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Die Global Posture Review der Biden‑Administration

Washington will die US-Militärpräsenz im Indopazifik ausbauen, ohne Europa zu vernachlässigen

SWP-Aktuell 2021/A 79, 08.12.2021, 5 Pages

doi:10.18449/2021A79

Research Areas

Ende November hat das US-amerikanische Verteidigungsministerium die Ergebnisse seiner Global Posture Review (GPR) vorgestellt. Die Posture gibt Aufschluss über die geplante Entwicklung der weltweiten Militärpräsenz der USA und hat daher auch eine hohe Relevanz für deren Bündnispartner. Die Biden-Administra­tion bekräftigt mit dieser GPR ihr Bekenntnis zur Stärkung der Nato. Zugleich lassen die bislang veröffentlichten Eckpunkte wichtige Fragen offen – insbesondere dazu, wie die Prio­ritäten zwischen Europa und Asien längerfristig gesetzt werden und ob neue land­gestützte Waffensysteme in europäischen Nato-Staaten stationiert werden sollen.

Den Prozess der Global Posture Review hat US-Präsident Joe Biden im Februar dieses Jahres mit dem Ziel angestoßen, weltweit den Um­fang, die Ausstattung und die Rolle der US-Truppen zu überprüfen, da sich die sicher­heitspolitischen Rahmenbedingungen ver­ändert haben. Teil der Posture sind dar­über hinaus rechtliche Abkommen mit den Statio­nierungsländern, die den militärischen Zugang für die USA regeln.

Die GPR in ihrer Gänze ist weiterhin als geheim eingestuft. Jedoch betreffen viele der nun öffentlich verkündeten Eckpunkte Entscheidungen, die das Verteidigungs­ministerium bereits im Laufe des Jahres pub­lik ge­macht hat. Zudem bildet die GPR offensichtlich nicht den Endpunkt eines Pro­zesses, stellt das Pentagon doch weitere Entscheidungen für die kommenden Wochen und Monate in Aussicht. Über­dies sollen die bis­herigen Ergebnisse in die Natio­nale Verteidigungsstrategie ein­fließen, die für Anfang 2022 erwartet wird. Den­noch ist die GPR aufschlussreich für den weiteren verteidigungspolitischen Kurs der Biden-Administration.

Die GPR revidiert Entscheidungen der Vor­gängerregierung unter Donald Trump, die im Sommer 2020 besonders in Deutsch­land für Irritationen gesorgt hatten. So ist die von Trump angekündigte Redu­zie­rung der US-Truppen in Deutschland nun end­gültig vom Tisch. Gleichzeitig offenbart die Review gegenüber dem vertei­di­gungs­politi­schen Kurs der letzten Jahre ein hohes Maß an Kon­tinuität. Die Präsenz im indo­pazifi­schen Raum etwa soll moderat verstärkt werden, ohne dass dies auf Kosten der ame­rikani­schen Beiträge zur Nato geht. Mit Blick auf den Mittleren Osten unterstreicht die GPR das Ziel, die US-Militärpräsenz zu verringern.

Force Posture im Kontext sicherheits­politischer Umbrüche

Im Laufe der letzten Jahre haben sich die sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen für die globale Militärpräsenz der USA grund­legend gewandelt. Die gravierendste Ver­änderung ist die sich verschärfende Rivali­tät mit China und Russland im Ver­bund mit den wachsenden militärischen Fähig­keiten beider Länder. Peking und Moskau haben stark in Rüstung investiert, die den USA und ihren Verbündeten den Zugang zu und die Handlungsfreiheit in ihrer jeweili­gen regionalen Nachbarschaft verwehren soll.

Dies betrifft vor allem die steigende Zahl, Geschwindigkeit und Treffgenauigkeit von ballistischen Raketen und von Marsch­flugkörpern mittlerer Reichweite (500–5.500 km) sowie unbemannte Systeme. Diese Entwicklungen beschäftigen die USA zwar bereits seit mindestens zwei Dekaden, aller­dings hat sich das Problem aus Sicht Wa­shing­tons zuletzt deutlich verschärft.

