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Russlands Einflussmacht im Kaukasus

Konkurrenz und Kooperation mit Regionalmächten und globalen Akteuren

SWP-Studie 2021/S 10, 08.07.2021, 35 Pages

doi:10.18449/2021S10

Research Areas

Dr. Uwe Halbach ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien

  • Im zweiten Karabach-Krieg vom Herbst 2020 vermittelte Russland einen Waffenstillstand und erweiterte seine militärische Präsenz im Südkaukasus, indem es eine Friedenstruppe im restlichen Berg-Karabach stationierte. In diesem Krieg hatten aserbaidschanische Streitkräfte die Südprovinz Karabachs und die zuvor von armenischen Truppen kontrollierten Territorien in dessen Umgebung eingenommen.

  • Laut internationalen Beobachtern hat die Dominanz Russlands und der Türkei bewirkt, dass sich die geopolitischen Koordinaten im Kaukasus auf Kosten westlicher und globaler Akteure verlagerten.

  • In Moskaus Perspektive besteht der Kaukasus aus Russlands Föderationssubjekten im Nordteil und seinem »nahen Ausland« im Südteil der Region. Für seine Politik im Südkaukasus nutzte der Kreml ungelöste Territorialkonflikte als machtpolitische Hebel.

  • Mit seiner Unterstützung für die von Georgien abtrünnigen Landesteile Abchasien und Südossetien will Moskau das am stärksten nach Westen ausgerichtete »nahe Ausland« bestrafen. Im Karabach-Konflikt dagegen war Russland trotz enger sicherheitspolitischer Verbindung mit Armenien auf Neutralität bedacht und stellte sich nicht grundsätzlich gegen west­liche Konfliktmediatoren im Verhandlungsrahmen der OSZE.

  • Russlands Ordnungsmacht im Südkaukasus wird durch die enge mili­tärische Allianz der Türkei mit Aserbaidschan eingeschränkt. Auch Iran tritt verstärkt als Akteur in der Region auf. Das geopolitische Gewicht dort verschiebt sich zu den historischen Regional- und Großmächten.

  • Globale und westliche Akteure sind aber noch nicht aus der Region ver­bannt. Der Karabach-Konflikt bleibt im Brennpunkt internationaler Politik. Das wurde sechs Monate nach Kriegsende offenbar, als die Grenzkonflikte zwischen Armenien und Aserbaidschan sich im Mai 2021 erneut zuspitzten.

Problemstellung und Schlussfolgerungen

Russland beansprucht Einfluss- und Ordnungsmacht im postsowjetischen Raum. Das betrifft den Umgang mit Nachbarstaaten, für die sich der Terminus »nahes Ausland« eingebürgert hat. Die kaukasische Region hebt sich für Russland dadurch hervor, dass sie seine eigenen Föderationssubjekte im Nordkaukasus und sein »nahes Ausland« im Südkaukasus umfasst.

Zuletzt sorgten der Krieg um Berg-Karabach vom 27. September bis zum 9. November 2020 und der von Russland in trilateralen Übereinkommen mit Armenien und Aserbaidschan vermittelte Waffen­stillstand für Debatten darüber, inwieweit sich das geo­politische Kräftefeld im Südkaukasus und seiner Umgebung verändert hat: Russland habe seine mili­tärische Präsenz im Südkaukasus durch die Statio­nierung von Friedenstruppen in Berg-Karabach erwei­tert und seinen Anspruch auf Ordnungsmacht durch seine maßgebliche Rolle bei der Beendigung des Krieges bekräftigt. Dies sei auf Kosten westlicher und globaler Akteure wie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geschehen, die sich in diesem Prozess als »Zaungäste« erwiesen hätten.

Offen bleibt die Frage, ob die Nachkriegssituation mit russischen Friedenstruppen in der Konfliktzone nun zu einer nachhaltigeren Friedensentwicklung führt als das Ende des ersten Karabach-Krieges. Dieser ging 1994 durch einen von Russland vermittelten Waffenstillstand in einen fragilen Zustand von »Weder Krieg noch Frieden« über, der aber trotz jahrzehntelanger Ver­handlungen im OSZE-Rahmen nicht über­wunden wurde. Die Neun-Punkte-Erklärung vom 9. November 2020, die den Waffenstillstand einleitete, enthielt einige Unklarheiten. So streiten die Konfliktparteien über die Demarkation neuer Grenzlinien, nachdem Aserbaidschan die Kontrolle über sieben zuvor von armenischen Truppen besetzten Distrikten in der Umgebung Berg-Karabachs und über ein Drittel dieses Gebietes selbst erlangt hat. Umstritten blieb auch der Austausch von Kriegsgefangenen. Der Krieg hat gegenseitige Feindbilder, die Kompromissbereitschaft blockieren, nochmals vertieft. So bleibt die rus­sische Peace­keeping-Mission mit rund 2 000 Soldaten in Karabach herausgefordert. Das Mandat dieser Mission gilt zunächst für fünf Jahre und kann dann verlängert werden, wenn keine der beiden Konfliktparteien Einspruch dagegen erhebt.

Angeregt von aktuellen Entwicklungen gilt es, einen Blick auf die russische Kaukasuspolitik in der nachsowjetischen Periode zu werfen. Im Mittelpunkt steht hier Russlands Einflussnahme auf den Südkaukasus. Zu berücksichtigen sind dabei aber auch die Herausforderungen an Russlands »föderale Macht­vertikale« im Nordkaukasus, wo sich ein Föderationssubjekt wie Tschetschenien zum »inneren Ausland« entwickelt hat. Zu den Instrumenten russischen Ein­flusses gehören vor allem sicherheitspolitische Hebel. Sie haben damit zu tun, dass nach wie vor ungelöste Konflikte in der Region existieren und dass Russland in Konfliktzonen wie den von Georgien abtrünnigen Landesteilen Abchasien und Südossetien seine militä­rische Präsenz ausgeweitet hat.

Ein Thema im Diskurs über die aktuellen Entwicklungen ist der Einfluss, den die Türkei in der süd­lichen Nachbarschaft Russlands hinzugewonnen hat, und ein komplexes Verhältnis von Konkurrenz und Kooperation zwischen den beiden Staaten in ihrer Politik im Südkaukasus und im Mittleren Osten. Aser­baidschan und die Türkei, deren Allianz sich militä­risch verfestigt hat, initiierten nach einer gemein­samen pompösen Siegesfeier in Baku ein 3+3-Format als Kooperationsplattform für den Kaukasus. Neben den drei südkaukasischen Staaten Armenien, Aser­baidschan und Georgien umfasst es die historischen Groß- und Regionalmächte Russland, Türkei und Iran. Kann aber dieses Format tatsächlich Zusammenarbeit gewährleisten, obwohl es sich an Staaten rich­tet, zwischen denen teilweise erhebliche Spannungen bestehen? Das nach Europa orientierte Georgien hat ihm schon eine Absage erteilt.

Zwar haben die historischen Groß- und Regionalmächte an geopolitischem Gewicht im Südkaukasus gewonnen. Sind westliche und globale Akteure aber bereits aus der Konfliktbearbeitung dort verbannt? In der Flut von Kommentaren wurden Entwicklungen prognostiziert, deren Ergebnisse noch keineswegs feststehen. Ein Rückblick auf Russlands Präsenz im Kaukasus in Auseinandersetzung mit anderen Akteu­ren während der letzten drei Jahrzehnte soll hier zur Differenzierung beitragen.

Der Südkaukasus bildet einen Abschnitt des öst­lichen Partnerschaftsraumes der Europäischen Union. Nicht nur Russland und die Türkei üben Einfluss in der Region aus. Was die Vermittlung im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan anbelangt, der sich im Mai 2021 wegen der unklaren Grenz­ziehung in zwei Provinzen der Republik Armenien erneut zuspitzte, ist die internationale Politik gefragt. Im Streit um den Austausch von Kriegsgefangenen und die Übergabe armenischer Karten zu Minen­feldern an Aserbaidschan brachte im Juni 2021 Ge­orgien einen Kompromiss auf den Weg und wurde dabei von den USA und anderen internationalen Akteuren unterstützt. Und in den innenpolitischen Machtkämpfen in Georgien, die seit den Parlamentswahlen im Oktober 2020 eskalierten, trat EU-Rats­präsident Charles Michel als Hauptmediator auf und vermittelte ein Abkommen zwischen der Regierungspartei und der Opposition.

Nord- und Südkaukasus: Russland zwischen »innerem« und »nahem Ausland«

Russische Kommentatoren heben hervor, dass es Zu­sammenhänge zwischen konflikthaften Entwicklungen in den beiden Hälften der kaukasischen Region gibt. Vor allem zu Beginn der nachsowjetischen Peri­ode offenbarten sich problematische Schnittstellen. Auch das Kriegs­geschehen um Berg-Karabach 2020 zeigte aus russischer Sicht eine solche Verbindung an. Als Aserbaidschan mit Ankaras Hilfe Kämpfer aus pro­türkischen Milizen in Syrien für den militärischen Einsatz rekrutierte, war Russland alarmiert.1 Moskau befürchtete, dass auf diese Weise islamistische Kämp­fer in den Südkaukasus eingeschleust würden – in die Nähe des Nordkaukasus, wo sich jihadistische Netzwerke stärker als in anderen Regionen Russlands und des postsowjetischen Raumes formiert hatten.

Schnittstellen bilden auch die von Georgien abtrün­nigen Landesteile Abchasien und Südossetien. Beider­seits der Grenze zwischen der zu Russ­land gehörenden Teilrepublik Dagestan und Aserbaidschan streb­ten zu Beginn der 1990er Jahre separatistische Kräfte im Siedlungsgebiet der Lesginen eine eigene Republik an. Im Pankisi-Tal, das in Georgien an der Grenze zu Tschetschenien liegt und von einer tschetschenischstämmigen Volksgruppe bewohnt wird, verschanzten sich 2001 Kämpfer aus Tschetschenien. Tiflis hatte vorübergehend die Kontrolle über dieses Gebiet ver­loren, und eine OSZE-Grenzmission verhin­derte, dass Russland dort unmittelbar eingriff.

Das erste militärische Eingreifen des Kreml im Nord­kaukasus provozierte 1992 ein Konflikt zwischen Osseten und Inguschen in der Teilrepublik Nordossetien um ein Gebiet nahe der Hauptstadt Wladikaw­kas.2 In den folgenden Jahren führte der weitaus bri­santere Konflikt zwischen Moskau und der Unabhängigkeitsbewegung in Tschetschenien zu den schlimm­sten Gewaltereignissen im postsowjetischen Raum. Sie waren die Folge von Moskaus massivem militärischem Einsatz, der sich zunächst gegen eine nationale Un­abhängigkeitsbewegung, später gegen islamistische Insurgenten richtete. Vor allem im östlichen Teil des Nordkaukasus ent­falteten sich jihadistische Netz­werke über ethnische Grenzen hinweg. 2007 rief eine Untergrund­bewegung dort ein »Kaukasus-Emirat« aus, das zwar keine kompakte Terri­torialherrschaft ausübte, aber bewaffneten Widerstand koordinierte. Seit 2013 wurde dieser Untergrund erheblich ge­schwächt, sowohl durch innere Spaltungen und Ab­wanderung an auswärtige Jihad-Fronten im Mittleren Osten als auch durch militärische Erfolge der lokalen und föderalen Sicherheitskräfte. 2019 forderten Terroraktivitäten und ihre Bekämpfung im gesamten Nordkaukasischen Föderalbezirk Russlands angeblich »nur« noch drei Dutzend Todesopfer.3

Aktuelle Herausforderungen machen die kauka­sische Peripherie aber auch weiterhin zur Konflikt- und Problemregion für die Russische Föderation. Dazu gehören erneute Auseinandersetzungen über ungeklärte Grenzlinien.4 Im Zentrum dieser neu-alten Konfliktkonstellation stehen Streitigkeiten um die Grenzziehung zwischen Tschetschenien und seinen Nachbarrepubliken. Sie provozierten 2019 in der kleinsten Teilrepublik Inguschetien Massenproteste, gegen die Sicherheitskräfte brutal vorgingen. Ethni­sche Identität als politischer Faktor, der Russ­land herausfordert, tritt in jener Volksgruppe ver­stärkt in Erscheinung, die vor der Eroberung durch das Zaren­reich die größte im Nordkaukasus war: Die Tscher­kessen wurden 1864 von der Armee des Zaren aus ihrem Siedlungsgebiet mit einer Gewalt vertrieben, die ihre Nachfahren als Genozid bezeichnen. Diese bilden heute eine millionenfache weltweite Dia­spora. In einigen nordkaukasischen Regionen und Teilrepu­bliken leben Reste dieser Volksgruppe unter diversen ethnischen Bezeichnungen, mit denen die sowjetische Nationalitätenpolitik sie unterteilt hat. Seit 2018 ist dort eine Nationalbewegung mit Aktivi­täten hervor­getreten, die Moskau nicht gefallen können – so mit dem Aufruf, sich bei Volkszählungen geeint als »Tscherkessen« (Adyge) zu präsentieren und sich für die Wiederherstellung einer eigenen nationalen Ge­bietseinheit einzusetzen. Dabei steht diese Bewegung mit der Diaspora in Kontakt, die vor allem in der Türkei und im Mittleren Osten stark repräsentiert ist.5

Diese Entwicklungen gehen mit einer Wirtschaftskrise und der Corona-Pandemie einher. 2019 ging die Teilrepublik Inguschetien bankrott und wurde der Finanzverwaltung durch Moskau unterstellt. Andere Regionen stehen vor dieser Schwelle.

Der Südkaukasus ist ein geo­politischer Brennpunkt für Russlands Politik im postsowjetischen Raum.

Mit seinen demographischen und geographischen Ausmaßen erscheint der Südkaukasus eher als »klei­nes Schachbrett« auf der weltpolitischen Arena. Für die Politik Russlands im postsowjetischen Raum bildet er aber einen geo­politischen Brennpunkt:

  • Beim Übergang in die Unabhängigkeit einstiger Sowjetrepubliken war er wie keine andere Region durch ethnisch-territoriale Konflikte mit inner- und zwischenstaatlichen Dimensionen gekennzeichnet.

  • Dort brach im August 2008 ein regelrechter Krieg zwischen Russland und einem nach Westen orientierten »nahen Ausland« aus. Im Anschluss an diesen Fünftagekrieg mit Georgien erklärte der Kreml den Südkaukasus zur »privilegierten Einflusszone Russlands«.

  • Der Kaukasus bildet die Landbrücke zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer, und dieses maritime Umfeld fällt bei der Bewertung seiner geopolitischen Bedeutung ins Gewicht. Russ­land ist bemüht, seine militärische Präsenz in beiden Ge­wässern auszuweiten. Im Schwarzen Meer wächst dabei die Konkurrenz mit westlichen Akteuren.

  • Im Südkaukasus hat sich eine Konkurrenz um Integration in euroatlantische und von Russland dominierte eurasische wirtschafts- und sicherheitspolitische Regionalorganisationen entfaltet.

  • Die außen- und sicherheitspolitischen Ausrichtungen der drei südkaukasischen Staaten unterscheiden sich gravierend. Georgiens Außenpolitik hat die Integration des Landes in EU und Nato zum Ziel, während Armenien sich sicherheitspolitisch an Russland anlehnt. Auch in den innenpolitischen Entwicklungen bestehen Kontraste. So trat Georgien als Vorreiter für Reformen auf und wird als »partly democratic« bewertet, während Aserbaidschan das Paradebeispiel für einen autoritär regierten Petrostaat abgibt.

Aserbaidschans Sieg im Karabach-Krieg 2020 stärkt die autoritäre Herrschaft unter der Alijew-Dynastie. In Armenien aber blockiert die Nieder­lage einen Reform­prozess, der nach dem Machtwechsel von 2018 einge­leitet wurde. Das Land befindet sich in einem trauma­tisierten Zustand. Russlands Zurückhaltung, seinen Sicherheitspartner Armenien während des Kriegs mili­tärisch zu unterstützen, wurde in Kommentaren da­mit erklärt, der Kreml wolle die aus der »samtenen Revo­lution« von 2018 hervorgegangene politische Füh­rung unter Premier Nikol Paschinjan abstrafen und in Bedrängnis bringen. Doch diese These ist über­prüfungsbedürftig. Russlands Neutralität in diesem Konflikt und sein Bestreben, die »strategische Partner­schaft« mit Armenien mit guten Beziehungen zu Aser­­baidschan in Einklang zu bringen, war schon lange zuvor sichtbar.6 Das hatte bereits die 2018 gestürzte, mit Moskau eng verbundene Machtelite frustriert.

»Peacekeeping« oder »Keeping in pieces«?

Die Präsenz Russlands im Südkaukasus hängt vor allem mit ungelösten ethnoterritorialen Konflikten zusammen. Russland ist zwar nicht daran gelegen, dass Auseinandersetzungen in seiner Nachbarschaft zu Kriegen eskalieren. Eine »kontrollierbare Instabilität« dort lag schon eher in seinem Interesse, konnte es diese doch nutzen, als maßgeblicher Mediator auf­zutreten. Nach dem Abschluss von Waffenstillstandsabkommen in der ersten Hälfte der 1990er Jahre wurden Sezessionskonflikte im Südkaukasus mit dem Adjektiv »eingefroren« versehen. Der kurze Krieg zwischen Georgien und Russland vom August 2008, der wegen Südossetien – der kleinsten aller Konflikt­zonen – ausgebrochen war, stellte diese Bezeichnung in Frage, ebenso die häufigen Gewaltzwischenfälle an der Waffenstillstandslinie um Berg-Karabach.7

Die Konflikte lassen sich in zwei Generationen unterteilen.8 Diese Kategorisierung veranschaulicht zugleich den Unterschied zwischen einem eher kon­struktivistischen und einem neorealistischen Ansatz in der Konfliktforschung. Die erste Generation um­fasst Konflikte, die beim Übergang in die nachsowjetische Periode ausbrachen. Dafür verantwortlich waren oft historisch komplexe ethnoterritoriale Faktoren, die identitätsstiftend wirkten. Die zweite Generation zeigte sich im Krieg zwischen russischen und georgi­schen Streitkräften 2008. Entscheidender noch war das Eingreifen Russlands in der Ukraine 2014. Nun wurde Russlands konfliktbezogene Politik gegenüber Nachbarstaaten in einen Kontext mit neuen Ost-West-Gegensätzen eingeordnet.

Unter Putin rückte Russlands Verhältnis zu Georgien in einen Kontext geopolitischer Rivalität mit »dem Westen«.

