Beim G7-Gipfel im Juni 2022 auf Schloss Elmau will die Bundesregierung die internationale Klimakooperation voranbringen und dazu einen Klimaclub gründen. Dieser soll die Umsetzung der Pariser Klimaziele fördern und bestenfalls zu einer breiten Allianz ambitionierter Länder wachsen. Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine stellen sich nun aber drängende Fragen der energiepolitischen Zusammenarbeit in der G7. Versorgungssicherheit als kurzfristige Priorität muss mit dem klimapolitischen Ziel einer schnelleren Dekarbonisierung und der internationalen Klimaagenda in Einklang gebracht werden. Dazu kann ein Klimaclub Impulse setzen, und zwar mit Verabredungen über gemeinsame regulatorische Ansätze und Klimaprojekte. Mit Blick auf den internationalen Klimaprozess muss aber vermieden werden, dass die Initiative als Club der reichen Staaten aufgefasst wird. Die Bundesregierung sollte daher das Augenmerk auf die Erwartungen an ihren Vorstoß richten: Nötig sind Signale für die COP27 im Herbst in Ägypten, vor allem mittels steigender Klimafinanzierung. Ebenso gilt es, den G7-Club als ambitionierte, aber inklusive Initiative zu gestalten.
Schon auf der Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) in Glasgow (Conference of the Parties, COP26) ging es darum, wie sich die nationalen Klimapolitikpläne schneller verwirklichen ließen (siehe SWP Comment 2/2022). Hierfür wurden auch mit deutscher Beteiligung einige neue Initiativen zum Klimaschutz aus der Taufe gehoben. Intensivere Zusammenarbeit ist wichtig, weil die EU aufgrund ihrer vielfältigen ökonomischen und politischen Verflechtungen weder ihren Green Deal noch die im Europäischen Klimagesetz verankerten Ziele im Alleingang umsetzen kann. Der Krieg in der Ukraine hat die Bedingungen für ambitionierte Klimapolitik auf der Ebene der Vereinten Nationen komplizierter gemacht, weil sich damit viel politische Aufmerksamkeit auf sicherheitspolitische Fragen und Energieversorgung konzentriert und die Frage nach dem Umgang mit Russland die klimapolitische Kooperation zentraler Akteure überlagert. Wovon hängen unter den aktuellen politischen Vorzeichen die Chancen für einen Klimaclub ab, und wie passt er in das Gesamtgefüge der internationalen Klimakooperation?
Klimaclubs und der Vorschlag der Bundesregierung
Die Idee eines Klimaclubs ist nicht neu. Seit längerem gibt es in den internationalen Klimaverhandlungen Gruppen von Staaten, die in der Klimapolitik eng kooperieren, unter anderem regionale oder inhaltlich orientierte Gruppen. Auch bei vergangenen G7- und G20-Gipfeln oder in verschiedenen Initiativen und Programmen von Institutionen wie der Weltbank arbeiteten Länder zusammen, um gemeinsame Klimaprojekte zu gestalten. Als 2009 der Klimagipfel in Kopenhagen (COP15) kein neues umfassendes globales Klimaabkommen hervorbrachte, bekam die Idee, in kleinen Koalitionen rascher Ergebnisse zu erzielen, weiteren Aufwind. Beispielsweise gründeten die USA 2009 dazu das Major Economies Forum on Energy and Climate Change (MEF). Auf diese Weise sollte das Fehlen eines globalen Abkommens kompensiert werden.
