Jump directly to page content

Die strategische Rohstoffpartnerschaft zwischen der EU und Sambia

Industriekooperation als Schlüssel für Wertschöpfung und langfristige Zusammenarbeit

SWP-Aktuell 2025/A 19, 17.04.2025, 8 Pages

doi:10.18449/2025A19

Research Areas

Die Diversifizierung der Versorgung mit mineralischen Rohstoffen ist eine strategische Notwendigkeit. Dabei spielen rohstoffreiche Länder des Globalen Südens eine ent­scheidende Rolle. Sambia, ein wichtiger weltweiter Kupferexporteur mit weiteren kritischen Rohstoffen, sucht langfristige Allianzen, die Investitionen mobilisieren und lokale Wertschöpfung fördern. Die EU hat mit der strategischen Rohstoffpartnerschaft erste Grund­lagen für die Kooperation geschaffen. Doch um im geopolitischen Wettbewerb zu bestehen, bedarf es stärkerer industriepolitischer Unterfütterung. Dazu gehören eine kohärente Außen­politik im Sinne des »Team Europe«-Ansatzes und gezielte Finanzierungsinstrumente für industrielle Kooperationen.

Angesichts steigender Nachfrage nach mineralischen Rohstoffen und wach­sender geo­poli­tischer Spannungen suchen Regie­rungen weltweit und auch die EU intensiv nach Part­nerschaften mit rohstoffreichen Ländern des Globalen Südens. Sambia, ein Mitglied der Entwicklungsgemeinschaft des süd­lichen Afrika (SADC), steht vor allem wegen Kupfer, das für Energie- und Trans­portinfra­struktur sowie Elektronik unver­zichtbar ist, im Fokus der internationalen Rohstoffdiplo­matie. Zudem verfügt das Land über Vor­kommen an Batterierohstoffen wie Kobalt, Nickel und Mangan.

Die Regierung unter Präsident Hichilema will das internationale Interesse nutzen, um den sambischen Rohstoffsektor zügig aus­zubauen. China und die Golfstaaten agieren mit Tempo: Peking erhöht seine Präsenz im sam­bischen Bergbau, während sich die Golfstaaten als neue Partner posi­tionieren. Auch die EU strebt eine engere Zusammenarbeit an und vereinbarte 2023 mit Sambia eine strategische Rohstoffpartnerschaft. Nun drängt die Zeit: Will die EU als Partner im geopolitischen Wettbewerb bestehen, muss sie die Zusammenarbeit mit Sambia konsequent ausbauen, besonders im Be­reich industrielle Kooperation. Diese hat höchste Priorität für die sambische Regie­rung und zugleich strate­gische Bedeu­tung für Europas indu­strielle Resilienz.

Strategische Partnerschaften müssen, auch mit Blick auf Sambia, klarer im Gesamtkonzept der EU-Rohstoffstrategie verankert werden. Nur so kann es gelingen, den Ausbau der EU-Kapazitäten mit part­nerschaftlicher Zusammenarbeit in Liefer­ketten zu verbinden. So könnte die EU ein Gegenmodell zur protektionistischen US-Politik unter Präsident Trump bieten. Der neue US-Kurs zwingt Europa zu mehr Eigenständigkeit – und dazu, »Team Europe« entschlossener umzusetzen.

Ambitionen und Heraus­forderungen der EU-Rohstoffpartnerschaften

Die Rohstoffpolitik der EU hat in den letz­ten Jahren erheblich an Bedeutung gewon­nen. Mit dem Critical Raw Materials Act (CRMA) vom April 2024 will die EU ihre Abhängigkeiten verringern und ihre Ver­sorgung vor allem mit den 17 als strategisch identifizierten Rohstoffen diversifizieren. Während der Ausbau europäischer Kapazi­täten voranschreitet, bleibt die Umsetzung internationaler Partnerschaften entscheidend für resilientere Lieferketten.

