Nach zwei aufeinanderfolgenden Auftragsmorden auf offener Straße mit offensichtlich politisch-mafiösem Hintergrund steht Kroatien unter Schock. Acht Jahre nach Beginn der »zweiten Transformation«, in deren Verlauf sich das Land von einem semi-autokratischen Präsidialsystem zu einer parlamentarischen Demokratie wandelte, und kurz vor dem Abschluss der Verhandlungen über den Beitritt zur EU hatte niemand mehr mit solchen Abrechnungen nach Mafia-Manier gerechnet. Die Welle der Empörung zwingt die kroatische Regierung nach Jahren der Passivität nun in die Offensive und zur Verabschiedung substantieller Reformen. Diese Aufgabe umfasst nicht weniger als die politische Neutralisierung einflussreicher Personen, die in den Kriegsjahren ausgezeichnete Kontakte in die Politik knüpften und heute vielfach an den »Schaltstellen der Macht« sitzen. Ein Teil des Reformdrucks kommt dabei auch von außen: Wenige Tage vor der Veröffentlichung des Fortschrittsberichts der EU-Kommission musste die Regierung mit der Auswechslung des Innen- und des Justizministers Entschlossenheit demonstrieren, um die Vorbehalte Frankreichs, Deutschlands und der Niederlande gegenüber dem EU-Beitritt Kroatiens nicht noch zu vergrößern.