Aber auch nach Verabschiedung des Pariser Abkommens 2015, das alle Staaten in die globale Klimapolitik einbindet, stellte sich die Frage, wie ambitionierte Staaten den Klimaschutz zügiger voranbringen können, wenn wichtige Akteure nicht im nötigen Maße mitziehen. Denn das Pariser Abkommen schreibt keine verbindlichen Ziele zur Emissionsreduktion vor, sondern überlässt die Zielformulierung den einzelnen Staaten. Daher besteht die Gefahr, dass Vorreiter die Kosten tragen, während andere als Trittbrettfahrer keinen ausreichenden Beitrag leisten. Der Ökonom William Nordhaus stellte angesichts dieses Problems 2015 eine in der Folge viel diskutierte Idee für einen Klimaclub vor, dessen Mitglieder sich auf einen CO2-Preis einigen und sich mit einem gemeinsamen Außenzoll gegen dadurch entstehende Wettbewerbsnachteile absichern. So würde auch verhindert, dass sich die Nachfrage im Welthandel in Länder ohne CO2-Preis verlagert (Carbon Leakage), womit für den Klimaschutz letztlich nichts gewonnen wäre.
Dass die Länder mit den historisch meisten Treibhausgasemissionen den wesentlichen Teil des globalen Klimaschutz leisten müssen, ist zudem ein häufig formulierter Gedanke. Da jedoch China und Indien inzwischen neben den USA und der EU zu den größten Emittenten gehören, reichen die Klimaschutzmaßnahmen der Industrieländer allein nicht mehr aus.
Die Bundesregierung betrachtet Klimapolitik strategisch als festen Bestandteil ihrer Außenpolitik. Ihr Entwurf für einen Klimaclub, der im Rahmen der G7 vorangebracht werden soll, zeichnet sich durch mehrere Aspekte aus. So soll er das Fehlen von Durchsetzungsmechanismen im Pariser Abkommen ausgleichen. Dessen Berichterstattungsprozesse (Pledge-and-Review) verleihen auch in Kombination mit der stetigen Erhöhung des Ambitionsniveaus (Ratcheting-Up) dem Klimaschutz bisher nicht die nötige Dynamik. Darüber hinaus zielt der Vorschlag darauf ab, die Clubmitglieder vor Wettbewerbsnachteilen im internationalen Handel zu schützen und Carbon Leakage zu vermeiden. Mitglieder des Clubs mit vergleichbaren CO2-Preissystemen könnten gemeinsam eine Abgabe auf Importe aus Drittländern ohne vergleichbaren CO2-Preis einführen, den sogenannten CO2-Grenzausgleich. Das schüfe zusätzlich Anreize für Innovationen in Klimaschutztechnologien und brächte weitere Vorteile durch gemeinsame Leitmärkte, zum Beispiel für grünen Wasserstoff. Außerdem werden in dem Vorschlag Offenheit und Inklusivität betont. Über Partnerschaften soll der Club zu einer globalen Klimaallianz wachsen und seine Wirkkraft weit über die G7 hinaus entfalten. Da viele Länder des Globalen Südens die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft nicht erfüllen können, stellt die Bundesregierung in ihrem Vorschlag auch passende Mittel zum Kapazitätsaufbau in Aussicht.
Zwischen Exklusivität und Inklusivität
Allianzen von Vorreiterstaaten stehen vor der Herausforderung, dem UNFCCC-Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortungen (Common But Differentiated Responsibilities and Respective Capabilities) Rechnung zu tragen. Demzufolge sollen die Industrieländer, die historisch für den Klimawandel verantwortlich sind, auch entsprechend zum Klimaschutz beitragen. Die Mitsprache der besonders betroffenen Entwicklungsländer darf dabei nicht eingeschränkt werden. Ein Klimaclub funktioniert aber gerade aufgrund exklusiver Clubvorteile, zu denen nicht jedes Land sofort Zugang hat. Die Exklusivität setzt die Kooperationsanreize für solche Länder, die bisher ihre international versprochenen Klimaschutzanstrengungen nicht ausreichend umsetzen. Die G7-Initiative sollte also das globale Potential einer solchen Ansprache für die kommenden Jahre – auch über die deutsche Präsidentschaft hinaus – sorgsam sondieren. Je nachdem um welche Clubvorteile es geht, könnten sich auch Länder der G20 wie Indien, China und Indonesien angesprochen fühlen. Damit eine große Zahl an Entwicklungsländern den G7-Vorstoß unterstützt, braucht man für die Zusammenarbeit ebenfalls entsprechende Angebote.
