Eine Option für Deutschland?
SWP-Studie 2010/S 06, 15.03.2010, 25 Seiten ForschungsgebieteDie Bilanz der internationalen Bemühungen um eine Stärkung staatlicher Strukturen auf dem Balkan, im Irak und in Afghanistan kann nicht zufriedenstellen. In vielen Einsätzen werden die Grenzen zwischen militärischen und polizeilichen Aufgaben immer durchlässiger. Dort tut sich eine Grauzone auf, in der es weder dem Militär noch den zivilen (Polizei-)Kräften gelingt, eine labile, gewaltdurchsetzte Situation so weit zu verbessern, dass der Aufbau eines dauerhaften Sicherheitssektors möglich wird. Es fehlt eine Kraft, die in einem instabilen Umfeld eigenständig operieren kann und imstande ist, Unruhen und organisierte Kriminalität einzudämmen. Wo Gendarmen oder robuste Polizeikräfte in Auslandseinsätze entsendet wurden, haben sie sich als wirkungsvolles Instrument erwiesen, insbesondere bei der Bekämpfung von Aufständen und organisiertem Verbrechen.
Auch Deutschland könnte sich mit einer Gendarmerie ein wichtiges Instrument für Stabilisierungsoperationen verschaffen. Noch aber stehen dem verfassungsrechtliche Bedenken entgegen, denn das Grundgesetz gebietet die Trennung von Polizei und Militär. Die Schaffung einer deutschen Gendarmerie, so wird eingewandt, wäre mit diesem Verfassungsprinzip nicht zu vereinbaren. Werden solche robusten Polizeikräfte aber allein für die Auslandsverwendung geschaffen, erübrigt sich dieser Einwand, denn das Grundgesetz schreibt weder explizit noch implizit vor, im Ausland polizeiliche und militärische Aufgaben und Befugnisse zu trennen.
Will die Bundesrepublik einen deutschen Gendarmerieverband für den Auslandseinsatz ins Leben rufen, stehen ihr zwei Möglichkeiten offen: Sie kann ein Kontingent bei der Bundespolizei bilden oder die Militärpolizei der Bundeswehr (Feldjäger) funktional erweitern.