In der frühen nachsowjetischen Phase hatte die russische Führung in puncto territoriale Integrität noch gemeinsame Interessen mit unabhängig gewor­denen ehemaligen Sowjetrepubliken. Allerdings war Politik in Russland damals weniger zentralisiert als heute. Über manche Eingriffe in die Konflikte ent­schied nicht der Kreml, sondern ehemalige sowjetische Offiziere und nichtstaatliche Akteure vor Ort. Anfangs unterstützte Präsident Boris Jelzin Georgien gegen Milizen im innenpolitischen Machtkampf und gegen Separatisten in Abchasien. Nachdem diese den Sezessionskrieg gewonnen hatten, initiierte Moskau 1996 in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) eine Handelsblockade gegen Abchasien, die Präsident Wladimir Putin später wieder aufhob, nach­dem sich die russisch-georgischen Beziehungen verschlechtert hatten. Unter Putin rückte das Verhältnis zu dem von Separatismus betroffenen Nachbarstaat zunehmend in einen Kontext geopolitischer Rivalität mit »dem Westen«. Mit seiner Politik gegenüber den Sezessionsgebilden reagierte Moskau auf eine georgische Außen- und Sicherheitspolitik, welche die Mitgliedschaft in der Nato und der EU anstrebte. Russland mutierte vom Konfliktmediator zur Konfliktpartei, die sich auf die Seite der separatistischen Kräfte stellte. Zu Mos­kaus Rolle in diesen Konflikten kursierte in Tiflis die Redensart »Not peace­keeping, but keeping in pieces«.

Abchasien: Russlands Vorposten an der südkaukasischen Schwarzmeerküste

Mit der Westausrichtung Georgiens wuchs der Trend zur geopolitischen Konfrontation. Darin nutzte Russ­land Sezessionskonflikte als Hebel gegen ein unbot­mäßiges »nahes Ausland« und ergriff immer offen­sichtlicher Partei für die Separatisten.

Abchasien ist ein international isolierter De-facto-Staat. Nach dem Krieg von 2008 wurde er gemeinsam mit Südossetien lediglich von Russland und vier wei­teren Staaten diplomatisch anerkannt, nämlich Nica­ragua, Venezuela, dem winzigen Pazifikstaat Nauru und 2018 von Syrien. Georgien definiert Abchasien und das Gebiet von Zchinwali (Südossetien) als seine »von Russland okkupierten« Landesteile. Sein natio­nales Sicherheitskonzept stellt »De-Okkupation und das Verhältnis zu Russland« an erste Stelle.9 Allerdings sieht sich ein Großteil der nichtgeorgischen Bevölkerung in beiden Gebieten nicht als okkupiert an und befürwortet die Trennung von Georgien. Unter anderem erklärt sich diese Haltung daraus, dass Georgien beim Eintritt in seine Unabhängigkeit unter Präsident Swiad Gamsachurdia mit ethnonationalistischen Parolen wie »Georgien den Georgiern« ethnische Minderheiten und autonome Gebietskörper­schaften verprellt hatte.

Hatte der abchasische De-facto-Präsident Sergej Bagapsch 2006 in einem Strategiepapier noch die Annäherung an Europa propagiert, wurde nun das Gebiet nach dem Fünftagekrieg mehr und mehr in das geopolitische Lager Russlands gezogen und geriet in wachsende Abhängigkeit von Moskau.10 Aus Sicht Georgiens vollzog sich hier die »schleichende Annexi­on« durch Russland – ein Trend, der mit einer Politik der Vergabe russischer Pässe an die dortige Bevölkerung begonnen hatte. Nach der diplomatischen An­erkennung durch den Kreml wurde russische Militär­präsenz zum Schlüs­selfaktor. Moskau hat in Abcha­sien 3 500 eigene Soldaten nebst 1 500 Militärs des Inlandsgeheimdienstes der Russischen Föderation (FSB) und des Grenzschutzes stationiert und hat mit dem abchasischen Militär eine »Gemeinsame Streit­kräftegruppe« gebildet. Gemäß einem Militärabkommen von 2009 genießt die 49. Armee des Südlichen Föderalbezirks Russ­lands bestimmte Nutzungsrechte an einer Militärbasis bei der abchasischen Stadt Gudauta. Das ermöglicht Russland die Kontrolle über rund 200 Kilometer Schwarzmeerküste.11

Dabei ist das Patron-Klient-Verhältnis nicht ungetrübt. Einem Teil der Gesellschaft und der politischen Elite Abchasiens geht die Abhängigkeit von Russ­land zu weit. Es kam zu Machtkämpfen zwischen den vom Kreml bevorzugten Republikführern und ihren politi­schen Gegenspielern. Der Unterschied zwischen den schleichenden Annexionen Abchasiens und Südossetiens wurde beim Abschluss von Integrationsverträgen mit Russland 2017 deutlich. In Abchasien erhob sich Widerstand gegen den Begriff Integration, wäh­rend in Südossetien ein Großteil der Bevölkerung für den Anschluss an Russland plädiert. Eine zweite Ver­tragsfassung unter dem Titel »Gemeinsame Beziehungen und Strategische Partnerschaft« beließ nun etliche Kompetenzen bei den Behörden Abchasiens.

Russland verband die diplomatische Anerkennung mit umfangreicher Wiederaufbauhilfe in Abchasien, das noch deutlich sichtbare Narben aus der Kriegsphase von 1992–93 aufwies. Die Hälfte seines Haus­halts wird aus Moskau finanziert, das auch Pensionszahlungen für Rentner übernommen hat. Allerdings wurde die finanzielle Unter­stützung gekürzt, als das Wirtschaftswachstum in Russland stockte und Mos­kau sich auf Projekte auf der Krim und im Donbas konzentrierte.

Bei Präsidentschaftswahlen im März 2020 setzte sich Aslan Bschania durch, nachdem sein vom Kreml favorisierter Vorgänger Raul Chadschimba zuvor zum Rücktritt gezwungen worden war. Die neue Führung spricht sich für direkte Verhandlungen und Handelsbeziehungen mit Georgien aus, stößt damit aber auf Opposition in Russland und in Abchasien selbst. Im Umfeld des neuerlichen Karabach-Krieges betonte Bschania dann, wie notwendig enge sicherheitspolitische Bindungen an Russland seien. Der Konflikt habe gezeigt, dass militärische Sicherheit an erster Stelle stehe.12 Am 12. November 2020 unterzeichnete er bei einem Treffen mit Putin in Sotschi ein »Programm zur Schaffung eines sozialökonomischen Raumes zwischen der Russischen Föderation und der Republik Abchasien«. Georgien erhob Protest gegen diesen »weiteren Schritt zur illegalen De-facto-Annexion«.13 Aber auch in Abchasien entbrannte erneut eine Dis­kussion, in der viele vor zu hoher Abhängigkeit von Russland warnten. Die Neutralität Moskaus im Kara­bach-Krieg ließ in Georgiens beiden abtrünnigen Landesteilen Zweifel an der Verlässlichkeit des Sicher­heitspartners aufkommen.14 Zugleich artikuliert sich wie schon lange vor Bschanias Amtsantritt Kritik an der Situation in Abchasien. Beklagt werden Korrup­tion, Vetternwirtschaft, Kriminalität, Armut und andere Missstände. Die Bevölkerungsteile, die nicht zur namengebenden Nationalität zählen und gut die Hälfte der Einwohner Abchasiens ausmachen, sehen sich mit einer wachsenden abchasischen Ethnokratie in der Verwaltung konfrontiert. Die heute rund 50 000 Personen umfassende georgische (mingrelische) Minderheit in der Provinz Gali beklagt, sie werde im Bildungswesen diskriminiert, da ihre Muttersprache daraus weitgehend verbannt wurde.

Südossetien: Russlands Präsenz in der kleinsten Konfliktzone

Das Autonome Gebiet Südossetien hatte am Ende der sowjetischen Periode knapp 100 000 Einwohner, von denen etwa 65 000 zur namengebenden Natio­nalität, einer iranischsprachigen Volksgruppe, gehörten. Heute zählt es wohl weni­ger als 50 000 Einwohner. Es stand im Mittelpunkt des Krieges vom August 2008, dem die diplomatische Anerkennung seiner »staatlichen Unabhängigkeit« durch Russland folgte. Mehr als für Abchasien steht »Unabhängigkeit« im Falle Südossetiens in Widerspruch zu den Ressourcen für Eigenstaatlichkeit. Der Kaukasusexperte Thomas de Waal macht auf einen bizarren Statusunterschied aufmerksam: De facto wird ein erheblicher Teil des wirtschaftlichen und poli­tischen Lebens Südossetiens von Wladikawkas aus verwaltet, der Hauptstadt Nord­ossetiens. Diese Teilrepublik aber, die laut der Volks­zählung von 2010 etwa 712 000 Einwohner hat (davon knapp 460 000 Osseten) und ein wirtschaft­liches Zentrum im Nordkaukasus bildet, ist ein Föderationssubjekt Russlands. Südossetien dagegen gilt für den Kreml offiziell als »unabhängiger Staat«. Während in Südossetien sowohl die Bevölkerung als auch die politische Führung die Vereinigung mit Nordossetien unter Beitritt zur Russischen Föderation anstreben, weist Moskau das Ansinnen mit Hinweis auf diesen fiktiven Status zurück.15

Die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Georgien und diesem abtrünnigen Landesteil mit irregulären Kämpfern auf beiden Seiten dauerten von 1991 bis 1992.16 Sie forderten etwa tausend Todes­opfer. Der russische Präsident Jelzin und der an Georgiens Führungsspitze zurückgekehrte Eduard Schewardnadse unterzeichneten im Juni 1992 ein Waffenstillstandsabkommen. Die Konfliktzone wurde entmilitarisiert, eine gemeinsame Kontrollkommis­sion überwachte den Waffenstillstand mit russischen, georgischen und ossetischen Truppen. Südossetien war de facto von Georgien getrennt, aber es gab weiter­hin Wirtschafts- und Verkehrsverbindungen. Die meisten ethnischen Georgier blieben in dem Gebiet, während sie aus Abchasien massenhaft geflohen waren.

Unter dem neuen georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili begann sich der ungelöste Konflikt 2004 zu verschärfen, als die Regierung eine Aktion zur Be­kämpfung von Schmuggel über die Waffenstillstandslinie und eine militärische Offensive startete, die nach Südossetien zielte und durch internationale Vermittlung gestoppt wurde. Die Entwicklung spitzte sich weiter zu, nachdem die Regierung angekündigt hatte, den abtrünnigen Landesteil bald zu reintegrieren und eine mit Tiflis verbundene Alternativregierung über mehrheitlich von Geor­giern bewohnte Gemeinden in Südossetien zu installieren. In der Nacht vom 7. auf den 8. August 2008 begann der Fünftagekrieg zwischen russischen und georgischen Streitkräften, als georgi­sches Militär die südossetische »Hauptstadt« Zchinwali mit Artillerie beschoss. Darauf reagierte Russland mit einer Militäroffensive, die dann auch auf Abcha­sien und »Kerngeorgien« ausgriff. Der Krieg hat die georgische Bevölkerung aus dem Gebiet weitgehend vertrieben. Wegen der Gewalt, die sich dort noch nach dem Kriegsende vom 12. August 2008 gegen ethnische Georgier gerichtet hatte, fällte der Euro­päische Gerichtshof für Menschenrechte im Februar 2021 ein Urteil, dem gemäß Russland für diese Gewalt verantwortlich war.17

Die Entwicklung nach dem Krieg führte zur Isolation Südossetiens. Dort ist die administrative Grenze zu Georgien noch hermetischer abgeriegelt als im Falle Abchasiens. 4 000 russische Soldaten plus 900 Mann Grenztruppen in einem Gebiet mit der Bevölke­rungsgröße einer Kleinstadt offenbaren, wie hoch der Militarisierungsgrad ist. Südossetiens eigene Streitkräfte wurden durch einen Vertrag von 2018 mit den russischen verschmolzen. Der Chef des Generalstabs ist ein Russe, der zuvor in keiner Verbindung zu dem Gebiet stand.18 Rund 90 Prozent des Republikhaushalts werden von Moskau finanziert.

Zunehmend beunruhigt sind Georgiens westliche Partner, da russische Sicherheitskräfte in Kooperation mit den lokalen Behörden in Abchasien und Süd­osse­tien seit einigen Jahren eine Politik der Grenzverschiebung (borderizacija) auf Gebietsteile betreiben, die zuvor unter georgischer Kontrolle gestanden hatten. Durch die Verlegung von Stacheldrahtzäunen wurden Siedlungen auf georgischer Seite von ihrem Acker- und Weideland abgeschnitten. Dazu kommt, dass georgische Staatsbürger wegen angeblicher illegaler Grenzüberschreitung verhaftet und zu langjährigen Haftstrafen ver­urteilt wurden. Für die Beobachter­mission (European Union Monitoring Mission, EUMM), welche die EU nach dem Waffenstillstand 2008 an den administrativen Grenzen zwischen Georgien und den Sezessionsterritorien einsetzte, ist besonders die Beobachtung an der Grenzlinie zu Südossetien eine Herausforderung. Das liegt daran, dass die Grenzlinie länger ist als die zu Abchasien, die Demarkation durch sowjetische Grenzdokumente weniger klar defi­niert ist und sich an ihr die Übergriffe von »borderizacija« häuften.

Russlands Rolle im Konflikt um Berg-Karabach

Aus der ersten Generation der Konflikte hebt sich derjenige um Berg-Karabach hervor. Er brach im Feb­ruar 1988 aus und war der erste schwere nationali­täten­politische Störfall in der Reformperiode unter Gorbatschow. Außerdem nahm er am frühesten eine zwischenstaatliche Dimension an und führte 1991 zu einem Krieg zwischen den postsowjetischen Staaten Armenien und Aserbaidschan. Mehr noch als in ande­ren Konflikten haben sich hierbei die gegenseitigen Feindbilder verhärtet, so dass der ungelöste Konflikt in den Mittelpunkt nationaler Identität gerückt wurde. Ein wichtiger Unterschied zu den Konflikten zwischen Georgien und seinen abtrünnigen, zuneh­mend von Russland unterstützten Landesteilen bestand darin, dass dieser Konflikt nicht im Kontext geopolitischer Konkurrenz zwischen Russland und »dem Westen« verortet wurde. Russland war zwar bemüht, sich als Hauptvermittler hervorzutun, stand aber nicht in prinzipiellem Gegensatz zu den USA und Frankreich, mit denen es sich den Vorsitz inner­halb der in diesem Konflikt vermittelnden Minsker OSZE-Gruppe teilt. So betonte der russische Außenminister Sergej Lawrow im Oktober 2019: »Aber wir als Ko-Vorsitzender arbeiten unisono zusammen mit den Amerikanern und Franzosen. Dies ist eine der wenigen Situationen, wo wir die gleiche Sichtweise haben.«19

In der geopolitischen Konkurrenz zwischen Russland und »dem Westen« spielt der Karabach-Konflikt keine Rolle.

Anders als in der Konfliktkonstellation in Georgien mutierte Russland hier auch nicht zur Konfliktpartei, die sich auf die eine Seite stellte, um die andere wegen deren außen- und sicherheitspolitischer Aus­richtung unter Druck zu setzen. Russland befindet sich zwar in einer »strategischen Partnerschaft« mit Armenien und ist dort mit seiner 102. Militärbasis präsent, ist aber zugleich an guten Beziehungen mit Aserbaidschan interessiert. Ein weiterer Unter­schied lag darin, dass Russland keine eigenen Truppen in der Konfliktzone um Berg-Karabach stationiert hatte. Mit dem neuerlichen Karabach-Krieg und dem von Moskau vermittelten Waffenstillstand änderte sich diese Konstellation. Doch zuvor ein Rückblick auf die Entwicklung des Konflikts und die Rolle Russlands in ihm:

Im Februar 1988 stellte das Autonome Gebiet Berg-Karabach mit seiner armenischen Bevölkerungsmehrheit, das seit 1923 zu Aserbaidschan gehörte, einen Antrag auf Eingliederung in die armenische Unionsrepublik. Dieser wurde von Baku und Moskau erwartungsgemäß zurückgewiesen. In der Folgezeit entwickelte sich eine Spirale der Gewalt zwischen Armeniern und Aserbaidschanern. Gorbatschow ver­hängte 1988 für ein Jahr direkte föderale Verwaltung über das umstrittene Gebiet. Sicherheitskräfte gin­gen gegen Aktivisten der armenischen Karabach-Bewegung vor. Im Januar 1990 warfen sowjetische Truppen Pro­teste in Baku und anderen Städten in Aserbaidschan gewaltsam nieder. Am 28. August 1991 erklärte Aser­baidschan seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Kurz darauf verkündete Berg-Karabach seine Unab­hängigkeit von Aserbaidschan, woraufhin Baku dem Gebiet seinen Autonomiestatus entzog. Aserbaidscha­nische Streitkräfte nahmen Ste­panakert (aserbaidschanisch Chankendi), das Zentrum Berg-Karabachs, unter Beschuss, und im Februar 1992 begann eine armenische Großoffensive.20 In dem Krieg kämpften auf beiden Seiten ehemalige sowjetische Offiziere. Die Überlegenheit der Streitkräfte Armeniens wurde nicht zuletzt darauf zurückgeführt, dass sein Militär­personal zuvor stärker in sowje­tische Militärstrukturen einbezogen und besser ausgebildet war. Entscheidend für den Sieg der armenischen Seite war aber auch der fragile Zustand, in dem sich Aserbaidschan in den ersten Jahren seiner Unabhängigkeit befunden hatte und der durch Machtkämpfe innerhalb der politischen Führung des Landes gekennzeichnet war.

1993 brachten die armenischen Streitkräfte sieben Distrikte in der Umgebung Berg-Karabachs unter ihre Kontrolle. Aus ihnen stammte der größte Teil der aserbaidschanischen Flüchtlinge und Binnenvertriebenen. In Resolu­tionen forderten die Vereinten Natio­nen (VN) den Rückzug armenischer Truppen. Die Türkei schloss ihre Grenze zu Armenien. Russland vermittelte im Mai 1994 einen Waffenstillstand. Trotz jahrzehntelanger Verhandlungen im Rahmen der 1992 als Mediator eingesetzten Minsker OSZE-Gruppe wurden kein Friedensvertrag und keine politische Konfliktlösung erzielt. Der erste Karabach-Krieg koste­te zwischen 20 000 und 30 000 Menschenleben21 und löste die größten Fluchtbewegungen im Südkaukasus aus. Nach 1994 kam es an der »line of contact« immer wieder zu Gewaltzwischenfällen, die im Jahresdurchschnitt Dutzende Todesopfer forderten. Militärische Zusammenstöße wie im April 2016, bei denen in fünf Tagen etwa 200 Kombattanten getötet wurden, droh­ten zu einem erneuten Krieg zu eskalieren. Russland strebte den Einsatz einer Friedenstruppe in und um Berg-Karabach unter seiner Führung an, stieß damit aber auf Widerstand sowohl der armenischen als auch der aserbaidschanischen Seite. Die Minsker OSZE-Gruppe diskutierte über die Zusammensetzung einer multinationalen Friedenstruppe – möglichst mit Kontingenten aus neutralen Drittstaaten – und richtete dafür einen Planungsstab ein.22 Es kam aber weder zur Stationierung von Friedenstruppen noch zu einem verlässlichen Monitoring. Letzteres war auf ein kleines OSZE-Team beschränkt, das nach Vor­anmeldung eine Handvoll Beobachter an die Waffen­stillstandslinie entsenden durfte. Ein Lösungsansatz nach dem anderen durchlief den Verhandlungs­prozess, ohne dass ein Durchbruch erzielt wurde. Die »Madrider Prinzipien« von 2007 führten schließlich zu den »basic rules« für die Konfliktlösung. Vorgesehen waren die Rückgabe der von armenischen Trup­pen kontrollierten Territorien in der Grenzzone um Berg-Karabach an Aserbaidschan, ein Korridor zwischen Armenien und Berg-Karabach durch die Provinz Latschin, die Rückkehr von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen in ihre Heimatorte sowie ein Interim-Status für Berg-Karabach bis zur endgültigen Regelung seines Rechtsstatus mit internationalen Sicherheitsgarantien für das umstrittene Gebiet. Aser­baidschan beklagte die »ergebnislose Mediation« und drohte mit »militärischer Konfliktlösung«. Das hielt die Gegen­seite davon ab, mit dem international gefor­derten Rückzug ihrer Truppen aus ihrer »Sicher­heits­zone« in der Umgebung Berg-Karabachs zu beginnen.