Clubvorteile und gemeinsame Interessen
Die Bundesregierung schlägt für einen Klimaclub zuvorderst einen Mindest-CO2-Preis vor und darauf aufbauend einen gemeinsamen CO2-Grenzausgleich. Durch diese zwei Maßnahmen entstünde ein gemeinsamer Regulierungsraum. Trittbrettfahrer gäbe es nicht. Drittstaaten müssten den Grenzausgleich zahlen und würden sich – wie Nordhaus argumentiert – letztlich dem Club anschließen wollen.
Über diesen abgestimmten CO2-Preis hinaus sind Vorteile denkbar, die sich beispielsweise durch harmonisierte Emissions-, Produkt- und Technologiestandards ergäben. Die steigende Nachfrage nach klimafreundlichen Gütern durch öffentliche Aufträge sowie Vorrang für Unternehmen aus Club-Mitgliedsländern schüfen weitere Clubvorteile. Gemeinsame klimapolitische Forschungs- und Entwicklungsinitiativen für grüne Technologien – zum Beispiel Batterieentwicklung, grünen Wasserstoff, smarte Infrastrukturen oder Kreislaufwirtschaft – könnten zu neuen Leitmärkten in den Mitgliedstaaten führen. Im besten Falle würden sich auf diese Weise Liefer- und Wertschöpfungsketten im internationalen Gefüge dauerhaft in Richtung einer zunehmend dekarbonisierten Wirtschaftsweise verändern.
Soweit die Idee – doch angesichts politischer Prioritäten und des geoökonomischen Kontextes ist es eine enorme politische Herausforderung, einen solchen Wandel einzuleiten und durchzusetzen. Zwar lauten die offiziellen Haltungen der amtierenden G7-Regierungen gleich. Alle unterstützen die internationale Klimaagenda und die Ziele des Pariser Abkommens. Allerdings liegen ihre nationalen Ambitionen und deren Umsetzung nicht auf einer Linie.
Ausgangspunkte für die G7
Mit dem europäischen bzw. britischen Emissionshandel haben die vier europäischen G7-Staaten bereits ein gemeinsames Instrument etabliert. In den USA dagegen ist auf absehbare Zeit kein nationaler CO2-Preis zu erwarten, und die Klimagesetzgebung kommt nur langsam voran. Auch die japanische Regierung plant aktuell kein CO2-Preissystem für Energieerzeuger und Industrie. Während Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien zudem eine breit angelegte gemeinsame Klimagovernance haben, sind Anknüpfungsoptionen von Japan, Kanada und den USA nur punktuell vorhanden. Japan, dessen Regierung 2023 die G7-Präsidentschaft übernimmt, hat das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ausgerufen und kann sich nach langem Widerstand nun vorstellen, eine internationale CO2-Steuer für den Schiffsverkehr zu unterstützen. Wegen aktueller wirtschaftlicher Probleme steht Klimaschutz indes nicht sehr weit oben auf der politischen Agenda und wird von großen Teilen der Bevölkerung eher als Elitenprojekt wahrgenommen. CO2-Preise wurden in Kanada und den USA auf Provinz- bzw. teilweise auf Bundesstaatenebene eingeführt, aber es gibt keine einheitliche Vorgehensweise. Eine Verabredung der G7 über einen CO2-Mindestpreis, die über eine Absichtserklärung hinausginge, ist daher momentan nicht realistisch. Stattdessen wäre die Einigung auf eine gemeinsame regulatorische Basis eine naheliegende Option.
