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Der G7-Gipfel: Schub für die internationale Klimakooperation?

Optionen und Prioritäten für die deutsche G7-Präsidentschaft

SWP-Aktuell 2022/A 33, 06.05.2022, 6 Seiten

doi:10.18449/2022A33

Forschungsgebiete

Beim G7-Gipfel im Juni 2022 auf Schloss Elmau will die Bundesregierung die inter­nationale Klimakooperation voranbringen und dazu einen Klimaclub gründen. Dieser soll die Umsetzung der Pariser Klimaziele fördern und bestenfalls zu einer breiten Allianz ambitionierter Länder wachsen. Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine stellen sich nun aber drängende Fragen der energiepolitischen Zusammen­arbeit in der G7. Versorgungssicherheit als kurzfristige Priorität muss mit dem klima­politischen Ziel einer schnelleren Dekarbonisierung und der internationalen Klima­agenda in Ein­klang gebracht werden. Dazu kann ein Klimaclub Impulse setzen, und zwar mit Ver­abredungen über gemeinsame regulatorische Ansätze und Klimaprojekte. Mit Blick auf den internationalen Klimaprozess muss aber vermieden werden, dass die Ini­tia­ti­ve als Club der reichen Staaten aufgefasst wird. Die Bundesregierung sollte daher das Augenmerk auf die Erwartungen an ihren Vorstoß richten: Nötig sind Signale für die COP27 im Herbst in Ägypten, vor allem mittels steigender Klima­finanzierung. Ebenso gilt es, den G7-Club als ambitionierte, aber inklusive Initiative zu gestalten.

Schon auf der Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Conven­tion on Climate Change, UNFCCC) in Glas­gow (Conference of the Parties, COP26) ging es da­rum, wie sich die natio­na­len Klimapolitikpläne schneller verwirk­lichen ließen (siehe SWP Comment 2/2022). Hier­für wurden auch mit deutscher Beteili­gung einige neue Initiativen zum Klima­schutz aus der Taufe gehoben. Intensivere Zusam­menarbeit ist wichtig, weil die EU aufgrund ihrer viel­fältigen ökonomischen und politi­schen Verflechtungen weder ihren Green Deal noch die im Europäischen Klima­gesetz verankerten Ziele im Alleingang umsetzen kann. Der Krieg in der Ukraine hat die Be­dingungen für ambitionierte Klimapolitik auf der Ebene der Vereinten Nationen kom­plizierter gemacht, weil sich damit viel politische Auf­merksamkeit auf sicherheitspolitische Fragen und Energieversorgung konzentriert und die Frage nach dem Um­gang mit Russland die klimapolitische Ko­operation zentraler Akteure überlagert. Wovon hängen unter den aktuellen politi­schen Vorzeichen die Chan­cen für einen Klimaclub ab, und wie passt er in das Gesamtgefüge der inter­natio­nalen Klimakooperation?

Klimaclubs und der Vorschlag der Bundesregierung

Die Idee eines Klimaclubs ist nicht neu. Seit längerem gibt es in den internationalen Klimaverhandlungen Gruppen von Staaten, die in der Klima­politik eng kooperieren, unter anderem regionale oder inhalt­lich orientierte Gruppen. Auch bei vergangenen G7- und G20-Gipfeln oder in verschiedenen Initiativen und Programmen von Institutionen wie der Welt­bank arbei­teten Länder zusam­men, um gemeinsame Klimaprojekte zu gestal­ten. Als 2009 der Klimagipfel in Kopenhagen (COP15) kein neues umfassendes glo­bales Klimaabkommen hervorbrachte, bekam die Idee, in kleinen Koalitionen rascher Ergebnisse zu erzielen, weiteren Aufwind. Beispielsweise gründeten die USA 2009 dazu das Major Economies Forum on Energy and Climate Change (MEF). Auf diese Weise sollte das Fehlen eines globalen Abkommens kom­pensiert werden.