Unter Präsident Putin verdichtete Russland seine sicherheitspolitischen Beziehungen zu Armenien, vermied aber eine Konfrontation mit Aserbaidschan. »Unsere Beziehung mit Aserbaidschan und Armenien umfasst Jahrhunderte. Wir wollen nicht als jemand gesehen werden, der Druck auf eine Seite ausgeübt hat, eine unfaire Lösung zu akzeptieren«, äußerte sich Putin 2010.23 Mit »Balancewahrung« begründete Moskau Waffenlieferungen an beide Seiten. An Armenien lieferte es im Rahmen seiner strategischen Partnerschaft Waffen zu vergünstigten Preisen und Kreditbedingungen. Von 2011 bis 2020 kamen aus Russland 94 Prozent der Waffenimporte Armeniens und 60 Prozent derjenigen Aserbaidschans, das zudem moderne Waffen aus mehreren Drittländern bezog.24

In Armenien kamen immer mehr Zweifel daran auf, dass Russland oder die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS), der es als einziger Staat im Südkaukasus angehört, ihm militärischen Beistand leisten würden, sollte es zu einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Aserbaidschan kom­men. In Moskau und innerhalb der OVKS stellte man klar, dass bei kriegerischen Konflikten im Umfeld Berg-Karabachs keine militärische Einmischung in ein Territorium zu erwarten sei, das offiziell zu Aserbaidschan gehört. Nur direkte Angriffe auf das international anerkannte Territorium der Republik Armenien wären ein Bündnisfall. An die OVKS wandte sich Armenien zuletzt im Grenzkonflikt mit Aserbaidschan, der Mitte Mai 2021 in zwei seiner Provinzen entbrannt war.25

Nach dem Machtwechsel in Armenien folgte seit September 2018 eine kurze Phase der Entspannung. Die Führer der beiden verfeindeten Staaten intensivierten ihre Kontakte und bekundeten Bereitschaft, ihre Bevölkerung auf Kompromisse für friedliche Konfliktregelung vorzubereiten. Doch 2019 wurde der Ton wieder schärfer. Da herrschten sich der armenische Regierungschef Nikol Paschinjan und der aser­baidschanische Präsident Ilham Alijew auf internatio­nalem Parkett gegenseitig an, mit Aussagen wie »Berg-Karabach ist Armenien. Punkt!« und »Berg-Karabach ist Aserbaidschan. Ausrufezeichen!«.26

2020 spitzte sich der Konflikt zu. Mitte Juli kam es in einer Grenzzone außerhalb Berg-Karabachs zu Artilleriebeschuss. Dabei stellte sich heraus, dass die Türkei Aserbaidschan über die bisherigen engen Beziehungen zwischen den beiden »Bruderstaaten« hinaus unterstützte. Das wurde zu einem der ent­scheidenden Faktoren für den zweiten Karabach-Krieg, der mehr als 6 500 Todesopfer forderte. Nun offenbarte sich die militärische Überlegenheit Aser­baidschans, die sich schon zuvor abgezeichnet hatte.27 Laut Militärexperten konnte Aserbaidschan modernste Kampf- und Aufklärungsdrohnen aus der Türkei und Israel einsetzen. Dazu kamen die Unterstützung durch den türkischen Generalstab und Ausbilder bei den Kampfeinheiten sowie der Einsatz von Söldnern aus protürkischen islamistischen Milizen in Syrien.28

Russland unternahm im Oktober gemeinsam mit Frankreich und den USA Anläufe zu Waffenstillstandsvereinbarungen, die aber sofort wieder gebro­chen wurden. Dann vermittelte es im Alleingang ein Neun-Punkte-Übereinkommen mit Arme­nien und Aserbaidschan, das am 9. November 2020 die Kriegs­handlungen beendete. Zuvor hatte Aserbaidschan Teile der bislang von armenischen Truppen kontrollierten Gebiete außerhalb Berg-Karabachs und ein Drittel des De-facto-Staates selbst mit der Südprovinz Hadrut unter seine Kontrolle gebracht. Nachdem aser­baidschanische Streitkräfte die dortige Festungsstadt Schuschi (aserbaidschanisch Schuscha) erobert hatten, war die militärische Niederlage der armenischen Seite besiegelt. Der Neun-Punkte-Deal sah die Rückgabe der übrigen Teile der sieben Provinzen in der Umgebung Berg-Karabachs an Aserbaidschan vor, die Stationierung russischer Friedenstruppen im restlichen Berg-Karabach und im Latschin-Korridor, die Rückführung von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen in ihre Heimatorte mit Unterstützung der russischen Friedens­truppen und unter Aufsicht des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (United Nations High Commissioner for Refugees, UNHCR) und die Aufhebung von Blockaden über Transitverbindungen im Umfeld der Konfliktzone. Dem folgte ein weiteres trilaterales Treffen am 11. Januar 2021, bei dem Arbeitsgruppen für die Umsetzung der Vereinbarungen eingerichtet wurden.

Karte

Quelle: Friedrich Schmidt, »Vermintes Gelände«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.6.2021.

Die trilateralen Erklärungen enthielten juristische und praktische Unklarheiten.29 Dazu gehört die Frage, ob über den Status des unter armenischer Admini­stration verbliebenen und von russischen Friedenstruppen kontrollierten Rumpfgebietes Berg-Kara­bach weiterhin im Rahmen der OSZE zu verhandeln ist. Präsident Putin schloss weitere Verhandlungen nicht aus: Russland wolle seine Maßnahmen auch weiter­hin mit den Ko-Vorsitzenden abklären.30 Aus dem Außenministerium Aserbaidschans kam dagegen am 14. Januar 2021 die Aussage, Präsident Alijew habe »die Statusfrage in die Mülltonne der Geschichte ge­worfen«.31 Vor allem aber ist die Mission der russi­schen Friedenstruppen nicht klar genug definiert. Ihr fehlt ein juristisch eindeutiges Mandat. Die Truppen, die sich bei der Rückführung von Flüchtlingen als sehr hilfsbereit erwiesen haben, sind im Inneren des restlichen Berg-Karabach und im Latschin-Korridor stationiert, aber nicht unmittelbar an der neuen Frontlinie zwischen Armenien und Aserbaidschan, an der sich im Mai 2021 wieder Konflikte zugespitzt haben.32

Ein Verhandlungspunkt zwischen Moskau und Ankara war die Frage, inwieweit die Türkei an der Peacekeeping-Mission mitwirkt. Ankara beanspruchte »boots on the ground« im von Aserbaidschan kontrol­lierten Teil der Konfliktzone und entsandte Personal zur Entminung der Territorien. Moskau legte Wert darauf, dass sich die Türkei nicht mit eigenen Trup­pen vor Ort, sondern mit Russland gemeinsam an einem Zentrum zur Überwachung des Waffenstillstands beteiligt, das außerhalb der Konfliktzone liegt.33 Dieses Zentrum wurde Ende Januar 2021 nahe der Grenze zu Berg-Karabach im Distrikt Agdam in Betrieb genommen. 60 russische und 60 türkische Offi­ziere sollen sich an ihm beteiligen.34 Es gilt als ein Beispiel für russisch-türkische Kooperation im Kauka­sus.

Noch sechs Monate nach dem Waffenstillstand und darauf folgenden trilateralen Gesprächen bestanden gravierende Streitpunkte zwischen Eriwan und Baku, die Russland in seiner Vermittlerrolle, aber auch die OSZE und die internationale Politik herausfordern.35 Die Demarkation neuer Grenzlinien erwies sich bald als proble­matisch. Das betrifft vor allem die armenische Provinz Sjunik, die Aserbaidschan als sein »histo­risches Territorium Zangezur« beansprucht. Durch die Provinz soll nun eine neue Transitroute zwischen Aserbaidschan und seiner Exklave Nachi­tschewan und der Türkei führen. Für Armenien ist alarmierend, dass einige seiner Territorien, die zuvor von der Waffenstillstandslinie entfernt lagen, sich nun un­mittelbar an einer neuen Frontlinie befinden. Wie brisant diese umstrittene Grenzdemarkation ist, zeigte sich während der neuerlichen Eskalation im Mai 2021.36

Der in den Übereinkommen geforderte Gefangenenaustausch wurde zu einem Streitpunkt, der in Armenien für Aufruhr sorgt. Baku lehnte es ab, 62 armenische Militärangehörige auszuliefern, die nach dem Waffenstillstand im Dezember 2020 bei Kämpfen in der Südprovinz Karabachs gefangen genommen worden waren. Zu diesem Zeitpunkt hatte Aserbaidschan die Südprovinz bereits unter seine Kontrolle gebracht. Baku behauptet, bei den Betreffenden handle es sich nicht um Kriegsgefangene, sondern um »Sabo­teure«.37 Human Rights Watch publi­zierte im März 2021 Nachrichten über Misshandlungen von Kriegsgefangenen in Aserbaidschan.38 Die aserbaidschanische Führung beklagte, Armenien weigere sich, Karten zu Minenfeldern in den »befrei­ten Territorien« auszuhändigen. Über diese beiden gravierenden Streitpunkte kam es im Juni 2021 zu einer bemerkenswerten Vermittlung durch Georgien, auf die im Ausblick eingegangen wird.

Zwischen den Konfliktparteien stehen juristische Auseinandersetzungen vor internationalen Gerichten an. So fordert Aserbaidschan Kompensation für die weitgehende Zerstörung der 1993 von armenischen Truppen besetzten Distrikte, die an Berg-Karabach grenzen. Baku kündigte ein Wiederaufbauprogramm in diesen Gebieten an, die im ersten Karabach-Krieg praktisch ent­völkert worden waren.39 Der Wiederaufbau zerstörter Territorien, deren Ausdehnung Baku mit 10 000 Quadratkilometern beziffert, wird enorme Geldsummen verschlingen, und Aserbaidschan will von Armenien Wiedergutmachung verlangen.40 Im Januar 2021 kündigten beide Seiten an, beim Euro­pä­ischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage wegen Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen durch den Gegner einzureichen. Amnesty International teilte mit, dass Streit­kräfte beider Seiten in den Kriegstagen verbotene Waffen in dicht besiedelten Gebieten eingesetzt haben.41

Im nun geteilten Berg-Karabach verdichtet sich der Einfluss Russlands und der Türkei über sicherheits­politische Themen hinaus. Einige Politiker in dem mit Armenien verbundenen Rumpfstaat Berg-Kara­bach (Arzach) kündigten an, Russisch zur zweiten Amtssprache zu erheben. Die arme­nische Bevölkerung dort orientiert sich noch stärker an Russland als jene im Mut­terland Armenien.42 Das Gebiet bedarf dringend der Hilfe von außen. Seine Wirtschafts­leistung ist nach dem Krieg besonders im Agrarsektor drastisch eingebrochen.43

Die Türkei wiederum vergrößert ihren Einfluss im südlichen Drittel Berg-Karabachs, das nun unter aserbaidschanischer Kontrolle steht.44 Die dortige Festungsstadt Schuscha wird zum Symbol für den türkisch-aserbaidschanischen Schulterschluss. Dort unterzeichneten die Präsidenten der beiden Staaten am 15. Juni 2021 die Deklaration über eine Allianz auf militärischen, wirtschaftlichen und anderen Hand­lungsfeldern, die internationales Aufsehen erregte.

Konkurrenz und Kooperation mit externen Akteuren im und um den Kaukasus

Im Südkaukasus befindet sich Russland in einer Aus­einandersetzung mit westlichen und globalen Akteu­ren sowie mit historischen Regionalmächten wie der Türkei und Iran.45 Der neueste Krieg um Berg-Kara­bach und seine Beendigung durch Vermittlung Russ­lands hatten laut internationalen Beobachtern zur Folge, dass sich die geopolitischen Koordinaten zu Ungunsten westlicher Einflussnahme in diesem Um­feld verlagerten. Vor allem das Verhältnis von Kon­kurrenz und Kooperation zwischen Russland und der Türkei regte die geopolitische Debatte an.

Im Anschluss an die Siegesparade vom 10. Dezem­ber 2020 in Baku, an der der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan neben seinem aserbaidschanischen Amtskollegen Ilham Alijew teilnahm, plädierten die beiden Verbündeten für ein 3+3-Kooperations­format, das die drei südkaukasischen Staaten mit den historischen Regionalmächten Russland, Türkei und Iran verbindet.46 Doch als geopolitische Gemeinschaft taugt diese Plattform kaum, umfasst sie doch Staaten, zwischen denen erhebliche Spannungen bestehen, wie zwischen Geor­gien und Russland, Armenien und Aserbaidschan sowie der Türkei und Iran. So brach zwischen diesen beiden ein diplomatischer Streit aus, nachdem Präsident Erdoğan auf der Siegesfeier aus einem Gedicht zitiert hatte, in dem die Hoheit Irans über aserbaidschanische Siedlungsgebiete in seinen Nordprovinzen in Frage gestellt wird.47 Die drei süd­kaukasischen Staaten wiederum verfolgen wie schon gesagt unterschiedliche sicherheits- und außenpolitische Ausrichtungen. In Georgien, das sein Entwicklungsprogramm bis 2024 unter die Überschrift »Auf­bau eines europäischen Staates« stellte und die Mit­gliedschaft in der EU bis zu diesem Zeitpunkt ins Auge fasst, äußerte man sich kritisch zu dem 3+3-Format und neuen Konnektivitätsprojekten in diesem Rahmen: Voraussetzung dafür sei, dass alle beteiligten Staaten für territoriale Integrität und Souveränität ihrer Partner einstehen. Genau das tue Russland gegenüber Georgien nicht. Unterstützt von den USA, erteilte Georgien dem For­mat eine Absage.48

Neue Transit- und Verkehrsprojekte im kaukasisch-kaspischen Raum spielen eine wichtige Rolle im geopolitischen Diskurs.

Ein Thema spielte eine besondere Rolle im geopolitischen Diskurs, nämlich neue Transit- und Verkehrs­projekte im kaukasisch-kaspischen Raum und über ihn hinaus. In Punkt 9 der trilateralen Erklärung vom November 2020 wird postuliert, konfliktbedingte Blockaden von Transportverbindungen aufzuheben. Das betrifft etwa eine Verbindung zwischen Aserbaidschan und seiner an die Türkei grenzenden Exklave Nachitschewan. Sie führt über armenisches Staats­gebiet in der Provinz Sjunik und verschafft der Türkei Zugang zum Kaspischen Meer und darüber hinaus nach Zentralasien.49 Armenien könnte durch Integra­tion in neue Konnektivitäts­projekte seine bisherige Isolation überwinden. Es wehrt sich aber mit Nach­druck gegen den von Baku und Ankara betonten »Korridor-Status« der besagten Transitverbindung, denn dieser stellt Armeniens Kontrollhoheit über die Strecke in Frage, die über sein Territorium ver­läuft.50 Generell bekundet auch Eriwan Interesse daran, dass die konfliktbedingten Verkehrsblockaden beseitigt werden.51 Dafür machte sich auch Russland beim zweiten trilateralen Treffen vom 11. Januar 2021 stark, so in Hinsicht auf Bahnlinien, die in sowjetischer Zeit sein eigenes Eisenbahnnetz mit dem Trans­kaukasus verbunden hatten.52

Die Türkei als Konkurrent und Partner

Unter der Herrschaft von Zar und Sultan führten Russland und das Osmanische Reich im Kaukasus und auf dem Balkan ein Dutzend Kriege gegen­einander. Im 20. Jahrhundert waren sie Frontstaaten zwischen Nato und Warschauer Pakt. In nachsowjetischer Zeit schwankten sie zwischen Partnerschaft und Konkurrenz.53 Während der 1990er Jahre wurde die Türkei in neue Transitrouten für Erdöl aus dem kaukasisch-kaspischen Raum einbezogen, die Russ­land umgingen und von den USA gefördert wurden. Zugleich entwickelten sich aber wirtschaftliche Beziehungen Russlands mit der Türkei, die zu einem Hauptimporteur von Energierohstoffen aus Russland wurde. In der zweiten postsowjetischen Dekade gingen die wirtschaftlichen Beziehungen mit verstärktem Einvernehmen bei politischen Themen einher. Unter Putin und Erdoḡan entfalteten sich konservative Ideo­logien in Abgrenzung von der Projektion »westlicher Werte«.

