Die gesellschaftliche Fundierung von Strategiewechseln in der Türkei
SWP-Studie 2012/S 11, 08.06.2012, 33 Seiten ForschungsgebieteDie neue Außenpolitik der Türkei erschöpft sich weder in einer gewandelten Außenwirtschaftsstrategie noch ist sie ausschließlich von einer spezifischen Ideologie der jetzigen Regierung bestimmt. Sie ist die Folge eines unumkehrbaren Prozesses, in dessen Verlauf eine neue ökonomische Elite neuen politischen und akademischen Eliten, mit denen sie weltanschaulich aufs Engste verbunden ist, zum Durchbruch verhalf und sich die Selbstwahrnehmung von Staat und Gesellschaft grundlegend verändert hat.
Die Auswechselung der politischen Elite und die Integration großer konservativer Gruppen in die wirtschaftliche und die akademische Elite haben in der Bevölkerung zu einer neuen Normalität in der Wahrnehmung des Landes und seiner außenpolitischen Orientierung geführt. Heute sehen nicht nur die Regierung und ihr Außenminister Ahmet Davutoglu die Türkei als das potentielle politische und wirtschaftliche Zentrum ihrer Region, sondern die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hat sich mit diesem Bild vom eigenen Land angefreundet. Dies hat für die Stellung der Türkei gegenüber Europa viel nachhaltigere Folgen als für ihr Verhältnis zu den USA.