, einem stabilitätsbezogenen und einem abrüstungsorientierten Schwerpunkt jeweils aussehen könnte und welche Kosten, Risiken und Erfolgswahr­scheinlichkeiten mit diesen Politiken verknüpft wären.

Wie kann Deutschland zur nuklearen Rüstungskontroll­politik der USA beitragen?

Welchen Beitrag die Bundesrepublik zur amerikanischen nuklearen Rüstungskontrollpolitik leisten kann, hängt nicht bloß davon ab, welchen Zweck die deutschen Bemühungen primär verfolgen: einseitige militärische Vorteile für die Nato zu erzielen, strate­gische Stabilität zu gewährleisten oder atomare Abrüstung zu erreichen. Deutschlands Beitragsfähigkeit wird auch davon bestimmt, wie groß Berlins Verhandlungsmacht gegenüber Washington in rüstungskontrollpolitischen Fragen ausfällt.

Deutschlands Verhandlungsmacht

Die Fähigkeit der Bundesregierung, ihren Wünschen für die US-Rüstungs­kontrollpolitik gegenüber ameri­kanischen Entscheidungsträgern Nachdruck zu ver­leihen, wird davon geprägt, welcher Stellenwert Deutschland in der Sicherheits- und speziell der Ab­schreckungspolitik der USA in Europa attestiert wird. In dieser Hinsicht hat die Berliner Republik, also das wiedervereinigte Deutschland, gegenüber der Bonner Republik klar an Verhandlungsmacht verloren.

Deutschlands Möglichkeiten, die nukleare Rüstungskontrollpolitik der USA zu verändern, sind heute weit geringer als zu Bonner Zeiten.

Während des Ost-West-Konflikts war die Bundesrepublik zentral für die US-Europapolitik. Sie war das ökonomische »Kraftzentrum« des Kontinents und der wichtigste europäische Alliierte für die Umsetzung der Eindämmungsstrategie gegenüber der Sowjet­union. Seit den 1970er Jahren war die Bundeswehr die größte Armee im freien Europa.98 Auf dem Terri­torium der »alten« Bundesrepublik waren das Gros der US-Truppen in Europa sowie tausende taktische Kernwaffen der USA stationiert. Folge dieser Bedeutung in der Praxis war, dass die Bonner Republik im Quad-Rahmen als einziger Nichtkernwaffenstaat auf Augenhöhe mit den Atommächten USA, Großbritannien und Frankreich bei der Nuklearpolitik der Nato mitreden durfte. Bonn besaß zwar kein Vetorecht, aber deutsche Sorgen fanden bei der Entwicklung der amerikanischen nuklearen Rüstungskontrollpolitik überdurchschnittlich Gehör und oft auch Berücksichtigung.99

Für die derzeitigen US-Eindämmungsbemühungen gegenüber Putins Russland hat die Berliner Republik signifikante Bedeutung – gerade bei Handelssanktio­nen und den Ukrainehilfen –, aber weniger als zu Bonner Zeiten. Deutschland ist heute zwar die logisti­sche Drehscheibe für die US-Truppen in Europa, jedoch nicht mehr der entscheidende »Frontstaat«, auf dessen Territorium die Abschreckung hauptsächlich umgesetzt wird und dessen prinzipielle Kooperation deshalb unerlässlich ist. Gewiss ist Deutschland weiter in die nukleare Teilhabe des Bündnisses ein­gebunden, aber von den einstmals tausenden US-Kernwaffen im Land sind nur rund 20 Stück geblieben. Vor dieser Folie stellt Deutschlands »Sitz« in der Quad vorrangig ein Überbleibsel der nuklearen Rolle der Bonner Republik in der Nato dar. Berlins Möglich­keiten, die heutige nukleare Rüstungskontrollpolitik der USA zu verändern, dürften indes viel geringer ausfallen.

Wettbewerbsorientierte deutsche Beiträge

Um die Wettbewerbsposition der USA und der Nato gegenüber Russland zu verbessern, verfolgt die nukleare Rüstungskontrollpolitik der USA zwei Ziele: erstens das strategische Atomarsenal Russlands einzufrieren, so dass die derzeitige Balance erhalten bleibt, und zweitens das bestehende Ungleichgewicht zugunsten Moskaus bei substrategischen Kernwaffen abzubauen, besonders im Mittelstreckenbereich.100 Erreicht Amerika diese Ziele, würde dies Russlands nuklearen Vorteil verringern und den qualitativen Vorsprung der USA bei konventionellen Waffensyste­men vergrößern.

Damit die USA so vorteilhafte Einigungen erzielen können, müssen sie Russland unter Druck setzen, denn Putin dürfte seine nuklearen »Trümpfe« nicht von sich aus aufgeben. Dazu ist es nötig, dass die USA und ihre Alliierten genügend technologisch-militäri­sche Stärke haben, die ihnen Verhandlungsmacht gegenüber Russland verleiht. Erst wenn Moskau sieht, dass die militärischen Trends dauerhaft klar zu seinem Nachteil laufen, entsteht für Putin ein Anreiz, sich auf Rüstungskontrolle zu einigen. Mit dieser Verhandlungsmacht (leverage) kann Amerika dann aus einer Position der Stärke kompetitive Deals entlang der skizzierten Ziele verfolgen. Dazu kann Deutschland beitragen. Auch wenn Moskau daraufhin nicht einlenkt, hätte Berlin trotzdem die Nato-Fähigkeit zu Abschreckung und Verteidigung in einer Welt ohne Rüstungsbegrenzung gestärkt.

Erstens kann Deutschland einen Beitrag leisten, indem es als Stationierungsort für hochpräzise land­gestützte Mittelstreckenraketen und Marschflug­körper mit konventionellen Sprengköpfen dient, die Ziele im russischen Kernland erreichen können. Seit Juli 2024 ist eine Übereinkunft Deutschlands und der USA bekannt, die vorsieht, drei solche US-Waffen­systeme spätestens 2026 auf den hiesigen amerikanischen Stützpunkten zu stationieren101 – zunächst auf Rotationsbasis, später dauerhaft: den Marschflugkörper Tomahawk, die ballistische Rakete Standard Missile (SM) 6 und die Hyperschallrakete Long-Range Hypersonic Weapon (LRHW), auch Dark Eagle genannt. Die Kosten für die reine Stationierung der US-Waffen übernimmt Deutschland.102 Neben dieser Entscheidung hat die Bundesregierung im Juli 2024 mit den europäischen Partnern Frankreich, Polen und Italien eine Absichtserklärung unterzeichnet, gemeinsam einen weitreichenden landgestützten Marschflug­körper unter dem European Long-Range Strike Approach (ELSA) zu entwickeln, herzustellen und zu beschaffen. Dieser Flugkörper wird den beteiligten europäischen Staaten, zu denen mittlerweile auch Groß­britannien und Schweden zählen, aber erst deutlich nach 2026 für die Stationierung zur Verfügung stehen. Kurzfristig bestünde also Deutschlands Bei­trag darin, an den Plänen zur Stationierung zuerst amerikanischer und später europäischer Mittel­streckenwaffen auf deutschem Boden festzuhalten. Die Ähnlichkeit der beiden Projekte zeigt, dass Deutschland und seine wichtigsten außenpolitischen Partner in dieser Frage einer Meinung sind. Auch von anderen Nato-Regierungen ist keine Kritik bekannt.

Solche Stationierungen (der Nato, in beiden Fällen) – das zeigt seit Jahren die besorgte russische Debatte hierzu103 – werden den militärischen Druck auf den Kreml erhöhen, weil sie als Counterforce-Waffen wirk­sam gegen mobile und unbewegliche militärische Hoch­wertziele eingesetzt werden können. Das schließt jene Waffen ein, die Russlands nukleare Vergeltungsfähigkeit betreffen. Ziel wäre in dieser Hinsicht wohlgemerkt nicht, das russische Vergeltungspotential an Land auf einmal zu vernichten, denn dann hätte Putin in einer Krise Anreize, seine strategischen Atomraketen früh einzusetzen (»use them or lose them«). Die Anzahl der künftig in Deutschland stationierten US-Mittelstreckenwaffen reichte für einen solchen Entwaffnungsschlag auch bei Weitem nicht aus. Eher läge die Absicht einer Stationierung darin, Moskau zu vermitteln, dass die Gefahren für seine strategischen Fähigkeiten langsam, aber stetig steigen.104 Diese Mission kann besonders wirksam erfüllt werden, weil es sich bei den LRHW um Hyperschallsysteme handelt, die Russ­lands Luftabwehr klar überfordern dürften. Moskau militärisch etwas verwundbarer zu machen könnte dort zu Fehlurteilen führen. Es wäre daher nicht völlig risikolos.105 Putins Politik nichts entgegen­zusetzen ist aber nicht minder riskant.

Der von einer solchen Stationierung der Nato aus­gehende Druck auf Russland könnte helfen, Moskau (zurück) an den Tisch für Rüstungskontrollgespräche zu bringen.106 Damit sich ein potentieller Rüstungskontrolldeal über die Limitierung oder Beseitigung von Mittelstreckenwaffen der Nato und ihrer russi­schen Pendants auch wirklich zum Vorteil des Wes­tens auswirkt, sollten die neuen Systeme der Nato zu Lande stationiert werden. Denn das Gros der existie­renden russischen Mittelstreckenwaffen, die das Terri­torium der Allianz bedrohen, sind ebenfalls boden­gestützt.107 Mit dieser logischen Passgenauigkeit von russischer Bedrohung und westlicher Nachrüstung böten sich die Waffensysteme für Rüstungskontrollübereinkünfte an:108 Die USA könnten im Kreml plausibel auf eine reziproke Begrenzung drängen, die ähnlich dem INF-Vertrag die Stationierung land­gestützter Raketen und Marschflugkörper mittlerer Reichweite in Europa verbietet oder ihre Anzahl beiderseits auf niedrigem Niveau deckelt. Käme eine solche Einigung zustande, wäre sie im Wettbewerbsinteresse der Nato, denn see- und luftgestützte Mittel­streckenwaffen blieben erlaubt. Bei diesen haben die Nato-Staaten einen technologischen und quantitativen Vorteil gegenüber Russland.109 Mittelstrecken­waffen zu stationieren wäre wohlgemerkt erst dann ein Schritt zu kompetitiver Rüstungskontrolle, wenn mit der Stationierung auch in der Außenkommuni­kation eine Strategie zur Rüstungsbegrenzung ver­knüpft wäre. Ohne diese Verbindung handelte es sich nur um Nachrüstung, um Gegner abzuschrecken und Partner rückzuversichern. Das mag funktionieren, ist jedoch für sich noch keine Rüstungskontrolle.110

Ein Ausbau der Raketenabwehr in Europa könnte helfen, den Druck auf Russland zu erhöhen.

Eine zweite Möglichkeit für die Bundesrepublik, zur kompetitiven atomaren Rüstungskontrollpolitik der USA gegenüber Russland beizutragen, betrifft den Ausbau der Raketenabwehr in Europa.111 Die jahrzehntelangen Sorgen russischer Militärs und Entschei­dungsträger vor einem intensiven Wett­bewerb mit dem Westen bei der Raketenabwehr sind wohlbekannt.112 Würde die europäische Fähigkeit zur Abwehr russischer ballistischer Raketen und Marschflugkörper qualitativ und quantitativ gestärkt, könnte dies auf zwei Wegen den militärischen Druck auf den Kreml zusätzlich erhöhen. Zum einen müsste Moskau dann fürchten, dass im Fall eines Krieges mit der Nato ein Einsatz russischer Mittelstreckenwaffen gegen hochwertige Ziele auf dem Territorium der europäischen Allianzpartner nicht erfolgreich wäre, weil die Flugkörper abgefangen werden. Ein Krieg gegen die Nato mag kurz- und mittelfristig unwahrscheinlich sein. Aber bereits in einer Krise, also vor dem Ausbruch größerer Kampfhandlungen, wäre mit Versuchen Russlands zu rechnen, politische Vorteile daraus zu ziehen, dass es mit konventionellen oder nuklearen Angriffen gegen Ziele in Nato-Europa droht.113 Indem eine starke europäische Flug- und Raketenabwehr die wirksame Umsetzung solcher Angriffe unwahrscheinlich(er) macht, mindert sie das Erpressungspotential russischer Drohungen damit in Krisenzeiten. Zudem senkt sie den Wert jener nuklearfähigen Mittelstreckenwaffen, auf die Russ­land für solche Angriffe auf Europa zurückgreifen würde. Als Folge dieser Entwertung der russischen Systeme dürfte es Putin leichter fallen, im Rahmen eines reziproken Rüstungskontrolldeals ganz auf diese Waffen zu verzichten oder einer Begrenzung ihrer Stückzahlen zuzustimmen.

