Die Krimtataren nach der Annexion ihrer Heimat durch Russland
SWP-Aktuell 2014/A 27, 29.04.2014, 4 Seiten ForschungsgebietePro-russische separatistische Aktivitäten in der Ostukraine lenkten im April 2014 das Augenmerk von der Krimhalbinsel ab, die Russland erst einen Monat zuvor annektiert hatte. Dabei wirft die völkerrechtswidrige Krim-Annexion Fragen von aktueller und geschichtlicher Relevanz auf, die nicht zuletzt die tatarische Volksgruppe betreffen. Auch wenn die rund 300 000 Tataren nur etwa zwölf Prozent der Bevölkerung auf der Krimhalbinsel stellen, verdienen ihre gegenwärtige Situation, ihre historische Erfahrung und die aus ihr abgeleiteten Vorbehalte gegen russische Oberherrschaft Aufmerksamkeit.
Die russische Politik schwankt zwischen Maßnahmen zur Rehabilitierung der Krimtataren, die zu den »bestraften Völkern« der ehemaligen Sowjetunion gehören, und repressiven Maßnahmen wie dem Einreiseverbot für ihren politischen Führer Mustafa Dschemilew. Wie steht diese Volksgruppe zu dem Status ihrer historischen Heimat als neue Teilrepublik der Russischen Föderation? Wie ist die Gefahr gewaltsamer ethnischer Konflikte auf der Krim einzuschätzen? Welche ethno-politischen Risiken sind mit der Eingliederung der Krim in die »einzigartige Vielvölkerzivilisation« (Wladimir Putin) Russland verbunden?