Die Einführung des Euro ist weder ein Beweis für die besondere Stärke der kroatischen Wirtschaft noch für die Stabilität der Eurozone. Die einheitliche Währung ist aber nach wie vor ein attraktives Projekt, meint Paweł Tokarski.
Die erste Euroraum-Erweiterung seit dem Beitritt Litauens im Krisenjahr 2015 gilt als großer Erfolg, ist aber eher eine Vernunftehe. Aus kroatischer Sicht ist die Einführung des Euro für die Wirtschaft von Vorteil, weil der größte Teil der Ausfuhren auf die Länder der Eurozone entfällt. Der Bankensektor ist ebenfalls stark auf den Euro ausgerichtet. Und da die meisten Einlagen hier auf Euro lauten, verringert die Einheitswährung die Risiken erheblich. So ist die Einführung für ein Land, das sich vor 30 Jahren noch im Krieg befand, ein gewisser Erfolg. Es ist jedoch nicht das Ende eines Weges, sondern der Beginn einer neuen Phase, des Funktionierens in einem einheitlichen Währungsraum. Es wird künftig ständige Anstrengungen erfordern, damit das eigene Wirtschaftsmodell wettbewerbsfähig bleibt.
Die kroatische Wirtschaft steht trotz guter Wachstumsprognosen vor einer Reihe struktureller Herausforderungen. Dazu gehören die schwierige demografische Situation, die Abwanderung von Fachkräften oder die starke Abhängigkeit der Wirtschaft vom Tourismussektor, auf den laut Internationalem Währungsfond (IWF) mehr als 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und der Beschäftigung entfallen. In diesem Zusammenhang wird es wichtig sein, die EU-Mittel, von denen Kroatien im Verhältnis zum BIP einer der größten Empfänger ist, effektiv zu nutzen – insbesondere in den Bereichen der grünen Transformation, der Bildung und der Verbesserung der Qualifikation der Arbeitskräfte. Im Korruptionswahrnehmungsindex 2021 von Transparency International schnitt Kroatien von allen Ländern der Eurozone am schlechtesten ab. EU-weit stehen nur Bulgarien, Ungarn und Rumänien schlechter da.
Auf der anderen Seite ist die Erweiterung der Eurozone auch kein Indiz für ihre Gesundheit. Zwischen den Ländern im Norden und Süden, die unterschiedliche Vorstellungen von der weiteren wirtschaftlichen Integration haben, herrscht ein tiefes Misstrauen. Infolgedessen besteht keine Bereitschaft, die Risikoteilung im Bankensektor oder im Bereich der Staatsverschuldung zu erhöhen, deren hohes Niveau eines der wichtigsten Probleme des Euroraums bleibt. Im Jahr 2023 steht eine weitere Gesprächsrunde über Reformen der Fiskalregeln an: Ausgang ungewiss. Die anhaltenden strukturellen Probleme der größten Mitgliedsländer – insbesondere in Frankreich und Italien, aber auch in Deutschland –, die nun durch die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Energietransformation noch verstärkt werden, stellen ebenfalls eine Herausforderung dar. Problematisch ist auch die Heterogenität des Währungsraums, die sich in gegensätzlichen Erwartungen an die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank niederschlägt. Diese Widersprüche werden nicht nur zwischen den größten Ländern besonders deutlich, sondern auch am Beispiel der baltischen Staaten, die bei einer Inflation von mehr als 20 Prozent wesentlich höhere Zinssätze benötigen als der Rest der Eurozone.
Trotz dieser Herausforderungen ist der Euroraum nach wie vor ein attraktives Projekt. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der Rekordinflation ist deutlich geworden, dass der Euro vor externen Schocks schützt, indem er Währungsstabilität oder geringere Kosten für die Bedienung der Staatsschulden bietet. In den Gesellschaften der mittel- und osteuropäischen EU-Länder – insbesondere Polen und Ungarn – wird immer deutlicher, dass in der aktuellen Situation, geprägt von Rekordinflation, Wirtschaftspopulismus und politisierten nationalen Zentralbanken, die nationale Währung in erster Linie nicht mehr ein Attribut staatlicher Souveränität ist, sondern vielmehr den Interessen der Regierungspartei dient und so zum Opfer ihr Wirtschaftspolitik wird. In der Folge schwindet das Vertrauen in die eigene Währung.
Ein Sonderfall hier ist Polen, wo die Parlamentswahlen im Herbst einen Machtwechsel bringen könnten. Die zweitgrößte Oppositionspartei »Polska 2050« spricht sich als potenzielles Mitglied einer künftigen Regierungskoalition offen für die Einführung des Euro aus. Allein die Vorbereitungen darauf könnten zur Stärkung der demokratischen Institutionen des Landes beitragen, wie sie für die Mitgliedschaft in der Eurozone erforderlich ist. Ein stärkerer finanzpolitischer Rahmen auf der Grundlage von Fachkompetenz, Eigenverantwortung und Transparenz könnte verhindern, dass die Staatskassen nicht nur auf zentraler, sondern auch auf lokaler Ebene nicht zur Bestechung der Wähler verwendet werden.
Im Falle Kroatiens wird sich in den kommenden Jahren zeigen, ob das Land die Zeit für die Vorbereitung auf die Mitgliedschaft in der Eurozone optimal genutzt hat, ob es die Mitgliedschaft zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit nutzt oder als Sündenbock für strukturelle Probleme auf nationaler Ebene.
Alte und neue Herausforderungen gefährden die Stabilität des Währungsraums
doi:10.18449/2022A56
Am 1. Januar 2002 wurde der Euro als Bargeld eingeführt. Die gemeinsame Währung hat die Auswirkungen externer Schocks auf die Volkswirtschaften des Euroraums gemildert und zu einer tieferen Integration geführt. Doch viele Probleme sind noch ungelöst, meint Paweł Tokarski.
Erfolge mit bescheidenen Mitteln
doi:10.18449/2020S16