Bisher hat die EU 14 Rohstoffpartnerschaften geschlossen. Im Oktober 2023 unterzeichnete sie parallel zu einer Verein­barung mit der Demokratischen Republik Kongo (DRK) ein Memorandum of Understanding (MoU) mit Sambia. Damit signali­siert die EU mineralreichen Ländern im Globalen Süden, dass sie ein verlässlicher und langfristiger Partner im Rohstoffsektor sein möchte. Neben der Sicherung ihrer eigenen Versorgung will die EU »Win-Win-Kooperationen« fördern, die zur Wertschöpfung in den Partnerländern beitragen.

Die Partnerschaften sollen im »Team Europe«-Ansatz verwirklicht werden, also durch die koordi­nierte Zusammenarbeit zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und deren Finanzinsti­­tutionen. Das rechtlich unverbindliche MoU mit Sambia ist nun in der Umsetzungsphase. Nach der Unterzeichnung wurde eine Roadmap erarbeitet, die von der EU-Delegation in Sambia ko­ordiniert wird. Sie umfasst Maßnahmen in fünf Handlungsfeldern:

  • Integration von Lieferketten (Joint Ventures, industrielle Kooperation)

  • Infrastrukturfinanzierung

  • Forschung und Innovation

  • Kapazitätsaufbau

  • Nachhaltige und verantwortungsvolle Beschaffung

Die Roadmap wurde im Juni 2024 fina­lisiert, wird jedoch nicht veröffentlicht. Ein Jahr nach der Unterzeichnung sind damit die Grund­lagen für die Zusammenarbeit geschaffen. Doch vor allem im Bereich der Lieferkettenintegration blieben die Erwar­tungen der sambischen Seite an die EU unerfüllt. Die EU muss an Tempo zu­legen, um sich als Partner im zunehmend wett­bewerbsintensiven Umfeld zu behaupten. Denn Sambia ist ein gefragter Partner. In den letzten zwei Jahren verkündete die Regierung mindestens acht bilaterale Ab­sichtserklärungen. Mit seinem Prinzip der »positiven Neutralität« setzt Prä­sident Hichi­lema auf breite Diversifizierung. Ob und in welchem Umfang sich die Partnerschaften für Sam­bia auszahlen, wird die Zukunft zeigen. Zurzeit zeichnen sich zwei Trends ab.

Erstens können weder die EU noch Sam­bia gegenwärtig die USA als verläss­lichen Partner betrachten. Für Brüssel ist das ein strategischer Dämpfer, hatte es doch auf transatlantische Zusammenarbeit gebaut, etwa im Rahmen der 2022 von den USA initiierten Mineral Security Partner­ship (MSP). Sie hat zum Ziel, durch Koope­ration mit Verbündeten (»allies«) Rohstoffliefer­ketten zu diversifizieren und die Abhängigkeit von China zu verringern. Doch die bis­herigen Ergebnisse sind ernüchternd: In Sambia erhielt lediglich ein Kupferexplorationsprojekt den MSP-Status; weitere Inve­stitionen blieben aus. Unter der »America First«-Politik ist nun ein Rückzug der USA aus der MSP ebenso wahrscheinlich wie aus der gemeinsamen Infrastrukturfinanzierung mit der EU in der Region.

Zweitens handeln China und die Golf­staaten schneller und gehen gezielter auf Sambias Wunsch nach Investitionen im Rohstoff­sektor ein. Auf dem Forum on China-Africa Cooperation (FOCAC) 2024 versprach Peking neue milliardenschwere Infrastrukturinvestitionen. Gleichzeitig bleibt China größter Abnehmer sambischen Kupfers, und chinesische Unternehmen kündigten Investitionen von fünf Milliarden US-Dollar an. Parallel positionieren sich die Golfstaaten strategisch. Die Vereinten Arabischen Emirate (VAE) sicherten sich mit der Übernahme der Mopani-Mine durch International Resources Holdings (IRH) eine wichtige Kupferquelle. Auch Saudi-Arabien intensiviert seine Rohstoffdiplomatie: Im Januar 2025 unterzeichnete das Land ein MoU mit Sambia. Manara Minerals, der saudische Investmentarm im Bergbau­sektor, plant Beteiligungen an sambischen Minen und Explora­tionsvorhaben.