Zum anderen würde eine spürbar verstärkte europäische Raketenabwehr mehr militärischen Druck auf die russische Regierung erzeugen, indem sie deren Vertrauen in die eigene nukleare Zweitschlagfähigkeit etwas schwächt. Genau wie im Fall offensiver Nato-Mittelstreckenwaffen wäre es aber auch hier nicht das Ziel, das russische Vergeltungspotential zu neutralisieren – vollständiger Schutz gegen Putins Raketenarsenal ist nicht möglich –, sondern nur, Zweifel an dessen künftiger Effektivität zu säen.114

Die von Deutschland 2022 lancierte European Sky Shield Initiative (ESSI) geht mit Blick auf den ersteren Wirkungspfad in die richtige Richtung. Im Ukraine-Krieg haben sich die bei ESSI vorgesehenen Abwehrsysteme für mittlere und lange Reichweiten – Iris-T SLM und Patriot – als effektiv erwiesen.115 Auch deshalb ist das Erpressungspotential der eingesetzten russischen ballistischen Raketen, Marschflugkörper und sogar der Hyperschallrakete Kinschal gering geblieben.116 Zugleich dürfte Arrow 3, das Deutschland parallel zu ESSI für sehr lange Reichweiten be­schafft, aus Moskaus Sicht eine wirkliche Gefahr für russische ICBMs darstellen117 und in der Folge das Vertrauen des Kreml in seine Vergeltungsfähigkeit allmählich erodieren lassen. Auf diesen zwei Wegen könnten Raketenabwehrkapazitäten einen deutschen Versuch unterstützen, zur kompetitiven US-Rüstungs­kontrollpolitik beizutragen.

Damit ESSI diese Wirkung entfalten kann, müsste ihr Potential durch die Integration der nationalen An­teile und aller technischen Komponenten ausgeschöpft werden. Erst dadurch wird die Leistungs­fähig­keit von ESSI bestimmt.118 Vor allem aber müssen die von den beteiligten Staaten bisher angekündigten (und weitere künftig nötige) Beschaffungsvorhaben bei Luft- und Raketenabwehrsystemen auch umgesetzt werden, denn die heutigen Bestände sind sehr klein und die Bedarfe sehr groß.119 Dieser Bedarf wird von den Europäern im Übrigen selbst zu decken sein; die US-Rolle dabei wird nicht ausgebaut werden. Amerika sieht Ostasien als vorrangigen Stationierungs­raum für seine künftigen mobilen Raketen­abwehrkapazitäten.120 Der Ausbau der Luftabwehr ist kostspielig, aber aus Gründen der Verteidigung ohnehin gewollt. Dass er auch einer kompetitiven Rüstungskontrollpolitik zugutekäme, wäre ein Bonus, der nicht gesondert zu Buche schlägt.

Ein drittes Feld, auf dem Deutschland zur kompe­titiven nuklearen Rüstungskontrollpolitik der USA beitragen kann – erneut durch einen solchen kosten­losen Bonus – ist der Aufbau europäischer Weltraum­fähigkeiten, die abschreckungs- und verteidigungs­relevante Anwendungen haben.121 Konkretes Beispiel ist das im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (Permanent Structured Cooperation, PESCO) finanzierte EU-Projekt TWISTER (Timely Warning and Interception with Space-based TheatER Surveillance).122 Das dabei vorgesehene Sensor­netzwerk im Weltraum, ODIN’s EYE II123, böte gegen­über Russland zwei Vorteile. Erstens würden Senso­ren im Orbit die Fähigkeit zur Informationsbeschaffung und Aufklärung (Intelligence, Surveillance and Reconnaissance, ISR) auf westlicher Seite stark verbes­sern. Dies würde das Potential der bestehenden sowie geplanten Flug- und Raketenabwehrsysteme steigern und könnte künftig sogar den Abschuss russischer Hyperschallgleiter erlauben. Bisher ist der Aktions­radius des meist bodengebundenen Radars zu klein, so dass die Vorwarnzeit bei einem Angriff mit Hyper­schallraketen nicht ausreicht.124 Eine weltraumbasierte ISR wäre, auch im Vergleich zu luft- oder seegestütztem Radar, viel leistungsfähiger. Mithin könnte sie die skizzierten Beiträge von Europas Luftverteidigung zum Erreichen kompetitiver Rüstungskontrollziele verstärken.

Zweitens wäre ein ISR-System, dessen weltraum­basierter Teil ausgebaut würde, resilienter gegen die Bedrohung durch bodengestützte Antisatelliten­waffen.125 Verlöre Putin die Option, die heute relativ verwundbare ISR-Basis der westlichen Luftverteidigung auszuschalten, würde dies absichern, dass die europäische Flug- und Raketenabwehr zum Einsatz kommen kann.126 Dann könnte sie besser zu einer kompetitiv geprägten Rüstungskontrollpolitik der USA gegenüber Russland beitragen.

Stabilitätsorientierte deutsche Beiträge

Eine konsequent stabilitätsorientierte deutsche Rüstungskontrollpolitik würde versuchen, die Eskalationsrisiken abzuwenden, die mit Russlands Verhalten und der kompetitiven US-Politik einher­gehen. Das Ziel von Deutschlands Diplomatie müsste dann lauten, die US-Regierung an zentralen Punkten ihrer Politik durch Überzeugungsarbeit abseits der Öffentlichkeit zu beeinflussen. Hätten diese Versuche keinen Erfolg, bliebe Berlin die Option, unabhängig eine Stabilitätsagenda zu verfolgen, gegebenenfalls auch im offenen Dissens mit Washington. Die Stoß­richtung der Agenda bestünde darin, mit eigenen sub­stantiellen, im Erfolgsfall stabilisierenden Maßnahmen die potentiell destabilisierenden Folgen der russischen und amerikanischen Politik abzufedern. In der hiesigen Diskussion empfehlen die Verfechter einer strikt stabilitätsfokussierten deutschen Rüs­tungskontrollpolitik vor allem drei Initiativen.

Erstens könnte Deutschland spezifische Kontrollen für Hyperschallwaffen – idealerweise global, jedoch zumindest für Europa – vorschlagen.127 Begründet würde die Initiative mit dem Argument, dass diese Waffen die strategische Stabilität unterminieren könn­ten. Denn infolge der hohen Manövrierfähigkeit der Systeme kann ein angegriffener Staat nicht absehen, ob der Angriff einem konventionellen Ziel oder seinem nuklearen Zweitschlagpotential gilt. Bei der enormen Geschwindigkeit der Waffen müsse zudem binnen weniger Minuten reagiert werden. Diese Mix­tur erhöhe den Druck, so das zu hörende Argument, nuklear zu eskalieren. Die Ungewissheit über das genaue Ziel kann technisch nicht aufgelöst werden. Um daher das angenommene Eskalationsrisiko der in Europa präsenten Besitzerstaaten von Hyperschallsystemen zu senken – aktuell nur Russland, bald auch die USA und Frankreich –, müsste die deutsche Rüstungskontrollpolitik fordern, sich jeweils deklara­torisch auf Missionen zu beschränken, die sich nicht gegen die nuklearen Vergeltungsfähigkeiten anderer richten.128 Der 2023 erstmals getestete französische Hyperschallgleiter V-MaX scheint ohnehin nicht für diese strategische Mission vorgesehen zu sein.129 Jedoch haben die USA ihren allesamt rein konventionell bewaffneten Hyperschallsystemen auch eine strategische Counterforce-Rolle zugedacht, nicht zuletzt als Ersatz für neue nukleare Systeme, deren quantitativer Aufwuchs unter Biden verhindert werden soll.130 Es ist schwer vorstellbar, dass es die Bundesregierung vermag, die USA von dieser Counterforce-Zielplanung abzubringen, zumal Russland seine nuklear bestückbaren Hyperschallgleiter gezielt dafür gebaut hat, Amerikas Zweitschlagarsenal zu bedrohen.131

Derzeit erscheint ein Moratorium für die Stationierung von Hyperschallwaffen in Europa unrealistisch.

Um die Stabilitätsrisiken von Hyperschallsystemen in Europa zu senken, könnte Berlin auch ein Morato­rium gegen die Einführung weiterer solcher Waffen vorschlagen, begrenzt auf den europäischen Kontinent.132 Ein Moratorium würde indes die in Russlands Streitkräfte bereits eingeführten Systeme legitimieren. Das wären die aeroballistische Kinschal-Rakete, der von Fregatten gestartete Hyperschallmarschflugkörper Zirkon und der Hyperschallgleiter Awangard. Weitere Systeme plant der Kreml nicht.133 Auf Seiten der Nato wurden noch keine Hyperschallwaffen in die Truppe eingeführt. Es ist nicht zu erwarten, dass die USA, wo viele Systeme entwickelt und bereits getestet werden,134 dieses Ungleichgewicht zugunsten Russlands zementieren wollen würden. Heute ist die Idee eines Moratoriums daher unrealistisch. Bei einer künftig womöglich ausgeglicheneren Verteilung von Hyperschallwaffen in Europa stünden die Chancen besser.

Kurzfristig plausibler erscheinen Vorschläge, besonders destabilisierende Anwendungen von Hyperschallwaffen, die heute noch nicht genutzt werden, präventiv zu verbieten.135 Beispielsweise könnten ballistische Raketen mit mehreren Hyperschallgleitern bestückt werden, die dann separate Ziele ansteuern können (ähnlich einer ICBM mit MIRVs). Unter den in Europa präsenten Mächten plant bislang nur Moskau, Raketen mit multiplen Hyperschallgleitern auszurüsten.136 Die dafür vor­gesehene Rakete Sarmat (SS-X-30), die auch mit nur einem einzigen Gleiter oder gänzlich ohne einsetzbar wäre, ist allerdings noch in der Testphase.137 Warum Moskau auf die Nutzung der Sarmat mit multiplen Hyperschallgleitern verzichten sollte, wenn kein Gegner Russlands die gleiche Fähigkeit entwickelt,138 erschließt sich nicht. Aber künftige finanzielle oder andere Probleme könnten Putin vielleicht bewegen, diesen teuren »Trumpf« aufzugeben.

Eine zweite konsequent stabilitätsorientierte Forde­rung Deutschlands könnte sein, jene Raketenabwehrkapazitäten zu limitieren, die womöglich russische ICBMs abwehren können und so in Moskaus Augen dessen Zweitschlagfähigkeit gefährden.139 Dies beträfe neben der land- und seegestützten Nationalen Raketen­abwehr der USA auch die in Rumänien und Polen stehenden Aegis-Ashore-Systeme und jene Arrow-3-Anlagen, die ab 2025 in Deutschland in Betrieb gehen.140 Anzuwenden wäre die Forderung auch auf den für die 2030er Jahre geplanten deutschen Beitrag zur seegestützten Raketenabwehr in Form der Fre­gattenklasse F127, die wahrscheinlich mit dem Aegis-System ausgerüstet werden wird.141

Das Stabilitätsargument hinter dieser Forderung würde lauten, dass jene Raketenabwehrfähigkeiten, die russische ICBMs bedrohen könnten, den Kreml zur Entwicklung immer neuer Offensivwaffen zwängen und Rüstungswettläufe anfachten, ohne der Nato Sicherheit vor russischen Nuklearangriffen zu liefern.142 Schlimmstenfalls könnten fortgeschrittene Abwehrsysteme des Westens in Russland Ängste vor einem Präventivschlag der USA schüren, die Moskau in einer Krise zu frühzeitiger atomarer Eskalation verleiten.143

Über die deutschen Raketenabwehrkapazitäten mit sehr großen Reichweiten könnte die Bundesregierung souverän entscheiden. Sie müsste die in der Entwicklung befindlichen Pläne für die F127-Fregatten quali­tativ modifizieren und die schon getroffene Kauf­entscheidung für Arrow 3 widerrufen. Die diplomatischen Kosten dürften in diesen beiden Fällen über­schaubar bleiben – auch weil die Beschaffung von Arrow 3 ein unilateraler Entschluss war, der nicht überall auf Zustimmung stieß.144 Finanziell würde die Stornierung sicher zu Buche schlagen. Die Frage wäre aber vor allem, ob diese deutsche Kehrtwende die erhoffte stabilisierende Wirkung auf Russland ent­faltet. Dies darf bezweifelt werden: Wenn zugleich die Nationale Raketenabwehr der USA und die Aegis-Ashore-Systeme in Polen und Rumänien unangetastet blieben, dürften einseitige Schritte Deutschland zwar in der Gunst des Kreml wieder steigen lassen. Solche Schritte würden aber nicht die russischen Sorgen vor der Raketenabwehr der USA und der Nato und die damit aus russischer Sicht verknüpften Stabilitäts­risiken beseitigen.145

Unrealistisch erscheint indes der ambitioniertere Gedanke, nicht bloß die deutschen Kapazitäten zurückzufahren, sondern außerdem die Alliierten zu überzeugen, die Anlagen in Rumänien, Polen und schließlich auch den USA (teilweise) stillzulegen oder gar zurückzubauen, um damit einen Unterschied bei Russlands Bedrohungswahrnehmung zu machen. In Anbetracht von Russlands intensivem Raketeneinsatz gegen die Ukraine dürften solche Zugeständnisse in keinem der drei Nato-Länder politisch durchsetzbar sein, da sie als »falsches Signal« gewertet würden. Darüber hinaus gilt in Washington die Fähigkeit zur Abwehr begrenzter Nuklearschläge gegen das Territo­rium der USA – ob als irrationaler Angriff durch Nordkorea oder Erpressungsversuch von China oder Russland – heute parteiübergreifend als unverzichtbar.146

Drittens könnte Deutschland versuchen, den Auf­wuchs bodengestützter ballistischer Raketen und Marschflugkörper in Europa durch ein Moratorium zu verhindern.147 Entsprechende Vorschläge wurden seit dem Scheitern des INF-Vertrags auch international wiederholt geäußert – nicht bloß von Russland, sondern ebenso von Frankreich.148 Im heutigen Kon­text würde damit der deutsch-amerikanische Statio­nierungsbeschluss für Mittelstreckenwaffen vom Juli 2024 revidiert. Bislang verfügt in Europa einzig das russische Militär über solche Systeme. Zwei Stabilitätsargumente hinter der Initiative für ein Moratorium lauten, dass Schritte der Nato, den russischen Waffen durch eine Nachrüstung etwas entgegen­zusetzen, attraktive Ziele für russische Präventiv­attacken in Krisen erschaffen könnten und obendrein eine Aktions-Reaktions-Rüstungsdynamik auslösen könnten, die keiner Seite zusätzliche Sicherheit brächte.149 Beides wäre als destabilisierend zu be­greifen.