Gerungen wird zwischen den Großmächten darüber hinaus um den gesicherten Zugang zu den globalen Operationsräumen Cyber und Weltraum. Angesichts der fort­schreitenden Digitalisierung sowohl der Weltwirtschaft als auch der Streitkräfte sowie der immer leichter verfügbaren Tech­nolo­gien und Kapazitäten zur Erschlie­ßung des Weltraums haben beide Operationsräume enorm an Bedeutung gewonnen.

Für die USA heißt das, eine der zentralen Grundannahmen der amerikanischen Ver­teidigungs- und Bündnispolitik der ver­gan­ge­nen dreißig Jahre hält immer weni­ger. Ihr zufolge haben die USA die Fähig­keit, bei Bedarf jede Region und jeden Ope­rations­raum militärisch zu dominieren. Für die USA geht es jetzt mithin um nichts Gerin­ge­res, als »Verteidigungspolitik ohne Domi­nanz« (Christian Brose) (neu) zu denken.

Dabei spielt auch die geografische Prioritätenverschiebung in den indopazifischen Raum eine wichtige Rolle, denn diese Re­gion unterscheidet sich vom europäischen Einsatzraum durch seine schiere Größe, seinen stark maritim gepräg­ten Charakter sowie durch den Umstand, dass die USA dort über kein vergleichbar dichtes und institutionalisiertes Netz von Verbündeten verfügen wie in Europa.

Vor diesem Hintergrund stellt sich für die USA die Frage, wie sie im Indopazifik einerseits ihre Präsenz jenseits ihrer weni­gen, aber großen Militärbasen diversifizieren können, um weniger angreifbar durch chine­sische Raketen zu sein. Aus dem gleichen Grund wollen sie andererseits ihre großen Stützpunkte auf der Pazifikinsel Guam, in Südkorea und in Japan durch entsprechende Abwehrsysteme besser gegen Raketen­angriffe schützen. Letzteres ist durch­aus ebenfalls eine Herausforderung für US-Basen in Europa.

Der Komplettabzug der USA und der Nato aus Afghanistan spiegelt den Willen der letzten drei US-Administrationen wider, großangelegte Stabilisierungseinsätze zu beenden bzw. in Zukunft gar nicht erst zu beginnen. Damit müssen sich die USA jedoch mit der Frage auseinandersetzen, mit welchen Mitteln (Drohnen, Kampfflugzeuge, Spezial­kräfte, Geheimdienst) und von wo aus (Stützpunkte in Zentralasien oder in den arabischen Golfstaaten) sie den Anti-Terror-Kampf künftig betreiben können. Darauf sollte die Global Posture Review eigent­lich Antworten geben – entsprechende Vor­gaben sind indes bislang nicht zu erkennen.

Die genannten sicherheitspolitischen Um­brüche haben auch in den USA die De­batte über den verteidigungspolitischen Kurs des Landes befeuert. Auf der einen Seite sieht sich eine zunehmend hörbare Minder­heit im Kongress, im Regierungs­apparat, in Think-Tanks und den US-Medien in ihrer Auf­fassung bestätigt, eine kluge Verteidigungspolitik unter den neuen Um­ständen des Dominanzverlustes erfor­dere einen Rück­zug der USA und damit einher­gehend eine Reduzierung der US-Militär­präsenz. So sollen die USA sich auf ihre nationalen Kerninter­essen konzentrieren und dabei zugleich militärische Verwundbarkeiten verringern.

Auf der anderen Seite stehen die Befürworter des Deep Engagement, die weiterhin eine Mehrheit in der Regierung, im Kon­gress sowie in der Think-Tank-Landschaft bilden. Sie meinen, die USA müssen gerade angesichts der Machtverschiebungen und Konfliktpotentiale weltweit präsent blei­ben – wenn auch mit einem angepassten Fuß­abdruck – und ihre Allianzen aus­bauen. Es geht ihnen also darum, sich im engen Verbund mit gleichgesinnten Part­nern gegen den militärischen Dominanzverlust zu stemmen.

