Ramsan Kadyrows Privatstaat und Wladimir Putins föderale Machtvertikale
SWP-Studie 2018/S 01, 13.03.2018, 32 Seiten ForschungsgebieteVor der Präsidentenwahl in Russland, die am 18. März 2018 stattfindet, hat der Kreml die von Wladimir Putin seit 2000 ausgebaute »föderale Machtvertikale« nochmals gestrafft. Was den Nordkaukasus anbelangt, gilt das besonders für die Teilrepublik Dagestan. Dort griff Moskau 2017 mit einer rigiden Säuberungsaktion ein und tauschte die gesamte politische Führung aus. Einen auffälligen Kontrast dazu bildet Tschetschenien, das seit 2007 unter der Herrschaft Ramsan Kadyrows steht. Präsident Putin betrieb seit Anfang der 2000er Jahre eine Politik der »Tschetschenisierung«, indem er die Bekämpfung des bewaffneten Aufstands an lokale Sicherheitskräfte delegierte. In der Folge etablierte sich unter Putins Protektion eine Republikführung, für die in der russischen Öffentlichkeit mittlerweile Bezeichnungen wie »tschetschenisches Khanat« kursieren. Zur Machtfülle Kadyrows gehört eine eigene Außenpolitik, die sich vor allem an den Mittleren Osten richtet.
Einerseits bekundet Kadyrow mit Nachdruck die Zugehörigkeit seiner Republik zu Russland und präsentiert sich als »Fußsoldat Putins«. Andererseits hat er das Föderationssubjekt Tschetschenien in einen Privatstaat verwandelt. Dieses ambivalente Verhältnis zwischen Teilrepublik und Machtzentrale beruht wesentlich auf dem Loyalitätspakt zwischen Putin und Kadyrow. Allerdings erhebt sich selbst im engeren Kreis um den russischen Präsidenten mitunter Kritik an diesem Arrangement. An der Schwelle zu Putins vierter Amtsperiode stellt sich die Frage, wie dauerhaft der Pakt sein kann. Zu den Kosten, die Moskau für Tschetscheniens »Befriedung« durch Kadyrow und seine Anhänger in Kauf nahm, zählen gravierende Menschenrechtsverletzungen. Seit 2017 geraten sie wieder stärker ins Blickfeld internationaler Politik und Berichterstattung.