Vor dem Ukraine-Krieg war Frankreichs Mora­toriumsidee vor allem deshalb in der Nato nicht mehrheitsfähig, weil sie Russlands Bruch des INF-Vertrags legitimiert hätte: Damals umfasste das russische Arsenal bodengestützter Mittelstrecken­waffen einzig SSC-8-Marschflugkörper. An ihnen war der INF-Vertrag zerbrochen. Es war politisch nicht hinnehmbar, deren illegale Stationierung dann durch ein Moratorium formell abzusegnen, zumal ohne Counter-Deployments auf Seiten der Nato.150 Dass der­selbe Vorschlag auch von Russland vorgebracht wurde, war in dieser Hinsicht nicht hilfreich. Rein militärisch indes war die eher kleine russische INF-Kapazität – stationiert wurden laut Berichten nur 64 Marschflugkörper vom Typ SSC-8 – nicht aus­schlaggebend.151

Diese militärische Ausgangslage für ein Morato­rium hat sich jedoch zuletzt stark geändert. Zwar ist keine Erhöhung der SSC-8-Stückzahlen bekannt. Allerdings hat Russland seit Ende 2023 rund 400 bal­listische Mittelstreckenraketen aus Iran und einige weitere Dutzend aus Nordkorea importiert.152 Die iranische Zolfaghar hat eine Reichweite von 700 km, die nordkoreanische KN-23 eine Reichweite von 690 km, die US-Regierung spricht gar von bis zu 900 km.153 Als Summe aus den jüngsten Importen und der SSC-8 umfasst Moskaus Arsenal an boden­gestützten Mittelstreckenwaffen so bereits über 500 Systeme, denen in Nato-Europa kein einziges gegenübersteht.

Hinzu kommt, dass Russlands ballistische Iskander-Rakete (SS-26) zwar offiziell als Kurzstreckenwaffe mit unter 500 km Reichweite deklariert wird, weil sie nie für größere Distanzen getestet wurde. Auf der Basis ihrer technischen Parameter jedoch attestieren der SS‑26 unabhängige Experten, Fachleute aus der US-Regierung sowie russische Militärs jeweils inoffiziell eine viel größere Reichweite, nämlich zwischen 700 und 1.000 km, was als Mittelstrecke gilt.154 Trotz intensiver Nutzung der Iskander im russischen Raketenkrieg gegen die Ukraine dürfte der Bestand weiterhin im niedrigen dreistelligen Bereich liegen.155

Zudem wurde der seegestützte Hyperschallmarschflugkörper Zirkon zuletzt von einer Abschussrampe an Land auf Kiew abgefeuert.156 Von diesem neuen Flug­körper, der bis zu 1.000 km weit fliegen kann, besitzt das russische Militär wohl eine hohe zweistellige Stückzahl.157 Die im November 2024 auf Dnipro erst­mals abgefeuerte Oreschnik ist eine landgestützte ballistische Mittelstreckenrakete mit einer Reichweite von über 3.000 km. Von dieser Experimentalversion dürfte Russland eine niedrige zweistellige Stückzahl im Arsenal haben.158

Wenn die Oreschnik, die Zirkon und die Iskander als landgestützte Mittelstreckenwaffen mitgezählt werden, liegt Russlands Arsenal dieser Waffen insgesamt im hohen dreistelligen Bereich. Die Nato-Streitkräfte haben heute keinerlei Pendant. Dieses Ungleichgewicht zu zementieren, das sich durch Moskaus jüngste Importe stark vergrößert hat, ist nicht nur politisch äußerst unattraktiv, sondern auch militärisch nicht mehr länger eine zu vernachlässigende Größe. Eine Initiative, die derzeitigen INF-Bestände in Europa mithilfe eines Moratoriums ein­zufrieren, dürfte daher innerhalb der Nato keine Chance auf Zustimmung mehr haben.

Abrüstungsorientierte deutsche Initiativen

Eine streng am Ziel der nuklearen Abrüstung aus­gerichtete deutsche Rüstungskontrollpolitik müsste über das deklaratorische Fernziel einer kernwaffenfreien Welt hinausgehen. Sie würde versuchen, den »Fußabdruck« von Kernwaffen hierzulande zu redu­zieren – und zwar unabhängig davon, wie sich die nuklearen Gegenspieler verhalten. Handlungsleitend wäre die Maxime, dass einseitige Vorleistungen die eigenen guten Absichten unterstreichen, Deutschland zum Vorbild erheben und so die Über­zeugungskraft seiner abrüstungspolitischen Forderungen steigern.

Eine abrüstungsorientierte deutsche Rüstungskontrollpolitik wäre der Gegenentwurf zur amerikanischen.

Eine solche Politik in Reinform stünde der kompetitiven nuklearen Rüstungskontrollpolitik der USA außerordentlich skeptisch bis ablehnend gegenüber. Sie wäre darauf angelegt, die amerikanischen Ent­scheidungsträger durch die Verweigerung einer deut­schen rüstungskontrollpolitischen Zusammen­arbeit im Nato-Rahmen und durch moralische An­klagen und Appelle zu beeinflussen. Eine abrüstungsfokussierte deutsche Rüstungskontrollpolitik wäre im Grunde der Gegenentwurf zur amerikanischen. Des­halb wäre es irreführend, in diesem Fall von deut­schen Beiträgen zur US-Politik zu sprechen. Deutsche Verfechter haben drei zentrale Vorschläge für diese Rüstungskontrollpolitik unterbreitet.

Erstens könnte die Bundesregierung die Mit­wirkung des Landes an der nuklearen Teilhabe der Nato beenden, verstanden als Abzug der hierzulande gelagerten taktischen US-Kernwaffen.159 In einer stär­keren Version würde Berlin zudem jene Nato-Länder, in denen ebenfalls US-Kernwaffen lagern, ermutigen, es Deutschland gleichzutun. Im Extremfall würde die Initiative noch die deutsche Ratifizierung des Atom­waffenverbotsvertrags in die Wege leiten.160

Eine solche Initiative hätte für Deutschland einen hohen Preis. Mit seinem Aussteigen aus der nuklearen Teilhabe würde Deutschland die jahrzehntelange Praxis der atomaren Kosten- und Risikoteilung uni­lateral aufkündigen – zulasten der USA als Schutzmacht.161 Das müsste selbst auf Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris befremdlich wirken, vom künftigen Präsidenten Donald Trump ganz zu schweigen. Mit dem Abzug aller Kernwaffen aus Deutschland entfiele auch der Grund für den privilegierten Zugang der Bundesregierung zu sensib­len Informationen als Stationierungsland162 (»Nuklear-Nato«) sowie für die exklusive Mitsprache bei der Nuklearpolitik der Nato im Rahmen der Quad. Berlins Einfluss würde sinken. Zudem könnte aufgrund der Stellung der Bundesrepublik schon ein nationaler deutscher Ausstieg das Überleben des gesamten Teil­habe-Arrangements gefährden.163 Weil im Falle seines Zusammenbruchs der Entkopplung Europas von Amerika Tür und Tor geöffnet wäre, fürchten allen voran die Bündnispartner an der Ostflanke jede Änderung am Status quo der nuklearen Teilhabe.164 Kündigte Berlin unter diesen Voraussetzungen die Mitarbeit auf, müsste es mit einer tiefen Spaltung und Schwächung der Allianz rechnen.

Den Beitritt zum Kernwaffenverbotsvertrag anzubahnen würde diese horrenden außen- und sicherheitspolitischen Kosten weiter in die Höhe treiben. Damit würde Deutschland das Verhältnis zu seinen zentralen außenpolitischen Partnern – den USA, Frankreich, den übrigen Nato-Staaten und den Demo­kratien im Indopazifik – schwer belasten.165 All diese nämlich setzen für ihre eigene Sicherheit auf nuklea­re Abschreckung, angesichts der russischen und chi­nesischen Aufrüstung in zunehmendem Maße.166 Derzeit hinnehmbar scheint dagegen ein Festhalten an der deutschen Praxis, an den Treffen der Parteien des Verbotsvertrags als Beobachter teilzunehmen, denn die damit verbundenen allianzinternen Kosten sind mittlerweile eingepreist.

Der Mehrwert eines Vertragsbeitritts und Ausstiegs aus der Teilhabe wäre ohnehin gering. Deutschlands Image im Globalen Süden würde zwar aufpoliert, doch ein Inkrafttreten des Vertrags bliebe auch mit Deutschland illusorisch.167 Die Zahl der weltweiten Atomwaffen bliebe unverändert. Auch ohne US-Kern­waffen bliebe Deutschland als Logistikdrehscheibe der Nato fest in Russlands Fadenkreuz.168 Zur Ver­hütung von Kriegen würde so kein Beitrag geleistet.

Zweitens könnte die Bundesregierung ein Stationierungsverbot für bodengestützte Mittelstrecken­waffen in Deutschland beschließen – losgelöst von der Frage, wie sich Russlands Verhalten und die russi­sche INF-Kapazität in Europa entwickeln. Auch auf diesem Wege würde der deutsch-amerikanische Stationierungsbeschluss vom Juli 2024 revidiert. In einer stärkeren Version könnte Berlin weitere euro­päische Nato-Länder auffordern, das Gleiche für ihre Staatsgebiete zu tun.169 Eine begrenztere Form der Initiative würde ein Stationierungsverbot explizit für Hyperschallwaffen mittlerer Reichweite170 statt für alle Arten bodengestützter Mittelstreckenwaffen beschließen.

Eine solche Initiative, besonders die gesamteuro­päische Variante, wäre ein Affront gegen die Reaktion der Nato auf die in der Ukraine sichtbare steigende Bedrohung Europas durch russische Flugkörper. Neben dem Ausbau der europäischen Flug- und Rake­tenabwehr setzt die Streitkräfteplanung der Allianz als Ergänzung auf stärkere Deep-Strike-Fähigkeiten mit hoher Präzision und Reichweiten zwischen 300 und 2.000 km.171 Durch deren Verlegung sollen lokale militärische Ungleichgewichte, wie es sie etwa im Bal­tikum zugunsten von Russland gibt, zu Beginn einer Krise aufgelöst und ein Abgleiten in bewaffnete Kon­flikte verhindert werden.172 Die Absicht hinter der Deep-Strike-Kapazität ist, wichtige militärische und andere Hochwertziele in Russland ins Fadenkreuz nehmen zu können. So wird Russlands Kalkül durch­kreuzt, im Kriegsfall mit eigenen Deep-Strike-Fähig­keiten das Gros der Nato-Kräfte auf Abstand zu halten (Anti-Access/Area-Denial, A2AD). Dem Kreml wird signalisiert, dass die Nato bei einem Angriff gegen sich die Option hat, Russlands Fähigkeit zur Fort­führung des Krieges an der Front massiv einzuschränken – ein Signal, das abschrecken soll.173

Bei der Verbesserung der Deep-Strike-Kapazität in Nato-Europa lag der Schwerpunkt bisher auf luft- und seegestützten Marschflugkörpern mit Reichweiten bis zu 1.600 km.174 Die vor dem Juli 2024 eingeplanten bodengestützten Systeme – die ATACMs der Balten und Polen (ab Ende 2024), Großbritanniens Precision Strike Missile (PrSM, ab 2024) und die (noch nicht zugesagte) Joint Fire Support Missile (JFS-M, ab 2030) Deutschlands – wären für die skizzierte Abrüstungsinitiative irrelevant, weil sie nicht in den Bereich von Mittelstreckenwaffen (ab 500 km Reichweite) fallen. Aller­dings hatten die Nato-Staaten bewusst nicht ausgeschlossen, auch Systeme mit größerer Reichweite – sprich: bodengestützte Mittelstreckenwaffen – in Europa zu stationieren.175 Im Juli 2024 verkündete die Bundesregierung nun, dass genau solche US-Systeme in Deutschland stationiert werden und dass Deutschland eigene Waffen dieser Kategorie gemeinsam mit Frankreich, Polen, Italien und nun auch Großbritannien und Schweden entwickeln möchte. Mit einem Stationierungsverbot würde Deutschland diese konkreten Vorhaben und die Nato-Strategie sabotieren, die genannten Partner – welche für die deutsche Außenpolitik essentiell sind – vor den Kopf stoßen und sich im Bündnis weitgehend isolieren.

