Dürfen die Vereinten Nationen zum Schutz der Bevölkerung in einen innerstaatlichen Bürgerkrieg eingreifen und oppositionelle Kräfte im Kampf gegen eine amtierende Regierung unterstützen? Diese Frage stellt sich nicht erst seit dem Einsatz der Nato in Libyen. Der Fall ist deswegen besonders, weil erstmals eine Ermächtigung des Sicherheitsrats zum Schutz von Zivilisten genutzt wurde, um eine funktionsfähige Regierung in einem Mitgliedstaat zu beseitigen und auf diese Weise den Weg für eine politische Neuordnung zu ebnen. Sobald ein repressives Regime Massengewalttaten an der eigenen Bevölkerung verübt, ist es kaum mehr möglich, neutral und unparteilich auf die Konfliktparteien einzuwirken. Zwar hat sich die Staatengemeinschaft auf dem Weltgipfel der Vereinten Nationen im September 2005 zur Responsibility to Protect (R2P) bekannt. Die Kritik am Libyeneinsatz ist aber ein Indiz dafür, wie schwer sich die Staaten weiterhin mit der Übernahme kollektiver Verantwortung tun. Gestritten wird vor allem darüber, ob es zulässig und legitim ist, zu humanitären Zwecken einen Regimewechsel zu erzwingen.
Die Studie befasst sich zum einen mit den völkerrechtlichen Spielräumen und Grenzen militärischer Interventionen in R2P-relevanten Bürgerkriegssituationen. Zum anderen werden die Entwicklungsperspektiven der R2P aus politischer Sicht beleuchtet.