Beide Staaten bauten ihren Einfluss im Mittleren Osten aus. Dort traten dann auch Differenzen zutage. In Syrien stellte sich die Türkei auf die Seite oppositio­neller Kräfte, darunter auch islamistische Gruppen. Russland dagegen unterstützte militärisch das Assad-Regime, das wegen Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen in der internationalen Kritik steht. Im Umfeld der Kämpfe in Syrien wurde im November 2015 ein russisches Kampfflugzeug vom Typ SU-24 abgeschossen, das den tür­kischen Luftraum verletzt haben soll. Der Vorfall führte zum Kollaps der bilate­ralen Beziehungen und zu russischen Sanktionsmaßnahmen gegen die Türkei. Die Konfrontation zwi­schen den beiden militärischen Großmächten sorgte im Südkaukasus für Unruhe.54 Nach der Entschuldigung Erdoğans vom Juni 2016 nahmen die beiden Staaten ihre Beziehungen wieder auf. Ankara bezog aus Russ­land gar S-400-Raketen, was in Brüssel und Washington Empörung gegen­über dem Nato-Mitglied Türkei her­vorrief. Auch die persönliche Beziehung zwischen Putin und Erdoğan verbesserte sich. Sie setzten sich häufiger als je zuvor miteinander in Verbindung.55 Die wirtschaftlichen Beziehungen verdichteten sich wieder. Russland wurde zum zweitgrößten Handelspartner der Tür­kei nach der EU, die Türkei stand unter Russlands Handelspartnern an fünfter Stelle.56

Im März 2020 beanspruchte der türkische Verteidi­gungsminister Hulusi Akar eine Mitsprache Ankaras im Nahen Osten, im östlichen Mittelmeerraum, auf dem Balkan und im Kaukasus. Schließlich sei die Türkei zu einem »Subjekt in der internationalen Arena« geworden.57 In seiner Jahresansprache am 17. Dezember 2020 bezeichnete Präsident Putin den türkischen Machthaber Erdoğan als verlässlichen Partner.58 Zum Symbol für russisch-türkische Zusam­menarbeit wurde das Astana-Format, in dem Moskau und Ankara in Kasachstan über die Konfliktzone Syrien konferieren.59 Deshalb sprach Josep Borrell, Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, im Kontext der Situation im Süd­kaukasus nach dem neuerlichen Karabach-Krieg von einer »Astanisierung« der Beziehungen. Sie gestatte, so Borrell, den beiden Mächten, Einflusssphären unter anderem im Kaukasus aufzuteilen. Dadurch gerate der Multilateralismus in Gefahr.60 Laut der International Crisis Group könnte dieses Verhältnis zu einem Modell für Akteure werden, die daran interessiert sind, westliche Einflussnahme zu marginalisieren.61 Allerdings ist auch hier die Entwicklung offen. Im März 2021 verwies der Kreml auf Unstimmigkeiten mit Erdoğan im Hinblick auf Syrien und begrüßte eine Initiative der Vereinten Nationen für ein neues multi­laterales Verhandlungsformat.62

Russland und die Türkei treten als führende Seemächte im Schwarzmeerraum auf.63 Die Türkei mit ihrer Hoheit über den Bosporus und die Dardanellen stützt sich auf das Montreux-Abkommen von 1936, das die Durchfahrt von Kriegsschiffen vom Mittelmeer über die türkische Meerenge in das Schwarze Meer reglementiert und der Türkei dabei Kontrollrechte einräumt.64 Nach dem Ende der Sowjetunion wurde sie zur führenden Seemacht im Schwarzmeerraum. Die Präsenz Russlands im Schwarzen Meer hatte im Vergleich zur Sowjetunion abgenommen, vor allem seit dem Nato-Beitritt Rumäniens und Bul­gariens 2004 und zunehmender Flottenpräsenz der Nato. Russlands Kontrolle im Schwarzen Meer ver­stärkte sich dann wieder mit der Annexion der Krim­halbinsel und dem Militärprotektorat über Abchasien. Nun kontrolliert Russland etwa ein Drittel der Küsten­linie.65 Die Krimfrage wurde für die Türkei darüber hinaus zu einer Herausforderung in den Beziehungen zu Russland. In Ankara wuchs die Sorge um die Krim­tataren, die mehr und mehr unter Druck der russi­schen Sicherheitskräfte gerieten. Gleichwohl übte die türkische Regierung Zurückhaltung gegenüber Moskau. Einer der Gründe dafür waren zunehmende Spannungen zwischen ihr und westlichen Partnern in der Nato und der EU.66

Im Kaukasus unterhält die Türkei eine trilaterale Partnerschaft mit Aserbaidschan und Georgien, die auch sicherheitspolitische Kooperation einschließt.67 Die Partnerschaft befasst sich besonders mit Energiepolitik und damit verbundenen Transitprojekten. Zu­gleich wuchsen Ener­gieverbindungen zwischen Russ­land und der Türkei über Pipeline-Projekte durch das Schwarze Meer wie Blue Stream und Turkish Stream.

Frei von Spannungen waren die russisch-türki­schen Beziehungen im Kaukasus freilich nicht. So betrafen die Entwicklungen in Russlands Nordkaukasus auch die Innen- und Außenpolitik der Türkei. Moskaus Kriegsmaßnahmen gegen Tschetschenien erschwerten es Ankara, eine pragmatische Russlandpolitik zu betreiben. In der Türkei leben seit vielen Generationen größere nordkaukasische Diasporagruppen. Sie for­derten von der türkischen Regierung eine entschiedenere Haltung gegenüber »russischer Kolonialpolitik«. Gleichwohl war die Türkei bemüht, sich neutral zu verhalten. Im Gegenzug bewies Russ­land Neutralität beim türkischen Vorgehen gegen Kurden und verweigerte 1998 dem PKK-Führer Abdullah Öcalan Asyl.68

Auch die Sezessionskonflikte im Südkaukasus forderten das Bemühen Moskaus und Ankaras um Ausgleich heraus. So ist Abchasien ein Terrain, auf dem russische, türkische und georgische Interessen in ein Spannungsverhältnis gerieten. Die Türkei hat nie die Anerkennung des De-facto-Staates signalisiert, denn das hätte die Partnerschaft mit Georgien be­endet. Dennoch unterhielt die Türkei wirtschaftliche Beziehungen und Verbindungen über das Schwarze Meer zu Abchasien. Sie wurde zu dessen zweitgrößtem Handelspartner nach Russland. Politische Kräfte in Abchasien, die vor zu hoher Abhängigkeit von Russland warnten, begrüßten diese Entwicklung. Nach dem vor allem wegen Südossetien ausgebrochenen Fünftagekrieg vom August 2008 zwischen russi­schen und georgischen Streitkräften startete Ankara eine diplomatische Initiative unter der Bezeichnung »Plattform für Stabilität und Kooperation im Kauka­sus«, ein 3+2-Format zwischen den drei südkaukasischen Ländern, Russland und der Türkei, das aber kaum Wirkung entfaltete.

War Russland im Karabach-Krieg trotz Partnerschaft mit Armenien um Neutralität bemüht, stellte sich die Türkei ganz auf Aserbaidschans Seite.

Stärker als die ungelösten Territorialkonflikte Georgiens fiel Berg-Karabach für die Beziehungen zwischen Moskau und Ankara ins Gewicht. War Russ­land bei aller sicherheitspolitischen Partnerschaft mit Armenien um Neutralität bemüht, stellte sich die Türkei ganz und gar auf die Seite Aserbaidschans, mit dem sie seit dessen Unabhängigkeit in brüder­lichen Beziehungen unter der Parole »Zwei Staaten, eine Nation« steht. Dabei gab es Phasen, in denen Ankara und Moskau kooperierten, um regionale Spannungen zu mindern. So unterstützte Moskau von 2007 bis 2009 die »Fußball-Diplomatie« zwischen der Türkei und Armenien. Diese bewirkte freilich auch nicht, dass die seit 1993 unterbrochenen diplomatischen Bezie­hungen wiederaufgenommen wurden und die seither geschlossene türkisch-armenische Staats­grenze geöffnet wurde. Das scheiterte vor allem am ungelösten Konflikt um Berg-Karabach.

Eine besondere Herausforderung für die russisch-türkischen Beziehungen im Kaukasus bildete 2020 die Entwicklung im Kontext der schlimmsten Gewalt­eskalation des Karabach-Konflikts. Während Russ­land in dieser Krise versuchte, als Hauptmediator bei der Vermittlung eines Waffenstillstands zu agieren, nahm die Unterstützung der Türkei für Aserbaidschan immer größere militärische Dimensionen an. Schon zuvor war bekannt, dass Aserbaidschan mit seiner Aufrüstung Armenien übertraf. Nun wurde die türki­sche Militärhilfe zu einem »game changer«. Russische Medien betonten die Rolle türkischer Militärexperten beim Einsatz von Kampfdrohnen in der Offensive Aserbaidschans, wobei der größte Teil solcher hoch­moderner unbemannter Luftfahrzeuge (Unmanned Aerial Vehicle, UAV) aus Israel und der Türkei stamm­te. Dieser Drohneneinsatz galt als entscheidend für den Sieg Aserbaidschans und vermittelte ein neues Kriegsbild, das intensiv diskutiert wurde.69 Da das armenische Waffenarsenal fast ausschließlich aus russischen Lieferungen stammte, war die technische Überlegenheit der aserbaidschanischen Streitkräfte im zweiten Karabach-Krieg eine Demütigung für ein Russland, das sich als weltweit führend bei modern­sten Waffen präsentieren will.70 Armenien verfügte nur über eine veraltete Luftabwehr, die kaum zum Einsatz kam.

Für Aufsehen sorgte, dass Aserbaidschan Söldner aus protürkischen Mili­zen in Syrien für den Einsatz an der Karabach-Front rekrutierte. Das war zwar nicht kriegsentscheidend, bewirkte aber, dass in Kommentaren über das Kriegsgeschehen eine Brücke zwischen dem Kaukasus und dem Mittleren Osten geschlagen wurde. Als Reaktion darauf zog Russland in Syrien eine rote Linie gegenüber der Türkei, indem es ver­stärkte Angriffe auf eine von Ankara unterstützte Miliz in der nordsyrischen Kampfzone von Idlib unter­nahm.71 Mit seinen Beschwerden über den Einsatz von Söldnern befindet sich Russland allerdings in einer fragwürdigen Position, setzt es doch selbst pri­vate Sicherheitskräfte wie die Gruppe Wagner im Ausland ein.

In Armenien wurde die aserbaidschanische Offensive als Krieg mit der Türkei dargestellt und mit dem Genozid an Armeniern im Osmanischen Reich in Verbindung gebracht. Wegen der Rekrutierung syri­scher Söldner erhob Armenien im Mai 2021 Klage gegen die Türkei beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.72

Der Neun-Punkte-Deal über die Beendigung der Kriegshandlungen bezog die Türkei nicht ein. Gleich­wohl hat der zweite Karabach-Krieg ihre Stellung im Südkaukasus gestärkt, zum Beispiel durch die türkische Präsenz in dem Kontrollzentrum, das den Waffenstillstand überwachen soll. In Aserbaidschan präsentierte sich Präsident Erdoğan am 10. Dezember 2020 auf der Militärparade zur Feier des Sieges über Armenien im »Vaterländischen Krieg«. An der Parade nahmen türkische Trup­pen teil.73 Erdoğan und Alijew fielen bei der Feier durch fragwürdige Äußerungen auf, indem sie betonten, der gemeinsame Kampf werde fortgesetzt.74

In der Schuscha-Deklaration vom Juni 2021 besiegelten Ankara und Baku ihre alliierten Beziehungen.

In der Entwicklung nach dem Krieg erreichten dann die türkisch-aserbaidschanischen Beziehungen ihren Höhepunkt mit der Schuscha-Deklaration über die alliierten Beziehungen der beiden Staaten vom 15. Juni 2021. Sie wird in internationalen Kommen­taren als historisch bewertet. Ankara errichtet ein Generalkonsulat im Zentrum der nun von Aserbaidschan kontrollierten Südprovinz Berg-Karabachs. Die Kooperation der beiden »Alliierten« soll in den Bereichen Wirtschaft, Energie, Kultur, Bildung intensiviert werden. Im Mittelpunkt steht aber die militärische Zusammenarbeit.75 Laut dem Militär­experten Can Kasapoglu konkretisiert sich die seit Beginn der 1990er Jahre gebräuchliche Formel »Two states, one nation« zu »Two states, one military«.76 Russland befürchtet, in Aserbaidschan werde eine Militärbasis des Nato-Staats Türkei eingerichtet.77

Für Russland gibt es rote Linien, was den türkischen Einfluss im postsowjetischen Raum über den Südkaukasus hinaus betrifft. So unterhält die Türkei engere Beziehungen zur Ukraine und pflegt mit diesem Partner im Schwarzmeerraum auch eine mili­tärische Zusammenarbeit. Kiew begann eine militär­tech­nologische Kooperation mit Ankara. Das schließt die Lieferung türkischer Drohnen ein, die im zweiten Karabach-Krieg ausschlaggebend waren.78 Zudem sprach sich Ankara deutlich für die territoriale Inte­grität dieses Partnerlandes aus. Das Thema Krim wurde gegen Ende 2020 zum Streitpunkt zwischen Ankara und Moskau. Putins Pressesprecher Dmitri Peskow konstatierte, die Beziehungen zur Türkei seien wichtig für Russland und von gegenseitigem Nutzen, aber es gebe auch Differenzen. Vor allem die Ansichten über die Krim seien diametral entgegen­gesetzt.79 Auch nach Zentralasien greift die Türkei nun verstärkt aus. Mitten im neuerlichen Karabach-Krieg unterzeichnete sie im Oktober 2020 mit Usbeki­stan ein Abkommen über militärische Kooperation.80 Kasachstan zeigte sich am Erwerb türkischer Drohnen vom Typ Bayraktar TB2 interessiert.81 Dazu kommt im Südkaukasus die bereits erwähnte Zusammen­arbeit der Türkei und Aserbaidschans mit Georgien. So plädiert Ankara für den raschen Beitritt Georgiens zur Nato, der für Moskau eine »tiefrote Linie« dar­stellt. Der georgische Premierminister Irakli Gariba­schwili bekundete am 4. April 2021 anlässlich der Nato-Gründung 72 Jahre zuvor noch einmal den Anspruch seines Landes auf baldige Mitgliedschaft in der Orga­nisation. Dabei unterstrich er die Bedeutung einer Nato-Präsenz am Schwarzen Meer für die Sicher­heit in Europa.82

Iran als Partner im kaspischen Raum

Zu den historischen Regionalmächten gehört Iran.83 Teile des Südkaukasus standen vor der russischen Eroberung unter iranischer Oberherrschaft. Russland beendete sie in Kriegen, die zu den Verträgen von Gulistan 1813 und Turkmentschai 1828 führten. Dabei wurden aserbaidschanische Siedlungsgebiete zwischen den beiden Mächten aufgeteilt, wobei der größere Teil der ethnischen Aserbaidschaner heute in Irans Nordprovinzen lebt.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion versuchte die theokratische Führung Irans, religiös-kulturellen Einfluss auf die nördliche Nachbarschaft des Landes zu nehmen. Missionierungsbemühungen gegenüber dem mehrheitlich schiitischen, aber auf säkulare Staatlichkeit ausgerichteten Aserbaidschan machten in der Folgezeit allerdings einer pragmatischeren Politik Platz.84 Irans Stellung im Kaukasus liefert ein Beispiel dafür, dass dort einige Kooperations- und Konfliktlinien quer zu dem auf Samuel Huntington zurückgehenden Schema eines »clash of civilizations« verlaufen. Die engsten nachbarschaftlichen Beziehun­gen zum Kaukasus unterhält die Islamische Republik zu Armenien, dem Land mit der ältesten christlichen Nationalkirche. Iran kooperiert mit diesem Nachbarn im Bereich Handel, Energie und Transport und bietet dem isolierten Armenien über sein Territorium eine Verbindung zur Außenwelt.85 Auch die Beziehungen zum christlich-orthodoxen Georgien sind auf Zusam­menarbeit ausgerichtet. Das Ver­hältnis Irans zum glaubensverwandten Aserbaidschan war dagegen lange Zeit kon­fliktbeladen und hat sich erst im drit­ten nachsowjetischen Jahrzehnt etwas entspannt.86

Mit Russland steht Iran eher in geopolitischem Einvernehmen als in Konkurrenz. Beide sind daran interessiert, die westliche Einflussnahme im kau­ka­sisch-kaspischen Raum abzuwehren. Als Gegen­entwurf zu den von Washington unterstützten Pipe­linetrassen in Ost-West-Richtung planten Moskau und Teheran Projekte in Nord-Süd-Richtung.

Gemeinsamkeit stellte sich auch bei einem Thema ein, das im Kaukasus Besorgnis erregte, nämlich dem zu Beginn der 2000er Jahre ausgebrochenen inter­nationalen Atomstreit mit Iran. Die südkaukasischen Staaten befürchteten, in gewaltsame Auseinander­setzungen hineingezogen zu werden.87 Russland unter­stützte das im Juli 2015 verabschiedete Nuklear­abkommen mit Iran (Joint Comprehensive Plan of Action). Mit dem Austritt der USA unter Präsident Trump 2018 wurde es dann aber in Frage gestellt, und 2020 spitzten sich Konflikte zwischen Washington und Teheran zu. Nicht zuletzt im Südkaukasus hoffte man, dass sich die Lage unter der Präsidentschaft Joe Bidens wieder entspannen wird.

Das Schwarze Meer mit Georgien als Anrainer bildet das maritime geopolitische Umfeld im Süd­kaukasus in den Beziehungen Russlands zur Türkei. Iran wiederum ist ein maßgeblicher Akteur im Kaspi­schen Meer. Die Sowjetunion hatte sich mit Iran das zum Binnensee deklarierte Gewässer faktisch geteilt. Mit der Unabhängigkeit der Anliegerstaaten im post­sowjetischen Raum entstand eine ungeklärte Rechts­lage, wie diese Länder künftig die Öl- und Gasfelder nutzen konnten und wie der Meeresboden aufgeteilt werden sollte. Die neuen Anliegerstaaten wollten diesen nach der Länge der Küstenabschnitte aufteilen, was den iranischen Anteil deutlich reduziert hätte. Teheran bestand darauf, dass es fünf gleich große Teile geben müsse. Besonders mit Aserbaidschan geriet Iran in heftigen Streit um nationale Nutzungszonen. Erst im August 2018 konnte im kasachischen Aktau ein Abkommen über den rechtlichen Status des Kaspischen Meeres geschlossen werden, das allen Anrainerstaaten freie Navigation jenseits der Terri­torialgewässergrenze von 15 Seemeilen und einer zusätzlichen 10-Meilen-Fischereizone gestattet. Einige Fragen zur Aufteilung des Meeresbodens blie­ben indes offen.88 Iran hat die Konvention von 2018 noch nicht ratifiziert. Bilaterale Übereinkommen zwischen Aserbaidschan und Turkmenistan über ein umstrittenes Erdgasfeld im Kaspischen Meer und eine geplante Unterwasserpipeline sorgten in Moskau und Teheran für Irritation.