Die Vorteile dieser Initiative wären fragwürdig. Sie als Schritt zur atomaren Abrüstung zu preisen wäre schwierig, denn anders als ihre russischen Pendants sind die bodengestützten Mittelstreckenwaffen der Nato-Staaten nicht nuklear­waffenfähig, sondern rein konventionell.176 Ohnehin scheint die Idee illusorisch, mittels eigener militärischer Zurückhaltung Putin zum Verzicht auf die Nutzung der russischen Raketen und Marschflugkörper gewissermaßen zu überreden. Ein praktischer friedensfördernder Effekt wäre nicht zu erwarten.

Drittens könnte Deutschland die drei Kernwaffenstaaten der Nato aufrufen, ihre strategischen Atom­arsenale nicht zu vergrößern – losgelöst davon, ob Russland oder China ihre Nuklearfähigkeiten aus­bauen.177 In dieselbe »strategische Kerbe« schlüge die Bundesregierung , wenn sie sich festlegte, unter keinen Umständen eine europäische nukleare Abschreckungsfähigkeit zu unterstützen – unabhängig davon, wie diese Kapazität konkret umgesetzt würde, und selbst dann nicht, wenn die USA ihre atomare Schutzzusage für die Nato zurückziehen sollten.178

Derartiges deutsches Drängen auf größte Zurückhaltung im strategischen Nuklearbereich wäre substantiell erfolglos, allianzpolitisch kostspielig und sicherheitspolitisch riskant. Eine Reduzierung des strategischen Atomarsenals der USA ist generell nicht durch Einflussnahme von Alliierten erreichbar – anders als bei taktischen US-Kernwaffen, die auf alliiertem Territorium vorwärtsstationiert sind. Über die Zahl der benötigten ICBMs, U-Boot-gestützten ballistischen Raketen (Submarine-Launched Ballistic Missiles, SLBMs) und nuklearfähigen Langstreckenbomber entscheidet der US-Präsident auf Grundlage von Empfehlungen der Stabschefs des Militärs. Diese richten sich (im Rahmen der gültigen Rüstungs­kontroll­verträge) in erster Linie danach, wie viele Kern­waffen sie für erforderlich halten, um Russland, China und Nordkorea optimal abzuschrecken. Ob abrüstungs­affine Alliierte diese Einschätzung teilen, ist für das Pentagon dabei unwichtig. Ein US-Präsi­dent könnte den Militärs zwar widersprechen und das Arsenal trotzdem verkleinern. Politisch wäre dies aber hoch­riskant für den Präsidenten, da der Dissens gewiss publik würde.179 Dies gilt umso mehr, wie in Amerika ein neuer Konsens entstanden ist, dass eine Stärkung und maßvolle Vergrößerung des strategischen Atom­arsenals nötig ist.180 Sollte ein Präsident dennoch diese Machtprobe wagen, täte er das wohl bloß aus eigener Überzeugung und nicht als Folge einer abrüstungsfreundlichen Einflussnahme der Bundesregierung.

Noch unempfänglicher für Berliner Wünsche nach unilateraler nuklearer Zurückhaltung dürften London und Paris sein, denn Frankreich und Großbritannien betrachten die jeweilige Anzahl ihrer einsatzbereiten strategischen Kernsprengköpfe als absolutes Minimum dessen, was nötig sei, um Russland überhaupt glaubhaft abschrecken zu können.181 Wenn sie zu dem Entschluss kämen, die Obergrenze für ihr jewei­liges Arsenal anzuheben, wäre auch dieses Limit per definitionem das gerade noch zu verantwortende Minimum. Die britische Regierung erhöhte 2021 ihre Obergrenze um 40 Prozent und begründete dies mit der neuen Bedrohungslage für ihr Land und das eigene Arsenal.182 Für die Wünsche anderer Akteure nach Abrüstung war dabei kein Platz.183 Frankreichs Atompolitik ist ohnehin dafür bekannt, eng an nationalen Prioritäten ausgerichtet zu sein und Abrüstungsbelange außen vor zu lassen.184

Allianzpolitisch würde eine derartige deutsche Initiative Porzellan zerschlagen, obwohl sie keine Abrüstung erreicht. Von der US-Politik würde sie eher als weltfremd aufgefasst. In einer aktuellen Analyse des amerikanischen Nukleardiskurses wird betont, auch die US-Bündnispartner »sollten alle anerkennen, dass der entstehende Konsens in Washington, D.C. darin besteht, vor zunehmenden chinesischen und russischen Bedrohungen nicht zurückzuschrecken, sondern diesen Bedrohungen mithilfe eines leistungsfähigeren Nukleararsenals entgegenzutreten«.185 Deutsche abrüstungsfokussierte Fundamentalkritik am US-Konsens dürfte als anmaßend bewertet werden.

Nicht gut ankommen bei den nord- und osteuro­päischen »Frontstaaten« würde auch eine kategorische, unabhängig vom Kontext ausgesprochene Absage Berlins an eine nukleare Abschreckungsfähigkeit für Europa. Die Bundesrepublik hat die sicherheitspolitischen Sorgen dieser Länder vor Russland mindestens von 2014 bis 2022 geringgeschätzt und damit falsch gelegen. Deshalb dürften Einwände aus Berlin, selbst ohne den Schutzschirm der USA brauche es kein Mehr an atomarer Abschreckung, als deutsche Rückkehr zur ihnen bekannten »handlungsarmen, aber selbstgerechten Ratschlaggeberei von der Seitenlinie« verstanden werden und viel Groll auslösen.186

Ein Aufruf zur einseitigen nuklearen Zurück­haltung des Westens, gerade wenn der US-Atom­schirm wegfiele, würde ferner die Sicherheitsrisiken für Europa erhöhen. Die damit zum Ausdruck kommende deutsche Indifferenz gegenüber nuklearer Abschreckung wäre eine Steilvorlage für Trump, die Schutzzusage weiter in Frage zu stellen. Sie wäre auch eine Einladung an Putin, mit immer neuen Atomdrohungen Europa zu spalten. Würde ihre Nachfrage nach Abschreckung weder transatlantisch noch europäisch befriedigt, kämen in den »Front­staaten« irgendwann Debatten über eigene Kern­waffen auf.187 Diese Frage würde die Gräben im Westen weiter vertiefen und zudem die atomare Nichtverbreitungsnorm belasten.

Welcher Ansatz passt heute?

Die von der Bundesregierung angestrebte Neukonzeption ihrer nuklearen Rüstungskontrollpolitik ist in »Reinform« in drei Richtungen denkbar: als strikt abrüstungsfokussierte, als stabilitätsorientierte oder als kompetitive Politik. Anhand welcher Kriterien sollte die Entscheidung zwischen den drei Typen von Rüstungskontrollpolitik getroffen werden? Muss sich Berlin überhaupt für eine Richtung entscheiden, oder können diese Idealtypen in der Praxis auch kombiniert werden?

Der Handlungsrahmen für Berlins Entscheidungsfindung wird auf allgemeiner Ebene durch den Anta­gonismus der westlichen und russischen Ordnungsvorstellungen für Europa bestimmt. Auf konkreterer Ebene wird der Rahmen durch die Aufrüstung und Modernisierung des russischen Nukleararsenals und die atomaren Rüstungskontrollpolitiken der USA und Russlands vorgegeben, die jeweils kompetitiv sind. Dieser Kontext ist maßgebend für die substantiellen Erfolgsaussichten und die Kosten, die mit den oben skizzierten abrüstungs-, stabilitäts- und wettbewerbsorientierten deutschen Rüstungskontrollbeiträgen einhergehen.

Das wichtigste Kriterium, um zwischen den Rüstungskontrollansätzen auszuwählen, sollte sein, welche der drei verschiedenen Schulen die empirisch überzeugendste Antwort auf die Frage gibt, worin derzeit die wahrscheinlichste Ursache für Kriege mit nuklearen Großmächten und speziell Russland besteht. Denn wenn Rüstungskontrolle Kriege ver­meiden soll, muss sie auf die wahrscheinlichste Kriegsursache ausgerichtet sein.

Die Aussichten, wie heutzutage Krieg mit Russland (und anderen nuklearen Großmächten) entstehen könnte, haben sich im letzten Jahrzehnt deutlich verändert. In der Ära der weitgehend kooperativen Großmachtbeziehungen von 1990 bis etwa 2014 galt eine absichtliche militärische Aggression und Eska­lation beiderseits als so unwahrscheinlich, dass sie fast ausgeschlossen werden konnte.188 Daher waren unabsichtliche Eskalationen in dieser Zeit noch am ehesten als Auslöser für Kriege zwischen Atom­mächten plausibel – ob als Folge von Fehlurteilen der Regierenden (inadvertent escalation) oder von technischen Unfällen und nichtautorisierten Hand­lungen des Militärs (accidental escalation).189 Nicht aggressive Absichten der Akteure galten als wahrscheinlichste Kriegsursache, sondern die destabilisierende technologische Entwicklung, die großen Atomarsenale und der Einfluss des Militärs bzw. militaristischen Denkens. Unter diesen Bedingungen lag eine abrüstungs- und stabilitätsorientierte Rüs­tungskontrollpolitik nahe, weil sie sich den damals wahrscheinlichsten Kriegsauslösern widmete.

Russlands gezielter Angriff auf die Ukraine zeigt, dass sich die relevantesten Kriegsursachen geändert haben. Die absichtliche militärische Eskalation seitens revisionistisch-aggressiver Atommächte bildet heute die wahrscheinlichste Ursache für Kriege mit Großmächten. Dagegen helfen Rüstungskontroll­instrumente, die auf unbeabsichtigte Eskalation fokussieren, nicht weiter.190 Für Kriege, die aus gewollten Aggressionen hervorgehen, besteht die passgenaue Vermeidungsstrategie darin, das militä­rische Kräfteverhältnis so zu verändern, dass der Aggressor unterlegen ist.191 Genau das ist der Zweck kompetitiver Rüstungskontrolle.

Diese Verschiebung bei der wahrscheinlichsten Ursache für Kriege bedeutet nicht, dass Eskalationen überhaupt nicht mehr von Unfällen oder Fehlurteilen ausgelöst werden könnten. Das ist weiter möglich. Jedoch deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass unbeabsichtigte Kriege als Phänomen in ihrer Bedeu­tung stark überzeichnet werden. Selbst die Verfechter dieses Konzepts können kein einziges historisches Beispiel für einen solchen Krieg nennen.192 Auch die Möglichkeit ungewollter Atomschläge als Folge tech­nischer oder menschlicher Fehler hat zwar viel theo­retische Literatur inspiriert. Bei genauerem Hin­sehen lässt sich aber nur bei ganz wenigen der zahl­reich angeführten historischen Beispiele von einem echten Kriegsrisiko sprechen.193 Ferner entspricht der Verlauf des Krieges in der Ukraine so gar nicht den Erwartungen derer, die eine nukleare Eskalation »aus Versehen« für wahrscheinlich halten. Die USA und Russ­land gehen nämlich mit den roten Linien des jeweils anderen bislang sehr vorsichtig um und kommunizieren im Zweifel direkt, um Fehler zu vermeiden.194

Fragen werfen schließlich abstrakte »use them or lose them«-Szenarien auf, bei denen Russland in einer Krise einen Nuklearkrieg gegen die USA startet, um zu verhindern, dass seine Raketen am Boden zerstört werden. Warum sollte Moskau aus Angst vor einem möglichen US-Angriff einen Atomkrieg lostreten, bei dem die nukleare Vergeltung der USA garantiert ist? In der Geschichte finden sich auch keine Fälle derart initiierter Eskalationen von Krisen mit Atommächten. Ängste vor US-Counterforce-Angriffen gab es. Aber diese Angst führte zu mehr Vorsicht, nicht zu rascher Eskalation.195

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu unabsichtlichen Kriegen und zu Kriseninstabilität à la »use them or lose them« sowie Russlands militärischer Revisionismus im letzten Jahrzehnt legen also jeweils nahe, dass Deutschland eine kompetitive Rüstungskontrollpolitik verfolgen sollte. Denn dieser Ansatz fokussiert auf aggressiv-revisionistische Akteure als wahrscheinlichste Kriegsursache, was den heutigen und absehbaren Realitäten entspricht.

Da unbeabsichtigte Eskalation als Kriegsgrund zwar unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen ist, stellt sich die Frage, ob nicht eine stabilitätsorientierte Rüstungskontrollpolitik oder ein Teil davon in der Praxis mit dem kompetitiven Ansatz kombiniert werden kann. Mehrere mögliche Ursachen für Groß­machtkriege anzugehen scheint besser zu sein, als lediglich den wahrscheinlichsten Kriegsgrund rüs­tungskontrollpolitisch einzuhegen. Die Antwort auf diese Frage fällt nuanciert aus: Mit Blick auf die quan­titative und qualitative Rüstungsbegrenzung sind diese zwei Rüstungskontrollansätze weitgehend inkompatibel. Das haben die im vorigen Kapitel ausgeführten Vorschläge für eine entsprechend ausgerichtete Poli­tik gezeigt: Der kompetitive Ansatz würde Deutschland zum Stationierungsland für bodengestützte Mittelstreckenraketen bis hin zu Hyperschallwaffen machen. Mit stabilitätsorientierten Bemühungen dagegen sollte versucht werden, die Nutzung der­arti­ger Counterforce-Waffen zu minimieren. Eine kompe­titive Politik würde die europäische Raketenabwehr engagiert ausbauen, um den Druck auf Putin zu erhöhen. Verfechtern des stabilitätsorientierten An­satzes wäre dies ein Graus, weil sie fürchten, Moskau könnte dadurch vorschnell eskalieren. An den Bei­spielen wird deutlich: Eine kompetitive Politik sieht ein militärisches Ungleichgewicht zum eigenen Vorteil als stabilisierend an, während die andere Schule die­selbe militärische Lage als destabilisierend versteht.

