Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der Europäischen Union lebt. Zum großen Erstaunen vieler Beobachter lässt sich seit einigen Monaten eine stark erhöhte konzeptionelle und praktische Aktivität der GASP feststellen, vergleichbar nur mit den Neuerungen nach der Kosovo-Krise. In einer Rede vom Juni 2017 beschwor Bundeskanzlerin Angela Merkel den europäischen Geist und bekräftigte, dass Europa sich künftig nicht mehr allein auf andere verlassen könne. Überall in der europäischen Politik, wo es um außen-, sicherheits- und verteidigungspolitische Fragen geht, entstehen Institutionen, gründen sich politische Initiativen, wird gemeinsame Sicherheitsforschung angestoßen und werden neue Rechtsakte vorbereitet.
Wie aber ist diese Renaissance eines schon tot geglaubten Politikfeldes zu erklären? Welche rechtlichen und politischen Dynamiken tragen zu dieser Wiederbelebung bei? Festzuhalten ist unter anderem, dass die ehemals rein politischen Bereiche der Außen- und Sicherheitspolitik zunehmend rechtlich überformt und in die europäische Rechtsgemeinschaft inkorporiert werden. Zudem wirkt der EuGH immer stärker daran mit, die alten Unterscheidungen zwischen politischer und rechtlicher Integration sowie innerer und äußerer Dimension der EU zu überwinden.