Aber auch nach Verabschiedung des Pariser Abkommens 2015, das alle Staaten in die globale Klimapolitik einbindet, stellte sich die Frage, wie ambitionierte Staaten den Klimaschutz zügiger voranbringen kön­nen, wenn wichtige Akteure nicht im nöti­gen Maße mitziehen. Denn das Pariser Ab­kommen schreibt keine verbindlichen Ziele zur Emissionsreduktion vor, sondern über­lässt die Zielformulierung den einzelnen Staaten. Daher besteht die Gefahr, dass Vor­reiter die Kosten tragen, während andere als Tritt­brettfahrer keinen ausreichenden Beitrag leisten. Der Ökonom William Nordhaus stellte ange­sichts dieses Problems 2015 eine in der Folge viel diskutierte Idee für einen Klima­club vor, dessen Mitglieder sich auf einen CO2-Preis einigen und sich mit einem ge­meinsamen Außenzoll gegen dadurch ent­stehende Wett­bewerbsnachteile absichern. So würde auch verhindert, dass sich die Nachfrage im Welthandel in Länder ohne CO2-Preis ver­lagert (Carbon Leakage), womit für den Klimaschutz letztlich nichts gewon­nen wäre.

Dass die Länder mit den historisch mei­s­ten Treibhausgasemissionen den wesent­lichen Teil des globalen Klimaschutz leisten müssen, ist zudem ein häufig formulierter Ge­danke. Da jedoch China und Indien inzwi­schen neben den USA und der EU zu den größten Emittenten gehören, reichen die Klimaschutzmaßnahmen der Industrie­länder allein nicht mehr aus.

Die Bundesregierung betrachtet Klima­politik strategisch als festen Bestandteil ihrer Außenpolitik. Ihr Entwurf für einen Klimaclub, der im Rahmen der G7 voran­gebracht werden soll, zeichnet sich durch mehrere Aspekte aus. So soll er das Fehlen von Durchsetzungs­mechanismen im Pariser Abkommen ausgleichen. Dessen Bericht­erstattungs­prozesse (Pledge-and-Review) ver­leihen auch in Kombination mit der steti­gen Erhöhung des Ambitionsniveaus (Ratcheting-Up) dem Klimaschutz bisher nicht die nötige Dynamik. Darüber hinaus zielt der Vor­schlag darauf ab, die Clubmitglieder vor Wettbewerbs­nachteilen im internationalen Handel zu schützen und Carbon Leakage zu vermeiden. Mitglieder des Clubs mit ver­gleichbaren CO2-Preissystemen könn­ten gemeinsam eine Abgabe auf Importe aus Drittländern ohne vergleich­baren CO2-Preis einführen, den sogenannten CO2-Grenz­ausgleich. Das schüfe zusätzlich An­reize für Innovationen in Klimaschutztechnologien und brächte weitere Vorteile durch gemein­same Leit­märkte, zum Beispiel für grünen Wasserstoff. Außerdem werden in dem Vor­schlag Offenheit und Inklusivität betont. Über Partnerschaften soll der Club zu einer glo­balen Klimaallianz wachsen und seine Wirkkraft weit über die G7 hinaus ent­falten. Da viele Länder des Globalen Südens die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft nicht erfüllen können, stellt die Bundes­regierung in ihrem Vorschlag auch passen­de Mittel zum Kapazitätsaufbau in Aussicht.

Zwischen Exklusivität und Inklusivität

Allianzen von Vorreiterstaaten stehen vor der Herausforderung, dem UNFCCC-Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Ver­antwortungen (Common But Differentiated Responsibilities and Respective Capabilities) Rechnung zu tragen. Demzufolge sollen die Industrieländer, die historisch für den Klima­wandel verantwortlich sind, auch entsprechend zum Klimaschutz beitragen. Die Mitsprache der besonders betroffenen Entwicklungsländer darf dabei nicht ein­geschränkt werden. Ein Klimaclub funk­tioniert aber gerade aufgrund exklusiver Club­vorteile, zu denen nicht jedes Land sofort Zugang hat. Die Exklusivität setzt die Ko­operationsanreize für solche Länder, die bisher ihre international versprochenen Klimaschutzanstrengungen nicht aus­reichend umsetzen. Die G7-Initia­tive sollte also das globale Potential einer solchen Ansprache für die kommenden Jahre – auch über die deutsche Präsidentschaft hinaus – sorgsam sondieren. Je nachdem um welche Clubvorteile es geht, könnten sich auch Länder der G20 wie Indien, China und Indonesien angesprochen fühlen. Damit eine große Zahl an Entwicklungsländern den G7-Vorstoß unter­stützt, braucht man für die Zusammenarbeit eben­falls entsprechende An­gebote.