Russland ist vor allem bestrebt, Nicht-Anlieger­staaten aus dem Kaspischen Meer herauszuhalten, während im Schwarzen Meer die militärische Kon­kurrenz mit Nato-Staaten 2021 noch weiter zugenom­men hat. Die militärische Stellung Russlands am und im Kaspischen Meer gewann mit dem russischen Aus­­greifen in den Mittleren Osten an Bedeutung. Seine Marine beschoss von dort aus Ziele in Syrien. In den letzten Jahren betrieben Russland und Iran den Aus­bau neuer Häfen im Kontext mit Projekten wie dem Internationalen Nord-Süd-Transportkorridor (Inter­national North-South Transport Corridor, INSTC), der Russland über Iran mit Indien und China verbinden soll. Mit Iran intensivierte Russ­land seit 2019 die mili­tärische Kooperation, etwa in Form gemeinsamer Manöver im Kaspi­schen Meer und im Persischen Golf.89

Unter den ungelösten Konflikten im Südkaukasus betraf Iran derjenige zwischen Armenien und Aser­baidschan. Auf den neuerlichen Krieg reagierte Tehe­ran mit Besorgnis. Im Oktober 2020 konzentrierten sich die Kampfhandlungen vor allem südlich Berg-Karabachs nahe der Grenze zu Iran. Die militärische Überlegenheit Aserbaidschans aufgrund modernster Waffen aus der Türkei und Israel begeisterte die aser­baidschanische Bevölkerungsgruppe im Iran, was in Teheran Ängste vor Separatismus beschwor.90 Iran befürwortete Friedensbemühungen und bot sich als Mediator an. Der Krieg veränderte das geopolitische Kräftefeld in der nördlichen Nachbarschaft auf eine für Iran irritierende Weise. In einigen internationalen Analysen wurde das Land als Verlierer in dieser Entwicklung gesehen, in der die Türkei als Regionalmacht im Kaukasus aufgestiegen ist und ein aserbaidschanischer Nationalismus gestärkt wurde.91 Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif besuchte die drei südkaukasischen Staaten sowie Moskau und Ankara und sprach sich für das 3+3-Format aus, was vor allem in Georgien kontrovers diskutiert wurde.92 In Moskau traf sich Außenminister Lawrow mit seinem iranischen Amtskollegen und betonte, die neue Lage im Süd­kaukasus sei auch für Iran von Vorteil. Für Russland bieten sich verstärkte Kontakte zu Iran als Gegengewicht zum gewachsenen Einfluss der Türkei an. Sogar eine mögliche Mitgliedschaft Irans in der Eurasischen Wirtschaftsunion wird in Betracht gezo­gen. Damit würde diese Regionalorganisation über den postsowjetischen Raum hinaus ausgreifen.93

»Der Westen« als der globale Gegenspieler? Die USA im kaukasisch-kaspischen Raum

Was historische Vertrautheit mit dem Kaukasus be­trifft, befanden sich die USA zu Beginn der nachsowjetischen Periode wohl am stärksten im Kontrast zu den gerade behandelten Akteuren. Sie waren dort der »Newcomer«, stiegen aber aus Sicht Moskaus in der Folgezeit zum Hauptkontrahenten auf. Für die US-Außen­politik hatten Anfang der 1990er Jahre andere Regionen und sicherheitspolitische Themen im Vordergrund gestanden. Dazu zählten die Konflikte auf dem Balkan, die nachsowjetische Übergangsphase in Russland selbst und der Abbau sowjetischer Nuklear­­­arsenale außerhalb Russlands. Nach und nach entwickelten die USA »important but not vital inter­ests in the South Caucasus«.94 Zunächst wollte Wash­ington vor allem »demokratische Transition« in den drei Staaten unterstützen, die sich in der ersten Hälfte der 1990er Jahre in einem Zustand fragiler Staatlichkeit und gravierender Wirtschaftskontraktion befan­den. Mit dem »Jahrhundertvertrag«, den Aserbaidschan 1994 mit einem Konsortium aus westlichen Energiekonzernen schloss, trat ein geoökonomisches Motiv in der US-Politik hinzu. Die Planung neuer Pipelinetrassen als Alternative zu bestehenden Trans­portrouten über das Territorium Russlands wurde zu einem Hauptanliegen Washingtons95 und zu einem Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung im Süd­kaukasus. Aserbaidschan stieg dort mit seinen Energie­ressourcen zur führenden Volkswirtschaft auf, Ge­orgien verbesserte seine prekäre wirtschaftliche Situa­tion aus der Frühphase der Eigenstaatlichkeit durch seine Funktion als Transitstaat. Dagegen blieb Arme­nien vor allem aufgrund seiner angespannten Bezie­hung zu Aserbaidschan in einer Blockade stecken, aus der es auch seine weltweite Diaspora nicht herausführen konnte.

Zu Beginn der zweiten nachsowjetischen Dekade verlagerten sich die Prioritäten. Ausschlaggebend dafür waren die islamistischen Terroranschläge vom 11. Sep­tember 2001, der Nato-Einsatz in Afghanistan und die Herausforderung an internationale Terrorismusbekämpfung, die auch eine sicherheitspolitische Kooperation zwischen Moskau und Washington eröff­nete. Die drei südkaukasischen Staaten beteiligten sich militärisch, logistisch oder in beiden Bereichen an den Einsätzen in Afghanistan. Bei der Truppen­stellung spielte Georgien eine herausragende Rolle. Gemessen an der Bevölkerungsgröße hat sich kein anderes Land dort so stark engagiert. Aserbaidschan vereinfachte die Logistik, indem es seinen Luftraum für den Einsatz in Afghanistan zur Verfügung stellte.

Ein politisches Motiv für verstärktes US-Engage­ment erwuchs aus der Entwicklung in Georgien nach der Rosenrevolution vom November 2003 und dem Amts­antritt des Präsidenten Saakaschwili. Sie bewirk­te, dass Washington den Schwerpunkt seiner Auf­merksamkeit für den Kaukasus auf Georgien verlager­te. Dies leitete eine Periode verschärfter ideologischer und geopolitischer Kon­kurrenz zwischen Russland und »dem Westen« ein. Machtwechsel im »nahen Ausland« unter demokratischen Vorzeichen reduzierte Moskau auf »westliche Einmischung«. Die nun verstärkte außen- und sicherheitspolitische Ausrichtung Georgiens auf die USA, die Nato und die EU wirkte sich auf die russische Politik gegenüber den Konflikten um Abchasien und Südossetien aus. Ausdrücklich befürworteten die USA eine Mitgliedschaft Geor­giens in der Nato. Auch die europäischen Partner Frankreich und Deutsch­land schlossen dies nicht grundsätzlich aus, reagierten aber mit Zurückhaltung gegen­über einem baldigen Membership Action Plan für Georgien und die Ukraine. Nach dem Augustkrieg von 2008 stellten Washington und euro­päische Partner Georgien erhebliche Summen für die Beseitigung der Kriegs­schäden zur Verfügung. Im Januar 2009 vereinbarten die USA kurz vor dem Amtswechsel im Weißen Haus von George W. Bush zu Barack Obama eine Strategische Partnerschaft mit Georgien.96 Doch nach dem verlorenen Krieg von 2008 und angesichts der von Präsident Obama ein­geleiteten Reset-Politik gegenüber Russland kamen in Georgien Zweifel daran auf, dass die westlichen Partner dem Land in militärischen Konflikten mit Russland beistehen würden. Man verzeichnete eher einen Rückzug des Westens aus der Region, dessen sicherheitspolitische Aufmerksamkeit sich seit 2014 hauptsächlich auf die Ukraine verschoben hatte. Gleichwohl wurde die Kooperation Georgiens mit der Nato im Rahmen eines Substantial Nato-Georgia Package konkretisiert. Im Oktober 2019 nahm das Repräsentantenhaus den Georgia Support Act an, der die Forderung enthält, Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität des Partnerlandes zu unter­stützen. Seit 2019 mehrten sich allerdings kritische Kommentare aus Washington über die politische Entwicklung in Georgien. Mehrere Kongressabgeordnete äußerten Besorgnis über Rückschritte auf dem Reformpfad des Landes, die aufgrund der eskalierenden Polarisierung zwischen der Regierungspartei und der Opposition, politischer Eingriffe in die Justiz und anderer Missstände entstanden waren.97 Und in Georgien wächst die Frustration über die Zurückhaltung westlicher Partner, wenn es darum geht, einen Membership Action Plan für den Beitritt des Landes zum transatlantischen Bündnis auszuarbeiten.

Offen ist noch, ob sich die USA unter Präsident Biden stärker im Südkaukasus engagieren werden.

Der Jahreswechsel 2020/21 warf die Frage auf, wie weit die USA sich unter Präsident Joe Biden im Süd­kaukasus und anderen Teilen Eurasiens engagieren werden. Der skandalöse Ausklang der Amtszeit Donald Trumps ließ vermuten, dass der neue Präsi­dent vorerst von innenpolitischen Spaltungen heraus­gefordert sein wird. Die Kommentare zum Angriff der Trump-Anhänger auf das Kapitol am 6. Januar 2021 wichen in Russland und in Georgien bezeichnenderweise stark voneinander ab. War in Moskau die Rede von der Erosion normativer Einflussmacht der USA, verwiesen in Tiflis der Premierminister und die Präsi­dentin auf die Resilienz demokratischer Institutionen, die den USA auch weiterhin die Rolle eines Förderers entsprechender Werte sichere.98 In seiner außenpolitischen Antrittsrede machte Präsident Biden dann deutlich, dass er sich nicht nur innenpolitischen Herausforderungen stellen will. Seine Botschaft an die Welt­gemeinschaft lautete »America is back«. In Georgien wurde diese Ankündigung auch auf die Situation im Südkaukasus nach dem Karabach-Krieg bezogen.99

Die EU: Integrationskonkurrent Russlands oder »great absentee« im Kaukasus?

Die Annäherung Europas an die Region verlief zöger­lich. Der Osteuropaexperte Vladimir Socor be­zeich­nete noch im Jahr 2004 die EU als »the great absentee from the economic, political and security affairs of this region«.100 Diese Aussage war allerdings schon damals fragwürdig, war doch die EU zu einem maß­geblichen Förderer für Entwicklungsprojekte im Südkaukasus geworden. Sie beteiligte sich an den von Washington unterstützten Plänen, neue Transportwege für Energieressourcen zu schaffen, und förderte Reformbemühungen in den drei Staaten. Für die »security affairs of this region« traf Socors Feststellung noch am ehesten zu. Was den Kaukasus als konfliktanfälligsten Abschnitt im Raum der ehemaligen Sowjetunion anbelangte, blieb zunächst unklar, wie nah oder fern er für Europa in sicherheitspolitischer Hinsicht war.101

Nach dem 11. September 2001 und im Zuge des darauf folgenden sogenannten Global War on Terror fielen Themen wie fragile Staatlichkeit, ungelöste Regionalkonflikte, poröse Grenzen und Drogenschmuggel aus Afghanistan auch für die europäische Kaukasuspolitik ins Gewicht. Aus Brüssels Sicht konnte sich Hilfe für den Südkaukasus nur dann als effektiv erweisen, wenn die Konfliktregelung zu einer besseren innerregionalen Kooperation führen würde.102 2004 schloss die EU den Südkaukasus in ihre Nachbarschaftspolitik ein und implementierte in diesem Rahmen Aktionspläne mit den drei Staaten. Beklagt wurde jedoch, dass sie den Besonderheiten der einzelnen Länder nicht genügend Rechnung trage.103 Im Krieg zwischen Russland und Georgien vom August 2008 trat die EU unter der Ratspräsidentschaft Frankreichs als friedenspolitischer Akteur auf. Präsident Nicolas Sarkozy vermittelte den Waffenstillstand. Brüssel stellte an der administrativen Grenze Georgiens zu Abchasien und Südossetien eine Monito­ring-Mission (EUMM) mit rund 200 Beobachtern auf, deren Zugang in beide Gebiete jedoch Einschränkungen unterliegt. Gemeinsam mit der OSZE und den Vereinten Nationen hat die EU den Vorsitz in den Genfer Gesprächen (Geneva International Discussions). An ihnen nehmen Georgien, Russland, die USA sowie Abchasien und Südossetien teil. Allerdings haben die Gespräche auch nach mehr als 50 Sitzungen noch keine wesentlichen Resultate erbracht.

2009 teilte die EU ihre Nachbarschaftspolitik in einen südlichen und einen östlichen Partnerschaftsraum auf. Letzterer umfasst Osteuropa (Belarus, Ukraine, Republik Moldau) und den Südkaukasus.104 In diesem Rahmen intensivierte die EU Reformprogramme und betonte, es sei not­wendig, diese stärker auf jedes einzelne Land und die Entwicklung dort auszurichten. Unter den südkaukasischen Staaten begaben sich Georgien und Armenien in Verhandlungen über Assoziationsabkommen sowie vertiefte und umfassende Freihandelsabkommen mit Brüssel. Armenien jedoch nahm 2013 Abstand von der Unter­zeichnung des Assoziationsabkommens und wurde Mitglied der von Russland dominierten Zollunion und späteren Eurasischen Wirtschaftsunion. Dennoch blieb Armenien mit der EU in Verhandlung über neue Vertragsformen. Für Georgien blieb die Ausrich­tung auf die EU eine außenpolitische Priorität. 2016 traten sein Assoziationsabkommen mit ihr und eine Visa-Liberalisierung für Reisen georgischer Staats­bürger in den Schengen-Raum in Kraft. Der Kreml sah Europa nun zunehmend in Konkurrenz zu seinen eigenen Integrationsbestrebungen in Eurasien, die sich in Regionalorganisationen wie der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit manifestierten.

Den Eintritt in die vierte nachsowjetische Dekade überschattete im Südkaukasus der neuerliche Kara­bach-Krieg. Es hieß, USA, EU und OSZE seien bei der Beendigung dieses Krieges bloß Zaungäste gewesen, und der westliche Einfluss in der Region sei marginalisiert worden. Schon zuvor hatte die EU im Konflikt um Berg-Karabach keine prominente Rolle gespielt, denn die Mediation auf der hohen diplomatischen Ebene oblag der OSZE. Daher widmete sich die EU einem Thema unterhalb dieser Track-1-Ebene, näm­lich der Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure in Vertrauensbildung und Konfliktbearbeitung. Im Rahmen der European Partnership for the Peaceful Settlement of the Conflict over Nagorno-Karabakh (EPNK) vergab Brüssel Finanzhilfen an euro­päische Nichtregierungsorganisationen, die sich auf diesem Gebiet engagierten. Anders als bei ihren ähnlichen Bemühungen für den Dialog zwischen Georgien und Abchasien erreichte sie jedoch kaum zivilgesellschaftliche Akteure »on the ground«. Mit der weiteren Ver­härtung der Feindbilder und den Rückkehrbewegungen von Vertriebenen auf beiden Seiten nach dem Krieg von 2020 wird es noch dringlicher, zivilgesellschaftliche Kontakte und den Dialog zwischen den Konfliktseiten zu fördern.

Einige europäische Staaten wandten sich gegen das Klischee der »Zaungäste«. Besonders Frankreich preschte hier vor – mit Kritik an der türkisch-aser­baidschanischen Allianz. Während der Kriegsphase traten in französischen Städten türkische Rechtsextre­misten aus dem Umfeld der »Grauen Wölfe« mit antiarmenischen Parolen und Aktivitäten auf. In der französischen Nationalversammlung plädierten einige Abgeordnete für die diplomatische Anerkennung des restlichen Berg-Karabach. Auch in Belgien und den Niederlanden waren ähnliche Reaktionen in den Parlamenten zu beobachten. Aserbaidschan antwortete darauf mit der Drohung, die diplomatischen Beziehungen zu diesen Staaten abzubrechen. Was den Grenzkonflikt in der armenischen Provinz Sjunik im Mai 2021 betraf, war es vor allem Präsident Emmanuel Macron, der sich gegen Grenzüberschreitungen durch aserbaidschanische Streitkräfte aus­sprach und deren sofortigen Rückzug verlangte.105 Das Vereinigte Königreich dagegen neigte eher der aserbaidschanischen Seite zu. James Sharp, britischer Botschafter in Baku, bot im Januar 2021 Hilfe seines Landes bei der Entminung jener Territorien an, die Aserbaidschan zurückerobert hatte. Mit dem aser­baidscha­nischen Verteidigungsminister Sakir Hasa­now besprach Sharp Möglichkeiten einer Koopera­tion.106 Am 20. Januar 2021 bezog das EU-Parlament in Resolutionen zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik Stellung zur Situation im Süd­kaukasus nach dem Krieg. Es begrüßte den Einsatz Russlands zur Beendigung der Kriegshandlungen, verurteilte den Gebrauch verbotener Waffen in der Kriegsphase und rief zu internationalen Ermittlungen in puncto Kriegsverbrechen auf. Das Parlament betonte allerdings, die endgültige Regelung des Kon­flikts müsse auch weiterhin der internationalen Mediation im OSZE-Rahmen überlassen bleiben. Über die türkisch-aserbaidschanische Militärallianz äußer­te es sich kritisch.107

Ökonomische und ideologische Einflusshebel Russlands

Die sicherheitspolitische und militärische Präsenz Russlands im Südkaukasus hängt in erster Linie mit den ungelösten Territorialkonflikten zusammen. Doch russische Politik in der Region umfasst auch wirtschaftliche, kulturelle und ideologische Einflusshebel im Umgang mit dem dortigen »nahen Ausland«.

Unter den drei Staaten ist Armenien nicht nur sicherheitspolitisch, sondern auch wirtschaftlich am stärksten von Russland abhängig. Als Gegenleistung für Schuldenerlasse musste es strategische Wirtschaftsbereiche für rus­sische Unternehmen öffnen. 2002 brachte Moskau dort ein Wärmekraftwerk, einen Stromerzeuger und Forschungsinstitute im Bereich der Militärindustrie unter seine Kontrolle. Ein Jahr später erwarb der russische Konzern Vereinigtes Energiesystem die Aktienmehrheit am Atomkraftwerk Mezamor. 2006 gerieten auch Unternehmen im Telekommunikations- und Internetsektor in russische Hände. 2008 übernahmen die Russischen Eisenbahnen zu 100 Prozent das einstmals staatliche armenische Eisenbahnunternehmen.108 Nach dem Machtwechsel von 2018 leitete die neue politische Führung Armeniens eine Wirtschaftspolitik der Diversifizierung und Entmonopolisierung ein, die aber in diesen von Russland abhängig gewordenen Sektoren auf ihre Grenzen stieß. Im Januar 2015 war Armenien als erster und bisher einziger südkaukasischer Staat der Eurasischen Wirtschaftsunion beigetreten, die von Russland dominiert wird. Moskau hatte diese Ent­scheidung Armeniens unter anderem mit der Preis­gestaltung für Erdgaslieferungen beeinflusst. Schon bald darauf jedoch bekundeten Bevölkerung und Geschäftswelt Armeniens, dass diese Wirtschafts­union die an die Mitgliedschaft geknüpften Erwartun­gen kaum erfülle.109

Im Umgang mit Georgien nutzte Russland wirtschaftliche Hebel, um sein unbotmäßiges »nahes Aus­land« zu bestrafen. Als Georgien 2006 einige russische Diplomaten unter dem Vorwurf der Spionage des Landes verwies, reagierte Russland mit einem Import­verbot für eine Reihe georgischer Produkte. Der russi­sche Energiekonzern Gazprom verdoppelte den Gas­preis für Georgien und kündigte weitere Preiserhöhun­gen an. Unter Führung des Präsidenten Saakaschwili richtete das Land seine außenwirtschaftlichen Bezie­hungen neu aus und zog mit marktwirtschaftlichen Reformen westliche Investoren an. Seine Energie­versorgung und Funktion als Transitland für Energie­exporte sicherte es mit intensivierten Wirtschafts­beziehungen zu Aserbaidschan, der Türkei und Iran. Seit 2013 aber trat es unter der neuen Regierungs­partei Georgischer Traum wieder in wirtschaftlichen Kontakt mit Russland. Moskau hob später die Import­barrieren für georgische Produkte auf, außerdem reisten wieder Millionen Touristen aus Russland nach Georgien. Die neue Regierung in Tiflis betrieb eine pragmatischere Politik gegenüber Moskau, ohne dabei die außen- und sicherheitspolitische Ausrichtung nach Westen aufzugeben. Gleichwohl attackiert die Opposition diese Politik und stempelt den Multi­milliardär Bidsina Iwanischwili, der vorübergehend als Premierminister und als Vorsitzender der Regie­rungspartei amtierte und auch ohne Amt als maßgeb­licher Strippenzieher gilt, als »russlandhörig« ab. Vor der Rückkehr in sein Heimatland hatte er sein Vermö­gen in den 1990er Jahren in Russland erwirtschaftet.110

Aserbaidschan ist mit über neun Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste und mit seinen Energieressourcen wirtschaftlich stärkste Land im Kaukasus. Seine Regierung machte sich für Handelsabkommen mit westlichen Ländern stark. Zugleich wuchsen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit Russland, ob­wohl Aserbaidschan sich mit seiner Energiepolitik seit 1994 gen Europa orientierte und für Energielieferungen neue, von den USA unterstützte Pipelinerouten unter Umgehung Russlands nutzte. Nicht nur investierten russische Unternehmen in Aserbaidschan, sondern auch aserbaidschanische in Russland. Um mehr wirtschaftlichen Einfluss zu gewinnen, suchte Moskau in den 2010er Jahren den Kontakt mit der aserbaidschanischen Diaspora und wandte sich vor allem an die Union aserbaidschanischer Organisationen in Russland, die als »Verein der Milliardäre« gilt.111 Präsident Putin ist bemüht, Aser­baidschan zum Eintritt in die Eura­sische Wirtschaftsunion zu bewegen. Baku jedoch ist dieser Einladung bislang nicht gefolgt und hält sich zurück, was die Mitgliedschaft sowohl in westlichen als auch in eurasischen Regionalorganisationen anbelangt.