Weiterhin ist die Reduktion des CO2-Ausstoßes in energieintensiven Wirtschaftszweigen (unter anderem Stahl, Zement und Aluminium) durchaus ein gemeinsames Interesse der EU, Japans und der USA. Mit einem Green Steel Arrangement (GSA) hatten die EU und die USA im Rahmen des G20-Gipfels in Italien 2021 Strafzölle auf Stahl und Aluminium sowie entsprechende Gegenzölle abgeschafft. Bis 2024 soll darüber verhandelt werden, wie die beiden Parteien den Handel mit diesen energieintensiven Gütern auch an Kriterien der CO2-Intensität ausrichten können. Das Thema eignet sich daher gut für die G7. Einer sodann erstrebenswerten Zusammenarbeit mit China, welches zu den größten Handelspartnern für energieintensive Güter gehört, steht aber entgegen, dass die US-Regierung beim GSA eine Kooperation mit China ausschließen will. Die USA und Japan haben mittlerweile ebenfalls verabredet, gegenseitig keine Stahlzölle mehr zu erheben.
Eine weitere Hürde, die innerhalb der G7 überwunden werden muss, ist der Umgang mit der von der EU geplanten Einführung einer CO2-Grenzausgleichsabgabe (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM, siehe SWP-Studie 9/2021) auf Stahl und weitere energieintensive Produkte. Da nicht alle G7-Staaten einen CO2-Preis eingeführt haben, ist der CBAM derzeit eher ein Stolperstein als ein Hebel für die deutsche Initiative. Deswegen wird darüber nachgedacht, die US-Regulierungsmaßnahmen als äquivalent anzuerkennen, also anhand der Kosten der Unternehmen einen indirekten CO2-Preis zu ermitteln. Auch könnten im Lichte des GSA weitere gemeinsame Dekarbonisierungsinitiativen entwickelt werden, aufgrund derer schließlich die CO2-Emissionen der Industrieproduktion und damit auch die Berechnungsgrundlage für den CBAM sinken würden.
Kurzfristig drängt nun aber die Energieversorgungssicherung als gemeinsames Interesse aller G7-Staaten in den Vordergrund. Der russische Angriff auf die Ukraine wird nicht nur in Europa, sondern weltweit auf absehbare Zeit Lieferengpässe, steigende Preise und veränderte Abhängigkeiten zur Folge haben. Die Diversifizierung der Energielieferbeziehungen und die Zusammenarbeit bei der Abfederung steigender Preise binden die Aufmerksamkeit der Staats- und Regierungschefs. Es gibt bereits klimapolitische Vorhaben und Konzepte, besonders die Steigerung der Energieeffizienz, den Ausbau erneuerbarer Energien, den Hochlauf der Wasserstoffproduktion und zudem nachhaltige Mobilitätsangebote. Diese Vorhaben sollten gemeinsam beschleunigt werden. Sie sind auch Antworten auf jene makroökonomischen Herausforderungen, die durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine aufgetreten sind, so etwa Preissteigerungen und die Suche nach weiteren Finanzierungsquellen für staatliche Investitionen.
Intensivierung von Partnerschaften jenseits der G7
Wie andere Staaten jenseits der G7 die deutsche Club-Initiative wahrnehmen, wird maßgeblich mitbestimmen, ob sie erfolgreich Partnerschaften aufbauen und Strahlkraft entfalten kann. Aus der Perspektive besonders vulnerabler Entwicklungsländer ist die Initiative wohl schon deshalb problematisch, weil die G7-Staaten den Klimawandel maßgeblich verursacht haben und nicht alle von ihnen als Vorreiter bei der internationalen Klimakooperation gelten. Der Schutz vor Wettbewerbsnachteilen, der im G7-Klimaclub auch als Mittel zur Überwindung politischer Hindernisse gesehen wird, wirkt vor diesem Hintergrund eigennützig.
Auch um diesem Eindruck zu begegnen, ist es in der internationalen Klimapolitik 2022 wichtig, dass die G7 die Klimafinanzierung für Anpassung an den Klimawandel sowie Verluste und Schäden – ein Schwerpunkt der COP27-Verhandlungen – sichert und die Geberländer sich verlässlich zeigen. Vom Gipfel im Juni werden neue Zusagen erwartet. In ihrem Vorschlag regt die Bundesregierung konkret an, Einnahmen aus dem Grenzausgleichsmechanismus für mehr internationale Klimafinanzierung aufzuwenden.