Grafik

Sambias Rohstoffsektor

Sambias Ambitionen: Bergbau als Wachstumsmotor

Die sambische Regierung begrüßt das wach­sende geopolitische Interesse an ihren Roh­stoffen. Seit seinem Amtsantritt 2021 bemüht sich Präsident Hichilema, die Wirt­schaft zu stabilisieren. Trotz erfolg­reicher Umschuldung bleibt die finanzielle Lage angespannt. Der Bergbausektor soll zum Wachstumsmotor werden. Er bildet bereits das wirtschaftliche Rück­grat des Landes: 2022 entfielen 72% der Exporte und 44% der Staatseinnahmen darauf.

Im Mittelpunkt steht die bereits etablierte Kupferproduktion (siehe Grafik). Nach dem Plan der Regierung und vorangetrieben durch das Bergbauministerium (Minis­try of Mines and Minerals Development) soll die Förderung von knapp 820.000 Ton­nen im Jahr 2024 bis 2031 auf 3 Millionen Tonnen steigen. Als realistischer gelten laut Branchen­experten 1,5 Millionen Tonnen. Zugleich soll die Förderung kritischer Roh­stoffe diversifiziert werden, um von der globalen Nachfrage, etwa für Energiewende und Batterieproduktion, zu profitieren. Die im Herbst 2024 vorgestellte erste nationale Strategie für kritische Rohstoffe (Critical Minerals Strategy, CRM) soll dazu dienen, das bisher wenig erschlossene Potential von beispielsweise Mangan, Nickel und Lithium besser zu nut­zen. Der Ausbau erfordert jedoch erheb­liche Investitionen in Explo­ration und die Erschließung neuer Minen.

Um Investoren anzulocken, wirbt die Regierung Hichilema mit Investitionssicher­heit und politischer Stabilität. Hervorgehoben wurde beides auch auf der Kon­ferenz »Insaka: Invest in Zambian Mining«, die im Oktober 2024 erstmals stattfand. Neben den sambischen Reformplänen wurde dort auch das neue Explorations­programm präsentiert, das vom spanischen Unternehmen Xcalibur durchgeführt und mit 98 Millio­nen US-Dollar aus dem Staatshaushalt finanziert wird.

Für den geplanten Ausbau des Bergbausektors muss das Land auch in seine Infra­struktur investieren, besonders im Energie­bereich. Über 80% der Elektrizität stammen aus Wasserkraft, was die Energie­versorgung verwundbar für Dürre­perioden macht. Aktu­ell hat dies zu einer schweren Energiekrise geführt, die Bergbau und Kupferverarbeitung stark beeinträchtigt. Trotzdem erfolgt die Erstverarbeitung des Erzes größ­tenteils weiterhin im Land. 2023 wurden neben den 820.000 Tonnen Kupfer 637.000 Tonnen Anoden (Kupfer, leicht verunreinigt) und 199.000 Tonnen Kathoden (hochreines Kup­fer) hergestellt. Zurzeit wird die Versorgung durch Importe gesichert; Kohle und Sonnen­energie sollen künftig für mehr Stabilität sor­gen. Auch der Ausbau der Transport­infrastruktur wird zum strategischen Schau­platz. Sambia sicherte sich von den USA, der G7 und China Unterstützung für zwei wesentliche Bahnprojekte: die Modernisierung der Tazara-Strecke nach Tan­sania und den Anschluss Sambias an den Lobito-Korri­dor nach Angola und in die DRK.

Reformpläne und staatliche Kontrolle

Sambia kann den Ausbau des Rohstoff­sektors nicht allein stemmen und ist auf privates Kapital angewiesen. Zugleich versucht die Regierung einen Balanceakt: Ohne den Privatsektor abzuschrecken, strebt sie mehr staatliche Kontrolle im Roh­stoff­sektor an, um vom erwarteten Boom zu profitieren, staatliche Einnahmen zu sichern und die lokale Wertschöpfung zu steigern.