Clubvorteile und gemeinsame Interessen

Die Bundesregierung schlägt für einen Klima­club zuvorderst einen Mindest-CO2-Preis vor und darauf aufbauend einen gemeinsamen CO2-Grenzausgleich. Durch diese zwei Maßnahmen entstünde ein gemeinsamer Regulierungsraum. Trittbrettfahrer gäbe es nicht. Dritt­staaten müssten den Grenzausgleich zahlen und würden sich – wie Nordhaus argu­mentiert – letztlich dem Club anschließen wollen.

Über diesen abgestimmten CO2-Preis hinaus sind Vorteile denkbar, die sich bei­spielsweise durch harmonisierte Emis­sions-, Produkt- und Technologiestandards ergäben. Die steigende Nachfrage nach klimafreundlichen Gütern durch öffent­liche Aufträge sowie Vorrang für Unter­nehmen aus Club-Mitgliedsländern schüfen weitere Club­vorteile. Gemein­same klimapolitische For­schungs- und Ent­wicklungsinitiativen für grüne Technologien – zum Beispiel Batterieentwicklung, grünen Wasserstoff, smarte Infrastrukturen oder Kreislauf­wirtschaft – könnten zu neuen Leitmärkten in den Mitgliedstaaten führen. Im besten Falle würden sich auf diese Weise Liefer- und Wertschöpfungs­ketten im internationalen Gefüge dauerhaft in Richtung einer zuneh­mend dekarbonisierten Wirtschaftsweise verändern.

Soweit die Idee – doch angesichts poli­tischer Prioritäten und des geo­ökonomi­schen Kontextes ist es eine enorme politi­sche Her­ausforderung, einen solchen Wan­del ein­zuleiten und durchzusetzen. Zwar lauten die offiziellen Hal­tungen der amtie­renden G7-Regierungen gleich. Alle unter­stützen die internationale Klimaagenda und die Ziele des Pariser Abkommens. Aller­dings liegen ihre nationalen Ambitionen und deren Umsetzung nicht auf einer Linie.

Ausgangspunkte für die G7

Mit dem europäischen bzw. britischen Emis­sions­handel haben die vier europäischen G7-Staaten bereits ein gemeinsames Instru­ment etabliert. In den USA dagegen ist auf absehbare Zeit kein nationaler CO2-Preis zu erwarten, und die Klimagesetz­gebung kommt nur langsam voran. Auch die japa­nische Regierung plant aktuell kein CO2-Preissystem für Energieerzeuger und Industrie. Während Deutschland, Frank­reich, Italien und Großbritannien zudem eine breit angelegte gemeinsame Klimagovernance haben, sind Anknüpfungs­optio­nen von Japan, Kanada und den USA nur punktuell vorhanden. Japan, dessen Regie­rung 2023 die G7-Präsidentschaft übernimmt, hat das Ziel der Klimaneutra­lität bis 2050 ausgerufen und kann sich nach langem Widerstand nun vorstellen, eine internationale CO2-Steuer für den Schiffsverkehr zu unterstützen. Wegen aktueller wirt­schaftlicher Probleme steht Klimaschutz indes nicht sehr weit oben auf der politischen Agenda und wird von großen Teilen der Bevölkerung eher als Elitenprojekt wahrgenommen. CO2-Preise wurden in Kanada und den USA auf Pro­vinz- bzw. teil­weise auf Bundesstaaten­ebene ein­geführt, aber es gibt keine einheit­liche Vorgehensweise. Eine Verabredung der G7 über einen CO2-Mindestpreis, die über eine Absichts­erklärung hinausginge, ist daher momentan nicht realistisch. Stattdessen wäre die Einigung auf eine gemeinsame regulatorische Basis eine nahe­liegende Option.