Das Narrativ der »Russischen Welt«, mit dem Russland Einfluss auf Nachbarstaaten nehmen will, eignet sich kaum für den Süd­kaukasus.

Neben »hard power« im Bereich von Sicherheits­politik und Wirtschaft versucht der Kreml, »soft power« auf kulturellen und ideologischen Feldern auszuüben. Unter Präsident Putin wurde das Narrativ der »Russischen Welt« (Russkij Mir) verstärkt genutzt, um Einfluss auf Nachbarstaaten zu nehmen. Im Süd­kaukasus trifft es indes auf eine Realität, die sich von derjenigen in Osteuropa unterscheidet. Daher kann Russland dieses Instrument nur eingeschränkt an­wen­den, so gegenüber seinen Protektoraten Abchasi­en und Südossetien, deren Bevölkerung es mit russi­schen Pässen ausgestattet hat.112 Russkij Mir richtet sich an noch verbliebene russische und russisch­sprachige Bevölkerungsteile in Nachbarländern. Im Südkaukasus aber sind diese drastisch geschrumpft. Dagegen ist die Arbeitsmigration aus der Region nach Russland gewachsen. So umfasst die armenische und die aserbaidschanische Diaspora dort je zwei Millio­nen Menschen, was Moskaus Verhalten im Konflikt um Berg-Karabach beeinflusst. Mit Russkij Mir wendet sich Moskau aber nicht nur an russische »Landsleute« im Ausland, sondern beschwört darüber hinaus kul­turelle Gemeinsamkeiten mit dem betreffenden Land. Und dafür ist auch der Kaukasus empfänglich, zum Beispiel aufgrund einer konservativen Einstellung großer Bevölkerungsteile gegenüber Gender-Fragen und sexuellen Minderheiten.113 Mit einem »eurasischen Narrativ« postuliert Russland eine von Ost­europa bis Zentralasien reichende »postsowjetische Zivilisation«, die sich von »traditionsfeindlichen westlichen Werten« absetzt.

In diesem Rahmen hat der Kreml besonders gegen Georgien Propaganda­kampagnen lanciert, welche die »kulturelle Verwestlichung« verdammen.114 Aus Mitteln der 2007 gegründeten Russkij-Mir-Stiftung unterstützt Moskau eine antiwestliche Partei wie die Allianz der Patrioten Georgiens und Organisationen wie das Primakow-Zentrum oder das Eurasische Insti­tut in Tiflis.115 Regierungsstellen in der georgischen Haupt­stadt versuchten gemeinsam mit Nichtregierungs­organisationen wie der Media Development Foundation (MDF) solche Einflussnahme abzuwehren. In seiner Kommunikationsstrategie für 2017–2020 nannte das georgische Verteidigungsministerium »hybride Kriegsführung« als eine Hauptgefahr für die nationale Sicherheit.116 Um antiwestliche Ressentiments zu schüren, versuchte Russland in erster Linie orthodox-konservative Bevölkerungsteile zu mobilisieren, denn die Stimme der Georgischen Orthodoxen Kirche hat Gewicht in der Innen- und Außenpolitik. So legte das Patriarchat 2014 Protest gegen ein Anti­diskriminierungsgesetz ein. Darauf reagierten zivil­gesellschaftliche Akteure, indem sie einen Dialog mit kirchlichen Kreisen initiierten. Dieser hatte laut der MDF offenbar zur Folge, dass antiwestliche Äußerungen aus diesem Umfeld zurückgingen.117 Insgesamt hält sich die Wirkung russischer Propaganda auf das Meinungsbild in der georgischen Gesellschaft in Grenzen. Nach wie vor spricht sich die Mehrheit für die Ausrichtung ihres Landes nach Westen aus: 2020 befürworteten in Meinungsumfragen 87 Prozent der Befragten den Beitritt zur EU, 78 Prozent die Mitglied­schaft in der Nato, und 82 Prozent sahen in Russland die größte Gefahr für die Sicherheit ihres Landes.118 Prorussische Parteien erlangten bei Parlamentswahlen nur geringe Zustimmung. 2021 zog Lewan Wasadse, ein georgischer Multimillionär mit Firmen in Russ­land, Aufmerksamkeit in der gegenwärtig stark vibrie­renden innenpolitischen Szene seines Heimatlandes auf sich. Er tritt dort mit ultrakonservativen antiwestlichen Argumenten als Anwalt russischer Interessen auf und gründete die politische Bewegung Einheit, Essenz, Hoffnung (Ertoba, Raoba, Imedi, ERI).119 Der Bewegung, die unter anderem in Kontakt zu dem russischen Eurasien-Ideologen Alexander Dugin steht, wird ein gewisses Mobilisierungspotential in konser­vativen Bevölkerungskreisen zugetraut, aber nicht der Durchbruch zu einem größeren pro­russischen Lager im politischen Spektrum Georgiens.

Zuletzt verstärkte Russland 2020 eine Propaganda­kampagne im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und ihrer Bekämpfung in Georgien. Schon zuvor hatte Moskau mit dieser Kampagne das Richard-Lugar-Center ins Visier genommen. Dieses Labor war in Kooperation mit den USA gegründet und 2011 in Betrieb genommen worden. Später rückte es ins Zentrum der Corona-Bekämpfung in Georgien. Moskau bezichtigt das Labor, Biowaffen herzustellen.120

Ausblick

In der aktuellen Entwicklung im Kaukasus hat sich Russland auf den ersten Blick als funktionierende Ordnungsmacht erwiesen, indem es im Konflikt um Berg-Karabach als Mediator auftrat und eine Friedenstruppe stationierte. Ob es damit ein weiteres »Protek­torat« wie in Abchasien und Südossetien gewonnen hat, bleibt umstritten.121 Zudem muss es seine Stel­lung in der Region mehr als zuvor mit der Türkei teilen.

Unterdessen forderte eine Reihe von Entwicklungen im weiteren postsowjetischen Raum Russland in seinem Anspruch als Ordnungsmacht heraus. Das waren ein Wechsel in der Republik Moldau zu einer prowestlichen Regierung, Massendemonstrationen in Belarus gegen die Lukaschenko-Diktatur, ein irregu­lä­rer Machtwechsel in Kirgistan und Grenzkonflikte zwischen Kirgistan und Tadschikistan.122 Ein Artikel eines russischen Außenpolitik-Experten erschien unter der Überschrift »Tschüss, Russki Mir?!«: Russ­land müsse für seine Politik im postsowjetischen Raum eine Bestandsaufnahme seiner realen Bedürf­nisse und ihrer Umsetzungsmöglichkeiten vornehmen.123 Mei­nungsumfragen in der Bevölkerung Russ­lands signali­sieren die Erwartung, dass das Land sich mit außenpolitischen Kraftakten eher zurückhält.124 Ließen die völkerrechtswidrige Krim-Annexion und die militärischen Eingriffe in der Ostukraine die Popularitätsquote Putins 2014 noch hochschnellen, kann der Kreml heute mit solchen Maßnahmen nicht so leicht wie früher von Missständen in Russland selbst ablenken. Auch das von der staatlichen Propa­ganda geschürte Feindbild Westen kommt in der Bevölkerung nicht mehr so recht an, wie eine Umfrage des Levada-Zentrums von 2020 ergab.125

Aber ist Zurückhaltung in der russischen Außenpolitik tatsächlich realistisch, wenn gleichzeitig eine wachsende Verhärtung im Inneren und eine Entwick­lung zum autoritären Polizeistaat mit umfassenden Gewaltmaßnahmen gegen regimekritische Kräfte zu beobachten ist? Diese zeigte sich im Januar und Febru­ar 2021 überdeutlich, als rund 11 000 Demonstrantinnen und Demonstranten in mehr als 125 Städ­ten verhaftet wurden. Hinzu kommt, dass die Beziehungen zum Westen auf einem historischen Tief­punkt angelangt sind und dass Russland seine militä­rische Präsenz an den Grenzen der Ukraine, im Schwarzen Meer und in der Arktis demonstrativ ausweitet.

Während des Krieges um Berg-Karabach befragte ein Meinungsforschungsinstitut die Bevölkerung, welche Maßnahmen Russland zur Lösung des Kon­flikts ergreifen solle. 29 Prozent der Befragten plä­dier­ten für eine Rolle als diplomatischer Vermittler, nur zwei Prozent für die Entsendung russischer Truppen in die Konfliktzone.126

War Russlands Handeln in diesem Konfliktfall eher eine macht- oder eine friedenspolitische Intervention? Viele Kommentatoren betonten den machtpolitischen Aspekt. Etliche aber wiesen darauf hin, dass das russische Eingreifen die totale militärische Niederlage Armeniens inklusive Verlust des restlichen Berg-Karabach verhindert habe. Auch habe der Kreml die Stationierung der Friedens­truppen mit der Errichtung eines »humanitären Zentrums« in Karabach verbunden und Bereitschaft bekundet, internationale Orga­nisationen in die »humanitären Aktivitäten« einzu­beziehen. Wohlwollend wurde zudem vermerkt, dass Moskau weitere Verhandlungen im Rahmen der OSZE nicht abschreibe.127 Selbst aus Georgien, nämlich aus dem Mund der Präsidentin Salome Surabischwili, kam eine positive Bewertung der friedenspolitischen Wende vom 9. November 2020.128 Die International Crisis Group rief westliche und globale Akteure auf, sich an humanitären Initiativen in Armenien, im restlichen Berg-Karabach und in Aserbaidschan zu beteiligen, am Wiederaufbau der im ersten und zwei­ten Karabach-Krieg zerstörten Territorien mitzuwirken und bei der Errichtung neuer Verkehrsverbindungen im Südkaukasus in Kooperation mit Russland zu hel­fen. Es gelte, zivilgesellschaftliche Kontakte zwischen den Konfliktseiten effektiver als bisher zu unterstützen und die diplomatischen Kanäle aufrecht­zuerhalten.129 Dass Konfliktbearbeitung in der Nach­kriegs­situation nicht allein Russland überlassen bleibt, zeigte sich im Juni 2021: Mit Unterstützung aus Wash­ington, Brüssel und der OSZE vermittelte der georgische Ministerpräsident Garibaschwili in zwei wesentlichen Streitpunkten einen Kompromiss zwischen den Konfliktparteien. Aserbaidschan ließ 15 armenische Kriegsgefangene frei, Armenien über­gab Baku eine Karte über 97 000 Minen in der Region von Agdam. Positive Kommentare dazu kamen auch aus Russland, obwohl es an diesem Vermittlungs­erfolg nicht maßgeblich beteiligt war. Die Sprecherin des Außenministeriums in Moskau lobte den Kom­promiss und sprach von »lang erwarteten wunder­vollen Neuigkeiten«.130 Der Hohe Vertreter der EU für Außen-und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, stellte eine verstärkte europäische Präsenz auf humanitären Handlungsfeldern im Zusammenhang mit Berg-Kara­bach in Aussicht – sobald die Bedingungen vor Ort dies ermöglichen.131

Die Instabilität im Südkaukasus reicht weit über den ungelösten Konflikt um Berg-Karabach hinaus. Für die EU gehen von diesem Abschnitt ihres öst­lichen Partnerschaftsraumes anspruchsvolle Herausforderungen an eine Politik aus, die Reformprozesse fördern, politische Stabilität wahren und die inner­regionalen Beziehungen verbessern will. In Georgien und Armenien spitzten sich innenpolitische Tumulte zu. Armenien steckt in der tiefsten politischen Krise seit der Unabhängigkeit. Regierungschef Nikol Pa­schinjan erzeugte Unmut in der durch die Niederlage traumatisierten Bevölkerung, da er angesichts der ausweglosen militärischen Lage seine unvermeidliche Zustimmung zum Waffenstillstand gab. Deshalb stempelten ihn Oppositionskräfte als »Verräter« ab. Eine Oppositionsbewegung, aber auch hohe Kirchenführer und Nicht­regie­rungsorganisa­tionen verlangten seine Demission und vorgezogene Parlamentswahlen. Im März 2021 verschärfte sich der Konflikt bis an den Rand eines Staatsstreichs: Hohe Armeeführer forder­ten Paschinjan zum Rücktritt auf, nachdem der Pre­mier den Generalstabschef entlassen hatte. In Moskau rief Präsident Putin zur Deeskalation in Armenien auf. Das russische Parlament warnte, die akute politi­sche Krise dort gefährde die dringliche Umsetzung der Waffenstillstandsvereinbarungen.132 Ebenso besorgt äußerten sich Politiker aus Europa und den USA. So zeigte sich im Falle der Staatskrise Armeniens eine gewisse Gemeinsamkeit in den Reaktionen auf inter­nationaler Bühne. Für den 20. Juni 2021 wurden nun vorgezogene Parlamentswahlen in dem Land verein­bart, aus denen Paschinjans »Zivilvertragspartei« unter 21 Parteien und vier Blöcken mit knapp 54 Pro­zent der abgegebenen Stimmen als Sieger hervorging – entgegen den Prognosen einiger Meinungsumfragen. Ob damit die innenpolitische Krise überwunden ist, wie der Premier nun verkündete, bleibt abzuwarten.

In Georgien eskalierten bereits nach den Parlamentswahlen im Oktober 2020 die innenpolitischen Auseinandersetzungen. Aus der ersten Runde der Wahl, die nach dem Verhältniswahlrecht abgehalten wurde, war die Regierungspartei Georgischer Traum mit 90 Mandaten (von 150) als stärkste Kraft hervorgegangen. Das Ergebnis wird von der Opposition und zivilgesellschaftlichen Kräften bis heute angefochten. Auch internationale Beobachter konstatierten Un­regelmäßigkeiten bei der Wahl selbst, sprachen aller­dings nicht von genereller Wahlfälschung. Opposi­tionsparteien nahmen dann an der Stichwahl nach dem Mehrheitswahlrecht im November nicht mehr teil und traten ihre Mandate nicht an, die sie in der ersten Wahlrunde gewonnen hatten. Einen Höhepunkt erreichte die Krise gegen Ende Februar 2021, als Nika Melia verhaftet wurde, Vorsitzender der wich­tigsten Oppositionspartei Vereinte Nationale Bewe­gung. Ihm wurde vorgehalten, er habe Bewährungsauflagen verletzt, die aus einem Gerichtsurteil über seine Beteiligung an Demonstrationen vor dem Parlament im Juni 2019 resultierten. Das Vorgehen staatlicher Stellen rief Kritik unter den westlichen Partnern Georgiens hervor, die Rückschritte auf dem demokratischen Entwicklungspfad des Landes fest­stellten. EU-Ratspräsident Charles Michel versuchte in Tiflis zu vermitteln und ernannte für die Fortführung dieser Aufgabe einen Sondergesandten. Aus dem US-Senat meldeten sich ebenfalls besorgte Stimmen. Im US-Nachrichtenportal Bloomberg erschien gar ein Kom­mentar, in dem die angespannte Situation in Georgi­en als Präsident Bidens erste außenpolitische Krise bezeichnet wurde.133

Lässt sich auch hier Gemeinsamkeit in der inter­nationalen Reaktion auf diese Krise herstellen? Oder ist Russland an Instabilität in jenem südkaukasischen Land interessiert, das sich am deutlichsten nach Westen ausrichtet?134 Einflussnahme auf Georgien bleibt wohl der herausragende Streitfall zwischen Russland und westlichen Partnern dieses Landes im Südkaukasus. Trotz dieses Spannungszustands sollte die Krise in Georgien für die EU ein Anlass sein, ihr Engagement in ihrem östlichen Partnerschaftsraum zu erhöhen und zu konkretisieren.135 Das sollte mög­lich gemacht werden, auch wenn bereits die Sicherung des Waffenstillstands im Kara­bach-Konflikt und die neue Konfliktlage an den Grenzen der Ukraine die internationale Politik herausfordern.

Im zweiten Quartal 2021 drohten der russische Militäraufmarsch an den Grenzen der Ukraine und im Schwarzen Meer sowie der wiederaufflammende Nahost-Konflikt den Südkaukasus aus der Bericht­erstattung zu verdrängen. Doch die Region bleibt auf dem Radarschirm internationaler Politik. Das zeigte sich Mitte Mai in der Reaktion auf Grenzkonflikte in zwei Provinzen Armeniens: der Provinz Sjunik, in die aserbaidschanische Streitkräfte gut drei Kilometer weit vorrückten, und der Provinz Gegharkunik an der Grenze zu Aserbaidschan. Baku pochte darauf, es fehle eine klar demarkierte Grenze. Eriwan wiederum beklagte gegenüber der Weltgemeinschaft einen Anschlag auf seine territoriale Integrität.136 Russland aktivierte abermals das trilaterale Verhandlungsformat und richtete eine Kommission für den Abgrenzungsprozess ein. Aber auch die USA, die EU und andere internationale Akteure waren bemüht, den Grenzkonflikt nicht zu erneuter Gewalt eskalieren zu lassen.