Neben Rüstungsbegrenzungen erfasst Rüstungskontrolle jedoch noch den Teilbereich der nuklearen Risikoreduzierung. Ein Kernelement daraus, nämlich die Einrichtung und Nutzung direkter Gesprächs­kanäle, lässt sich bestens mit einer kompetitiven Rüs­tungskontrollpolitik bei der Rüstungsbegrenzung kombinieren, wie die Erfahrung im Ost-West-Konflikt zeigt. Zwischen Washington und Moskau wurde 1963 im Nachgang der Kubakrise eine Hotline für die Regierungschefs eingerichtet, um in Notfällen und Krisen direkt miteinander sprechen zu können und so Missverständnisse über das Verhalten und die Motive des anderen zu vermeiden, die zu ungewollter Eska­lation beitragen könnten. Die Hotline wurde in diversen Krisen benutzt.196

Heute haben die USA und Russland neben der Hotline der Präsidenten weitere Kanäle zum Krisenmanagement. Auf der Arbeitsebene steht das National Risk Reduction Center im US-Außenministerium seit 1988 täglich im Austausch mit seinem russischen Pendant.197 Der russische Botschafter in Belgien kom­muniziert mit der Nato-Zentrale in Brüssel.198 Nach Russlands Angriff auf die Ukraine wurde eigens eine Deeskalationshotline zwischen dem Hauptquartier der US-Armee in Europa und dem Verteidigungs­ministerium in Moskau eingerichtet.199 Im Bedarfsfall tauschen sich zudem die Nationalen Sicherheits­berater, die Verteidigungsminister, die Generalstabschefs und die Leiter der Auslandsgeheimdienste der beiden Länder bilateral aus.200 Zwar hat die Menge der ausgetauschten Informationen stark nachgelassen, denn mit der Aussetzung von New START wurde der routinemäßige Datenaustausch über die stra­tegischen Atomstreitkräfte eingestellt, die Vor-Ort-Inspektionen bereits zuvor.201 Die Gegenseite wird aber immer noch vorab über Tests von ICBMs in Kenntnis gesetzt, damit es nicht zu verhängnisvollen Fehleinschätzungen kommt.202 Obwohl also die USA eine kompetitive Rüstungskontrollstrategie verfolgen, betreiben sie mithin zugleich aktive Risikoreduzierung durch Krisenkommunikation, um so die poten­tiell destabilisierenden Effekte ihres nuklearen Wett­bewerbs mit Russland einzuhegen.

In diesem Kontext kann Deutschland sich entschei­den, zur kompetitiven US-Rüstungskontroll­politik in der Gewissheit beizutragen, dass durch Washingtons Anstrengungen parallel auch die Risiken für eine (historisch höchst unwahrschein­liche) unbeabsichtigte Eskalation weiterhin bearbeitet werden.

Abkürzungsverzeichnis

A2AD Anti-Access/Area-Denial

ABM Anti-Ballistic Missile (Treaty)

ADNC Special Advisory and Consultative Arms Control, Disarmament and Nonproliferation Committee

BAKS Bundesakademie für Sicherheitspolitik

BICC Bonn International Centre for Conflict Studies

CNN Cable News Network

CSBA Center for Strategic and Budgetary Assessments

CSIS Center for Strategic and International Studies

DGAP Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

ELN European Leadership Network

ELSA European Long-Range Strike Approach

ESSI European Sky Shield Initiative

FAS Federation of American Scientists

ICBM Intercontinental Ballistic Missile

IFSH Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg

IISS International Institute for Strategic Studies

INF Intermediate-Range Nuclear Forces

ISR Intelligence, Surveillance and Reconnaissance

LRHW Long-Range Hypersonic Weapon

MIRV Multiple Independently Targetable Reentry Vehicle

Nato North Atlantic Treaty Organization

NPG Nukleare Planungsgruppe

PRIF Peace Research Institute Frankfurt

RUSI Royal United Services Institute

SALT Strategic Arms Limitation Talks

SLBM Submarine-Launched Ballistic Missile

SM Standard Missile

START Strategic Arms Reduction Talks/Treaty

TWISTER Timely Warning and Interception with Space-based Theater Surveillance

Literaturhinweise

Jonas Schneider

Comeback der Atomwaffen: Warum Deutschlands Rüstungskontrollpolitik eine Neuausrichtung braucht

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, 20. November 2024 (SWP-Podcast 30/2024)

Jonas Schneider/Torben Arnold

Gewichtig und richtig: weitreichende US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik,
Juli 2024 (SWP-Aktuell 36/2024)

Jonas Schneider/Liviu Horovitz

Offizielle US-Strategie zur nuklearen Rüstungskontrolle: »Nur der erste Schritt oder schon alles?«

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik,
9. Juni 2023 (Kurz gesagt)

Jonas Schneider/Oliver Thränert

Chinas nukleare Aufrüstung betrifft auch Europa

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik,
März 2022 (SWP-Aktuell 20/2022)

Endnoten

1

 Vgl. Joachim Krause, »Deutsche Rüstungskontrollpolitik im strategischen Niemandsland«, in: SIRIUS, 5 (2021) 2, S. 157–164.

2

 Das zeigen Russlands Vertragsentwürfe vom Dezember 2021; vgl. Gabriele Tétrault-Farber/Tom Balmforth, »Russia Demands Nato Roll Back from East Europe and Stay Out of Ukraine«, Reuters, 17.12.2021, <https://t.ly/X_AmE>.

3

 Vgl. Liviu Horovitz/Anna Clara Arndt, Russlands diffuse Nuklearrhetorik im Krieg gegen die Ukraine. Ein strategischer Balanceakt zwischen Abschreckung und Erpressung, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Oktober 2022 (SWP-Aktuell 63/2022).

4

 Vgl. Heather Williams, »What the Nuclear Ban Treaty Means for America’s Allies«, in: War on the Rocks, 5.11.2020, <https://t.ly/b1a3D>.

5

 Vgl. Francis J. Gavin, »Strategies of Inhibition: U.S. Grand Strategy, the Nuclear Revolution, and Nonproliferation«, in: International Security, 40 (2015) 1, S. 9–46.

6

 Vgl. Francis J. Gavin, Nuclear Statecraft. History and Strategy in America’s Atomic Age, Ithaca 2012, S. 147–150.

7

 Vgl. Brendan Rittenhouse Green/Austin Long, »The Geopolitical Origins of US Hard-Target-Kill Counterforce Capabilities and MIRVs«, in: Michael Krepon/Travis Wheeler/ Shane Mason (Hg.), The Lure and Pitfalls of MIRVs. From the First to the Second Nuclear Age, Washington, D.C.: Stimson Center, 2016, S. 19–53; Peter Rudolf, Aporien atomarer Abschreckung. Zur US-Nukleardoktrin und ihren Problemen, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juli 2018 (SWP-Studie 15/2018), S. 8–16.

8

 Vgl. Karl-Heinz Kamp, Deutschlands nukleare Interessen nach dem Ukraine-Krieg, Baden-Baden 2023, S. 29–45.

9

 Vgl. dazu Tobias Bunde, »Nuclear Zeitenwende(n). Germany and Nato’s Nuclear Posture«, in: Ulrich Kühn (Hg.), Germany and Nuclear Weapons in the 21st Century. Atomic Zeitenwende?, London 2024, S. 87–111.

10

 Vgl. Hanna Notte, Berlin Continues to Look to Moscow and Washington for Major Strides in Nuclear Arms Control, Moskau: Valdai Club, 2.1.2022, <https://t.ly/6VjyZ>.

11

 Vgl. z.B. Rolf Mützenich, »Rückkehr des nuklearen Denkens«, in: Internationale Politik und Gesellschaft, 4.12.2018, <https://t.ly/zE2s9>.

12

 Vgl. etwa Christopher Fichtlscherer et al., Rüstungs­kontrolle für die nächste Bundesregierung. Ein Empfehlungsbericht, Hamburg: Institut für Friedensforschung und Sicherheits­politik an der Universität Hamburg (IFSH), Juni 2021, <https://t.ly/4MT7m>.

13

 Vgl. The White House, Interim National Security Strategic Guidance, Washington, D.C., März 2021, S. 13, <https://t.ly/ A52VE>.

14

 Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit, Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, Berlin, 7.12.2021, S. 115, <https://t.ly/hEG3Q>.

15

 Jahresabrüstungsbericht 2021. Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung sowie über die Entwicklung der Streitkräftepoten­ziale für das Jahr 2021, Berlin 2022, S. 10.

16

 Vgl. Jahresabrüstungsbericht 2023. Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung sowie über die Entwicklung der Streitkräfte­potenziale für das Jahr 2023, Berlin 2024, S. 12.

17

 Vgl. Auswärtiges Amt, »Rede von Außenministerin Annalena Baerbock vor der Genfer Abrüstungskonferenz«, Genf, 27.2.2023, <https://t.ly/hk1BD>.

18

 Vgl. Bundesregierung, Wehrhaft, resilient, nachhaltig. Integrierte Sicherheit für Deutschland. Nationale Sicherheitsstrategie, Berlin 2023, S. 45.

19

 Harald Müller, »Wer im falschen Film spielt, den bestraft das Leben«, PRIF Blog, 10.3.2022, <https://t.ly/BOwaA>.

20

 Zitiert nach Gudrun Büscher/Jörg Quoos, »Heusgen: Putin hat sich gewaltig getäuscht«, in: Hamburger Abendblatt, 7.5.2022, S. 3.

21

 Vgl. Anja Dahlmann/Ulrich Kühn, Rüstungskontrolle in der Nationalen Sicherheitsstrategie, Hamburg: IFSH, Oktober 2022 (IFSH-Brief 02/22), S. 1. Auf mehr Aktivität bei unverändert kooperativem Ansatz drängen auch Oliver Meier et al., Für eine umfassende, globale und aktive Abrüstungs- und Rüstungskontrollpolitik, Berlin: Global Public Policy Institute (GPPi), 10.11.2022 (+49Security), <https://t.ly/XFYe2>.

22

 Vgl. die Aussagen des Friedensforschers Ulrich Kühn im Interview mit Johanna Metz, »Heikles Unterfangen«, in: Das Parlament, 8.8.2022, S. 9.

23

 Vgl. Dahlmann/Kühn, Rüstungskontrolle [wie Fn. 21], S. 6.

24

 Vgl. Lukas Mengelkamp, »Bedeutet der Krieg das Ende der Rüstungskontrolle?«, in: Frankfurter Rundschau, 13.6.2022.

25

 Vgl. Lydia Wachs, Germany Must Adapt Its Mindset on Nuclear Weapons, Berlin: GPPi, 23.11.2022 (+49Security), <https://t.ly/aJQ77>; Hanna Notte, »New-START-Abkommen: Rüstungskontrolle in russischer Geiselhaft«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.2.2023; Alexander Graef/Tim Thies, Lessons from the Past: Arms Control in Uncooperative Times, London: European Leadership Network (ELN), Dezember 2022, <https://t.ly/w1gF8>.

26

 Vgl. Christopher Daase et al., »Rüstungskontrolle und Desinformation«, in: Bonn International Centre for Conflict Studies (BICC) et al. (Hg.), Noch lange kein Frieden. Friedens­gutachten 2023, Bielefeld 2023, S. 85–101 (89f).

27

 Vgl. Herbert Wulf, »Hochgerüstet in die Sackgasse«, in: Internationale Politik und Gesellschaft, 3.1.2023, <https://t.ly/p Mzwi>.

28

 Vgl. Wolfgang Ischinger, »Noch ist es möglich, mit Putin zu verhandeln«, in: Handelsblatt, 20.4.2023, S. 11.

29

 Vgl. zu allen konzeptionellen und theoretischen Über­legungen in diesem Kapitel John D. Maurer, »The Purposes of Arms Control«, in: Texas National Security Review, 2 (2018) 1, S. 8–27.

30

 Vgl. ebd.

31

 Vgl. Wolfgang Richter, »German Efforts to Halt the Disintegration of Nuclear and Conventional Arms Control«, in: Kühn (Hg.), Germany and Nuclear Weapons in the 21st Century [wie Fn. 9], S. 157–181; Jana Baldus et al., Die rüstungskontroll­politischen Initiativen Deutschlands – eine Erfolgsgeschichte?, Ham­burg: Greenpeace, Dezember 2023, S. 6–11, <https://t.ly/n 2R5M>.

32

 Vgl. Rafael Loss, »Curb Your Enthusiasm, Update Your Strategy«, in: Internationale Politik Quarterly, 9.10.2020, <https://t.ly/WmAgi>.

33

 Vgl. Krause, »Deutsche Rüstungskontrollpolitik« [wie Fn. 1].