Weiterhin ist die Reduktion des CO2-Ausstoßes in energieintensiven Wirtschafts­zweigen (unter anderem Stahl, Zement und Aluminium) durchaus ein gemeinsames Interesse der EU, Japans und der USA. Mit einem Green Steel Arrangement (GSA) hatten die EU und die USA im Rahmen des G20-Gipfels in Italien 2021 Strafzölle auf Stahl und Alu­minium sowie entsprechende Gegenzölle abgeschafft. Bis 2024 soll darüber verhandelt werden, wie die beiden Parteien den Handel mit diesen energieintensiven Gütern auch an Kriterien der CO2-Intensität ausrichten können. Das Thema eignet sich daher gut für die G7. Einer sodann erstre­benswerten Zusammenarbeit mit China, welches zu den größten Handelspartnern für energieintensive Güter gehört, steht aber entgegen, dass die US-Regierung beim GSA eine Kooperation mit China ausschließen will. Die USA und Japan haben mittler­weile ebenfalls verabredet, gegenseitig keine Stahlzölle mehr zu er­heben.

Eine weitere Hürde, die innerhalb der G7 überwunden werden muss, ist der Umgang mit der von der EU geplanten Einführung einer CO2-Grenzausgleichsabgabe (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM, siehe SWP-Studie 9/2021) auf Stahl und weitere energieintensive Produkte. Da nicht alle G7-Staaten einen CO2-Preis eingeführt haben, ist der CBAM derzeit eher ein Stolper­stein als ein Hebel für die deutsche Initia­ti­ve. Des­wegen wird darüber nachgedacht, die US-Regulierungsmaßnahmen als äqui­valent anzuerkennen, also anhand der Kosten der Unternehmen einen in­direkten CO2-Preis zu ermitteln. Auch könnten im Lichte des GSA weitere gemein­same Dekarbonisierungsinitiativen ent­wickelt werden, auf­grund derer schließlich die CO2-Emissio­nen der Industrieproduktion und damit auch die Berechnungsgrundlage für den CBAM sinken würden.

Kurzfristig drängt nun aber die Energieversorgungssicherung als gemeinsames Interesse aller G7-Staaten in den Vordergrund. Der russische Angriff auf die Ukraine wird nicht nur in Europa, sondern weltweit auf absehbare Zeit Lieferengpässe, steigende Preise und veränderte Abhängigkeiten zur Folge haben. Die Diversifizierung der Ener­gie­lieferbeziehungen und die Zusammenarbeit bei der Abfederung stei­gender Preise binden die Aufmerksamkeit der Staats- und Regierungschefs. Es gibt bereits klima­politische Vorhaben und Konzepte, beson­ders die Steigerung der Energieeffizienz, den Ausbau erneuerbarer Energien, den Hoch­lauf der Wasserstoffproduktion und zudem nachhaltige Mobilitätsangebote. Diese Vorhaben sollten gemeinsam be­schleunigt werden. Sie sind auch Antworten auf jene makroökonomischen Heraus­forderungen, die durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine aufgetreten sind, so etwa Preis­steigerungen und die Suche nach weiteren Finanzierungsquellen für staatliche Investi­tio­nen.

Intensivierung von Partnerschaften jenseits der G7

Wie andere Staaten jenseits der G7 die deut­sche Club-Initiative wahrnehmen, wird maß­­geblich mitbestimmen, ob sie erfolgreich Partnerschaften aufbauen und Strahl­kraft entfalten kann. Aus der Perspektive beson­ders vulnerabler Entwicklungsländer ist die Initiative wohl schon deshalb pro­ble­matisch, weil die G7-Staaten den Klima­wandel maß­geblich verursacht haben und nicht alle von ihnen als Vorreiter bei der inter­nationalen Klimakooperation gelten. Der Schutz vor Wettbewerbsnachteilen, der im G7-Klima­club auch als Mittel zur Über­windung poli­tischer Hindernisse gesehen wird, wirkt vor diesem Hintergrund eigen­nützig.

Auch um diesem Eindruck zu begegnen, ist es in der internationalen Klimapolitik 2022 wichtig, dass die G7 die Klimafinanzierung für Anpassung an den Klimawandel sowie Verluste und Schäden – ein Schwer­punkt der COP27-Verhandlungen – sichert und die Geberländer sich ver­lässlich zeigen. Vom Gipfel im Juni werden neue Zusagen erwartet. In ihrem Vorschlag regt die Bun­des­regierung konkret an, Einnahmen aus dem Grenzausgleichsmechanismus für mehr inter­nationale Klimafinanzierung aufzuwenden.

