Die Restauration des autoritären Staates im Namen der Demokratie
SWP-Aktuell 2014/A 60, 06.10.2014, 8 Seiten ForschungsgebieteIn Europa und den USA wird vor einem Abdriften der Türkei in einen neuen Autoritarismus gewarnt. Indizien für diesen Trend seien ausufernde Polizeigewalt gegen Demonstrantinnen und Demonstranten, Einschränkungen der Presse- und Internetfreiheit, Interventionen der Regierung in die Justiz, Säuberungswellen in der Bürokratie und eine bisweilen offen europafeindliche Rhetorik. Mit Verwunderung wird registriert, dass der alte Ministerpräsident und neue Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan trotz handfester Korruptionsvorwürfe, schwerer Auseinandersetzungen im konservativen Lager und außenpolitischer Misserfolge bei der letzten Wahl erneut einen Stimmenzuwachs verbuchen konnte. Erdoğan selbst spricht von der »Neuen Türkei«, die die alte, autoritäre kemalistische Republik abgelöst und eine progressive Demokratie verwirklicht habe.
Wie groß ist der Rückhalt von Erdoğans Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) in der Gesellschaft? Wie ist die neue Regierung einzuschätzen? Wie grundlegend wird das politische System umgebaut? Was bedeutet dieser Umbau für die Zukunft der Demokratie? Und wie kann und soll Europa auf ihn reagieren?