34

 Vgl. Martin Erdmann, »Deutschland muss auf die nukleare Schulbank«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (online), 25.7.2024, <https://t.ly/aXP3F>; »Baerbock: Stillstand bei nuklearer Abrüstung aufbrechen«, dpa, 14.12.2021.

35

 Vgl. etwa Federal Foreign Office, »Speech by Foreign Minister Maas at the Conference 2019 Capturing Technology. Rethinking Arms Control«, Berlin, 15.3.2019, <https://t.ly/ Rk5oP>.

36

 Vgl. die Zitate eines hochrangigen Beamten in Laura Lepsy, »Wege in eine atomwaffenfreie Welt«, Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung, 1.4.2020, <https://t.ly/_wXuh>.

37

 Vgl. »A Keynote Conversation with German Minister of State Katja Keul«, 2022 Carnegie International Nuclear Policy Conference, Washington, D.C., 28.10.2022, <https:// t.ly/dSwa9>.

38

 Vgl. Claus Christian Malzahn, »Neitzel: Distanz zur Bundeswehr ist ein Problem politischer Eliten«, in: Welt, 5.4.2022, S. 4; Michael Martens, »Diplomatie und Waffen: Das schwierige Verhältnis der Deutschen zur Rüstungs­industrie«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (online), 24.7.2024, <https://t.ly/nPixe>; Erdmann, »Deutschland muss auf die nukleare Schulbank« [wie Fn. 34].

39

 Vgl. Pia Fuhrhop, »The German Debate: The Bundestag and Nuclear Deterrence«, in: Amelia Morgan/Anna Peczeli (Hg.), Europe’s Evolving Deterrence Discourse, Livermore, CA: Center for Global Security Research, Lawrence Livermore National Laboratory, 2021, S. 27–38 (35).

40

 Vgl. »Rede von Bundeskanzlerin Merkel zur 55. Münchner Sicherheitskonferenz«, 16.2.2019, <https://t.ly/A8T5g>.

41

 Vgl. Katarzyna Kubiak, »A Strategic Culture Analysis of German Ballistic Missile Defense Policy«, in: Comparative Strategy, 36 (2017) 4, S. 333–353 (335–344).

42

 Vgl. »Speech by Foreign Minister Maas« [wie Fn. 35].

43

 Vgl. »Rede von Außenminister Maas bei der Eröffnung des 1. Treffens der ›Missile Dialogue Initiative‹«, Berlin, 18.10.2019, <https://t.ly/r1Fan>.

44

 Vgl. »Speech by Foreign Minister Maas« [wie Fn. 35].

45

 Vgl. Krause, »Deutsche Rüstungskontrollpolitik« [wie Fn. 1].

46

 Vgl. Humeyra Pamuk, »NATO Concerned about China’s ›Opaque‹ Military Buildup – Blinken«, Reuters, 30.11.2022, <https://t.ly/hJ_9U>.

47

 Vgl. Simon Lunn/Nicholas Williams, NATO’s DNA: The Alliance’s Contribution to Arms Control, Disarmament, and Non-proliferation, London: ELN, 2020, S. 12.

48

 Vgl. Oliver Meier, »NATO Agrees on New Arms Control Body«, in: ArmsControl.org (Blog), 26.2.2013, <https://t.ly/ FOsup>.

49

 Die Neubewertung der US-Politik ist unter Historikern unstrittig. Vgl. illustrativ John D. Maurer, »The Forgotten Side of Arms Control: Enhancing U.S. Competitive Advan­tage, Offsetting Enemy Strengths«, in: War on the Rocks, 27.6.2018, <https://t.ly/WYmnn>; James Cameron, »What History Can Teach«, in: Robert Legvold/Christopher F. Chyba (Hg.), Meeting the Challenges of the New Nuclear Age (= Daedalus, 149 [2020] 2), S. 116–132; Lukas Mengelkamp, »Organisierte Friedlosigkeit. Dieter Senghaas’ Abschreckungskritik«, in: Die Friedens-Warte, 94 (2021) 1–2, S. 45–59.

50

 Vgl. Hal Brands, The Twilight Struggle. What the Cold War Teaches Us about Great-Power Rivalry Today, New Haven 2022, S. 48–75; Joshua Rovner, »Give Instability a Chance?«, in: War on the Rocks, 28.7.2020, <https://t.ly/QWsEb>.

51

 Vgl. James Cameron, The Double Game. The Demise of America’s First Missile Defense System and the Rise of Strategic Arms Limitation, New York 2017.

52

 Vgl. John D. Maurer, Competitive Arms Control. Nixon, Kissinger, and SALT, 1969–72, New Haven 2022.

53

 Vgl. Cameron, Double Game [wie Fn. 51], S. 107–135; Marc Trachtenberg, »The United States and Strategic Arms Limitation during the Nixon-Kissinger Period: Building a Stable International System?«, in: Journal of Cold War Studies, 24 (2022) 4, S. 157–197.

54

 Vgl. Eric Grynaviski, »Necessary Illusions: Misperception, Cooperation, and the ABM Treaty«, in: Security Studies, 19 (2010) 3, S. 376–406 (393–395).

55

 Vgl. Maurer, Competitive Arms Control [wie Fn. 52], S. 34–66.

56

 Stephan Kieninger, »Diverting the Arms Race into the Per­mitted Channels«. The Nixon Administration, the MIRV-Mistake, and the SALT Negotiations, Washington, D.C., November 2016 (Nuclear Proliferation International History Project Working Paper Nr. 9).

57

 Vgl. James Cameron, »Soviet-American Strategic Arms Limitation and the Limits of Cooperative Competition«, in: Diplomacy & Statecraft, 33 (2022) 1, S. 111–132 (127).

58

 Vgl. Brendan Rittenhouse Green, The Revolution that Failed. Nuclear Competition, Arms Control, and the Cold War, Cambridge 2020, S. 133–139; Niccolò Petrelli/Giordana Pulcini, »Nuclear Superiority in the Age of Parity: US Planning, Intelligence Analysis, Weapons Innovation and the Search for a Qualitative Edge 1969–1976«, in: International History Review, 40 (2018) 5, S. 1191–1209.

59

 Vgl. Green, The Revolution that Failed (wie Fn. 58), S. 190–246.

60

 Vgl. Susan Colbourn, Euromissiles. The Nuclear Weapons that Nearly Destroyed NATO, Ithaca 2022, S. 263.

61

 Laut einem damaligen Nuklearpolitiker aus der Republikanischen Partei: »[Der INF-Vertrag] war ungerecht. Des­wegen war er so ein guter Vertrag. Rüstungskontrolle sollte unseren Gegnern Nachteile auferlegen.« Zitiert nach George Perkovich, »An Optimist Admits That It Is Difficult to See a Path Forward«, in: Arms Control Today, 52 (2022) 3, S. 12–14 (14).

62

 Vgl. Brands, The Twilight Struggle [wie Fn. 50], S. 10f.

63

 Vgl. David A. Cooper, Arms Control for the Third Nuclear Age. Between Disarmament and Armageddon, Washington, D.C., 2021, S. 174; John Maurer, »For Peace, America Must Negotiate from Strength«, in: Real Clear Defense, 17.6.2020, <https:// t.ly/IVY0M>.

64

 Vgl. James Cameron, »Chinese, Russian and US Arms Control«, in: Missile Technology: Accelerating Challenges, London: International Institute for Strategic Studies (IISS), 2023, S. 29–54.

65

 Vgl. Matthew Kroenig/Mark J. Massa/Christian Trotti, Russia’s Exotic Nuclear Weapons and Implications for the United States and NATO, Washington, D.C.: Atlantic Council, 2020, S. 6.

66

 Vgl. Jonas Schneider/Oliver Thränert, Chinas nukleare Aufrüstung betrifft auch Europa, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, März 2022 (SWP-Aktuell 20/2022).

67

 Vgl. Joshua Rovner, »Has the United States Abandoned Arms Control?«, in: War on the Rocks, 2.6.2020, <https://t.ly/a-w5G>.

68

 Vgl. John D. Maurer, »The Dual-Track Approach: A Long-term Strategy for a Post-INF Treaty World«, in: War on the Rocks, 10.4.2019, <https://t.ly/6UgYk>.

69

 Vgl. Daniel Lippman/Bryan Bender/Lara Seligman, »Trump Administration Orders Assessment on Bolstering Nuclear Warheads as Talks with Russia Stall«, in: Politico, 28.9.2020, <https://t.ly/DBSTB>.

70

 »[T]he president’s made clear that we have a tried-and-true practice here. We know how to win these races. And we know how to spend the adversary into oblivion. If we have to, we will.« Hudson Institute, »Transcript: Special Presidential Envoy Marshall Billingslea on the Future of Nuclear Arms Control«, Washington, D.C., 22.5.2020, S. 13, <https://t.ly/d9KzS>.

71

 Vgl. Jan Ludvik, »Strategic Patience Revisited: The Counterforce Effect«, in: Washington Quarterly, 42 (2019) 4, S. 91–106; William J. Broad/David E. Sanger, »U.S. Strategy to Hobble North Korea Was Hidden in Plain Sight«, in: New York Times, 4.3.2017; Ankit Panda, A New U.S. Missile Defense Test May Have Increased the Risk of Nuclear War, Washington, D.C., 19.11.2020 (Carnegie Commentary), <https://t.ly/jhHbL>.

72

 Vgl. The White House, Interim National Security Strategic Guidance [wie Fn. 13]; David E. Sanger/William J. Broad, »Biden Explores Talks As China Builds Arsenal«, in: New York Times, 29.11.2021, S. A1.

73

 »Responsibly enhancing our deterrent capabilities allows us to negotiate arms control from a position of strength and confidence – and new arms control helps limit and shape our adversaries‹ decisions on nuclear capabilities.« The White House, »Remarks by National Security Advisor Jake Sullivan for the Arms Control Association (ACA) Annual Forum«, Washington, D.C., 2.6.2023, <https://t.ly/A_ZmX>.

74

 Vgl. ebd.

75

 Vgl. »US Does Not Need to Boost Nuclear Arsenal to Deter Russia, China«, Reuters, 2.6.2023, <https://t.ly/BTLPy>; Julian E. Barnes/David E. Sanger, »U.S. Will Try to Bring China into Arms Control Talks«, in: New York Times, 3.6.2023, S. A5.

76

 Vgl. Liviu Horovitz/Jonas Schneider, Offizielle US-Strategie zur nuklearen Rüstungskontrolle: »Nur der erste Schritt oder schon alles?«, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, 9.6.2023 (Kurz gesagt), <https://t.ly/aS2TK>.

77

 Vgl. The White House, »Remarks by Jake Sullivan« [wie Fn. 73].

78

 »We are taking a more competitive approach. [...] Absent a change in the trajectory of adversary arsenals, we may reach a point in the coming years where an increase from current deployed numbers is required.« »Adapting the U.S. Approach to Arms Control and Nonproliferation to a New Era«, Remarks from Pranay Vaddi, Special Assistant to the President and Senior Director for Arms Control, Disarmament and Nonproliferation at the National Security Council, Washington, D.C., 7.6.2024, <https://t.ly/E2mSx>.

79

 Vgl. Ankit Panda, Indo-Pacific Missile Arsenals. Avoiding Spirals and Mitigating Escalation Risks, Washington, D.C., 2023, S. 57.

80

 »[...] we have a ›better‹ [weapons] approach – not a ›more‹ [weapons] approach.« The White House, »Remarks by Jake Sullivan« [wie Fn. 73].

81

 Vgl. Frank Kuhn, »US-amerikanische Nuklearwaffen­politik nach der US-Wahl 2024: Das Ende der nuklearen Abrüstung?«, PRIF Blog, 22.7.2024, <https://t.ly/-u9ht>.

82

 »[...] [to] prepare to compete in order to secure U.S. interests should arms control efforts continue to fail.« Project 2025, Mandate for Leadership: The Conservative Promise, Washington, D.C., 2023, S. 124, <https://t.ly/MnKF2>.

83

 Vgl. Robert Peters/Ryan Tully, The World Is Becoming Ever More Dangerous: The President Must Revitalize the U.S. Strategic Arsenal, Washington, D.C., 1.3.2024 (Heritage Issue Brief Nr. 5343), S. 7–10, <https://t.ly/XCD1u>.

84

 Vgl. Eric Edelman et al., Rings of Fire. A Conventional Missile Strategy for a Post-INF Treaty World, Washington, D.C.: Center for Strategic and Budgetary Assessments (CSBA), 2022, S. 63, 68.

85

 »Arms control […] is properly seen not as an alternative to arms-racing but as a vital component of a strategy for attaining a competitive edge.« Hal Brands, »The Art of the Arms Race«, in: Foreign Policy, 1.7.2022, <https://t.ly/23kYi>.

86

 »Building up to build down is still the right formula.« Ebd.

87

 Vgl. Franklin C. Miller, »Outdated Nuclear Treaties Heighten the Risk of Nuclear War«, in: Wall Street Journal, 22.4.2022, S. A17.

88

 Vgl. Rob Soofer/Tom Karako, »Project Atom: Defining U.S. Nuclear Strategy, 2030–2050«, in: Heather Williams et al., Project Atom 2023. A Competitive Strategies Approach for U.S. Nuclear Posture through 2035, Washington, D.C.: Center for Strategic and International Studies (CSIS), 2023, S. 12–25 (23).