In der öffentlichen Debatte und weiten Teilen der Zivilgesellschaft finden die ge­planten Reformen Unterstützung, nicht zuletzt als Reaktion auf die negativen Fol­gen der Privatisierung in den frühen 2000er Jahren. Aus der Industrie hingegen kommt harsche Kritik. Entgegen den Bekundungen der Regierung sieht die Zambia Chamber of Mines, die private Berg­baukonzerne ver­tritt, regulatorische Unsicherheit und mög­liche Beeinträchtigungen des Investitionswillens im Land.

Die Debatte dreht sich um mehrere Gesetzesinitiativen, darunter die im Dezem­ber 2024 verabschiedete Minerals Regulation Commission Bill, welche die Einrichtung einer neuen Kommission zur Regulierung und Überwachung des Bergbausektors vor­sieht. Doch die umstrittenste Neuerung ist das geplante »Free-Equity-Modell«, das dem Staat Anteile von bis zu 30% an neuen Bergbauprojekten sichern soll. Beteiligungen sollen projektbezogen verhandelt und von der neu gegründeten staatlichen Zweck­gesellschaft Zambia Minerals Investment Corporation (ZMIC) verwaltet werden. Zu­sätzlich will der Staat im Metallhandel aktiver werden. Dafür hat die sambische Industrial Development Corporation (IDC) mit dem Schweizer Konzern Mercuria ein Joint Venture gegründet.

Internationale Experten warnen, dass das wachsende internationale Interesse sowie die Hoffnung auf Profite notwendige Anti­korruptionsmaßnahmen und eine effektive Finanzverwaltung in den Hintergrund rü­cken könnten. In Sambia gibt es Anzeichen dafür: Die Unabhängigkeit der neuen Mine­rals Regulation Commission ist fraglich, und ihre finanzielle Ausstattung gilt als zu dürftig, um die Regulierung zu verbessern. Auch die geplante staatliche Beteiligung birgt Risiken, denn bereits der staatliche Bergbaukonzern ZCCM-IH ist durch Vor­würfe politischer Einflussnahme belastet – und die ZMIC ist noch weniger reguliert.

Nachhaltigkeit im Hintergrund

Die Regulierung des Bergbaus berüh­rt auch zentrale Fragen der Nachhaltigkeit und Standardsetzung. Denn der sambische Berg­bau hat schon heute mit gravierenden Altlasten zu kämpfen, überwiegend im Umweltbereich. Während vor allem Nicht­regierungsorganisationen auf Risiken eines massiven Ausbaus des Sektors hinweisen, konzentriert sich die Regierung vorrangig auf die Anwerbung neuer Investoren. Nachhaltigkeit gerät in den Hintergrund.

Problematisch sind nicht nur einige regu­latorische Lücken, sondern hauptsächlich die unzureichende Durchsetzung bestehender Vorschriften. Zwar schreibt die sambi­sche Gesetzgebung Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen (Environmental and Social Impact Assessments, ESIAs) vor. In der Kritik stehen indes ihr begrenzter Um­fang und die mangelnde Kontrolle sowohl während der Projektlaufzeit als auch bei Minenschließungen und dem Umgang mit Abbaurückständen (Tailings). Erst kürzlich brach erneut ein aus solchen Rück­ständen errichteter Damm und verseuchte einen wichtigen Fluss, mit unabsehbaren Lang­zeitfolgen. Die zuständige Abteilung im Bergbauministerium und die Zambia En­vironmental Management Agency (ZEMA) gelten als schlecht ausgestattet und sind zu schwach, um gegen Regierung und Unter­nehmen durchzugreifen.

Im sozialen Bereich weist der industrielle Bergbau in Sambia trotz Herausforderungen stabile Rahmenbedingungen auf. Die demokratische Struktur des Landes ermög­licht rechtliche Beschwerden und Klagen, auch wenn deren Durchsetzung in der Praxis mit Hürden verbunden ist. Besonders heikel ist die Situation bei der Eröffnung neuer Minen: Die »Social License to Ope­rate«, also die öffentliche Akzeptanz von Bergbauprojekten, wird in den ESIAs häufig nur oberflächlich berück­sichtigt. Bleibt die Zustim­mung der betroffe­nen Gemeinden aus, sind soziale Konflikte und Projekt­verzögerungen pro­grammiert.

