Die Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU (2014–2020) und das Festhalten am Status quo
SWP-Studie 2012/S 18, 16.08.2012, 28 Seiten ForschungsgebieteMit dem mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) definiert die Europäische Union ihre strategischen Ziele für den Zeitraum 2014 bis 2020 und gibt vor, wie deren Umsetzung finanziell aus dem EU-Haushalt unterfüttert werden soll. Die Kommission hat für den fünften MFR ein Gesamtvolumen von rund 1 Billion Euro vorgeschlagen.
Obwohl die MFR-Verhandlungen bislang stets mit einem Ergebnis abgeschlossen werden konnten, beurteilen die Entscheidungsträgerinnen und -träger in EU-Organen und Mitgliedstaaten die Verhandlungen und deren Ergebnisse zunehmend als unbefriedigend. Dennoch sind die Akteure in den Verhandlungen nicht in der Lage, den MFR zu reformieren. Dieser Widerspruch erklärt sich vor allem aus der extremen Pfadabhängigkeit des europäischen Haushaltssystems. Mit jeder Verständigung auf einen europäischen Haushaltskompromiss verfestigen sich die institutionellen Strukturen und steigen zugleich die Kosten einer Veränderung, auch wenn das Ergebnis der Verhandlungen immer weniger überzeugen mag. Darum erscheint es kaum zweckmäßig, zum wiederholten Male normativ begründete Reformvorschläge zu unterbreiten und aufzuzeigen, wie ein idealer europäischer Finanzrahmen aussehen und welche Prioritäten mit ihm finanziert werden sollten. Vielmehr werden auch die aktuellen MFR-Verhandlungen den politischen Realitäten folgen und Veränderungen vornehmlich durch pragmatische Prioritätenverlagerung innerhalb der zentralen Ausgabepolitiken zu erreichen suchen. Dazu müssen die Verhandlungen über die neuen Rechtsgrundlagen für die zentralen Ausgabepolitiken eng mit den Verhandlungen über den MFR verknüpft werden. Die europäischen Förderpolitiken sollten also mit Hilfe einer Serie vieler kleiner Schritte nach und nach auf neue Ziele und Inhalte ausgerichtet werden.