Konditionalität in Bezug auf finanzielle Unterstützung bei Vermeidungs- und An­passungs­anstrengungen ist allerdings ein Problembereich, der in den Klimaverhandlungen zwischen Industriestaaten und Ent­wicklungsländern schon seit langem für Reibungen sorgt. Klimafinanzierung als Clubvorteil in Aussicht zu stellen hieße, sie an Bedingungen zu knüpfen – nämlich die Kooperation mit der G7-Initiative und deren Erfolg bei der Generierung neuer Einnahmen. Dass die G7-Länder in der Pflicht sind, Anpassungs- und Vermeidungsbemühungen zu finanzieren, ergibt sich für Interessen­vertreter des Glo­balen Südens aber allein aus der Dringlichkeit des Klimaproblems sowie der historischen Verantwortung der Industrieländer. Doch das Volumen der internationalen Klimafinanzierung wird bisher weder dem Bedarf gerecht noch dem Versprechen der Industriestaaten, bis 2020 jährlich 100 Mil­liarden Dollar aufzubringen. Gerade unter diesem Gesichtspunkt ist es diplo­ma­tisch heikel, Finanzierung von Einnahmen aus dem noch zu gründenden Club abhängig zu machen oder gar als Ko­operationsanreiz zu nutzen. Daher sollte unmiss­verständlich klargestellt werden, dass sämt­liche Klimafinanzierung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Club aus­schließlich neue und zusätz­liche Gelder ent­hält, die spezi­fisch dem Kapazitätsaufbau mit Blick auf die tech­nischen und adminis­trativen Anfor­derungen einer Mitgliedschaft dienen.

Können große Schwellenländer in den Club?

Indonesien übernimmt 2022 den Vorsitz der G20. Einzelne Schwellenländer aus dieser Gruppe bedürfen besonderer Auf­merksamkeit, weil sie ihren Verbrauch von Kohle weiter steigern wollen und aufgrund der aktuellen Energiepreiskrise darin be­stärkt werden. Es bleibt daher schwierig, vor allem mit China und Indien gemein­same Projekte zu identifizieren und die Investitionen in Kohlekraftwerke zu brem­sen. Zwar gibt es in China Bemü­hungen, die Emissionen zu reduzieren, unter ande­rem weil dort Luftverschmutzung durch Kohleverbrennung gravierende gesundheitliche Folgen hat. In Indien und Indonesien aber wird dieser Energie­träger nach wie vor als essentiell betrachtet, um wirtschaftlich aufholen zu können.

Auch in dieser Frage wirkt sich der Krieg Russlands gegen die Ukraine aus. Der klima­­politischen Notwendigkeit, mit den großen Schwellenländern zu kooperieren, steht zumindest kurzfristig entgegen, dass die Konfrontation Russlands mit dem Wes­ten neue Verwerfungen in der energiepolitischen Zusammenarbeit erzeugen kann. Die Schwellenländer werden Sanktionen gegen Kohle, Öl und Gas aus Russland nicht mit­tragen. Nun werden fossile Energie­träger zwar teurer, aber es ist nicht aus­gemacht, dass China, Indien und Indonesien des­wegen ihre Kohleausbaupläne zurück­fahren. Letztlich wächst allenthalben die politische Bedeutung der Versorgungssicherheit, und einige Ver­treter dieser Länder deuten die jüngste Steigerung der europäischen Kohle­strom­erzeugung als Abkehr vom Kohle­ausstieg. Gemeinsame Interessen existieren indes weithin beim Zubau erneuerbarer Energie­träger, was sowohl die Versorgung als auch den Klima­schutz sichert. Es zeich­net sich ab, dass die EU und Deutschland auf diesem Weg auch den Einfluss auf einzelne G20-Staaten wie zuletzt Indien suchen, damit diese die Isolierung Russlands auf den Energiemärkten mittragen.