Der neuerliche russische Aufmarsch im Umfeld der Ukraine rückte das Schwarze Meer und seine Anlieger ins Blickfeld europäischer Sicherheitsinteressen. Im Südkaukasus betrifft dies Georgien, das im Mai 2021 ein trilaterales Memorandum mit der Ukraine und der Republik Moldau unterzeichnete. Diese drei Staa­ten, die sich im Assoziierungsprozess mit der EU befinden, wollen untereinander stärker kooperieren, um in diesem Prozess voranzukommen. Und sie appel­lieren an Europa, seine sicherheitspolitische Aufmerksamkeit auf den Schwarzmeer­raum zu richten. Die USA und ihre Partner starteten das bis­lang größte ihrer jährlichen Sea-Breeze-Manöver, das vom 28. Juni bis 10. Juli 2021 in ukrainischen Teilen des Schwarzen Meeres stattfindet.137 Die Gefahr militärischer Kollisionen wächst, wie die Ausein­andersetzung um angebliche Warnschüsse zeigt, die russische Seestreitkräfte gegenüber einem britischen Kriegsschiff vor der Küste der Krimhalbinsel abgegeben haben sollen.

In Georgien zeigt die EU Flagge im Zusammenhang mit der innenpolitischen Krise des Landes. Mit dem sogenannten Michel-Abkommen vom 19. April 2021 wurden Kompromisse zwischen den politischen Kon­trahenten auf den Weg gebracht und Reform­en an­gestoßen, auch wenn die Krise noch nicht überwunden ist. Brüssel tut sich zwar schwer damit, sicherheitspolitisches Profil in der Region zu zeigen. Und das Begeh­ren Georgiens – wie auch der Ukraine und Moldaus –, bald der EU beizutreten, trifft dort auf Erweiterungsmüdigkeit. Gegenüber dem Kreml soll­ten europäische Staaten gleichwohl die außen- und sicherheitspolitische Souveränität der Nachbarn Russlands bekräftigen. Aus seiner eigenen Souveränität, territorialen Integrität sowie außen- und sicher­heitspolitischen Handlungshoheit macht Russland ein Heiligtum und sperrt sich gegen jegliche Einmischung. Es hat nicht das Recht, seinem »nahen Ausland« diese Souveränität abzusprechen und es für außenpolitische Ausrichtungen, die ihm nicht passen, zu bedro­hen oder zu bestrafen.

Abkürzungsverzeichnis

BTC Baku-Tbilisi-Ceyhan (Pipeline)

CEPS Centre for European Policy Studies (Brüssel)

EPNK European Partnership for the Peaceful Settlement of the Conflict over Nagorno-Karabakh

EPRS European Parliamentary Research Service

ERI Ertoba, Raoba, Imedi

EU Europäische Union

EUMM European Union Monitoring Mission

FSB Federal’naja služba bezopasnosti (Föderaler Sicherheitsdienst, Russland)

GUS Gemeinschaft Unabhängiger Staaten

ICG International Crisis Group

IFRI Institut Français des Relations Internationales

INSTC International North-South Transport Corridor

ISS Institute for Security Studies (Paris)

MDF Media Development Foundation

Nato North Atlantic Treaty Organization

OSW Ośrodek Studiów Wschodnich (Centre for Eastern Studies, Warschau)

OSZE Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

OVKS Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit

PISM Polski Instytut Spraw Miêdzynarodowych (The Polish Institute of International Affairs, Warschau)

PKK Partiya Karkerên Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistans)

SIPRI Stockholm International Peace Research Institute

TANAP Trans-Anatolian Natural Gas Pipeline (Transanatolische Pipeline)

UAV Unmanned Aerial Vehicle

UN United Nations

UNHCR United Nations High Commissioner for Refugees

UNOMIG United Nations Observer Mission in Georgia (VN-Mission in Georgien)

VN Vereinte Nationen

Endnoten

1

 Siehe Abschnitt »Die Türkei als Konkurrent und Partner«.

2

 Alexander Nikitin, »Legal Norms or Ad Hoc Fixes? Inter­national Legal Aspects of Russian Military Involvement in Conflict Settlements in the Caucasus«, in: Caucasus Survey, 8 (2020) 2, S. 163–178.

3

 Valery Dzutsati, »Is Political Conflict Supplanting Insurgency as the Main Challenge in the North Caucasus?«, in: Eurasia Daily Monitor, 29.1.2020, <https://jamestown.org/ program/is-political-conflict-supplanting-insurgency-as-the-main-challenge-in-the-north-caucasus/>.

4

 Paul Goble, »Inter-Ethnic Land Conflicts Threaten Borders in North Caucasus«, in: Eurasia Daily Monitor, 25.7.2017, <https://jamestown.org/program/inter-ethnic-land-conflicts-threaten-borders-in-north-caucasus/>.

5

 Paul Goble, »Moscow Attacks Highlight Growing Strength of Circassian National Movement«, in: Eurasia Daily Monitor, 11.8.2020, <https://jamestown.org/program/moscow-attacks-highlight-growing-strength-of-circassian-national-move ment/>; »Čerkesskie aktivisty Kabardino-Balkarii podderžali ideju edinogo nazvanija dlja naroda« [Tscherkessische Aktivisten Kabardino-Balkariens unterstützen die Idee einer einheitlichen Volksbezeichnung], in: Kavkazkij Uzel, 30.7.2020, <https://www.kavkaz-uzel.eu/articles/352462/>.

6

 Siehe Abschnitt »Russlands Rolle im Konflikt um Berg-Karabach«.

7

 Sabine Fischer (Hg.), Nicht eingefroren! Die ungelösten Kon­flikte um Transnistrien, Abchasien, Südossetien und Berg-Karabach im Lichte der Krise um die Ukraine, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juli 2016 (SWP-Studie 13/2016).

8

 Siehe dazu besonders Andrei A. Kazantsev u.a., »Russia’s Policy in the ›Frozen Conflicts‹ of the Post-Soviet Space: From Ethno-politics to Geopolitics« in: Caucasus Survey, 8 (2020) 2, S. 142–162, <https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/ 23761199.2020.1728499>.

9

 Giorgi Surmava, »Some Gaps in the Conceptual Docu­ments of Georgia’s Strategic Security«, Caucasus Watch, 18.9.2020, <https://caucasuswatch.de/news/3131.html>.

10

 Thomas de Waal/Nikolaus von Twickel, Beyond Frozen Conflict. Scenarios for the Separatist Disputes of Eastern Europe, Brüssel: Centre for European Policy Studies (CEPS), 2020, S. 161, <https://www.ceps.eu/download/publication/?id= 26613&pdf=Frozen-Conflicts-_final.pdf>.

11

 Ebd., S. 167.

12

 Ana Dumbadze, »De facto Abkhaz President: Strengthen­ing Ties with Russia Becoming a Priority«, in: Georgia Today, 4.12.2020, <http://georgiatoday.ge/news/23256/De-facto-Abkhaz-President%3A-Strengthening-Ties-with-Russia-Becoming-a-Priority>.

13

 Zaal Anjaparidze, »Abkhazia Bolsters Linkages with Russia«, BBC Monitoring Caucasus, 7.12.2020.

14

 »Armenia’s Recent Defeat Painful for Georgia’s Rebels«, BBC Monitoring Caucasus, 21.11.2020.

15

 de Waal/von Twickel, Beyond Frozen Conflict [wie Fn. 10], S. 190.

16

 Zur Geschichte des Konflikts siehe Marietta S. König, »Der ungelöste Konflikt um Süd-Ossetien«, in: Marie-Carin von Gumppenberg/Udo Steinbach (Hg.), Der Kaukasus. Geschichte – Kultur – Politik, 3. Aufl., München: C. H. Beck, 2018, S. 137–149.

17

 Norman Eisen u.a., »In Georgia, an Up-and-down Road to Justice for Victims in the August War«, Brookings (Blog), 3.3.2021, <https://www.brookings.edu/blog/order-from-chaos/2021/03/03/in-georgia-an-up-and-down-road-to-justice-for-victims-of-the-august-war/>.

18

 de Waal/von Twickel, Beyond Frozen Conflict [wie Fn. 10], S. 197.

19

 Zit. von Thomas de Waal, ebd., S. 208.

20

 Zum Kriegsbeginn siehe Eva Maria Auch, »Berg-Kara­bach – Krieg um den ›schwarzen Garten‹«, in: Gumppenberg/Steinbach (Hg.), Der Kaukasus [wie Fn. 16], S. 123–136 (131f).

21

 Zu diesen (umstrittenen) Zahlen siehe International Crisis Group (ICG), Nagorno-Karabakh. Risking War, Brüssel, 14.11.2007 (Europe Report Nr. 187), S. 1.

22

 Siehe hierzu ICG, Digging out of Deadlock in Nagorno-Karabakh, Brüssel, 20.12.2019 (Europe Report Nr. 255), S. 15–18.

23

 Premierminister Putin auf einer Pressekonferenz mit seinem türkischen Amtskollegen Erdoğan am 8. Juni 2010, <http://archive.premier.gov.ru/eng/events/news/10922/>.

24

 Jordan Smith/Pieter D. Wezeman/Alexandra Kuimova, Arms Transfers to Conflict Zones: The Case of Nagorno-Karabakh, Solna: Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI), 30.4.2021 (SIPRI Commentary), <https://www.sipri. org/commentary/topical-backgrounder/2021/arms-transfers-conflict-zones-case-nagorno-karabakh>.

25

 Dazu weiter unten im Ausblick.

26

 Uwe Halbach, Neuere Entwicklungen im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, September 2020 (SWP-Aktuell 71/2020).

27

 Nach dem Global Firepower Index belegt Armenien den 100., Aserbaidschan den 64. Rang im weltweiten Ranking der militärischen Macht. Für Aserbaidschan wird die Zahl des Militärpersonals auf 450 000 beziffert, für Armenien auf 250 000. In Aserbaidschan beträgt das Verteidigungsbudget schätzungsweise 2,2 Milliarden, in Armenien 664 Millionen US-Dollar. Siehe »Südkaukasus-Länder im Global Firepower Index 2021«, Caucasus Watch, 20.1.2021, <https://caucasus watch.de/news/3468>.

28

 Jakob Hedenskog/Aron Lund/Johan Norberg, The End of the Second Karabakh War: New Realities in the South Caucasus, Stockholm: Swedish Defence Research Agency (FOI), Dezember 2020 (RUFS Briefing Nr. 49), <https://www.foi.se/rest-api/ report/FOI%20Memo%207405>; Anna Maria Dyner/Arkadiusz Legieć, »The Military Dimension of the Conflict over Nagorno-Karabakh«, Warschau: Polski Instytut Spraw Miêdzynarodowych (The Polish Institute of International Affairs, PISM), 26.11.2020 (Bulletin Nr. 241).

29

 Siehe dazu besonders Thomas de Waal, »Unfinished Business in the Armenia-Azerbaijan Conflict«, Brüssel: Carnegie Europe, 11.2.2021; <https://carnegieeurope.eu/2021/ 02/11/unfinished-business-in-armenia-azerbaijan-conflict-pub-83844>. Zu den juristischen Unklarheiten des Waffenstillstandsabkommens siehe Otto Luchterhandt, »Zeiten­wende im Südkaukasus. Armeniens Niederlage im Krieg um Bergkarabach«, in: Osteuropa, (2020) 12, S. 59–79 (72–74).

30

 »Bergkarabach: Paschinjan und Alijew treffen sich in Moskau«, Caucasus Watch, 12.1.2021, <https://caucasuswatch. de/news/3431.html>.

31

 »Yerevan Urges Baku to Negotiate Karabakh Status«, BBC Monitoring Caucasus, 15.1.2021.

32

 Zu diesem Problem des fehlenden Mandats siehe besonders ICG, Post-war Prospects for Nagorno-Karabakh, Eriwan u.a., 9.6.2021 (Europe Report Nr. 264), S. 8–9, 12–15.

33

 Can Kasapoglu, »Veiled Counter-balancing: The Peacekeeping Arrangement‹ between Turkey and Russia in Kara­bakh«, in: Eurasia Daily Monitor, 18.12.2020.

34

 Paul Goble, »Joint Russian-Turkish Karabakh Monitoring Center Opens amidst Fresh Controversy«, in: Eurasia Daily Monitor, 4.2.2021.

35

 »Baku, Yerevan Trade Accusations over POWs, Minefields«, BBC Monitoring Caucasus, 12.5.2021.

36

 Dazu weiter unten im Ausblick.

37

 Siehe zu diesem Streitpunkt de Waal, »Unfinished Business« [wie Fn. 29].

38

 »Azerbaijan: Armenian POWs Abused in Custody«, Human Rights Watch, 19.3.2021, <https://www.hrw.org/news/ 2021/03/19/azerbaijan-armenian-pows-abused-custody>.

39

 »Azerbaijan Starts Rebuilding Newly Retaken Lands«, BBC Monitoring Caucasus, 9.12.2020.

40

 Vasif Huseynov, »Azerbaijan Demands Compensation from Armenia for Destruction of Pre­viously Occupied Terri­tories«, in: Eurasia Daily Monitor, 14.12.2020.

41

 »Amnesty Seeks Probe into Civilian Deaths in Karabakh Conflict«, in: The Moscow Times, 14.1.2021.

42

 Tigran Petrosyan, »Sprachpolitik im Kaukasus. Russisch erobert Bergkarabach«, in: Die Tageszeitung, 19.2.2021.

43

 »Its economy has shrunk to one quarter of its former size. Agriculture, once the second largest employment sector after the military, is no longer sustainable [...].« ICG, »Post-war Prospects for Nagorno-Karabakh« [wie Fn. 32], S. 4.

44

 »Karabakh Raps Baku, Ankara to Build School in Major Town«, BBC Monitoring Caucasus, 2.2.2021.

45

 Vgl. Orhan Gafarlı u.a., »The Role of Global and Regional Actors in the South Caucasus«, in: Caucasus Edition – Journal of Conflict Transformation, 1.6.2016, <https://caucasusedition. net/wp-content/uploads/2016/06/Actors-ENG.pdf>.

46

 »Nagorno-Karabakh: Aliyev and Erdogan Propose Six-nation South Caucasus Cooperation«, Caucasus Watch, 11.12.2020, <https://caucasuswatch.de/news/3330.html>.

47

 »Erdoğan verärgert Iran mit einem Gedicht«, in: Der Spiegel (online), 12.12.2020, <https://www.spiegel.de/politik/ ausland/tuerkei-und-iran-erdogan-loest-diplomatische-krise-aus-mit-einem-gedicht-a-98b09664-7d86-4f15-9542-26b0aa9 8685f>.

48

 »Widersprüchliche Ansätze zur regionalen Sicherheitsarchitektur im Südkaukasus: Georgien und die USA lehnen das 3+3-Format ab«, Caucasus Watch, 29.3.2021, <https:// caucasuswatch.de/news/3687.html>.

49

 »The Emerging Nakhchivan Corridor«, Caucasus Watch, 23.11.2020, <https://caucasuswatch.de/news/3277.html>; Tigran Petrosyan, »Türkei und Aserbaidschan: Einfallstor Nachitschewan«, in: Die Tageszeitung, 19.11.2020, <https:// taz.de/Tuerkei-und-Aserbaidschan/!5729858/>.

50

 David Stepanyan, »Politician: Nobody in Armenia Is Ready to Give up Control over the ›Corridor‹ Today, Includ­ing Pashinyan«, ArmInfo, 19.5.2021, <https://arminfo.info/ full_news.php?id=62734&lang=3>.

51

 »A New Reality in South Caucasus Relations: Secretary of Armenia’s Security Council Statement and Armenia’s New Foreign Policy Goals«, Caucasus Watch, 29.3.2021, <https:// caucasuswatch.de/news/3685.html>.

52

 Siehe dazu Luchterhandt, »Zeitenwende im Südkaukasus« [wie Fn. 29], S. 76; Emil Avdaliani, »The Geopolitics of Railway in South Caucasus«, Caucasus Watch, 29.3.2021, <https://caucasuswatch.de/news/3686.html>.

53

 Martin Russell, Russia-Turkey Relations. A Fine Line between Competition and Cooperation, European Parliamentary Research Service (EPRS), 11.2.2021 (Briefing), <http://www.europarl. europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2021/679090/EPRS_BRI (2021)679090_EN.pdf>; Pavel Baev, Russia and Turkey. Strategic Partners and Rivals, Paris: Institut Français des Relations Internationales (IFRI), Mai 2021 (Russie.Nei.Reports, Nr. 35), <https://www.ifri.org/sites/default/files/atoms/files/baev_ turkey_russia_2021.pdf>.

54

 Gayane Novikova, »The Russia-Turkey Confrontation and Its Implications for the South Caucasus«, in: Gayane Novikova (Hg.), Regional Security Issues 2015, Eriwan: Spectrum – Center for Strategic Analysis, 2015, S. 21–36, <https:// spectrum.am/wp-content/uploads/rsi2015/en/21_RSI2015EN. pdf>.

55

 Siehe hierzu besonders ICG, Russia and Turkey in the Black Sea and the South Caucasus, Brüssel, 28.6.2018 (Europe Report Nr. 250), <https://www.crisisgroup.org/europe-central-asia/western-europemediterranean/turkey/250-russia-and-turkey-black-sea-and-south-caucasus>.

56

 Russell, Russia-Turkey Relations [wie Fn. 53], S. 2.

57

 Zit. von Daria Isachenko, Türkei-Russland-Partnerschaft im Krieg um Bergkarabach, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, November 2020 (SWP-Aktuell 88/2020), S. 2.

58

 »Wir haben jetzt unterschiedliche Ansichten zu bestimmten Themen mit Präsident Erdoğan. Vielleicht manch­mal gegensätzliche Ansichten. Aber das ist ein Mann, der sein Wort hält [...].« Zit. von Eberhard Schneider, »Putins Jahrespressekonferenz«, Russlandkontrovers, 28.12.2020, <http://www.russlandkontrovers.com/putins-jahrespresse konferenz-2>.

59

 Moritz Pieper, Russland und der Astana-Prozess zur Beilegung des Syrien-Konflikts, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Oktober 2019 (SWP-Aktuell 57/2019). Zu russisch-tür­kischen Absprachen über die Koordination und Unterstützung gegnerischer Konfliktparteien siehe Güney Yıldız, Turkish-Russian Adversarial Collaboration in Syria, Libya, and Nagorno-Karabakh, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, März 2021 (SWP Comment 22/2021).

60

 »Lavrov Speaks on Borrell’s Statements on Karabakh: There Will Be Enough Room for Everyone to Have Influence«, in: Armenia News, 7.12.2020, <https://news.am/eng/ news/617510.html>.