Eckpunkte der Global Posture Review

Die Biden-Administration hat sich eindeutig für die Fortsetzung des Deep Engagement ent­schieden. Biden selbst hat wiederholt betont, die Bündnisse der USA revitalisieren zu wollen. Dieses Ziel spiegeln auch die bis­lang veröffentlichten Eckpunkte der GPR wider.

Wenig überraschend wird dort der Indo­pazifik als prioritäre Region und China ein­mal mehr als größte Bedrohung iden­tifi­ziert. Dabei stützen sich die USA weiter­hin auf ihre großen Basen. Im US-Vertei­digungs­ministerium heißt es, dass die Infra­struktur auf Guam ausgebaut und besser vor den ballistischen Mittelstreckenraketen Chinas geschützt werden soll. Die Präsenz in Süd­korea soll durch die dauerhafte Stationierung von Kampfhubschraubern sowie eines Artillerie-Hauptquartiers verstärkt werden. Bis dato war beides dort nur zeitlich befris­tet stationiert.

Darüber hinaus wollen die USA ihre Prä­senz in Australien ausweiten und damit ihre verteidigungspolitische Partnerschaft mit dem Land weiter vertiefen. Unter ande­rem will Washington dazu in Zukunft häufiger Kampfflugzeuge und Bomber für begrenzte Zeiträume nach Australien ent­senden.

Ferner will Washington seine verteidigungspolitische Kooperation mit pazi­fi­schen Inselstaaten ausbauen. Konkret be­nannt wird vom Pentagon im Zusammen­hang mit der GPR bisher jedoch nur das Commonwealth der Nördlichen Maria­nen. Nördlich von Guam gelegen, ist es allerdings kein eigenständiger Staat, son­dern ein nichtinkorporiertes Außengebiet der USA.

Die USA und China ringen um politischen Einfluss in den pazifischen Inselstaaten vor allem aufgrund sicher­heits­politischer Über­legungen. Die USA haben mit der GPR das Ziel formuliert, ihre militärische Infrastruktur (Logistikzentren, Treibstoff- und Muni­tionslager, Flug­plätze) im pazifischen Raum zu verbessern. Bislang ist der Erfolg solcher Bemühungen zur Diversifizierung ihrer Militärpräsenz indes sehr überschaubar, sodass Austra­lien als Partner der USA weiter an Bedeutung gewinnt.

Mit Blick auf den Nahen und Mittleren Osten lässt die GPR erkennen, dass Präsi­dent Biden, ähnlich wie Trump und Obama vor ihm, den amerikanischen Fuß­abdruck in der Region reduzieren will; einen konkreten Weg dorthin zeigt sie aber nicht auf. Solange der Atomstreit mit dem Iran unge­löst ist, dürfte Washington nur wenig Spiel­raum haben, seine Militärpräsenz am und um den Persischen Golf deutlich zu verringern.

Unklar bleibt, wo und wie die USA ihre durch den Afghanistan-Abzug frei geworde­nen Ressourcen nutzen wollen. Der Kampf gegen den Terrorismus, insbesondere gegen den »Islamischen Staat« (IS), bleibt auch nach dem Abzug aus Afghanistan ein Kern­anliegen Washingtons. Dabei werden die USA vermutlich noch mehr als bislang auf Part­ner in der globalen Anti-IS-Koalition sowie auf lokale Kräfte in Syrien, im Irak und in afrikanischen Staaten setzen.

Was die Militärpräsenz in Europa betrifft, hat die Biden-Administration Ent­schei­dun­gen der Vor­gängerregierung vom Sommer letzten Jahres zurückgenommen, die in Deutsch­land hohe Wellen geschlagen haben. So wollte Trump die Zahl der US-Soldatin­nen und ­‑Soldaten in Deutschland um fast 12.000 auf dann noch 25.000 kürzen und danach auf diesem Niveau deckeln. Mit der gerade vorgestellten GPR hat sich dies end­gültig erledigt. Statt­dessen will Washington die amerikanische Präsenz in Deutschland und anderen euro­päischen Nato-Staaten nun sogar erhöhen.

