Die Bundesregierung will enger mit afrikanischen Partnern zusammenarbeiten. Wie muss sie dafür ihre Politik verändern? Was bedeutet „Umdenken“ in der deutschen Afrikapolitik? In unserer Blogserie Joint Futures sammeln wir Impulse von Expert*innen und diskutieren Wege in die Zukunft.
Die Afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung sind veraltet. Das Dokument, das die Politik Deutschlands gegenüber den afrikanischen Staaten bestimmt, stammt aus dem Jahr 2019. Viel hat sich seitdem verändert in der Welt – ganz besonders in der Zusammenarbeit mit den 54 Staaten des Nachbarkontinents. In den kommenden Monaten überarbeitet die Bundesregierung deshalb ihre Leitlinien und entwickelt sie weiter.
Wie sollte sich Berlin jetzt positionieren? Was muss sich in der deutschen Politik gegenüber den afrikanischen Partnern verändern? Wie kann und sollte Deutschland sich aufstellen, um als relevanter und glaubwürdiger Partner auf dem Kontinent wahrgenommen zu werden? Mit unserer neuen Blog-Serie Joint Futures wollen wir diesen Fragen mit Expert*innen aus Wissenschaft, Praxis und Zivilgesellschaft auf den Grund gehen.
Warum kommt die Überarbeitung der Leitlinien jetzt?
Die Bedeutung Afrikas für Deutschland und Europa ist deutlich gestiegen. Auch der Kontext der deutschen Afrikapolitik hat sich seit 2019 massiv gewandelt. Die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen in Afrika sind dynamischer – und sichtbarer – denn je:
Die Putsch-Welle in der Sahel-Region sowie die sich verschlechternde Sicherheitslage werfen grundsätzliche Fragen zum sicherheits- und entwicklungspolitischen Engagement Deutschlands auf. Auch Forderungen nach Reformen der multilateralen Institutionen und wachsende Gestaltungsansprüche afrikanischer Länder in eben diesen Foren und Debatten erfordern eine stärkere Berücksichtigung in der deutschen Afrikapolitik. Die Covid-19 Pandemie und Russlands Angriff auf die Ukraine haben das strategische Interesse an der Kooperation mit Afrika erhöht. Megatrends wie die Verstädterung, demographischer Wandel, Digitalisierung oder der Klimawandel haben bereits jetzt massive Auswirkungen auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaften in Afrika und erfordern ein stärker ressortgemeinsames Handeln in der Kooperation mit afrikanischen Ländern.
Der Wandel in afrikanischen Gesellschaften wird getrieben von globalen Veränderungen, die Deutschland genauso transformieren und betreffen. Globale Herausforderungen wie die Anpassung an den Klimawandel und Transformation zu klimaneutralen Gesellschaften sind im gemeinsamen Interesse Europas und Afrikas und können nur gemeinsam bewältigt werden. Dieser Befund muss Konsequenzen für die strategische Weiterentwicklung der Leitlinien haben, bspw. in Bezug auf Diskurse oder Instrumente deutscher Afrikapolitik.
Einige dieser Entwicklungen tragen Bundesregierung und Ministerien bereits in neueren Strategien Rechnung – Stichwort China, nationale Sicherheit oder feministische Außenpolitik. Nun wird überlegt, wie sich das konkret in die deutsche Afrikapolitik übersetzen lässt.
Ziel der Leitlinien ist es, eine für alle Ressorts gültige Richtschnur für deutsche Kooperation mit Partnern des afrikanischen Kontinents zu entwickeln. Die meisten Ressorts haben in den vergangenen Jahren ihre eigenen Afrika-Strategien entwickelt. Die Afrikapolitischen Leitlinien sollen übergeordnete Ziele, Prioritäten und gemeinsame Interessen für die deutsche Afrikapolitik identifizieren.
Welche Rolle spielt dieser Blog?
Wohin die Reise mit den Leitlinien inhaltlich geht, steht noch nicht fest. Joint Futures dient daher vor allem der Diskussion. Die Blogserie soll eine Plattform bieten, auf der Expert*innen aus Europa und Afrika ihre Ideen zu der Frage präsentieren: Was bedeutet es heute, eine zukunftsfähige Afrikapolitik zu entwerfen?
Bis Ende des Jahres setzen wir strategisch relevante Entwicklungen in Afrika in den Kontext der deutsch-afrikanischen Beziehungen. Wir laden Expert*innen dazu ein, über blinde Flecken, vergangene Irrungen und neue Wege zu reflektieren – in Interviews, Meinungsbeiträgen und Analysen.
Mit Joint Futures wollen wir Wissen und Thesen bereitstellen, aber auch hinterfragen, sowie neue Sichtweisen erörtern. Die Beiträge setzen Impulse für die Bundesregierung und sollen so in die neuen afrikapolitischen Leitlinien einfließen.
Für uns steht dabei besonders eine Überlegung im Vordergrund: wie die Partner gemeinsam in die Zukunft sehen, Joint Futures also. Der Name unserer Blogserie ist Programm. Er steht für ein gemeinsames Nachdenken; einen Dialog und Gestaltungswillen, der Interessenausgleich unabdingbar macht. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!
Christine Hackenesch (German Institute of Development and Sustainability) und Denis M. Tull (Stiftung Wissenschaft und Politik) sind Teil der Projektleitung von Megatrends Afrika.
Die Verantwortung für die in den Beiträgen und Interviews vorgetragenen Inhalte, Meinungen und Quellen liegt bei den jeweiligen Autor*innen.