Konditionalität in Bezug auf finanzielle Unterstützung bei Vermeidungs- und Anpassungsanstrengungen ist allerdings ein Problembereich, der in den Klimaverhandlungen zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern schon seit langem für Reibungen sorgt. Klimafinanzierung als Clubvorteil in Aussicht zu stellen hieße, sie an Bedingungen zu knüpfen – nämlich die Kooperation mit der G7-Initiative und deren Erfolg bei der Generierung neuer Einnahmen. Dass die G7-Länder in der Pflicht sind, Anpassungs- und Vermeidungsbemühungen zu finanzieren, ergibt sich für Interessenvertreter des Globalen Südens aber allein aus der Dringlichkeit des Klimaproblems sowie der historischen Verantwortung der Industrieländer. Doch das Volumen der internationalen Klimafinanzierung wird bisher weder dem Bedarf gerecht noch dem Versprechen der Industriestaaten, bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar aufzubringen. Gerade unter diesem Gesichtspunkt ist es diplomatisch heikel, Finanzierung von Einnahmen aus dem noch zu gründenden Club abhängig zu machen oder gar als Kooperationsanreiz zu nutzen. Daher sollte unmissverständlich klargestellt werden, dass sämtliche Klimafinanzierung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Club ausschließlich neue und zusätzliche Gelder enthält, die spezifisch dem Kapazitätsaufbau mit Blick auf die technischen und administrativen Anforderungen einer Mitgliedschaft dienen.
Können große Schwellenländer in den Club?
Indonesien übernimmt 2022 den Vorsitz der G20. Einzelne Schwellenländer aus dieser Gruppe bedürfen besonderer Aufmerksamkeit, weil sie ihren Verbrauch von Kohle weiter steigern wollen und aufgrund der aktuellen Energiepreiskrise darin bestärkt werden. Es bleibt daher schwierig, vor allem mit China und Indien gemeinsame Projekte zu identifizieren und die Investitionen in Kohlekraftwerke zu bremsen. Zwar gibt es in China Bemühungen, die Emissionen zu reduzieren, unter anderem weil dort Luftverschmutzung durch Kohleverbrennung gravierende gesundheitliche Folgen hat. In Indien und Indonesien aber wird dieser Energieträger nach wie vor als essentiell betrachtet, um wirtschaftlich aufholen zu können.
Auch in dieser Frage wirkt sich der Krieg Russlands gegen die Ukraine aus. Der klimapolitischen Notwendigkeit, mit den großen Schwellenländern zu kooperieren, steht zumindest kurzfristig entgegen, dass die Konfrontation Russlands mit dem Westen neue Verwerfungen in der energiepolitischen Zusammenarbeit erzeugen kann. Die Schwellenländer werden Sanktionen gegen Kohle, Öl und Gas aus Russland nicht mittragen. Nun werden fossile Energieträger zwar teurer, aber es ist nicht ausgemacht, dass China, Indien und Indonesien deswegen ihre Kohleausbaupläne zurückfahren. Letztlich wächst allenthalben die politische Bedeutung der Versorgungssicherheit, und einige Vertreter dieser Länder deuten die jüngste Steigerung der europäischen Kohlestromerzeugung als Abkehr vom Kohleausstieg. Gemeinsame Interessen existieren indes weithin beim Zubau erneuerbarer Energieträger, was sowohl die Versorgung als auch den Klimaschutz sichert. Es zeichnet sich ab, dass die EU und Deutschland auf diesem Weg auch den Einfluss auf einzelne G20-Staaten wie zuletzt Indien suchen, damit diese die Isolierung Russlands auf den Energiemärkten mittragen.