61

 »Paradoxically, just as Moscow and Ankara compete on an increasing number of battlefields, their ties are stronger than they have been in some time. Their frenmity‹ is symp­tomatic of broader trends – a world in which non-Western powers increasingly push back against the U.S. and Western Europe and are more assertive and more willing to enter into fluctuating alliances.« Robert Malley, 10 Conflicts to Watch in 2021, Brüssel: ICG, 30.12.2020, S. 21, <https://www.crisis group.org/global/10-conflicts-watch-2021>.

62

 »Kremlin Welcomes UN Syria Initiative, Admits Dis­agreements‹ with Turkey«, BBC Monitoring Former Soviet Union, 16.3.2021.

63

 Siehe dazu ICG, Russia and Turkey in the Black Sea and the South Caucasus [wie Fn. 55].

64

 Bertelsmann Stiftung (Hg.), Antagonismen in der Nachbarschaft der Europäischen Union. Geopolitische Ambitionen in der Schwarzmeer-/Kaspischen Region, Gütersloh 2020, S. 28.

65

 Ebd., S. 13.

66

 Ebd., S. 29.

67

 Licínia Simão, The EU’s Neighbourhood Policy towards the South Caucasus. Expanding the European Security Community, Cham (Schweiz) 2018 (The European Union in International Affairs), S. 122–127 (125); Mitat Çelikpala/Cavid Veliyev, Azerbaijan-Georgia-Turkey: An Example of a Successful Regional Cooperation, Istanbul: Kadir Has Üniversitesi: Center for International and European Studies, November 2015 (Policy Brief Nr. 4), <https://www.khas.edu.tr/cms/cies/dosyalar/files/ CIES%20Policy%20Brief%2004.pdf>.

68

 Zum nordkaukasischen Faktor in den bilateralen Beziehungen siehe ICG, Russia and Turkey in the Black Sea and the South Caucasus [wie Fn. 55].

69

 Uzi Rubin, The Second Nagorno-Karabakh War: A Milestone in Military Affairs, Ramat Gan: The Begin-Sadat Center for Strategic Studies, 16.12.2020 (Mideast Security and Policy Studies, Nr. 184), <https://besacenter.org/mideast-security-and-policy-studies/nagorno-karabakh-war-milestone/>; Michael Kofman, »A Look at the Military Lessons of the Nagorno-Karabakh Conflict«, in: The Moscow Times, 21.12.2020.

70

 Zur militärischen Analyse in Russland zum Einsatz türkischer Drohnen siehe Sergey Sukhankin, »The Second Karabakh War: Lessons and Implications for Russia (Part One)«, in: Eurasia Daily Monitor, 5.1.2021.

71

 »Rossija otvetila Turcii v Sirii na otpravku islamistov v Azerbaidžan« [Russland antwortete der Türkei in Syrien auf die Entsendung von Islamisten nach Aserbaidschan], EurAsia Daily, 26.10.2020, <https://eadaily.com/ru/news/2020/ 10/26/rossiya-otvetila-turcii-v-sirii-na-otpravku-islamistov-v-azerbaydzhan>.

72

 »Armenia Files Lawsuit against Turkey with ECHR over Involvement in 44-Day War«, KarabakhSpace.eu, 20.5.2021, <https://karabakhspace.commonspace.eu/news/armenia-files-lawsuit-against-turkey-echr-over-involvement-44-day-war>.

73

 Christian Esch, »Erdoğan als Ehrengast bei Militärparade in Baku. Der Pate des Sieges«, in: Der Spiegel (online), 10.12. 2020, <https://www.spiegel.de/politik/ausland/bergkarabach-konflikt-recep-tayyip-erdogan-ehrengast-bei-sieges parade-in-baku-a-c585567a-b191-450d-9408-92ba0ad7c429>.

74

 »In a speech, both Erdoğan and Aliyev indicated that the two countries would continue to press their territorial ambitions in the region. Azerbaijan’s saving its lands from occupation does not mean that the struggle is over‹, Erdoğan said during the parade, according to a translation provided by France 24. The struggle carried out in the political and military areas will continue from now on many other fronts.‹« Zit. in Andrew Roth, »Human Rights Groups Detail ›War Crimes‹ in Nagorno-Karabakh«, in: The Guardian, 10.12.2020.

75

 »Azerbaijan and Turkey Seal a New Chapter of Military Cooperation«, Caucasus Watch, 15.6.2021; Fuad Shahbazov, »Shusha Declaration Cements Azerbaijani-Turkish Alliance«, in: Eurasia Daily Monitor, 23.6.2021, <https://jamestown.org/ program/shusha-declaration-cements-azerbaijani-turkish-alliance/>.

76

 Can Kasapoglu, »Can Turkish Drones Bolster NATO’s Eastern Flank Against Russia?«, in: Eurasia Daily Monitor, 23.6.2021, <https://jamestown.org/program/can-turkish-drones-bolster-natos-eastern-flank-against-russia/>.

77

 »Russia to Take ›Necessary Steps‹ if Turkey Opens Base in Azerbaijan – Kremlin«, BBC Monitoring Former Soviet Union, 18.6.2021.

78

 Can Kasapoglu, »Turkey and Ukraine Boost Mutual Defense Ties«, in: Eurasia Daily Monitor, 16.11.2020; Rainer Herrmann, »Kampf um das Schwarze Meer. Die Rüstungs­industrien der Türkei und der Ukraine arbeiten eng zusammen«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.2.2021.

79

 Zit. in »Russia, Turkey Have Serious Disagreements over Crimea – Kremlin«, BBC Monitoring Former Soviet Union, 4.12.2020.

80

 »Turkish, Uzbek Defense Ministers Sign Military Agreement, Underline Further Defense Cooperation«, in: Daily Sabah, 27.10.2020, <https://www.dailysabah.com/politics/ diplomacy/turkish-uzbek-defense-ministers-sign-military-agreement-underline-further-defense-cooperation>.

81

 Inder Singh Bisht, »Kazakhstan Keen to Buy Dozens of Bayraktar TB2 Drones from Turkey: Russian Media«, in: The Defense Post, 2.12.2020, <https://www.thedefensepost.com/ 2020/12/02/kazakhstan-keen-bayraktar-tb2-drones/>.

82

 Ketevan Skhirtladze, »PM: It Is Time for Georgia to be Promoted to NATO«, in: Georgia Today, 5.4.2021, <https:// georgiatoday.ge/pm-it-is-time-for-georgia-to-be-promoted-to-nato/>.

83

 Siehe dazu Henner Fürtig, »Iran – die selbstbewusste Regionalmacht«, in: Gumppenberg/Steinbach (Hg.), Der Kaukasus [wie Fn. 16], S. 86–96.

84

 Ebd., S. 87.

85

 Gafarlı u.a., »The Role of Global and Regional Actors in the South Caucasus« [wie Fn. 45], S. 13–15.

86

 Zu den Bereichen iranischer Einflussnahme auf den Kaukasus siehe Andrea Weiss/Yana Zabanova (Special Editors), Iran and the South Caucasus after the Nuclear Deal, 25.2.2017 (Caucasus Analytical Digest Nr. 92).

87

 Uwe Halbach, Irans nördliche Nachbarschaft. Kaukasische Ängste vor einer Eskalation des Atomstreits, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, April 2012 (SWP-Aktuell 22/2012).

88

 »Konvention zum rechtlichen Status des Kaspischen Meeres«, Caucasus Watch, 20.8.2018, <http://caucasuswatch.de/ news/960.html>.

89

 Witold Rodkiewicz, »Russia Activates Its Policy in the Persian Gulf Region«, Warschau: Ośrodek Studiów Wschodnich (Centre for Eastern Studies), 23.3.2021, <https:// www.osw.waw.pl/en/publikacje/analyses/2021-03-23/russia-activates-its-policy-persian-gulf-region>.

90

 Paul Goble, »Baku’s Successes on Battlefield Echoing among Azerbaijanis of Iran«, in: Eurasia Daily Monitor, 22.10.2020, <https://jamestown.org/program/bakus-successes-on-battlefield-echoing-among-azerbaijanis-of-iran/?mc_cid= 9baa454575&mc_eid=9eaa49374d>; Paul Goble, »Karabakh War an Increasingly Serious Policy Challenge for Tehran«, in: Eurasia Daily Monitor, 5.11.2020, <https://jamestown.org/pro gram/karabakh-war-an-increasingly-serious-policy-challenge-for-tehran/>.

91

 Shireen Hunter, »Big Winners, Losers in Regional Nagorno-Karabakh Conflict«, Responsible Statecraft, 18.11.2020, <https://responsiblestatecraft.org/2020/11/18/big-winners-losers-in-regional-nagorno-karabakh-conflict/>; Emil Avdaliani, »Turkey and Iran – From Understanding to Emerging Competition«, Caucasus Watch, 2.3.2021, <https://caucasus watch.de/news/3596.html>.

92

 »Georgian Pundits Vary on Implications of Iranian FM’s Visit«, BBC Monitoring Caucasus, 2.2.2021.

93

 Paul Goble, »Including Iran in Moscow-Led Economic Group Will Upend Former Soviet Space«, in: Eurasia Daily Monitor, 4.3.2021, <https://jamestown.org/program/including-iran-in-moscow-led-economic-group-will-upend-former-soviet-space/>.

94

 Eugene Rumer/Richard Sokolsky/Paul Stronski, U.S. Policy toward the South Caucasus. Take Three, Washington, D.C.: Carnegie Endowment for International Peace, Mai 2017, S. 5; Sergey A. Markedonov/Maxim A. Suchkov, »Russia and the United States in the Caucasus: Cooperation and Competition«, in: Caucasus Survey, 8 (2020) 2, S. 179–195.

95

 »At the State Department, a new ambassadorial position was created to coordinate Caspian Basin energy diplomacy. […] U.S. officials actively promoted the new transportation corridor in various capitals and at conferences in Europe, the South Caucasus, and the United States.« Rumer/Sokolsky/ Stronski, U.S. Policy toward the South Caucasus: Take Three [wie Fn. 94], S. 14.

96

 Siehe hierzu besonders Franziska Smolnik, Die Strategische Partnerschaft zwischen Georgien und den USA: Vision gesucht, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Oktober 2020 (SWP-Studie 20/2020).

97

 Ebd., S. 17f.

98

 »USA 2021 Unrest: Russian State Daily Notes ›Erosion‹ of American Might«, BBC Monitoring Former Soviet Union, 8.1.2021; Ana Dumbadze, »Capitol Riot. US Embassy Thanks Georgian Partners for Support«, in: Georgia Today, 9.1.2021.

99

 »Georgia Upbeat about USA’s Greater Support against Russia«, BBC Monitoring Caucasus, 5.2.2021. Siehe auch Emil Avdaliani, »Search for Georgia’s Place in Biden’s Vision for Eastern Europe«, Caucasus Watch, 14.5.2021, <https://caucasus watch.de/news/3764>.

100

 Vladimir Socor, NATO Prospects in the South Caucasus (2), Washington, D.C.: Institute for Advanced Strategic & Political Studies (IASPS), 26.4.2004 (Policy Briefings, Nr. 61).

101

 Dov Lynch, »The EU: Towards a Strategy«, in: Dov Lynch (Hg.), The South Caucasus: A Challenge for the EU, Paris: Institute for Security Studies (ISS), Dezember 2003 (Chaillot Papers, Nr. 65), S. 171–196 (178f).

102

 Ebd., S. 181.

103

 »The ENP was implemented through action plans developed separately for each country. However, these action plans were similar, indicating that the region was perceived by the EU as one geopolitical unit.« Gafarlı u.a., »The Role of Global and Regional Actors in the South Cauca­sus« [wie Fn. 45], S. 8.

104

 Zum Einfluss der EU auf ungelöste Konflikte in diesem Partnerschaftsraum siehe Tanja Tamminen/Tyyne Karjalainen, »Die Östliche Nachbarschaft ist in Aufruhr, aber der Einfluss der EU auf ungelöste Konflikte ist begrenzt«, in: Russland-Analysen, (20.11.2020) 394, S. 28–29.

105

 David Stepanyan, »Analyst: France Gave Pashinyan Room to Maneuver«, ArmInfo, 14.5.2021, <https://arminfo. info/full_news.php?id=62622&lang=3>.

106

 »UK Offers Azerbaijan to Help Clear Mines in Kara­bakh«, BBC Monitoring Caucasus, 22.1.2021.

107

 »EU Parliament Condemns Turkey’s Involvement in Nagorno-Karabakh War; Azerbaijan Responds«, Caucasus Watch, 22.1.2021, <https://caucasuswatch.de/news/3480.html>.

108

 Samir Balakishi, Eurasian Economic Union: Russia’s New Foreign Policy in the South Caucasus, Maastricht: Maastricht School of Management, August 2016 (Working Paper Nr. 2016/1).

109

 »Armenian Citizens Dissatisfied with Membership of EEU«, BBC Monitoring Caucasus, 29.8.2017.

110

 Uwe Halbach, Korruption und Korruptionsbekämpfung im Südkaukasus, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Mai 2020 (SWP-Studie 8/2020), S. 11.

111

 Shahin Abbasov, »Azerbaijan: Is the Kremlin Up to Old Tricks?«, in: Eurasianet, 12.3.2013, <https://eurasianet.org/ azerbaijan-is-the-kremlin-up-to-old-tricks>.

112

 Andrey Makarychev/Alexandra Yatsyk, »(Non) Russian World‹, (Non) Soft Power: Putin’s Serpentine Policy in the South Caucasus«, in: The South Caucasus and the Ukraine Crisis, 23.12.2014 (Caucasus Analytical Digest Nr. 67–68), S. 2–6.

113

 Uwe Halbach/Franziska Smolnik, Russlands Stellung im Südkaukasus, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Januar 2014 (SWP-Aktuell 1/2014), S. 6f.

114

 Ian Kelly/David J. Kramer, A Country on the Verge. The Case for Supporting Georgia, Washington, D.C.: The German Marshall Fund, März 2021 (Report), S. 28–31.

115

 Ebd., S. 30.

116

 Tornike Zurabashvili, Russia’s Disinformation Activities and Counter-Measures. Lessons from Georgia, Prag: European Values, 18.9.2018 (Kremlin Watch Report), <https://www.kremlin watch.eu/userfiles/russia-s-disinformation-activities-and-counter-measures-lessons-from-georgia.pdf>.

117

 Ebd.

118

 Umfrageergebnisse zit. von Kelly/Kramer, A Country on the Verge [wie Fn. 114], S. 36, 44.

119

 »Website Eyes Russia-based Businessman in Georgian Politics«, BBC Monitoring Caucasus, 13.5.2021; »Website Says Pro-Russian Political Party Emerging in Georgia«, BBC Moni­toring Caucasus, 10.5.2021.

120

 Uwe Halbach, Der Kaukasus im Schatten der Pandemie, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juli 2020 (SWP-Aktuell 62/2020).

121

 »The swiftly deployed, lightly armed peace-keeping force [...] certainly cannot ensure a Russian ›protectorate‹ over the rump Nagorno Karabakh, as depicted in some analyses.« Baev, Russia and Turkey [wie Fn. 53], S. 23. Dagegen Vladimir Socor, »Russia’s ›Peacekeeping‹ Operation in Karabakh: Foundation of a Russian Protectorate (Part Two)«, in: Eurasia Daily Monitor, 10.12.2020.

122

 Vgl. Igor Zevelev, Russia in the Changing Post-Soviet Space, Washington, D.C.: Wilson Center, November 2020 (Kennan Cable Nr. 61), <https://www.wilsoncenter.org/publication/ kennan-cable-no-61-russia-changing-post-soviet-space>.

123

 Wladimir Frolow, »Tschüss, Russki Mir?! – Russlands neues Konzept der ›strategischen Zurückhaltung‹ im postsowjetischen Raum«, in: Russland-Analysen, (20.11.2020) 394, S. 18–21.

124

 Harley Balzer, Public Opinion Paradoxes? Russians Are Increasingly Dubious about the Costs of Putin’s Foreign Policies, Washington, D.C.: The George Washington University, Elliott School of International Affairs, Mai 2019 (PONARS Eurasia Policy Memo Nr. 595), <https://www.ponarseurasia.org/wp-content/uploads/attachments/Pepm595_Balzer_May2019_0. pdf>.

125

 »Poll Suggests Only 3% of Russians View West As ›Enemy‹«, BBC Monitoring Former Soviet Union, 18.2.2020.

126

 Ebd., S. 11.

127

 Putin wies darauf in einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Merkel hin. »Putin and Merkel Discuss Situation in Karabakh«, in: Vestnik Kavkaza, 7.12.2020, <https://vestnik kavkaza.net/news/Putin-and-Merkel-discuss-situation-in-Karabakh.html>.

128

 Dazu Belinda Nüssel/Minna Ålander, »Implikationen des Bergkarabach-Konflikts für Georgien und die regionale Stabilität«, in: Russland-Analysen, (20.11.2020) 394, S. 25–27 (26).

129

 ICG, EU Watch List, Europe and Central Asia (Abschnitt »Cooperation over Conflict in the South Caucasus«), Brüssel, 21.1.2021, <https://www.crisisgroup.org/global/watch-list-2021#SouthCaucasus>.

130

 »Berg-Karabach: Gefangene gegen Minen-Karte aus­getauscht«, t-online.de, 12.6.2021, <https://www.t-online.de/ nachrichten/ausland/krisen/id_90210736/berg-karabach-gefangene-gegen-landminen-karte-ausgetauscht.html>.

131

 »Borrell Signals Greater Engagement in South Caucasus; EaP Recovery Plan until 2025 Presented«, Caucasus Watch, 3.7.2021, <https://caucasuswatch.de/news/3922.html>.

132

 »Russian Upper House Head Warns Armenia against Revising Karabakh Deal«, BBC Monitoring Caucasus, 2.3.2021.

133

 Ana Dumbadze, »Bloomberg: Georgia Is Biden’s First Foreign Policy Crisis«, in: Georgia Today, 26.2.2021, <https:// georgiatoday.ge/bloomberg-georgia-is-bidens-first-foreign-policy-crisis/>.

134

 Sergei Markedonov, Does Georgia’s Latest Crisis Have Global Implications?, Moskau: Carnegie Moscow Center, 4.3.2021, <https://carnegie.ru/commentary/84005>.

135

 Franziska Smolnik/Mikheil Sarjveladze/Giorgi Tadumadze, Patt in Georgien. Politische Krise und regionale Veränderungen verlangen Antworten der EU, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, März 2021 (SWP-Aktuell 27/2021).

136

 »Pashinyan States That a New Document Might Be Signed between Armenia, Azerbaijan and Russia«, Caucasus Watch, 20.5.2021, <https://caucasuswatch.de/news/3784>.

137

 »Russian Paper Eyes Nato Sea Breeze 2021 Exercise«, BBC Monitoring Former Soviet Union, 14.6.2021.

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