Regionale Nachbarschaft als Kern der chinesischen Außenpolitik unter Xi Jinping
SWP-Studie 2014/S 09, 12.06.2014, 31 Pages Research AreasDer chinesische Staatspräsident Xi Jinping will den Beziehungen seines Landes zu den direkten Nachbarstaaten deutlich mehr Gewicht geben. Im September 2013 hat Xi angekündigt, dass China in Eurasien einen Wirtschaftsgürtel, einen Silk Road Economic Belt, aufbauen will. Diese neue Seidenstraßeninitiative der chinesischen Regierung ist ein Hinweis darauf, dass die Volksrepublik ihre Politiken gegenüber Zentralasien, Westasien, dem Kaukasus und der Schwarzmeerregion konzeptionell nicht mehr getrennt voneinander, sondern als Ganzes betrachtet. Dass für diesen Ansatz das Bild der Seidenstraße gewählt wurde, soll die friedliche, rein wirtschaftliche Ausrichtung der Initiative unterstreichen.
Die Autorin befasst sich zum einen mit der Schlüsselrolle der Provinz Xinjiang in den Beziehungen zwischen China und Zentralasien. Sie zeigt auf, dass China inzwischen der wichtigste wirtschaftliche Akteur in Zentralasien ist und die Strahlkraft dieser Stellung auch auf Eurasien – bis hin nach Europa – ausdehnen will. Zum anderen analysiert sie den chinesischen Expertendiskurs, der eine ergiebige Quelle darstellt, um beurteilen zu können, welche Facetten die Seidenstraßeninitiative hat und welche Auswirkungen sich möglicherweise für Europa ergeben.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die deutsche und die europäische Politik sich stärker über die Gestaltungsmacht Chinas in Zentralasien und sein wirtschaftliches Potential im Großraum Eurasien gewahr werden müssen. Daraus folgt, dass die EU nicht nur Strategien für einzelne Regionen in Eurasien benötigt, sondern insbesondere auch eine Strategie für den Dialog mit Peking über den Raum der neuen Seidenstraßeninitiative. Die EU sollte deshalb langfristig einen eigenständigen chinesisch-europäischen Seidenstraßen-Dialog etablieren.