Veränderte Rüstungsdynamiken, regionale Sicherheit und die Rolle europäischer Waffenexporte
SWP-Studie 2017/S 11, 02.06.2017, 34 Seiten ForschungsgebieteSüdostasien rüstet massiv auf. In der letzten Dekade stiegen die Militärausgaben in den Staaten der Region durchschnittlich um 57 Prozent. Als Auslöser für die sprunghaft erhöhten Waffenkäufe wird häufig das zunehmend offensivere Auftreten Chinas im Pazifik benannt. Die Studie zeigt jedoch, dass neben dem „China-Faktor“ auch andere außen- und innenpolitische Faktoren ausschlaggebend waren für den Anstieg der Militärausgaben: anhaltende territoriale Konflikte, militante Aufstandsbewegungen im Innern und der starke politische Einfluss des Militärs. Auch wenn kein direkter Zusammenhang nachgewiesen werden kann zwischen einem Wettrüsten und einem Anstieg der Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Ausbruch kriegerischer Gewalt kommt, so bedeutet dies nicht, dass die Region Südostasien durch die derzeitige Aufrüstung an Stabilität gewönne. Denn mit der quantitativen und qualitativen Erhöhung der militärischen Kapazitäten haben sich Bedrohungsperzeptionen verstärkt und ist das Misstrauen in der Region größer geworden. Dies zeigt sich an den vermehrten Zusammenstößen zwischen immer höher gerüsteten Sicherheitskräften. Vor diesem Hintergrund sind Deutschland wie auch viele seiner europäischen Nachbarn gut beraten, die eigene Rolle als zentraler Waffenlieferant Südostasiens viel stärker als bisher strategisch zu durchdenken und kritisch zu hinterfragen. Bislang betrachten Deutschland und die EU das Rüstungsgeschäft mit südostasiatischen Abnehmern primär aus wirtschaftlicher Perspektive. Sie sollten jedoch einen politischen und strategischen Diskurs über die Auswirkungen ihrer Waffenexporte führen.