89

 Für Vorschläge in diese Richtung vgl. Cooper, Arms Control for the Third Nuclear Age [wie Fn. 63], S. 169–174, 190–195.

90

 »Beijing needs to believe that Washington is about to deploy new ground-launched missiles in Asia, and soon.« Rose Gottemoeller, »Rethinking Nuclear Arms Control«, in: Washington Quarterly, 43 (2020) 3, S. 139–159 (148).

91

 Vgl. Rose Gottemoeller, »A Ramp-up in Nuclear Weapons Is Not Always a Bad Thing«, in: Financial Times, 5.9.2024, <https://t.ly/qy88x>.

92

 Vgl. Madelyn R. Creedon et al., America’s Strategic Posture. The Final Report of the Congressional Commission on the Strategic Posture of the United States, Washington, D.C., Oktober 2023, <https://t.ly/gJs8B>.

93

 Vgl. die Kritik von Vertretern dieser Ansätze: Hans Kristensen et al., Strategic Posture Commission Report Calls for Broad Nuclear Buildup, Federation of American Scientists (FAS), 12.10.2023, <https://t.ly/uWf89>; Amy J. Nelson, Doomsday Thinking Leads the Strategic Posture Commission Astray, Washington, D.C.: Brookings, 13.11.2023 (Brookings Commentary), <https://t.ly/QnfYu>.

94

 »[...] whether and how nuclear arms control limits con­tinue to enhance U.S. security.« Creedon et al., America’s Strategic Posture [wie Fn. 92], S. 86.

95

 Vgl. ebd., S. 82, 85f.

96

 Vgl. den Kommentar zum Kommissionsbericht in The U.S. Arms Control Agenda: A Discussion with NSC Senior Director Pranay Vaddi, Washington, D.C.: CSIS, 18.1.2024, <https:// t.ly/muGCH>.

97

 Vgl. den X-Thread von Matt Costlow, 16.10.2023, <https://t.ly/h6BcX>.

98

 Vgl. Tim Geiger, »Die Bundesrepublik Deutschland und die NATO in den Siebziger- und Achtzigerjahren«, in: Oliver Bange/Bernd Lemke (Hg.), Wege zur Wiedervereinigung. Die beiden deutschen Staaten in ihren Bündnissen 1970 bis 1990, München 2013, S. 165–182 (168–171).

99

 Vgl. Ralph L. Dietl, Equal Security: Europe and the SALT Process, 1969–1976, Stuttgart 2013; Ralph L. Dietl, Beyond Parity: Europe and the SALT Process in the Carter Era, 1977–1981, Stuttgart 2016.

100

 Vgl. U.S. State Department, »Under Secretary Bonnie Jenkins’ Remarks: Nuclear Arms Control: A New Era?«, NATO Conference on WMD Arms Control, Disarmament, and Non­proliferation, Kopenhagen, 6.9.2021, <https://t.ly/-jdys>.

101

 Vgl. Daniel Brössler et al., »Raketen für den Frieden«, in: Süddeutsche Zeitung, 27.7.2024, S. 6.

102

 Vgl. Christoph Hasselbach, »Tomahawk: Deutschland soll US-Raketen bekommen«, Deutsche Welle, 12.7.2024, <https://t.ly/RWBXH>.

103

 Vgl. Dmitry Stefanovich, »Proliferation and Threats of Reconnaissance-strike Systems: A Russian Perspective«, in: Nonproliferation Review, 27 (2020) 1–3, S. 97–107 (98, 104f).

104

 Vgl. Paul van Hooft/Davis Ellison, Good Fear, Bad Fear. How European Defence Investments Could Be Leveraged to Restart Arms Control Negotiations with Russia, Den Haag: The Hague Centre for Strategic Studies, April 2023, S. 27, <https://t.ly/-rqA3>.

105

 Zu den insgesamt moderaten Risiken vgl. Jonas Schneider/Torben Arnold, Gewichtig und richtig: weitreichende US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juli 2024 (SWP-Aktuell 36/2024).

106

 Vgl. Camille Grand, Missiles, Deterrence, and Arms Control: Options for a New Era in Europe, London: IISS, September 2023, <https://t.ly/otOzN>.

107

 Das betrifft die ballistischen Raketen SS-26 und Oreschnik sowie den Marschflugkörper SSC-8. Hinzu kommen die importierten ballistischen Raketen Zolfaghar aus Iran und KN-23 aus Nordkorea. Alle sind bodengestützt.

108

 Diese offensichtliche Passgenauigkeit bestünde bei­spielsweise nicht bei einem Versuch, Russlands Arsenal an Mittelstreckenraketen zu begrenzen, indem Deutschland und andere Nato-Staaten in Europa eine Reduzierung ihrer Flotte moderner Kampfjets (die zuvor vergrößert wurde) anbieten. Vgl. van Hooft/Ellison, Good Fear, Bad Fear [wie Fn. 104], S. 26.

109

 Vgl. John D. Maurer, »The Dual-Track Approach: A Long-Term Strategy for a Post-INF Treaty World«, in: War on the Rocks, 10.4.2019, <https://t.ly/llBbL>.

110

 Vgl. ebd.

111

 Vgl. van Hooft/Ellison, Good Fear, Bad Fear [wie Fn. 104], S. 28f.

112

 Zum historischen Hintergrund vgl. Austin Long, »Red Glare: Origin and Implications of Russia’s ›New‹ Nuclear Weapons«, in: War on the Rocks, 26.3.2018, <https://t.ly/6BR80>.

113

 Vgl. Lydia Wachs, Russlands Raketen und die European Sky Shield Initiative. Die deutschen Pläne zur Luftverteidigung im Kontext der Bedrohungslage, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juni 2023 (SWP-Aktuell 40/2023), S. 4f.

114

 Vgl. van Hooft/Ellison, Good Fear, Bad Fear [wie Fn. 104], S. 28f.

115

 Vgl. Brad Lendon, »How Ukraine Turned the Tables on Russia’s Aerial Assault with These Western Weapons«, CNN, 17.5.2023, <https://t.ly/xw1sR>.

116

 Vgl. Sidharth Kaushal/Matthew Harries, Russia’s Options for Theatre Missile Coercion, London: Royal United Services Institute (RUSI), 19.6.2023, <https://t.ly/9wryT>.

117

 Vgl. Sven Arnold/Torben Arnold, Deutschlands schwache Führungsrolle bei der europäischen Luftverteidigung. Korrekturbedarf auf allen Ebenen der European Sky Shield Initiative, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Januar 2023 (SWP-Aktuell 2/2023), S. 5.

118

 Vgl. ebd., S. 4. Für konkrete Vorschläge vgl. Grand, Missiles, Deterrence, and Arms Control [wie Fn. 106], S. 19.

119

 Vgl. Rafael Loss, Welches Dach über Europa? Boden­gebundene Luftverteidigung nach der Zeitenwende, Berlin: Bundes­akademie für Sicherheitspolitik (BAKS), 2024 (BAKS-Arbeits­papier Nr. 3/2024), <https://t.ly/JnUC2>; »Fixing the Roof«, in: Economist, 27.7.2024, S. 26f.

120

 Vgl. Grand, Missiles, Deterrence, and Arms Control [wie Fn. 106], S. 18.

121

 Vgl. John D. Maurer, Future European Contributions to Arms Control: Compete to Negotiate, Den Haag: The Hague Centre for Strategic Studies, Februar 2023, S. 5, <https://t.ly/ TnFAh>.

122

 Vgl. die Projektbeschreibung der EU: <https://t.ly/vy FKL>.

123

 Vgl. »Protection from Space: OHB and the European Commission Signed the Grant Agreement for ODIN’S EYE II«, Pressemitteilung, Bremen, 22.12.2023, <https://t.ly/i3Yad>.

124

 Vgl. Kaushal/Harries, Russia’s Options for Theatre Missile Coercion [wie Fn. 116].

125

 Wie sehr die Resilienz erhöht würde, hängt von der Ausgestaltung von TWISTER und ODIN’S EYE II ab. Zu verschiedenen Optionen der Sensorarchitektur vgl. Masao Dahlgren, Getting on Track: Space and Airborne Sensors for Hypersonic Missile Defense, Washington, D.C.: CSIS, Dezember 2023, <https://t.ly/eCuqd>.

126

 Vgl. Brad Roberts, On Theories of Victory, Red and Blue, Livermore, CA: Center for Global Security Research, Lawrence Livermore National Laboratory, Juni 2020 (Livermore Papers on Global Security Nr. 7), S. 66, 69.

127

 Vgl. Tim Thies, Hyperschallwaffen in Europa: Wie die Rüstungskontrolle Schritt halten kann, Hamburg: IFSH, Juni 2022, S. 24–30.

128

 Vgl. ebd., S. 25.

129

 Vgl. Timothy Wright, France Conducts Its First Hypersonic Glide Vehicle Test, London: IISS, 29.6.2023, <https://t.ly/45e2t>.

130

 Vgl. The White House, »Remarks by Jake Sullivan« [wie Fn. 73].

131

 Vgl. z.B. Hanna Notte et al., »Russia’s Novel Weapons Systems: Military Innovation in the Post-Soviet Period«, in: Nonproliferation Review, 28 (2021) 1–3, S. 61–93.

132

 Vgl. Thies, Hyperschallwaffen in Europa [wie Fn. 127], S. 27–29.

133

 Vgl. Dominika Kunertova, »Hypersonic Weapons: Emerging, Disruptive, Political«, in: Brian G. Carlson/Oliver Thränert (Hg.), Strategic Trends 2022, Zürich: Center for Security Studies, ETH Zürich, S. 43–67 (50f).

134

 Vgl. ebd., S. 51, 53.

135

 Vgl. Cooper, Arms Control for the Third Nuclear Age [wie Fn. 63], S. 194f.

136

 Vgl. ebd., S. 194.

137

 Zu den Problemen bei der Sarmat vgl. Maxim Starchak, »Russia’s Nuclear Modernization Drive Is Only a Success on Paper«, Carnegie Politika, 31.1.2024, <https://t.ly/mUtEc>.

138

 China plant eine ähnliche Waffe, ist aber kein Gegner Russlands. Vgl. Richard Weitz, »China’s Hypersonic Missiles: Methods and Motives«, in: Jamestown Foundation China Brief, 21 (2021) 15, <https://t.ly/PuHHE>.

139

 Vgl. Tim Thies/Oliver Meier, »Brandbeschleuniger«, in: Internationale Politik und Gesellschaft, 8.2.2022, <https://t.ly/oe GLk>.

140

 Zu Aegis Ashore als auch zum klassischen Aegis-System vgl. Panda, A New U.S. Missile Defense Test May Have Increased the Risk of Nuclear War [wie Fn. 71].

141

 Vgl. dazu Lars Hoffmann, »Fregatte F 127 mit Aegis und kanadischem Führungssystem?«, in: Hartpunkt – Monitor für Defence und Sicherheitspolitik, 7.2.2024, <https://t.ly/DuvQh>.

142

 Vgl. Andrey Baklitskiy/James Cameron/Steven Pifer, Missile Defense and the Offense-Defense Relationship, Hamburg: IFSH, Oktober 2021 (Deep Cuts Commission Working Paper Nr. 14), S. 23f.

143

 Vgl. Dmitry Stefanovich, »The Indispensable Link: Strategic Defense Capabilities as a Cornerstone of Arms Control and Arms Racing«, in: Tong Zhao/Dmitry Stefanovich, Missile Defense and the Strategic Relationship among the United States, Russia, and China, Cambridge, MA: American Academy of Arts and Sciences, 2020, S. 29–49 (31).

144

 Vgl. Benedikt Fuest/Gerhard Hegmann, »Arrow 3 soll uns vor Putin schützen – Der erstaunliche Selbstbetrug der Bundeswehr«, in: Welt, 6.10.2023.

145

 Vgl. Panda, A New U.S. Missile Defense Test May Have Increased the Risk of Nuclear War [wie Fn. 71]; Baklitskiy/ Cameron/Pifer, Missile Defense [wie Fn. 142], S. 21.

146

 Die offizielle US-Politik, sich bei russischen und chine­sischen Angriffen gegen das US-Territorium auf die strategische Abschreckung zu verlassen statt auf Raketenabwehr, bezieht sich nur auf »Bedrohungen durch große Angriffe mit Nuklearraketen«. Aber »einem Aggressor die Fähigkeit zu verweigern, kleinere Nuklearschläge mit dem Ziel der Er­pressung durchzuführen«, ist Ziel der Nationalen Raketen­abwehr: US Department of Defense, Missile Defense Review, Washington, D.C., 27.10.2022, S. 1, 6, <https://t.ly/qECRA>.

147

 Vgl. Jana Baldus, »Das Ende des INF-Vertrags: Katerstimmung in Europa«, in: PRIF Blog, 9.8.2019, <https://t.ly/ c1jR9>.

148

 Vgl. Lorenz Hemicker/Michaela Wiegel, »Macron kommt Russland bei Atomraketen ent­gegen«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.11.2019.

149

 Vgl. Ulrich Kühn/Tim Thies, »The Renuclearization of Europe and the Limits of History«, in: Transatlantic Policy Quarterly, 22 (2023) 1, S. 53–61.