Sollten einzelne Schwellenländer ein Interesse an CO2-Bepreisung entwickeln oder vorhandene Pläne nachdrücklicher verfolgen, wird es vonnöten sein, ihre insti­tutionellen und wirtschaftlichen Kapazitäten realistisch einzuordnen und über die politischen Vor­teile dieses Instru­ments ins Gespräch zu kommen. Die G7- und die G20-Gipfel kön­nen hier Impulse setzen, wenn auch mit wenig bindender Kraft. Immerhin können Deutschland, Frank­reich, Italien, Groß­britannien und Kanada – zusammen mit der EU – mit China und Südafrika über die weitere gemeinsame Gestaltung des Instruments sowie dessen Anrechnungen beim CBAM verhandeln: Diese beiden Länder haben bereits einen CO2-Preis.

Optionen und Prioritäten für die deutsche G7-Präsidentschaft

Der deutsche Anstoß für einen Klimaclub kann in der G7 nützlich sein, gemeinsame Formen der Zusammenarbeit bei der regu­latorischen Umsetzung der Klimaziele zu entwickeln, je nach Ambitionsniveau der einzelnen Partner. Das kann CO2-Preise, sektorale Initiativen und weitere Maßnahmen umfassen. Für die japanische Regierung muss dabei ein greifbares Projekt identifiziert werden, welches sich für eine Fortschreibung während der eigenen G7-Präsidentschaft 2023 eignet. Hierzu zählen Reduktionsziele für die Produktion energie­intensiver Güter sowie die Investitionen in den Wasserstoffhochlauf.

Der Krieg in der Ukraine bringt neue Herausforderungen für die globale Energie­versorgung mit sich. Daher sollte die Unter­stützung der G7-Staaten untereinander – aber auch für weitere Länder, die wegen hoher Energiepreise Hilfe benötigen – mit klimapolitischen Zielen in Einklang gebracht werden. An oberster Stelle stehen hier Fi­nanzierung und Beschleunigung erneuerbarer Energieerzeugung und ent­sprechender Infrastrukturen sowie rasche Effizienzsteigerungen beim Verbrauch. Eine Abkehr vom Kohle-Finanzierungs­ausstieg und eine Kohlerenaissance müssen dagegen un­bedingt vermieden werden. An einer wei­te­ren Diversifizierung der europä­ischen Gas­versorgung hin zu mehr Flüssig­gas aus den USA wird auch in den Verhandlungen der europäischen G7-Umwelt- und Energie­minister kein Weg vorbeiführen. Hierbei sollten die Vertreterinnen und Ver­treter gemeinsamen Maßnahmen zu größe­ren Einsparungen einen hohen Stellenwert einräumen, ebenso den Bemühungen, die Emis­sions­bilanz bei Gewinnung und Ver­arbei­tung dieses Energieträgers zu verbes­sern.

Zudem sollte die Bundesregierung die Erwartungen an den Club dämpfen. Die G7 ist eine intergouvernementale Gesprächsplattform, die sich gerade auf­grund ihres eher losen Charakters in der Geschichte als flexibel und beständig erwie­sen hat. Sie kann daher politischer Inku­bator für eine globale Klimaallianz sein, diese aber nicht mit einem verbindlichen Regelwerk ver­sehen. Letztlich werden erfolg­reiche Initia­tiven der G7 an inter­nationale Institutionen delegiert werden müssen.

Für die Umsetzung des Pariser Abkommens kann die Clubidee als Beitrag zu einem Prozess dienen, bei dem die Art der angebotenen Clubvorteile von vornherein auf die Interessen jener potentiellen Mit­glieder und Partner abgestimmt wird, die nicht der G7 angehören. Mit Indien, Süd­afrika, Senegal und G20-Gastgeber Indone­sien hat die Bundesregierung vier wichtige Partner zum G7-Gipfel in Deutschland ein­geladen. Die Verständigung mit ihnen würde ein wichtiges Zeichen der Inklusivität setzen. Damit käme die Bundesregierung voran auf dem schmalen Grat zwi­schen der Stärkung internationaler Ko­ope­ration und deren wahrgenom­mener Aus­hebelung durch das unabgestimmte Vor­preschen einer Gruppe reicher Industrie­staaten.

Dr. Susanne Dröge ist Senior Fellow in der Forschungsgruppe Globale Fragen.
Dr. Marian Feist ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Globale Fragen.

© Stiftung Wissenschaft und Politik, 2022

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