Anders als bereits seit 2015 geplant sieht das Pentagon heute davon ab, hier­zulande meh­rere Standorte zu schließen. Einige dieser Liegenschaften dienen dem US-Heer als Materiallager. Solche prepositioned stocks werden aus Sicht des Pentagon in Zeiten wachsender Spannungen zwischen den Groß­mächten immer wichtiger.

Darüber hinaus hat US-Verteidigungs­minister Lloyd Austin bereits bei seinem Besuch in Berlin im April dieses Jahres verkündet, die US-Militärpräsenz mit zwei neuen Komponenten zu verstärken. Zusam­mengenommen bedeutet dies einen Zu­wachs um zirka 500 amerikanische Solda­tinnen und Soldaten, die in Deutschland stationiert werden.

Bei den neuen Komponenten handelt es sich erstens um Elemente einer sogenannten Multi-Domain Task Force (MDTF), eines neuartigen Verbandes des US-Heeres, der vernetztes Handeln in allen Operationsräumen (multi-domain, d. h. zu Land, im Wasser, in der Luft sowie im Welt- und Cyberraum) ermöglichen soll. Diese Task-Forces werden sich nach den Plänen des Heeres aus mehreren Batail­lonen zusammen­setzen, darunter einem mit weit­reichender Artillerie, Raketen oder Marschflugkörpern.

Das US-Heer will insgesamt fünf solcher Verbände schaffen, einen davon explizit für Europa. Die Größe und der Zuschnitt der MDTF in Europa scheinen noch nicht fest­zustehen; die Entsendung von nur einigen Hundert Soldatinnen und Soldaten deutet darauf hin, dass es zunächst nur um Füh­rungs- und Planungsfähigkeiten geht.

Durchaus von Belang ist allerdings, dass vorgesehen ist, diese Task-Forces mit zwei neuen landgestützten, nicht­atomaren Waf­fensystemen auszustatten. Die soge­nannte Mid-Range Capability (MRC) soll auf Grund­lage der bestehenden Standard Missile 6 (SM‑6) und des Tomahawk-Marschflug­körpers ent­wickelt werden und eine Reichweite zwi­schen 500 und 1.500 km haben. Zur weite­ren Ausstattung der MDTF soll eine neue landgestützte Hyper­schallrakete – die Long-Range Hyper­sonic Weapon (LRHW) – gehören, die eine Reichweite von mehr als 2.700 km hätte. Für beide Waffensysteme wird ange­strebt, dass bis spätestens 2023 ein ein­satz­bereiter Prototyp zur Verfügung steht.

Dazu passt auch das zweite neue Element, das Austin im April für Deutschland an­gekündigt hat: ein Hauptquartier, das im Kriegs­fall den Ein­satz von Raketen unter­schiedlicher Reich­weite zwischen den Teil­streitkräften der USA sowie zwischen den Nato-Verbündeten koordinieren würde (Theatre Fires Command). Das US-Heer hat dafür im November das 56. Artillerie­kommando reaktiviert. Dessen Vorläufer bestand von 1986 bis 1991 als europäisches Kommando der US-amerika­nischen Pershing-Raketen.

Die Force Posture wirft auch für Deutschland Fragen auf

Die bislang bekannt gewordenen Eckpunkte der Global Posture Review stützen die Ankün­di­gung von Präsident Biden, die US-geführ­ten Bündnisse in Europa und Asien nach vier Jahren der Präsidentschaft Trumps zu revitalisieren und dies auch weiterhin durch eine entsprechende militärische Prä­senz zu untermauern. Dennoch wirft die GPR für Deutschland und andere euro­päi­sche Nato-Partner zentrale Fragen auf.

So deckt die GPR einige wichtige Themen­bereiche nicht ab. Eine hohe Beam­tin des Pentagon informierte zum Beispiel dar­über, dass der Prozess sich nicht dezidiert mit den The­men Cyber, Weltraum und Nuklearwaffen beschäftigt habe. In diesem Zusammen­hang verwies sie auf die für Anfang 2022 geplante Veröffentlichung der Nationalen Verteidigungs- und der Nuklear­strategie.