150

 Vgl. James Fergusson, »The New Nuclear Arms Race that Wasn’t«, in: Inside Policy, 1.11.2020, <https://t.ly/8zkbJ>.

151

 Vgl. »Russland hat offenbar weit mehr Raketen statio­niert als bekannt«, in: Der Spiegel, 9.2.2019, <https://t.ly/ VW8Ii>.

152

 Vgl. Parisa Hafezi et al., »Iran Sends Russia Hundreds of Ballistic Missiles«, Reuters, 21.2.2024, <https://t.ly/RkhWe>; Timothy Wright/Joseph Dempsey, North Korea’s Ballistic-missiles Transfer to Russia: Operational Constraints Thwart Objectives, London: IISS, 17.1.2024, <https://t.ly/QFEpC>.

153

 Vgl. »Zolfaghar (Dezful, Qasem)« und »KN-23«, beide in Missile Threat, CSIS Missile Defense Project, Washington, D.C.: CSIS, Stand: 23.4.2024, <https://t.ly/GC7zC> und <https://t.ly/ C0vTU>; The White House, »Press Briefing by Press Secretary Karine Jean-Pierre and NSC Coordinator for Strategic Communications John Kirby«, Washington, D.C., 4.1.2024, <https://t.ly/E1JlL>.

154

 Vgl. Stefan Forss, The Russian Operational-Tactical Iskander Missile System, Helsinki: National Defence University, 2012, S. 14–16, <https://t.ly/cd4ng>.

155

 Vgl. Dan De Luce, »Russia’s Weapons Production Has Actually Increased Dramatically, Despite Western Sanctions, Report Says«, in: NBC News, 26.6.2024, <https://t.ly/mOHM9>; »HUR Reveals Russia’s Missile Stockpile and Production Capacity«, in: Kyiv Post, 6.11.2023, <https://t.ly/P2Bg->.

156

 Vgl. Alexander Eydlin, »Experten bezweifeln Schlagkraft von russischer Hyperschallwaffe«, in: Zeit Online, 27.3.2024, <https://t.ly/Zmdir>.

157

 Vgl. »Russia Orders Additional Tsirkon Hypersonic Missiles«, in: Naval News, 15.11.2022, <https://t.ly/kSDw2>.

158

 Vgl. Fabian Hoffmann, »Implications of the Oreshnik for NATO’s Missile Defense Posture in Europe«, Missile Matters, 30.11.2024, <https://t.ly/8XPmh>.

159

 Vgl. z.B. Sascha Hach, »Nukleare Kriegsgefahr: Deutschland auf dem Opferaltar«, in: Frankfurter Rundschau, 7.7.2020.

160

 Vgl. Moritz Kütt, »Atomwaffen: Gegen ein neues atomares Wettrüsten«, in: Frankfurter Rundschau, 4.11.2021.

161

 Vgl. Michèle Flournoy/Jim Townsend, »Striking at the Heart of the Trans-Atlantic Bargain«, in: Spiegel International, 3.6.2020.

162

 Vgl. Heinrich Brauß, »Erweiterte Nukleare Abschreckung – zur Glaubwürdigkeit der NATO-Strategie im Lichte der russischen Bedrohung«, in: SIRIUS, 7 (2023) 3, S. 223–236 (230).

163

 Vgl. Tobias Bunde, »The Risks of an Incremental German Exit from NATO’s Nuclear Sharing Arrangement«, in: Texas National Security Review (Policy Roundtable: The Future of Trans-Atlantic Nuclear Deterrence), 23.8.2021, S. 11–20 (17), <https://t.ly/zY2Yx>.

164

 Vgl. Christian Mölling/Sophia Becker (Hg.), (Nuclear) Sharing Is Caring: – an Introduction. European Views on NATO Nuclear Deterrence and the German Nuclear Sharing Debate, Berlin: Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Juni 2020 (DGAP Report Nr. 10), <https://t.ly/qd8I_>.

165

 Vgl. Jonas Schneider, Warum Deutschland den Kernwaffen­verbotsvertrag nicht unterstützen sollte, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, 22.1.2021 (Kurz gesagt), <https://t.ly/ FrgzT>.

166

 Vgl. Gregory F. Giles, »The U.N. Nuclear Ban Treaty Has No Clothes«, in: Real Clear Defense, 5.3.2024, <https://t.ly/KG MH_>.

167

 Vgl. detailliert Jonas Schneider, Kernwaffenverbots­vertrag: Das Inkrafttreten ist kein Durch­bruch. Die Bundesregierung sollte selbstbewusster begründen, warum sie den Vertrag ablehnt, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Januar 2021 (SWP-Aktuell 3/2021).

168

 Vgl. Michal Onderco, »Getting Out of the NATO Nuclear Task Would Not Increase Dutch Security«, in: War on the Rocks, 10.12.2019, <https://t.ly/vbylD>.

169

 Einen unilateralen Verzicht der Nato empfehlen Kühn/Thies, »The Renuclearization of Europe« [wie Fn. 149], S. 60f.

170

 Vgl. Lühr Henken, »Ein Deja-vu mit Pershing 2?«, in: FriedensForum, 36 (2023) 3, <https://t.ly/XiTOW>.

171

 Vgl. Center for Global Security Research, Lawrence Livermore National Laboratory, Toward a New Division of Deterrence Labor Between and Among the United States and Its Allies and Partners: Workshop Summary, Livermore, CA, 6./7.6.2023, S. 17, <https://t.ly/lTWZN>.

172

 Vgl. Stephen R. Covington, NATO’s Concept for Deterrence and Defense of the Euro-Atlantic Area (DDA), Cambridge, MA: Belfer Center for Science and International Affairs, Harvard Kennedy School, 2.8.2023, <https://t.ly/SO10h>.

173

 Vgl. Center for Global Security Research, Lawrence Livermore National Laboratory, Toward a New Division of Deterrence Labor [wie Fn. 171], S. 18.

174

 Vgl. Grand, Missiles, Deterrence, and Arms Control [wie Fn. 106], S. 11–13.

175

 Vgl. ebd., S. 13.

176

 Vgl. Panda, Missile Arsenals [wie Fn. 79], S. 53.

177

 Vgl. Jana Baldus et al., »Rüstungsdynamiken: Abrüsten statt Wettrüsten«, in: Bonn International Centre for Conflict Studies (BICC) et al. (Hg.), Friedensfähig in Kriegszeiten. Friedensgutachten 2022, Bielefeld 2022, S. 91–109.

178

 Vgl. Xanthe Hall, »Stoppzeichen für Atombomben«, in: Frankfurter Rundschau, 2.3.2024, S. 12; Oliver Meier, »Der Nutzen von Atomwaffen wird überschätzt«, in: Der Spiegel, 21.2.2024, <https://t.ly/Qlf5b>.

179

 Präsident Obama erwog 2013, das strategische Arsenal um ein Drittel zu verkleinern. Weil die Stabschefs ankündigten, solche Einschnitte ohne russische Gegenleistung öffent­lich abzulehnen, lenkte er ein. Vgl. Fred Kaplan, The Bomb. Presidents, Generals, and the Secret History of Nuclear War, New York 2020, S. 242–244.

180

 Vgl. Robert Peters, The New American Nuclear Consensus – and Those Outside It, Washington, D.C.: Heritage Foundation, 19.3.2024 (Issue Brief 5347), <https://t.ly/LR2OI>, und The White House, »Adapting the U.S. Approach to Arms Control and Nonproliferation to a New Era« [wie Fn. 78].

181

 Vgl. Bruno Tertrais, A Comparison between US, UK and French Nuclear Policies and Doctrines, Paris: Sciences Po, Februar 2007, <https://t.ly/GQJW_>.

182

 Vgl. Claire Mills, Integrated Review 2021: Increasing the Cap on the UK’s Nuclear Stockpile, London, 19.3.2021 (House of Commons Library Briefing Paper Nr. 9175), <https://t.ly/ 5ZQdX>, und Ministry of Defence, The 2021 Integrated Review: Nuclear Frequently Asked Questions, London, 27.4.2021, <https://t.ly/O21y5>.

183

 Nur sechs Wochen bevor diese Erhöhung verkündet wurde war der Atomwaffenverbotsvertrag in Kraft getreten, und nur zwei Monate danach sollte die Überprüfungs­konferenz zum Atomwaffensperrvertrag stattfinden, bei der stets viele Akteure nach nuklearer Abrüstung rufen. Vgl. Georgina Wright/Bruno Tertrais, The UK’s Integrated Review: What Global Britain Means for France: Paris: Institut Montaigne, 17.3.2021, <https://t.ly/qCwU_>.

184

 Vgl. Bruno Tertrais, »The Last to Disarm? The Future of France’s Nuclear Weapons«, in: Nonproliferation Review, 14 (2007) 2, S. 251–273.

185

 »[...] should all recognize the emerging consensus in Washington, DC, is not to shrink before growing Chinese and Russian threats, but to meet those threats through an increasingly capable nuclear arsenal«. Peters, New American Nuclear Consensus [wie Fn. 180], S. 9.

186

 Sönke Neitzel/Bastian Matteo Scianna, Blutige Enthaltung. Deutschlands Rolle im Syrienkrieg, Freiburg 2021, Klappentext.

187

 Vgl. Dalibor Rohac, »It’s Time to Give Poland Nuclear Weapons«, in: The Spectator, 7.2.2024, <https://t.ly/1Q6zx>; Brendan Cole, »NATO General Raises Prospect of New Nuclear Power«, in: Newsweek, 12.2.2024, <https://t.ly/ml RUV>.

188

 Vgl. die Sicht der Nato im Jahr 2010: »[…] der euro­atlantische Raum befindet sich im Frieden, und die Bedro­hung eines konventionellen Angriffs auf die Nato ist nied­rig.« NATO, Active Engagement, Modern Defence – Strategic Concept, Lissabon, 19.11.2020 (letztes Update 1.7.2022), Absatz 7, <https://t.ly/vllg5>.

189

 Vgl. etwa Patricia Lewis et al., Too Close for Comfort: Cases of Near Nuclear Use and Options for Policy, London: Chatham House. The Royal Institute of International Affairs, April 2014, <https://t.ly/U0-SC>; Eric Schlosser, Command and Control: Nuclear Weapons, the Damascus Incident, and the Illusion of Safety, New York 2013.

190

 Vgl. Heather Williams, »What We Got Wrong about Nuclear Risk Reduction«, in: The Hill, 23.5.2022, <https://t.ly/ L3Ia6>.

191

 Kriege sind am wahrscheinlichsten, wenn das militä­rische Kräfteverhältnis zwischen zwei Staaten ausgeglichen ist. Vgl. Jacek Kugler/Douglas Lemke, Parity and War. Evaluations and Extensions of the War Ledger, Ann Arbor 1996, und Douglas M. Gibler, »State Development, Parity, and Inter­national Conflict«, in: American Political Science Review, 111 (2017) 1, S. 21–38.

192

 Vgl. den Literaturüberblick bei Kori Schake, The Exculpating Myth of Accidental War, Washington, D.C.: Henry A. Kissinger Center for Global Affairs, Juli 2023 (The Kissinger Center Papers), <https://t.ly/JOZk9>.

193

 Vgl. Bruno Tertrais, »›On The Brink‹ – Really? Revisiting Nuclear Close Calls Since 1945«, in: Washington Quarterly, 40 (2017) 2, S. 51–66.

194

 Vgl. Francis J. Gavin, »Nuclear Lessons and Dilemmas from the War in Ukraine«, in: Hal Brands (Hg.), War in Ukraine. Conflict, Strategy, and the Return of a Fractured World, Baltimore 2024, S. 173–186 (180).

195

 Vgl. Matthew Kroenig, The Logic of American Nuclear Strategy. Why Strategic Superiority Matters, Oxford 2018, S. 137–142.

196

 Vgl. Steven E. Miller, »Nuclear Hotlines: Origins, Evolution, Applications«, in: Journal for Peace and Nuclear Disarmament, 4 (2021) S1, S. 176–191 (176–182).

197

 Vgl. Mathias Hammer, »Inside the Little-known U.S. Arms Control Center in Daily Contact with Russia«, in: Time, 12.12.2023, <https://t.ly/ZgLp4>.

198

 Vgl. »NATO-Russia Communication Lines Remain Open – Russian Official«, Reuters, 10.2.2023, <https://t.ly/sQ8Oa>.

199

 Vgl. Tara Copp, »US, Russia Agree to Deconfliction Hotline as Putin’s Attack on Ukraine Escalates«, in: Defense One, 3.3.2022, <https://t.ly/btXZm>.

200

 Vgl. Phil Stewart/Idrees Ali, »U.S., Russia Have Used Their Military Hotline Once So Far during Ukraine War«, Reuters, 29.11.2022, <https://t.ly/owtdk>.

201

 Vgl. John Vandiver, »US and Russia Need to Reestablish Cold War Playbook to Avert Nuclear Escalation, Senior General Says«, in: Stars and Stripes, 9.4.2024, <https://t.ly/um 3bh>, und Hammer, »Inside the Little-known U.S. Arms Control Center« [wie Fn. 197].

202

 Vgl. Caitlin Talmadge, »Putin Just Tested a New Long-Range Missile. What Does That Mean?«, in: Washington Post, 23.4.2022, <https://t.ly/uup5B>.

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