Industriepolitischer Anspruch: Lokale Unternehmen und Lieferketten

Der Ausbau des Bergbaus soll lokale Unter­nehmen stärken und Lieferketten fördern. Diese Ziele sind auch im 8th National Development Plan (8NDP) und in der CRM-Strategie verankert. Doch zurzeit will die Regierung vorrangig Investitionen im Berg­bau einwerben, nicht in erster Linie an­spruchsvolle industriepolitische Vorhaben verwirklichen. Es fehlt an ressortübergreifender Koordination und notwendigen administrativen Kapazitäten.

Konkrete Impulse kommen allerdings von lokalen Industrieverbänden. Sie setzten sich bereits erfolg­reich für strengere Vor­schriften (Local Content Require­ments) ein, um die Beteiligung lokaler Unter­­nehmen und Dienstleister zu erhöhen. Zudem for­dern sie sogenannte Production Sharing Agreements (PSAs), die vorsehen, dass Berg­bauunternehmen 30% der Roh­stoffproduk­tion für die lokale Weiterverarbeitung zur Verfügung stellen. Das richtet sich beson­ders an die Kupferindustrie: 2023 wurden 16% der produzierten Kathoden im Land weiterverarbeitet, vorwiegend zu Draht und Kabeln. PSAs sollen sambischen Produzenten stabilen, günstigeren Zugang zu Katho­den sichern und so ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Asien erhöhen. Langfristig soll das Modell auch bei anderen Rohstoffen profi­tabel sein.

Jenseits von Kupfer ist die direkte Weiterverarbeitung wirtschaftlich noch kaum tragfähig, da viele andere kritische Roh­stoffe bislang in zu geringen Mengen geför­dert werden. Umso größer ist das Potential regionaler Kooperation in der rohstoffreichen SADC-Region, vor allem entlang der Wertschöpfungsketten für Batterierohstoffe. Die Initiative Sambias und der DRK, Vor­produkte und Batterien für Elektrofahrzeuge (in einem sogenannten Batterie-Cluster) zu produzieren, zeugt vom wachsenden politischen Momen­tum in diesem Bereich. 2022 unter­zeichneten die beiden Länder ein entsprechendes MoU, und die USA ver­sprachen Unterstützung. Doch trotz regel­mäßiger Arbeitstreffen bremsen nationale Interessen, fehlende Expertise und unzu­längliche institutionelle Kapa­zitäten (auch im sambi­schen Indu­strieministerium) den Fortschritt. Der eskalierende Konflikt in der DRK er­schwert die Umsetzung regionaler Vorhaben noch mehr. Zugleich stehen beide Standorte vor fundamentalen Heraus­forderungen im globalen Industriewettbewerb: Im Bemühen, ihre Wertschöpfung zu stärken, kon­kurrieren die Länder des süd­lichen Afrika mit China, westlichen Indu­strienationen und der EU, die ihre eigenen Märkte immer mehr abschirmen.

EU-Sambia-Kooperation: Eine unvollendete Partnerschaft

Sambia verfügt über genau das, was Europa strategisch sucht: Kupfer, weitere strategische Rohstoffe, eine demokratische Grund­ordnung und politische Stabilität. Mit dem MoU wurde ein wich­tiger Grundstein gelegt. Nun gilt es, das Tempo zu erhöhen. Im wett­bewerbsintensiven Umfeld droht die EU den Anschluss zu ver­lieren, wenn es nicht gelingt, die Partner­schaft gezielt weiter­zuentwickeln. Zwei Faktoren erschweren dieses Vorhaben.

Erstens fehlt es der EU an strategischer Kohärenz im Rahmen von »Team Europe«. Während kleinere Mitgliedstaaten wie Finnland und Schweden aktiv mitwirken, halten sich wirtschaftlich stärkere Länder wie Frankreich und Deutschland zurück. Auch ist die Abstimmung zwischen Brüssel, den Mitgliedstaaten und den EU-Delegatio­nen vor Ort zeitaufwendig und oft wenig zielgerichtet. Diese insti­tutionelle Fragmentierung macht die EU für Sambia schwer greifbar und verhindert innereuropäische Synergien, welche die Umsetzung der Kooperation vorantreiben würden.