Sollten einzelne Schwellenländer ein Interesse an CO2-Bepreisung entwickeln oder vorhandene Pläne nachdrücklicher verfolgen, wird es vonnöten sein, ihre institutionellen und wirtschaftlichen Kapazitäten realistisch einzuordnen und über die politischen Vorteile dieses Instruments ins Gespräch zu kommen. Die G7- und die G20-Gipfel können hier Impulse setzen, wenn auch mit wenig bindender Kraft. Immerhin können Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und Kanada – zusammen mit der EU – mit China und Südafrika über die weitere gemeinsame Gestaltung des Instruments sowie dessen Anrechnungen beim CBAM verhandeln: Diese beiden Länder haben bereits einen CO2-Preis.
Optionen und Prioritäten für die deutsche G7-Präsidentschaft
Der deutsche Anstoß für einen Klimaclub kann in der G7 nützlich sein, gemeinsame Formen der Zusammenarbeit bei der regulatorischen Umsetzung der Klimaziele zu entwickeln, je nach Ambitionsniveau der einzelnen Partner. Das kann CO2-Preise, sektorale Initiativen und weitere Maßnahmen umfassen. Für die japanische Regierung muss dabei ein greifbares Projekt identifiziert werden, welches sich für eine Fortschreibung während der eigenen G7-Präsidentschaft 2023 eignet. Hierzu zählen Reduktionsziele für die Produktion energieintensiver Güter sowie die Investitionen in den Wasserstoffhochlauf.
Der Krieg in der Ukraine bringt neue Herausforderungen für die globale Energieversorgung mit sich. Daher sollte die Unterstützung der G7-Staaten untereinander – aber auch für weitere Länder, die wegen hoher Energiepreise Hilfe benötigen – mit klimapolitischen Zielen in Einklang gebracht werden. An oberster Stelle stehen hier Finanzierung und Beschleunigung erneuerbarer Energieerzeugung und entsprechender Infrastrukturen sowie rasche Effizienzsteigerungen beim Verbrauch. Eine Abkehr vom Kohle-Finanzierungsausstieg und eine Kohlerenaissance müssen dagegen unbedingt vermieden werden. An einer weiteren Diversifizierung der europäischen Gasversorgung hin zu mehr Flüssiggas aus den USA wird auch in den Verhandlungen der europäischen G7-Umwelt- und Energieminister kein Weg vorbeiführen. Hierbei sollten die Vertreterinnen und Vertreter gemeinsamen Maßnahmen zu größeren Einsparungen einen hohen Stellenwert einräumen, ebenso den Bemühungen, die Emissionsbilanz bei Gewinnung und Verarbeitung dieses Energieträgers zu verbessern.
Zudem sollte die Bundesregierung die Erwartungen an den Club dämpfen. Die G7 ist eine intergouvernementale Gesprächsplattform, die sich gerade aufgrund ihres eher losen Charakters in der Geschichte als flexibel und beständig erwiesen hat. Sie kann daher politischer Inkubator für eine globale Klimaallianz sein, diese aber nicht mit einem verbindlichen Regelwerk versehen. Letztlich werden erfolgreiche Initiativen der G7 an internationale Institutionen delegiert werden müssen.
Für die Umsetzung des Pariser Abkommens kann die Clubidee als Beitrag zu einem Prozess dienen, bei dem die Art der angebotenen Clubvorteile von vornherein auf die Interessen jener potentiellen Mitglieder und Partner abgestimmt wird, die nicht der G7 angehören. Mit Indien, Südafrika, Senegal und G20-Gastgeber Indonesien hat die Bundesregierung vier wichtige Partner zum G7-Gipfel in Deutschland eingeladen. Die Verständigung mit ihnen würde ein wichtiges Zeichen der Inklusivität setzen. Damit käme die Bundesregierung voran auf dem schmalen Grat zwischen der Stärkung internationaler Kooperation und deren wahrgenommener Aushebelung durch das unabgestimmte Vorpreschen einer Gruppe reicher Industriestaaten.
Dr. Susanne Dröge ist Senior Fellow in der Forschungsgruppe Globale Fragen.
Dr. Marian Feist ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Globale Fragen.
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