Biden hat im Wahlkampf versprochen, den Stellenwert von Nuklearwaffen in der amerikanischen Verteidigungspolitik zu reduzieren. Sollte es so kommen, dann stellt sich allerdings die Frage, ob konventionelle Kräfte in Zukunft eine noch höhere Bedeu­tung für die Abschreckung gegenüber Russ­land hätten. Das könnte beispiels­weise zur Folge haben, dass größere US- bzw. Nato-Ver­bände auch dauerhaft im östlichen Bünd­nis­gebiet stationiert würden.

Im Zusammenhang mit den konventionellen Kräfteverhältnissen werden zudem aus Sicht der USA weitreichende landgestützte Waffensysteme immer relevanter, die bis 2019 durch den INF-Vertrag unter­sagt waren. Die US-Streit­kräfte, insbesondere das Heer, setzen bei ihren Modernisierungs­anstrengungen auf weitreichende Abstands­waffen – sogenann­te Long-Range Precision Fires (LRPF). Dazu zählen auch die oben er­wähnte Mid-Range Capa­bility sowie die neue Hyperschallwaffe.

Stationierungsentscheidungen auf ame­rikanischer Seite stehen noch aus. Doch würde es aus der Perspektive der USA wenig Sinn er­geben, solche Waffen zu entwickeln, ohne sie später in Europa stationieren zu wollen. Dies wiederum setzt die Zu­stim­mung des jeweiligen Stationierungslandes voraus. Damit könnten bereits auf die neue Bundes­regierung schwierige Entscheidungen zu­kommen.

Bislang schließt die Nato lediglich die Stationierung landgestützter, atomar be­waff­neter Raketen in Europa aus. Aber auch nicht atomar bewaffnete, landgestützte Ra­ke­ten und Marschflugkörper können in Zu­kunft ein wichtiger Beitrag zur effektiven Ab­schreckung sein, zieht man die forcierten Rüs­tungsbestrebungen Russlands in Betracht. Zugleich bergen diese Waffen jedoch das Risiko weiterer Rüstungs­wett­läufe und einer Eskalation in Krisen­zeiten.

Schließlich scheint die GPR trotz der anvisierten Verstärkungen der US-Präsenz in Europa und im indopazifischen Raum am Status quo orientiert zu sein. Das Pen­tagon hält in weiten Teilen an der beste­hen­den Posture der USA in den strategisch rele­vanten Weltregionen fest und vermeidet schwerwiegende Entscheidungen, die die Bünd­nispartner in einer der Regio­nen vor den Kopf stoßen könnten. Biden will der wachsenden Herausforderung durch China begegnen, ohne die Ab­schre­ckung gegen­über Russland zu ver­nach­lässi­gen. Ange­sichts der jüngsten russi­schen Droh­gebär­den gegenüber der Ukraine bekräf­tigte er, die USA würden die Souverä­nität und territoriale Integrität des Nicht-Nato-Landes unter­stützen. Für den Fall einer erneuten Inva­sion durch Russland in der Ukraine hat Washington damit gedroht, die militärischen Fähigkeiten in den östlichen Nato-Staaten auszubauen.

Allerdings ist keinesfalls sicher, dass Washington seine sicherheitspolitische Rolle auf mittlere und längere Sicht sowohl in Europa als auch im Indopazifik aufrecht­erhalten kann. Die USA stehen vor der drei­fachen Herausforderung eines hohen Haus­haltsdefizits, der wirtschaft­lichen Fol­gen der Corona-Pandemie sowie der gigan­ti­schen Mehrausgaben, die mobili­siert wer­den sollen, um die Infrastruktur und das Sozial­system des Landes zu modernisieren. Im militärischen Bereich gibt es nach wie vor große Prob­leme bei der Einsatz­bereit­schaft der Streit­kräfte, die ihrer­seits nach einer Mo­der­ni­­sierung verlangen.

Die USA hatten bereits 2012 den Anspruch fallengelassen, Russland und China gleich­zeitig bezwingen zu können, sollte es zu einem Krieg in Europa und in Asien kom­men. Für die USA ist indessen klar, dass ihre Priorität der Indopazifik und ihre größte Herausforderung China ist.

Dr. Marco Overhaus ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Amerika der SWP.

© Stiftung Wissenschaft und Politik, 2021

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