Die Regierung Netanyahu schafft Grundlagen für ein majoritäres System
SWP-Aktuell 2018/A 50, 21.09.2018, 8 Seiten ForschungsgebieteAm 19. Juli 2018 hat das israelische Parlament das sogenannte Nationalstaatsgesetz verabschiedet. Das Gesetz ist in Israel wie auch im internationalen Kontext stark umstritten, obwohl es strenggenommen nur wenige Neuerungen enthält. Seine Befürworter betonen, dass darin nur Realitäten zum Ausdruck kämen. Kritiker machen geltend, das Gesetz diskriminiere Minderheiten, richte sich gegen demokratische Werte und unterschlage insbesondere das Prinzip der Gleichheit. Dabei offenbart die Debatte in Israel das gesellschaftliche Spannungsverhältnis zwischen »jüdischer« und »demokratischer« Identität. Zudem zeigt sich, dass die maßgeblichen Unterstützer des Gesetzes auf Regierungsseite weiterreichende Absichten verfolgen, als dessen Wortlaut erkennen lässt. Ihnen geht es darum, jüdische Kollektivrechte über individuelle Rechte und Freiheiten zu stellen. Das Gesetz ist daher auch eine Manifestation derzeitiger Regierungspolitik, die darauf abzielt, Israel weg von einer eher liberalen und hin zu einer majoritären Demokratie zu führen. Insbesondere der Oberste Gerichtshof als Verteidiger liberaler Prinzipien ist von dieser Politik betroffen.
Anhang: »Grundgesetz: Israel – Nationalstaat des jüdischen Volkes« (PDF)
Übersetzung aus dem Hebräischen von Stefan Wolfrum und Peter Lintl
Das Nationalstaatsgesetz wurde am 19. Juli 2018 von der Knesset beschlossen und trat am 26. Juli 2018 in Kraft.