Zweitens könnte sich das Fehlen industrieller Projekte für die EU im Wettbewerb um Partnerschaften zunehmend nachteilig auswirken. China und die Golfstaaten grei­fen gezielt Investitionswünsche auf und positionieren sich so als attraktive Part­ner. Die EU aber will gegenwärtig eher ihre eige­nen Industrien fördern und ver­säumt es, rohstoffreiche Länder wie Sambia dabei ein­zubinden. Kann die EU hier nicht auf­holen, drohen Glaubwürdigkeitsverluste und eine geringe Wirkungstiefe der Partnerschaft.

Infrastruktur und industrielle Kooperation: Umsetzung entscheidet

Industrielle Zusammenarbeit lautete eines der wichtigsten Versprechen der EU gegen­über Sambia. Zugleich aber offenbart sich hier das größte Umsetzungsdefizit. Das gilt zum einen für den Infra­strukturausbau, der die Roh­stofferschließung erleichtert und die Basis für weitere Industrieprojekte bilden würde. Mit dem Global-Gateway-Programm hat die EU ein eigenes Instrument, um sol­che Vor­haben in Partnerländern zu fördern. In Sambia verläuft der Fortschritt jedoch eher schleppend, was die EU im Vergleich zu China oder den Golfstaaten immer mehr in den Hintergrund rücken lässt. Besonderes Augenmerk liegt auf der geplanten An­bindung Sambias an den Lobito-Korridor, ein Projekt, das von den USA initiiert und von der EU öffentlich unterstützt wurde. Ohne finanziellen Beitrag der USA lässt es sich aber kaum verwirklichen. Auch der Ausbau des Energieinfrastruktur für den Rohstoffsektor wird von der EU bislang nicht gefördert.

Im Rohstoffsektor gibt es ebenfalls weni­ge konkrete Kooperationsansätze. Sambia hofft auf Investitionen und Beteiligungen bei Exploration, Förderung und Weiterverarbeitung. Doch die Angebote seitens der EU sind begrenzt, und europäische Unter­nehmen zeigen sich zurückhaltend. Der im Rahmen des CRMA geschaffene Status bestimmter Vorhaben als »strategi­sches Projekt« hätte ein Hebel sein können, um bei europäischen Unternehmen mehr Inter­esse an Partner­ländern wie Sambia zu wecken. Dort aber zeitigt dieses Instrument bisher kaum Wirkung. Die erste Ausschreibungsrunde ist abgeschlossen. Nur ein ein­ziges sambi­sches Projekt wurde eingereicht – und ob es berücksichtigt wird, ist offen. Vor Ort war das Interesse an der Ausschreibung gering. Dies lag teils an einem Mangel an Informationen, teils an fehlenden Anrei­zen und Unterstützungsmöglichkeiten.

Das ist kein Einzelfall, sondern verweist auf ein strukturelles Muster europäischer Investitionszurückhaltung in rohstoff­reichen Ländern des Globalen Südens. In wirt­schaftlich schwächeren Staaten gelten Investitionen häufig als besonders risiko­behaftet, teils unabhängig von der tatsäch­lichen Lage. Zum Teil hohe Infrastruktur­kosten sowie regulatorische Unklarheiten, wie im Fall Sambia, verstärken die Zurückhaltung. Wirtschaftliche Potentiale jenseits der Primärförderung, etwa Recycling oder die Rohstoff­gewinnung aus Abbaurückständen, bleiben ungenutzt. Dass die europäische Industrie vor Ort kaum präsent ist, kommt erschwerend hinzu.

Nicht nur durch Investitionen, sondern auch durch Abnahmeverträge ließe sich eine bessere Lieferkettenintegration erzie­len: EU-Unternehmen können strategische Rohstoffe direkt von sambischen Projekten beziehen, also ohne Umwege über intrans­parente Han­delsplätze oder asiatische Weiterverarbeiter. Dabei rücken Sambias staatliche Institutionen als Kooperationspartner merklich in den Vordergrund, denn der Staat wird künftig über neue Beteiligungen an Bergbauprojekten und das neue Joint Venture im Metallhandel eine aktivere Rolle in dem Bereich einnehmen.

Mittel- und langfristig gewinnt die regio­nale Weiterverarbeitung an Bedeutung, vor allem wenn der Ausbau des Batterie-Clusters im südlichen Afrika vorangeht. Dadurch könnte Europa vermehrt weiterverarbeitete Produkte aus der Region beziehen. Doch viele EU-Staaten fördern vorrangig ihre eigene Industrie, während Anschubfinanzierung für Projekte im Globalen Süden fehlt. Nicht zuletzt deswegen bleiben pri­vate Investitionen aus. Von der EU finan­zierte Initiativen wie AfricaMaVal oder einzelne Studien etwa zu Potentialen in der Kupferindustrie sind wichtig und schaffen Sichtbarkeit, aber keinen Marktzugang.

Nachhaltigkeit und Kapazitäts­aufbau: Stärken nutzen, Wirkung steigern

Die technische Zusammenarbeit, also der Kapazitätsaufbau und die Förderung sozio­ökologischer Standards, hebt die EU deut­lich von stärker investitionsgetriebenen Akteuren wie China und den Golfstaaten ab. Mit dieser Art der Kooperation positioniert sich die EU als wichtiger und lang­fristig orientierter Partner. Leistungs­fähige Institutionen vor Ort können zudem Investitionen aus Europa erleichtern.

Die EU konzentriert sich bislang in erster Linie darauf, Sambias geologischen Dienst zu unterstützen. In diesem Bereich sind zahlreiche andere internationale Partner aktiv. Um aber Investitionen einzuwerben und strukturelle Verbesserungen im Berg­bausektor zu erreichen, müssen Umwelt- und Sozialstandards gezielter gefördert wer­den. Auch wenn diese Aspekte nicht die höchste Priorität für die sam­bische Regierung haben, zeigt sie sich offen für Veränderungen – nicht zuletzt im Kontext der jüng­sten, oben erwähnten Umweltkatastrophe, die das Thema weiter in den Vordergrund rücken dürfte. An bestehende Aktivitäten im Umweltbereich kann angeknüpft wer­den. Auf sambischer Seite soll die neue Minerals Regulation Commission die Rolle von Umwelt- und Sozialstandards aufwerten. Zudem plant der staatliche Rohstoff­konzern ZCCM-IH, eine Strategie anhand der Kriterien Umwelt, Soziales und Unter­nehmensführung (Environmental, Social and Corporate Governance, ESG). Damit können wichtige Impulse für den gesamten Sektor gesetzt werden.

Die Förderung lokaler Industrie und nachgelagerter Lieferketten ist bislang kein konkretes Feld der Zusammenarbeit zwi­schen Sambia und der EU. Unklar ist, ob die EU tatsächlich eine tiefere Integration in regionale Wertschöpfungsketten betreibt, etwa durch die Unterstützung für Batterie­-Cluster. Wäre dies strategisch gewollt, müss­ten weitere nationale und regionale Akteu­re einbezogen werden, allen voran das sambische Industriemini­ste­ri­um (Ministry of Commerce, Trade and Industry), in dessen Mandat die Standortentwicklung und der Aufbau wettbewerbsfähiger, weiterverarbeitender Industrien fallen.

Impulse zur Vertiefung der Rohstoffpartnerschaft

Sambia steht derzeit im Fokus internatio­naler Rohstoffdiplomatie. Dabei drohen Themen wie gute Regierungsführung und sozioökologische Nachhaltigkeit zugunsten wirtschaftlicher Gewinne ins Hintertreffen zu geraten. Doch gravierende Umwelt­schäden und Forderungen lokaler Akteure sorgen dafür, dass die dringend notwendige nachhaltige Wertschöpfung ihren Stellenwert in der Debatte nicht verliert. Als ver­lässlicher Partner in diesem Bereich ist die EU für Sambia attraktiv. Mit dem MoU und dem Aufbau technischer Zusammenarbeit hat die EU eine solide Basis für die Partner­schaft geschaffen. Mit konkreten Fortschritten in der industriellen Kooperation könnte die EU ihre Position in Sambia festigen und ihre eigene Rohstoffversorgung weiter diversifizieren.

Essentiell dafür wäre eine intensivere euro­päische Koordination. Die neue Koordinator:in­nenstelle in der EU-Delegation ist ein erster Schritt, reicht aber nicht aus. »Team Europe« muss in die Praxis überführt werden: Wich­tige europäische Industriestaaten, auch Deutschland, sollten sich vor Ort nachdrück­licher einbringen und gemeinsam mit der EU-Kommission eine kohärente Strate­gie verfolgen. Zudem sollte die EU glaubwürdig signalisieren, dass Industriekooperation gewollt und Hauptbestand­teil der EU-Rohstoff­strategie ist. Vorrang gibt die EU derzeit dem Ausbau und Schutz der eigenen Industrie, während inter­nationale Partnerschaften weiter in den Hintergrund geraten.

Ein Nachweis für das ernsthafte Bestreben der EU wäre die gezielte Förderung indu­strieller Kooperation. Eine industriepolitische Initiative könnte Anreize für europäische Unternehmen setzen – und in Sambia Wirkung entfalten. Die EU sollte sich ziel­strebiger darum bemühen, euro­päische Unternehmen für Kooperationen in der Weiterverarbeitung und in nachgelagerten Lieferketten zu gewinnen, etwa bei Batterie­materialien oder Recyc­ling.

Hierfür wären geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen: zielgenaue Anreize und Förderstrukturen sowie eine verlässliche Finanzie­rung. Die Rohstoffstrategie der Europäischen Investitionsbank (EIB) und die Finan­zierungsinstrumente der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) müs­sen passgenauer auf den Rohstoffsektor wie auch auf Ent­wicklungsländer wie Sambia zugeschnitten werden. Institutionelle Strukturen vor Ort sind ebenso entscheidend. Mehr Präsenz der deutschen Außenhandels­kammer sowie feste Ansprechpartner des Rohstoffkonsortiums EIT RawMaterials für Sambia können Markt­zugänge erleichtern.

Die EU sollte ihr Alleinstellungsmerkmal, nämlich die technische Zusammenarbeit, strate­gisch besser nutzen. Ein zentraler Fonds, der un­bürokratisch über die EU-Delegation abruf­bar ist, wäre ein Novum und könnte die Umsetzung technischer Kooperation be­schleunigen. Darüber hinaus sollte die EU ihr Angebot in zwei Bereichen ausweiten, die für industrielle Koopera­tion unverzicht­bar sind: erstens der Regierungsführung, zum Beispiel durch Unterstützung für die neue Minerals Regulation Commission und für die staatlichen Rohstoffgesellschaften, und zweitens der industriepolitischen Planung, wo bestehende Programme, etwa der Weltbank, sinnvoll ergänzt werden könnten. Deutschland könnte hier über die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zu­sammenarbeit (GIZ) und die Bundes­anstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) konkrete Beiträge leisten. So könnte die Koalition politisch unterstreichen, dass sie die EU-Rohstoffstrategie unterstützt und ihrem Anspruch auf »Partnerschaften auf Augenhöhe« gerecht wird.

Meike Schulze ist Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten an der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Sie arbeitet im Projekt »Internationale Rohstoffkooperationen als Instrument für eine nachhaltige und resili­ente Rohstoffversorgung«, finanziert von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Die Analyse basiert auf über 30 Interviews und Hintergrundgesprächen in Sambia sowie online (Oktober 2024 bis Februar 2025). Die Autorin dankt Melanie Müller, Veronika Jall und Inga Carry für Unterstützung und Feedback.

SWP

Stiftung Wissenschaft und Politik

ISSN (Print) 1611-6364

ISSN (Online) 2747-5018